Zulässigkeit der Revision im sozialgerichtlichen Verfahren; Begründung der Revision erfordert Darstellung der wesentlichen
Elemente des entscheidungserheblichen Lebenssachverhalts
Gründe:
I
Der klagende Rentenversicherungsträger begehrt vom beklagten Geldinstitut die Rücküberweisung von Rentenzahlungen, wobei zunächst
die Zulässigkeit der Revision der Beklagten im Streit steht.
Die Klägerin zahlte an Frau M. (M) Witwenrente, die auf deren von der Beklagten geführtes Girokonto überwiesen wurde. Nach
dem Tod der M wurden auch noch die für Juni bis August 2011 bestimmten Rentenzahlungen auf diesem Konto gutgeschrieben. Nach
den Gutschriften wurden von dem auf dem Konto vorhandenen Guthaben verschiedene Belastungen in Form von Lastschriften, Überweisungen
und Kontoführungsentgelten in Abzug gebracht. Im August 2011 ging bei der beklagten Sparkasse ein Rückforderungsverlangen
des Renten Service der Deutschen Post AG hinsichtlich der Hinterbliebenenrente iHv 1643,05 Euro ein. Die Beklagte überwies
716,15 Euro zurück und lehnte weitere Zahlungen ab, weil vor Eingang des Rückforderungsverlangens bereits anderweitig über
das auf dem Konto vorhandene Guthaben verfügt worden sei.
Das SG hat die Beklagte zur Zahlung der von der Klägerin geforderten 886,31 Euro verurteilt (Urteil vom 12.8.2013). Die Berufung
der Beklagten hat das LSG zurückgewiesen (Urteil vom 2.10.2014). Die Beklagte könne sich aufgrund ihrer Kenntnis vom Tod der
M für die danach noch erfolgten Verfügungen nicht auf den Auszahlungseinwand in §
118 Abs
3 S 3
SGB VI berufen. Ab diesem Zeitpunkt habe sie den Vorbehalt gemäß §
118 Abs
3 S 1
SGB VI zu beachten gehabt und müsse deshalb für die in Kenntnis des Todes vorgenommenen Eingriffe in den Rentenschutzbetrag haften.
Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt und mit Schriftsatz vom 22.12.2014 näher begründet. Darin hat
sie auf S 2 - unter Ziffer I. - ausgeführt: "Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Rücküberweisung einer überzahlten
Rentenleistung in Höhe von EUR 886,31. Das Sozialgericht Berlin (Az.: S 7 R 895/13) hat der Klage durch Urteil vom 12. August 2013 stattgegeben und die Auffassung vertreten, dass die Klägerin einen Anspruch
auf Zahlung weiterer EUR 886,31 aus §
118 Abs.
3 Satz 2
SGB VI habe. Die Beklagte könne dem den Auszahlungseinwand des §
118 Abs.
3 Satz 3
SGB VI nicht mit Erfolg entgegenhalten, da ein Berufen auf diese Vorschrift dann nicht möglich sei, wenn das Geldinstitut bei Vornahme
der Verfügung bereits Kenntnis vom Tode des Rentenberechtigten gehabt habe. Das Berufungsgericht ist dem gefolgt und hat unter
Verweis auf Urteile des Bundessozialgerichts vom 22. April 2008 (B 5a/4 R 79/06 R und B 5a/4 R 65/07 R) sowie vom 03. Juni 2009 (B 5 R 120/07 R) und des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Juni 2010 (2 C 14/09) die Auffassung vertreten, dass ein Geldinstitut bei am Sinn und Zweck der in Rede stehenden Vorschrift des §
118 Abs.
3 Satz 3
SGB VI orientierten Abwägung der wechselseitigen Interessen des Geldinstituts und der Rentenversicherungsträger "über den Wortlaut
des §
118 Abs.
3 Satz 3
SGB VI hinaus" auch dann verpflichtet ist, für einen Zeitraum nach dem Tod des Rentenempfängers überwiesene Rente zurück zu überweisen,
wenn es vor Eingang des Rückforderungsverlangens in Kenntnis des Todes des Rentenempfängers eine anderweitige Verfügung ausgeführt
hat (BU S 8, zweiter Absatz). Eine andere Auffassung als das Berufungsgericht vertritt - zu Recht - beispielsweise das LSG
Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 01. Juli 2014, Az.: L 2/12 R 382/11, welches die Klage gegen die dort verklagte Bank abgewiesen und die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat."
