Gründe:
I
Der Kläger begehrt Regelaltersrente unter Berücksichtigung höherer Entgeltpunkte (EP) für seine Anrechnungszeiten wegen Schul-
und Hochschulausbildung.
Die Beklagte bewilligte dem im 1942 geborenen Kläger mit Rentenbescheid vom 5.1.2007 ab 1.3.2007 Regelaltersrente. Der Zahlbetrag
belief sich auf 942,24 Euro monatlich (einschließlich eines Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 64,11 Euro)
unter Zugrundelegung von 38,2294 persönlichen EP (Ost). Im Versicherungsverlauf der Anlage 2 des Bescheids berücksichtigte
sie die Zeiten vom 1.11.1964 bis 31.8.1967 (inklusive Überbrückungszeit) als Zeiten der Schulausbildung und die Zeiten vom
1.9.1967 bis zum 16.7.1971 als Zeiten der Hochschulausbildung (Jurastudium). Bei der Feststellung der EP für beitragsfreie
und beitragsgeminderte Zeiten (Anlage 4 des Bescheids) ergab sich als Gesamtleistungswert aus dem Vergleich der Grundbewertung
und der Vergleichsbewertung der Durchschnittswert von 0,0746 EP. Diesen Wert multiplizierte die Beklagte (gemäß §
263 Abs
3 Satz 4
SGB VI in der am 1.1.2005 geltenden Fassung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes [RVNG] vom 21.7.2004 [BGBl I 1791] wegen des Rentenbeginns
im März 2007) mit 34,38 vH, was zu einem monatlichen Wert von 0,0256 EP führte. Nach Multiplikation mit 36 Monaten Anrechnungszeiten
wegen Schul- oder Hochschulausbildung im Zeitraum vom 1.11.1964 bis 31.10.1967 ergaben sich für diese Zeiten 0,9216 EP (Ost),
die die Beklagte der Rentenberechnung zugrunde legte.
Den Widerspruch des Klägers wegen fehlender Bewertung von Zeiten an allgemeinbildenden Schulen, Fachhochschulen und Hochschulen
im Vergleich zu nichtakademischen Ausbildungen mit überwiegend berufsbildendem Charakter (Fachschulen) bei der Rentenberechnung
wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 21.5.2007).
Das SG Cottbus hat mit Urteil vom 29.11.2007 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass
die Beklagte die geänderten Vorschriften von §§
74,
263 SGB VI (idF des RVNG) zutreffend angewendet habe. Die vom Kläger gerügte Verfassungswidrigkeit der Gesetzesänderung liege nicht
vor. Durch die fehlende rentensteigernde Bewertung von Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung nach dem 17. Lebensjahr werde
der allgemeine Gleichheitssatz (Art
3 Abs
1 GG) nicht verletzt. Bei zulässiger typisierender Betrachtung könnten Akademiker schon durch ihre Ausbildung und die damit im
Regelfall verbundenen besseren Verdienstmöglichkeiten eine überdurchschnittliche Rentenanwartschaft aufbauen. Unter Berücksichtigung
der finanziellen Belastungen der gesetzlichen Rentenversicherung habe der Gesetzgeber die Privilegierung dieser rentenrechtlichen
Zeiten abschaffen dürfen. Hingegen sei bei nichtakademischer Ausbildung an Schulen mit überwiegend berufsbildendem Charakter
(Fachschulen) und Teilnahme an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen nicht von überdurchschnittlichen Rentenanwartschaften
wie bei der Vergleichsgruppe der Akademiker auszugehen. Zudem komme es bei Beibehaltung der bisherigen Regelung nach den Vorstellungen
des Gesetzgebers zu einer sozialpolitisch bedenklichen Ungleichbehandlung von Zeiten der beruflichen Ausbildung an Schulen
einerseits und Zeiten der beruflichen Ausbildung im dualen System andererseits, bei denen weiterhin eine höhere Bewertung
der Pflichtbeiträge von bis zu 75 % des Durchschnittsentgelts erfolge.
