Rente wegen Erwerbsminderung
Verfahrensrüge
Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht
Aufrechterhaltener Beweisantrag
1. Wird ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht gerügt, muss die Beschwerdebegründung hierzu folgende
Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht
gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten
erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen
Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf einer angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme
beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme von seinem Standpunkt
aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können.
2. Nach Sinn und Zweck des §
160 Abs.
2 Nr.
3 Halbs. 2
SGG soll die Sachaufklärungsrüge die Revisionsinstanz nur dann eröffnen, wenn das Tatsachengericht vor seiner Entscheidung durch
einen Beweisantrag ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass ein Beteiligter die Sachaufklärungspflicht des Gerichts
noch nicht als erfüllt ansieht.
Gründe:
I
Das LSG Mecklenburg-Vorpommern hat mit Urteil vom 3.5.2017 einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung auf
Zeit für die Zeiträume vom 1.12.2009 bis 30.11.2012 und vom 1.12.2012 bis 30.11.2015 verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin beim BSG Beschwerde eingelegt und Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwältin K. aus L. beantragt. Sie beruft sich
auf den Verfahrensmangel der Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§
103 SGG).
II
1. Der PKH-Antrag der Klägerin ist abzulehnen.
Nach §
73a Abs
1 S 1
SGG iVm §
114 Abs
1 S 1
ZPO kann einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht,
nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, für das Verfahren vor dem BSG PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig
erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht liegt hier nicht vor (dazu unter 2). Damit entfällt zugleich die Beiordnung eines
Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§
73a Abs
1 S 1
SGG iVm §
121 Abs
1 ZPO).
2. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Begründung vom 29.9.2017 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen
Form, weil der Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) nicht in der hierfür erforderlichen Weise bezeichnet worden ist (§
160a Abs
2 S 3
SGG).
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von §
160 Abs
2 Nr
3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 S 3
SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung
erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen
kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 S 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
Wird - wie vorliegend - ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§
103 SGG) gerügt, muss die Beschwerdebegründung hierzu folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne
Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund
derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe
des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des
LSG auf einer angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten
Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme von seinem Standpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren
Ergebnis hätte gelangen können (zum Ganzen s Senatsbeschluss vom 12.12.2003 - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN).
Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin hat schon nicht aufgezeigt, dass sie einen
prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG gestellt und bis zuletzt vor dem Berufungsgericht aufrechterhalten hat. Ein - wie hier - in der Berufungsinstanz rechtskundig
vertretener Beteiligter kann nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags gehört werden, wenn er diesen bis zum
Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag
in seinem Urteil wiedergibt (stRspr, vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Nach Sinn und Zweck des §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG soll die Sachaufklärungsrüge die Revisionsinstanz nur dann eröffnen, wenn das Tatsachengericht vor seiner Entscheidung durch
einen Beweisantrag ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass ein Beteiligter die Sachaufklärungspflicht des Gerichts
(§
103 SGG) noch nicht als erfüllt ansieht (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 21; Nr 31 S 52).
Es reicht daher nicht aus, lediglich zu behaupten, die bisherigen Feststellungen des LSG ließen nicht auf eine ausreichende
medizinische und berufskundliche Ermittlungstätigkeit schließen. Die Klägerin trägt - anders als erforderlich - nicht vor,
dass sie konkrete Beweisanträge zur weiteren Sachaufklärung gestellt und bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem
LSG durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat. Auch legt sie nicht dar, dass das Berufungsgericht entsprechende
Beweisanträge in dem angefochtenen Urteil wiedergegeben hat.
Mit ihrer weiteren Rüge, das LSG habe das im Verhandlungstermin vorgelegte Schreiben des Dr. B. vom 21.4.2017, in dem auf
eine von Dr. P. durchgeführte "aktuelle Schmerzempfindungseinschätzung" Bezug genommen worden sei, nicht berücksichtigt, hat
die Klägerin ebenfalls keinen Verfahrensmangel bezeichnet. Denn soweit sie bemängelt, das LSG habe diese "Schmerzempfindungseinschätzung"
"nicht für maßgeblich gehalten", und die Klägerin auch im Übrigen nicht mit der Auswertung der vorliegenden Gutachten durch
das LSG einverstanden ist, wendet sie sich im Kern gegen die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts (§
128 Abs
1 S 1
SGG). Hierauf kann jedoch - wie oben bereits erwähnt - gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2
SGG iVm §
169 S 2 und 3
SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.