Es folgen - auf S 3 bis 10 - unter II. und III. Ausführungen ausschließlich rechtlicher Art zur Auslegung des §
118 Abs
3 SGB VI ohne Bezugnahme auf tatsächliche Umstände des vorliegenden Falles. Abschließend wird auf das gesamte Vorbringen der Beklagten
in den Vorinstanzen verwiesen, "das auch zum Gegenstand dieses Revisionsverfahrens gemacht wird".
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 2. Oktober 2014 sowie des Sozialgerichts Berlin vom 12. August
2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
1. die Revision als unzulässig zu verwerfen;
2. hilfsweise, die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, die Revisionsbegründung entspreche nicht den in §
164 Abs
2 SGG aufgestellten Anforderungen. Es fehle an jeglicher Angabe, auf welchen von ihm festgestellten Sachverhalt das Berufungsgericht
die als verletzt gerügte Vorschrift des §
118 Abs
3 S 3
SGB VI in welcher Weise angewendet habe. Entsprechende Anforderungen an eine Revisionsbegründung habe zuletzt der 5. Senat des BSG aufgestellt (Hinweis auf Beschluss vom 5.11.2014 - B 5 RE 5/14 R - BeckRS 2014, 74155 RdNr 8).
Die Beklagte hat erwidert, die sehr strengen Anforderungen des 5. Senats, die sich in anderen Entscheidungen des BSG so nicht wiederfänden, habe sie erfüllt. Sie habe mit der Revisionsschrift eine beglaubigte Kopie des Berufungsurteils eingereicht,
aus dem sich der vom Berufungsgericht festgestellte Sachverhalt ergebe. Überdies sei der für die streitentscheidende Rechtsfrage
wesentliche Sachverhalt unter Ziffer I. der Revisionsbegründung vom 22.12.2014 referiert. Die Rechtsfrage sei hier so gelagert,
dass es einer Wiedergabe der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht bedurft habe. Die wesentlichen Tatsachen seien zwischen
den Beteiligten unstreitig und die Feststellungen des LSG von der Revision auch nicht angegriffen.
II
Die Revision ist unzulässig (§
169 SGG). Die Beklagte hat ihr Rechtsmittel nicht ausreichend begründet (§
164 Abs
2 S 3
SGG).
1. Gemäß §
164 Abs
2 S 1
SGG ist die Revision fristgerecht zu begründen. Nach S 3 dieser Vorschrift muss die Begründung "einen bestimmten Antrag enthalten,
die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben". Diese
gesetzlichen Anforderungen hat das BSG in ständiger Rechtsprechung präzisiert (vgl zB BSG Beschluss vom 18.6.2002 - B 2 U 34/01 R - SozR 3-1500 § 164 Nr 12 S 22; BSG Beschluss vom 17.3.2003 - B 3 KR 12/02 R - Juris RdNr 14; BSG Urteil vom 16.10.2007 - B 8/9b SO 16/06 R - SozR 4-1500 § 164 Nr 3 RdNr 9 f; BSG Urteil vom 30.3.2011 - B 12 KR 23/10 R - Juris RdNr 12; BSG Beschluss vom 11.9.2012 - B 5 RS 4/11 R - Juris RdNr 7 ff; BSG Beschluss vom 10.3.2014 - B 13 R 29/13 R - Juris RdNr 16). Danach muss, wenn mit der Revision - wie hier - die Verletzung einer Rechtsnorm gerügt wird, in der Begründung
dargelegt werden, weshalb eine Vorschrift im materiellen Sinn von der Vorinstanz nicht oder nicht richtig angewendet worden
ist (vgl §
546 ZPO; s auch BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 12 KR 11/14 R - RdNr 33 mwN, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 240 Nr 29 vorgesehen). Mit diesem Erfordernis soll zur Entlastung des
Revisionsgerichts erreicht werden, dass der Revisionskläger bzw sein Prozessbevollmächtigter die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels
eingehend prüft und von aussichtslosen Revisionen rechtzeitig Abstand nimmt (BSG Beschluss vom 18.6.2002 - B 2 U 34/01 R - SozR 3-1500 § 164 Nr 12 S 22; BSG Urteil vom 16.10.2007 - B 8/9b SO 16/06 R - SozR 4-1500 § 164 Nr 3 RdNr 11; BSG Beschluss vom 10.3.2014 - B 13 R 29/13 R - BeckRS 2014, 67741 RdNr 17; weitergehend BSG Urteil vom 23.7.2015 - B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 4: zudem Gewährleistung einer umfassenden Vorbereitung des Verfahrens).