Das LSG Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 7.10.2010 die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im
Wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte die rentenrechtlichen Vorschriften bei der Bewertung der rentenrechtlichen Zeiten
des Klägers zutreffend angewandt habe. Eine Verletzung des vom Kläger allein gerügten Verfassungsrechts liege nicht vor. Die
Neuregelung von §
74 Satz 4, §
263 Abs
3 Satz 4
SGB VI (idF des RVNG) verstoße weder gegen Art
14 Abs
1 GG noch gegen Art
3 Abs
1 GG. Mit der Übergangsregelung von §
263 Abs 3 Satz 4
SGB VI habe der Gesetzgeber eine den rechtsstaatlichen Anforderungen entsprechende Vorschrift des Vertrauensschutzes getroffen,
die auch den Anforderungen des BVerfG (Urteil vom 27.2.2007 - 1 BvL 10/00 - BVerfGE 117, 272 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7) standhalte.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verfassungswidrigkeit von §
74 Satz 4, §
263 Abs
3 SGB VI (idF des RVNG), die gegen Art
14 und Art
3 Abs
1 GG verstießen. Die Neuregelung greife in bereits erworbene Rentenanwartschaften ein, weil die Gesetzesänderung ausschließlich
Versicherte betreffe, die durch ihre Hochschulausbildung Rentenanwartschaften erworben hätten. Dies widerspreche dem verfassungsrechtlich
garantierten Eigentumsschutz. Die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung zwischen Versicherten mit Schul- bzw Hochschulausbildung
und solchen mit Zeiten der beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung oder der Teilnahme an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen
sei nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt, sondern sei grob unverhältnismäßig und grenze an Willkür. Die Gesetzesbegründung
verkenne, dass die höheren Einkommen von Akademikern zwangsläufig auch mit einer höheren Beitragslast zur gesetzlichen Rentenversicherung
verbunden seien. Die statistisch höheren Renten von Hochschulabsolventen seien das Ergebnis eigener Leistungen. Die unterschiedliche
Behandlung von Zeiten der beruflichen Ausbildung an Schulen einerseits und Zeiten der beruflichen Ausbildung im dualen System
sei sozialpolitisch bedenklich, weil bei einer Ausbildung im dualen System tatsächlich Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet
würden. Im Übrigen sei kein Grund ersichtlich, eine Hochschulausbildung, die ebenfalls im unmittelbaren Zusammenhang mit dem
Erwerb eines adäquaten Berufes stehe, anders zu behandeln als eine berufsbildende oder berufsvorbereitende Ausbildung.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. Oktober 2010 und des Sozialgerichts Cottbus vom 29. November
2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 5. Januar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
21. Mai 2007 zu verurteilen, dem Kläger eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung weiterer 1,0944 EP pro Monat für 36
Kalendermonate Schul- und Hochschulausbildung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Der vom Gesetzgeber angeführte Differenzierungsgrund, dass bei typisierender Betrachtung
Versicherte mit akademischer Ausbildung im Regelfall bessere Verdienstmöglichkeiten hätten als Versicherte ohne eine solche
Ausbildung und damit im Regelfall auch höhere Rentenanwartschaften aufbauen könnten, sei ein ausreichender sachlicher Grund
für die Ungleichbehandlung dieser beiden Versichertengruppen bei der Bewertung ihrer schulischen Anrechnungszeiten. Der Einwand,
dem Gesetz fehle eine empirische und methodische Fundierung, treffe nicht zu. Insoweit sei auf die von der Bundesregierung
in ihrer Gegenäußerung vom 3.3.2004 (BT-Drucks 15/2591 S 2-3 zu Nr 6) zur ablehnenden Stellungnahme des Bundesrates (BR-Drucks
1/04 [Beschluss] S 3) vom 13.2.2004 genannten Studien verwiesen; diese belegten, dass Akademiker vergleichsweise höhere Verdienste
hätten. Auch neuere Studien bestätigten, dass bessere Bildung im Regelfall zu höherem Einkommen führe. Die Entscheidung des
BVerfG vom 9.2.2010 lasse sich auf den vorliegenden Fall schon deshalb nicht übertragen, weil es dort um die Gewährleistung
eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art
1 Abs
1 iVm Art
20 Abs
1 GG gegangen sei; hier gehe es lediglich darum, ob die vom Gesetzgeber angegebene Begründung für eine Differenzierung zwischen
zwei Personengruppen - Hochschulabsolventen einerseits und Absolventen von Fachschulen und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen
andererseits - bei der Bewertung von beitragsfreien Anrechnungszeiten ausreichend sei.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senat ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt
(§
165 Satz 1, §
153 Satz 1, §
124 Abs
2 SGG).
II
Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet.
Zu Recht haben die Vorinstanzen entschieden, dass er keinen Anspruch auf eine Regelaltersrente (§
35 SGB VI) unter Berücksichtigung höherer EP für die Zeiten der Schul- bzw Hochschulausbildung hat.
Die angefochtene Festsetzung der Rentenhöhe im Bescheid vom 5.1.2007 ist rechtmäßig. Sie entspricht den gesetzlichen Bestimmungen
(dazu unter A.) und verstößt nicht gegen höherrangiges Recht (dazu unter B.).