2. Eine ausreichende Darlegung, weshalb die als verletzt gerügte Vorschrift des materiellen Rechts von der Vorinstanz nicht
oder nicht richtig angewendet worden ist, erfordert eine kurze Darstellung der hierfür maßgeblichen Umstände des entscheidungserheblichen
Sachverhalts.
a) Welcher Inhalt von einer Revisionsbegründung über die unter 1. aufgeführten allgemeinen Anforderungen hinaus zu verlangen
ist, damit sie die Zulässigkeitsschwelle überwindet und eine Sachprüfung des Revisionsgerichts eröffnet, muss im Einzelfall
(vgl Reichold in Thomas/Putzo,
ZPO, 36. Aufl 2015, §
551 RdNr 5) nach Maßgabe des genannten Sinns und Zwecks des Begründungserfordernisses sowie unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen
Vorgaben näher bestimmt werden. Denn aufgrund der Rechtsschutzgarantie in Art
19 Abs
4 S 1
GG darf der Zugang zu den Gerichten und den vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender
Weise erschwert werden (BVerfG Beschluss vom 2.3.1993 - 1 BvR 249/92 - BVerfGE 88, 118, 123 f; zuletzt BVerfG [Kammer] Beschluss vom 21.10.2015 - 2 BvR 912/15 - NJW 2016, 44 RdNr 22). Das müssen auch die Gerichte bei der Auslegung prozessualer Normen beachten. Sie dürfen ein von der jeweiligen
Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch eine überstrenge Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften ineffektiv
machen und so für den Rechtsmittelführer leerlaufen lassen (BVerfG Beschluss vom 30.4.1997 - 2 BvR 817/90 ua - BVerfGE 96, 27, 39; BVerfG [Kammer] Beschluss vom 21.10.2015 aaO). Formerfordernisse dürfen deshalb nicht weiter gehen, als es durch ihren
Zweck geboten ist, da von ihnen die Gewährleistung des Rechtsschutzes abhängt (BVerfG Beschluss vom 2.3.1993 - 1 BvR 249/92 - BVerfGE 88, 118, 126 f). Das gilt auch für Darlegungsanforderungen, die nicht derart streng gehandhabt werden dürfen, dass sie von einem
durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht
mehr erfüllt werden können (BVerfG Beschluss vom 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - BVerfGE 125, 104, 137; BVerfG [Kammer] Beschluss vom 21.10.2015 aaO; vgl auch BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 4 RdNr 12).
b) Die Verletzung einer Norm iS des §
164 Abs
2 S 3
SGG (inhaltsgleich §
139 Abs
3 S 4
VwGO, §
554 Abs
3 Nr
3 Buchst a
ZPO in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung [aF] und § 120 Abs 2 FGO aF) ist das Ergebnis der fehlerhaften Anwendung eines Rechtssatzes (vgl §
546 ZPO), also eines Subsumtionsschlusses, bei dem ein nach abstrakten Merkmalen bestimmter rechtlicher Obersatz mit einem individuellen
Lebenssachverhalt in Übereinstimmung gebracht wird. Der Fehler kann dabei sowohl in einer unzutreffenden Inhaltsbestimmung
der abstrakten Tatbestandsmerkmale der Rechtsnorm (Interpretationsfehler) als auch in der fehlerhaften Annahme von Deckungsgleichheit
zwischen einem zutreffend ausgelegten Obersatz und dem maßgeblichen Sachverhalt (Subsumtionsfehler) liegen (vgl Prütting in
Wieczorek/Schütze,
ZPO, Bd 7, 4. Aufl 2014, §
546 RdNr 31 f; Reichold in Thomas/Putzo,
ZPO, 36. Aufl 2015, §
546 RdNr 1 f). Für die Beurteilung einer Rechtsverletzung in der Revisionsinstanz unbeachtlich ist lediglich ein Fehler des Berufungsgerichts
bei der Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen, sofern nicht im Einzelfall zulässig und begründet ein Verfahrensmangel
gerügt wird (§
163 SGG).
c) Auf dieser Grundlage sind für die erforderliche Darlegung in der Revisionsbegründung, aus welchen Gründen ein im angefochtenen
Urteil vom Berufungsgericht vorgenommener Subsumtionsschluss die Verletzung einer Rechtsnorm in dem genannten Sinne bewirken
kann, nicht nur Ausführungen zum rechtlichen Obersatz erforderlich, sondern auch zu den tatsächlichen Umständen (= Sachverhalt),
auf die dieser Obersatz angewendet wurde. Denn erst daraus kann sich eine entscheidungserhebliche Rechtsverletzung ergeben