A. Streit besteht hier allein über den Gesamtbetrag an EP, der sich aus den 36 Monaten Anrechnungszeiten des Klägers wegen
Schul- und Hochschulausbildung innerhalb der dreijährigen Höchstbewertungsdauer ergibt. Vom Kläger nicht angegriffen ist die
Nichtbewertung der über diesen Zeitraum hinausgehenden Zeit seiner Hochschulausbildung. Für die von ihm angestrebte Höherbewertung
seiner Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung gibt es keine gesetzliche Grundlage. Vielmehr hat die Beklagte
zutreffend §
263 Abs
3 Satz 4
SGB VI in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung des RVNG vom 21.7.2004 (BGBl I 1791) angewandt und die Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung
bei einem Rentenbeginn am 1.3.2007 zu Recht (nur) mit 0,0256 EP (Ost) je Kalendermonat rentenerhöhend bewertet.
1. Gemäß §
64 SGB VI ist der Monatsbetrag der Rente das Produkt aus den unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen EP,
dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert. Die genannten Faktoren sind mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander
zu vervielfältigen.
Die persönlichen EP für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente errechnen sich aus der Summe aller EP ua auch für beitragsfreie
Zeiten (§
66 Abs
1 Nr
2 SGB VI).
Aus im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten werden gemäß §
254b Abs
1 SGB VI für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente persönliche EP (Ost) und ein aktueller Rentenwert (Ost) gebildet. Für beitragsfreie
Zeiten werden die nach der Gesamtleistungsbewertung ermittelten EP in dem Verhältnis als EP (Ost) berücksichtigt, in dem die
für die Ermittlung des Gesamtleistungswerts zugrunde gelegten EP (Ost) zu allen zugrunde gelegten EP stehen (§
263a Satz 1
SGB VI).
Zu den beitragsfreien Zeiten (§
54 Abs
4 SGB VI) zählen auch Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung (§
58 Abs
1 Satz 1 Nr
4 SGB VI). Gemäß §
58 Abs
1 Satz 1
SGB VI in der hier maßgeblichen, ab 1.1.2005 geltenden Fassung sind Anrechnungszeiten ua Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten
17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teilgenommen
haben (Zeiten einer schulischen Ausbildung), insgesamt jedoch höchstens bis zu acht Jahren (Nr 4). Dementsprechend hat die
Beklagte im Versicherungsverlauf des angefochtenen Rentenbescheids die Zeiten der Schulausbildung des Klägers vom 1.11.1964
bis 31.8.1967 (inklusive Überbrückungszeit) sowie die Zeiten der Hochschulausbildung vom 1.9.1967 bis 16.7.1971 berücksichtigt.
Beitragsfreie Zeiten sind mit dem aus der Gesamtleistung an Beiträgen im belegungsfähigen Gesamtzeitraum erzielten Durchschnittswert
(= EP/Monat) zu bewerten (§
71 Abs
1 Satz 1
SGB VI), der entweder im Rahmen der Grundbewertung nach §
72 Abs
1 SGB VI auf der Grundlage sämtlicher EP für Beitragszeiten (Zeiten mit vollwertigen Beiträgen und beitragsgeminderte Zeiten) und
Berücksichtigungszeiten oder - falls für den Versicherten günstiger - im Rahmen der Vergleichsbewertung nach §
73 SGB VI auf der Grundlage nur der vollwertigen Beiträge und daher insbesondere ohne beitragsgeminderte Zeiten zu ermitteln ist (§
71 Abs
1 Satz 2
SGB VI). Vorliegend ergab sich ein Durchschnittswert aus der Grundbewertung von 0,0746 EP und derselbe Wert aus der Vergleichsbewertung.
Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit dieser Werte sind nicht erkennbar; solche wurden auch vom Kläger nicht vorgebracht. Zutreffend
hat die Beklagte daher der Gesamtleistungsbewertung den zuletzt genannten identischen Durchschnittswert aus der Grund- bzw
Vergleichsbewertung zugrunde gelegt.
2. Im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung findet allerdings gemäß §
74 SGB VI in der hier maßgeblichen, ab 1.1.2005 geltenden Fassung des RVNG eine Begrenzung statt (sog begrenzte Gesamtleistungsbewertung).
Gemäß §
74 Satz 1 und
2 SGB VI wird der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert für jeden Kalendermonat mit Zeiten einer beruflichen Ausbildung,
Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme auf 75 vH begrenzt; der so begrenzte
Gesamtleistungswert darf für einen Kalendermonat 0,0625 EP nicht übersteigen. Ausbildungszeiten der genannten Art werden gemäß
§
74 Satz 3
SGB VI insgesamt für höchstens drei Jahre "bewertet" (dh sie wirken sich für höchstens drei Jahre unmittelbar rentenerhöhend aus),
vorrangig die Zeiten der Fachschulausbildung und der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme. Gemäß §
74 Satz 4
SGB VI werden ua Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung nicht bewertet.
3. Für Rentenneuzugänge der Jahre 2005 bis 2008, zu denen der Kläger gehört, hat der Gesetzgeber des RVNG hinsichtlich der
Bewertung von Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung in §
263 Abs
3 SGB VI aus Gründen des Vertrauensschutzes eine Übergangsregelung getroffen (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN, BT-Drucks 15/2149 S 29 zu Nr 51 [§ 263] zu Buchst c).