(vgl Berlit in Posser/Wolff,
VwGO, 2. Aufl 2014, §
139 RdNr 53).
Rechtsausführungen in dem angefochtenen Urteil mögen für sich genommen zutreffend oder unzutreffend sein; eine mit der Revision
angreifbare Rechtsverletzung bewirken solche Interpretationen einer Norm jedoch nur, wenn sie bei Anwendung auf den maßgeblichen
Sachverhalt auch entscheidungsrelevant sind. Deshalb muss eine Revisionsbegründung bei Darstellung der für eine Rechtsverletzung
entscheidungserheblichen Gesichtspunkte auch den für die behauptete Rechtsverletzung maßgeblichen Sachverhalt schildern (in
diesem Sinne auch BSG Beschluss vom 17.3.2003 - B 3 KR 12/02 R - Juris RdNr 14; BSG Urteil vom 23.11.2005 - B 12 RA 10/04 R - Juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 6.3.2006 - B 13 RJ 46/05 R - Juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 27.2.2008 - B 12 P 1/07 R - Juris RdNr 16; BSG Beschluss vom 28.1.2014 - B 13 R 31/13 R - Juris RdNr 9). In vergleichbarer Weise fordert übrigens auch das BVerfG für die Zulässigkeit einer Richtervorlage nach
Art
100 Abs
1 GG die Darstellung des Sachverhalts (BVerfG Beschluss vom 15.12.2015 - 2 BvL 1/12 - Juris RdNr 22). Ebenso muss die Begründung einer Verfassungsbeschwerde nicht nur das angeblich verletzte Grundrecht bezeichnen,
sondern auch zu dem die Verletzung enthaltenden Vorgang substantiiert und schlüssig vortragen (BVerfG [Kammer] Beschluss vom
4.2.2016 - 2 BvR 2223/15 - Juris RdNr 57).
d) Das Formerfordernis der Wiedergabe des für die geltend gemachte Rechtsverletzung wesentlichen Sachverhalts ist dabei kein
Selbstzweck. Es dient dazu, dass der Revisionsführer die Entscheidungserheblichkeit seiner Rechtsausführungen im Blick behält
und von der Durchführung von Verfahren, in denen es auf einen Streit über die zutreffende Auslegung einer Norm letztlich überhaupt
nicht ankommt, Abstand nimmt. Hierfür genügt es, wenn der Revisionsführer in der Revisionsbegründung den entscheidungsrelevanten
Kernlebenssachverhalt in eigenen Worten kurz wiedergibt.
Zur Erreichung des genannten Zwecks ist nach Ansicht des erkennenden Senats jedoch nicht erforderlich, jeweils ausdrücklich
anzugeben, dass es sich bei den angeführten tatsächlichen Umständen um den Sachverhalt handelt, den die Vorinstanz in dem
angefochtenen Urteil festgestellt hat (so aber BSG Beschluss vom 5.11.2014 - B 5 RE 5/14 R - BeckRS 2014, 74155 RdNr 8; BSG Beschluss vom 22.7.2015 - B 5 R 16/15 R - BeckRS 2015, 70865 RdNr 9; BSG Urteil vom 23.7.2015 - B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 7).
Entgegen Ausführungen des 5. Senats des BSG im Urteil vom 23.7.2015 (B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 7) bedarf es auch nicht der Angabe des Revisionsführers, an welcher genauen Stelle er dem Berufungsurteil
die von ihm genannten Tatumstände entnehmen möchte, mithin eines Hinweises auf die genaue Fundstelle. Die genannten Anforderungen
zielen nach Meinung des 5. Senats darauf ab, dass die Revisionsbegründung eine "umfassende Vorbereitung des Verfahrens" gewährleiste
(BSG Urteil vom 23.7.2015 - B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 4), um das Revisionsgericht in die Lage zu versetzen, "allein anhand der Revisionsbegründung zu prüfen, ob
die im Streit stehenden revisiblen Rechtsvorschriften auf den festgestellten Sachverhalt nicht oder nicht richtig angewendet
worden sind" (BSG Urteil vom 23.7.2015 - B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 7). Dabei wird jedoch übersehen, dass die Formerfordernisse hinsichtlich der Darlegung einer Rechtsverletzung
nur eine Schlüssigkeitsprüfung des Revisionsgerichts eröffnen sollen (vgl BVerfG [Kammer] Beschluss vom 21.10.2015 - 2 BvR 912/15 - NJW 2016, 44 RdNr 23). Sie haben nicht den Zweck, eine qualifizierte Prüfung der Begründetheit des Rechtsmittels zu ermöglichen, denn
dadurch würde letztlich die Begründetheitsprüfung in die Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtsmittels vorverlagert (vgl
BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 4 RdNr 12). Ob eine Revisionsbegründung den Revisionsangriff
auch tatsächlich trägt, ist jedoch für die Zulässigkeit der Revision ohne Bedeutung (vgl Jacobs in Stein/Jonas,
ZPO, 22. Aufl 2013, § 551 RdNr 24; Neumann in Sodan/Ziekow,
VwGO, 4. Aufl 2014, §
139 RdNr 95). Eine Revision, die sich auf tatsächliche Umstände stützt, welche vom Berufungsgericht in Wahrheit abweichend festgestellt
wurden, wäre deshalb - unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richter an dieser Bewertung (§
33 Abs
1 S 1
SGG) - ggf als unbegründet zurückzuweisen (§
170 Abs
1 SGG).
Im Übrigen tragen die zuletzt erwähnten Anforderungen des 5. Senats an die Darlegung des entscheidungserheblichen Sachverhalts
in der Praxis dazu bei, dass Revisionsführer, die sichergehen wollen, alle formellen Erfordernisse zu erfüllen, dazu übergehen,
in der Revisionsbegründung das komplette Berufungsurteil in wörtlichem Zitat wiederzugeben, wie bereits verschiedentlich zu
beobachten war. Das ist mit den heutigen Mitteln der IT-gestützten Textverarbeitung ("copy and paste") unschwer möglich, führt
aber letztlich nur zu einer Aufblähung der Revisionsbegründung mit Unwesentlichem und zu einer vermeidbaren Belastung des
Revisionsgerichts. Dessen Arbeit soll durch eine schlüssige Revisionsbegründung erleichtert, jedoch nicht durch "Überfrachtung"
erschwert werden. Daher ist es auch unter praktischen Gesichtspunkten sinnvoll und sachdienlich, vom Revisionsführer zur Darlegung
der Entscheidungserheblichkeit seines Revisionsangriffs lediglich zu verlangen, dass er den für die Rechtsanwendung relevanten
Kernlebenssachverhalt in eigenen Worten und in der gebotenen Kürze wiedergibt.
3. Bei Anwendung dieser Maßstäbe hat die Beklagte eine Rechtsverletzung durch die von ihr angegriffene Entscheidung des LSG
nicht ausreichend dargelegt.
Die vorliegende Revisionsbegründung lässt den für den geltend gemachten Interpretationsfehler entscheidungserheblichen Sachverhalt
nicht hinreichend erkennen. Insoweit können nur die Ausführungen im Schriftsatz vom 22.12.2014 Berücksichtigung finden; der
weitere Vortrag in der Replik vom 12.3.2015 ist erst nach Ablauf der bis zum 22.12.2014 verlängerten Revisionsbegründungsfrist
eingegangen.
a) Die Revisionsbegründung der Beklagten teilt zum Sachverhalt lediglich mit, dass die Klägerin von ihr die Rücküberweisung
einer überzahlten Rentenleistung in Höhe von 886,31 Euro begehre und dass die Vorinstanzen ihr eine Berufung auf den Auszahlungseinwand
des §
118 Abs
3 S 3
SGB VI verwehrt hätten, weil sie bei Vornahme der Verfügung bereits Kenntnis vom Tod der Rentenberechtigten gehabt habe. Aus der
gesamten Revisionsbegründung wird jedoch nicht ersichtlich, zu welchem Zeitpunkt die Beklagte Kenntnis vom Tod der Rentenberechtigten
hatte, wie der Kontostand zu diesem Zeitpunkt war und welche anderweitige Verfügung (Zeitpunkt, Art und Betrag) sie als den
Rücküberweisungsanspruch der Klägerin mindernd anerkannt wissen will. Zudem fehlt jede Darstellung, weshalb bei Berücksichtigung
weiterer Verfügungen die Entscheidung des LSG hätte anders ausfallen müssen, was insbesondere im Hinblick auf die Rückausnahmen
in §
118 Abs
3 S 3 Halbs 2 und S 4
SGB VI von Bedeutung ist. Auf dieser Basis lässt sich über die Relevanz der rechtlichen Ausführungen der Beklagten zur Auslegung
des §
118 Abs
3 SGB VI für den hier zu entscheidenden Sachverhalt nur spekulieren. Angesichts der nahezu vollständig fehlenden Wiedergabe des relevanten
Sachverhalts kommt es auf die Frage, ob zudem eine qualifizierte Darstellung des Sachverhalts erforderlich ist (vgl oben unter
2. c), hier nicht entscheidungserheblich an; eine Anfrage an den 5. Senat (vgl §
41 Abs
3 S 1
SGG) erübrigt sich somit.
b) Für eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung nicht ausreichend ist die Bezugnahme im Schriftsatz vom 22.12.2014 (dort S
10 unten) auf das gesamte Vorbringen der Beklagten in den Vorinstanzen (vgl BVerwG Beschluss vom 16.11.1961 - IV ER 403.61 - BVerwGE 13, 181, 183; BFH Beschluss vom 23.4.1971 - VI R 254/70 - BFHE 102, 217, 219). Eine solch pauschale Bezugnahme überlässt es dem Revisionsgericht, sich die zu einer schlüssigen Begründung der Revision
erforderlichen Sachverhaltselemente selbst aus den gesamten Akten des Verfahrens zusammenzusuchen. Es ist jedoch Aufgabe des
Revisionsklägers, in der Revisionsbegründung selbst schlüssig und nachvollziehbar die Verletzung einer Rechtsnorm oder einen
Verfahrensmangel aufzuzeigen.
c) Ebenso wenig genügt es für eine ausreichende Revisionsbegründung im Hinblick auf die erforderliche kurze Darstellung des
entscheidungserheblichen Kernlebenssachverhalts, dass die Beklagte bereits bei Einreichung der Revisionsschrift eine beglaubigte
Kopie des angefochtenen LSG-Urteils zu den Akten gereicht hat (vgl §
164 Abs
1 S 2 Teils 2
SGG). Allein dieser Umstand trägt nichts dazu bei, dass der Revisionsführer im Rahmen seiner Revisionsbegründung - dem Zweck
des Begründungserfordernisses entsprechend - die Umstände, aus denen sich die von ihm behauptete Rechtsverletzung ergeben
soll (vgl nunmehr der Wortlaut von § 120 Abs 3 Nr 2 Buchst a FGO in der ab 1.1.2001 geltenden Fassung, §
551 Abs
3 S 1 Nr
2 Buchst a
ZPO in der ab 1.1.2002 geltenden Fassung), sorgfältig prüft und entsprechend darstellt. Zwar ist im Rahmen einer Revisionsbegründung
die Bezugnahme auf andere Schriftstücke nicht generell ausgeschlossen (vgl Heinz in Roos/Wahrendorf,
SGG, 2014, §
164 RdNr 52 f; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
164 RdNr 9g; s auch Berlit in Posser/Wolff,
VwGO, 2. Aufl 2014, §
139 RdNr 61 ff). Die Revisionsbegründung der Beklagten enthält jedoch keinerlei Bezugnahme auf das Berufungsurteil und damit
auch keine Verweisung auf konkret bezeichnete Feststellungen des LSG zum entscheidungserheblichen Sachverhalt.
4. Die nach alledem unzulässige Revision wäre im Übrigen jedenfalls auch unbegründet. Das LSG hat seiner Entscheidung ohne
Rechtsfehler zugrunde gelegt, dass §
118 Abs
3 S 3
SGB VI einschränkend in dem Sinne auszulegen ist, dass sich das Geldinstitut nicht mehr auf den Auszahlungseinwand anderweitiger
Verfügungen berufen kann, wenn es bei deren Ausführung Kenntnis vom Tod des Rentenempfängers hat (s hierzu eingehend Urteil
vom 24.2.2016 - B 13 R 22/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen).
Die Festsetzung des Streitwerts für das Revisionsverfahren ergibt sich aus §
197a Abs
1 S 1
SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 47 Abs 1 S 1, § 52 Abs 3 GKG.