Gemäß §
263 Abs
3 Satz 1 und
2 SGB VI wird der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert für jeden Kalendermonat mit Anrechnungszeiten wegen einer Schul-
oder Hochschulausbildung auf 75 vH begrenzt; der so begrenzte Gesamtleistungswert darf für einen Kalendermonat 0,0625 EP nicht
übersteigen. Für Renten, die im Zeitraum von Februar 2005 bis Dezember 2008 beginnen, wird gemäß §
263 Abs
3 Satz 3 und
4 SGB VI der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert für jeden Kalendermonat mit Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung
abweichend von §
74 Satz 4
SGB VI insgesamt für höchstens drei Jahre (unter Anrechnung von Zeiten einer Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden
Bildungsmaßnahme) gleichwohl rentenerhöhend berücksichtigt, jedoch in Abhängigkeit vom Rentenbeginn nicht mit 75 vH bzw (höchstens)
0,0625 EP je Kalendermonat, sondern mit einem sich stufenweise in monatlichen Schritten von 1,56 vH bzw 0,0013 EP mindernden
und sich aus der Tabelle des §
263 Abs
3 Satz 4
SGB VI ergebenden niedrigeren Prozentwert bzw EP-Wert.
4. Beginnt die Rente allerdings im Januar 2009 oder später, werden Zeiten der Schul- oder Hochschulausbildung nicht mehr bewertet,
dh sie erhalten keine EP und haben insoweit keine rentenerhöhende Wirkung mehr.
Das bedeutet jedoch nicht, dass den Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung nach dem vollendeten 17. Lebensjahr für die
gesetzliche Rente keinerlei Bedeutung mehr zukäme. Denn zum einen bleibt deren rentenbegründende Wirkung erhalten: Dies zeigt
sich nicht nur bei den Renten wegen Erwerbsminderung (wo Anrechnungszeiten den Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung,
von denen drei Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sein müssen, verlängern,
§ 43 Abs 1 Satz 1 Nr 2, Abs
2 Satz 1 Nr
2 iVm Abs 4 Nr
1 und Nr
4 SGB VI), sondern (nach §
50 Abs
4 iVm §
51 Abs
3, §
54 Abs
1 Nr
2 und Abs
4 SGB VI) auch bei der Anrechnung auf die 35-jährige Wartezeit für die (vorzeitige Inanspruchnahme der) Altersrenten für langjährig
Versicherte (§
36 SGB VI) bzw für schwerbehinderte Menschen (§
37 SGB VI). Zum anderen wirken sich Anrechnungszeiten wegen Schul- oder Hochschulausbildung auch künftig dadurch rentenerhöhend aus,
dass sie im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung als "nicht belegungsfähige Kalendermonate" berücksichtigt werden und insoweit
eine Versicherungslücken schließende Funktion haben (§
72 Abs
3 Nr
1 iVm §
54 Abs
4 SGB VI; s hierzu auch BSG vom 2.3.2010 - SozR 4-2600 § 72 Nr 3 RdNr 14 ff; ferner zur Rechtsentwicklung Senatsbeschluss vom 27.8.2009
- B 13 R 6/09 S - BeckRS 2010, 66400 RdNr 12 ff; vgl insoweit auch BSG vom 26.1.2005 - SozR 4-2600 § 58 Nr 6 RdNr 15).
5. Die Beklagte hat in Anwendung der erläuterten Vorschriften die Zeiten des Klägers wegen Schul- und Hochschulausbildung
im Rahmen der Höchstdauer von drei Jahren zutreffend mit 0,0256 EP für jeden Kalendermonat bewertet. Nach Multiplikation mit
36 Monaten Anrechnungszeiten wegen Schul- oder Hochschulausbildung im dreijährigen Höchstbewertungszeitraum zwischen 1.11.1964
und 31.10.1967 ergeben sich 0,9216 EP (Ost) (= 36 x 0,0256 EP [Ost]). Diesen EP-Wert für die Anrechnungszeiten wegen Schul-
und Hochschulausbildung hat die Beklagte bei der Rentenberechnung (Ermittlung des Monatsbetrags der Rente) des Klägers berücksichtigt
(s Anl 4 S 3 des Bescheids vom 5.1.2007).
B. Der Auffassung des Klägers, die Begrenzung des Gesamtleistungswerts für Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung
durch §
74 Satz 4 iVm §
263 Abs
3 SGB VI (jeweils idF des RVNG) sei verfassungswidrig, kann nicht gefolgt werden. Vielmehr stimmt der erkennende Senat mit den Vorinstanzen
überein, dass diese Vorschriften mit dem
GG vereinbar sind. Sie verstoßen weder gegen Art
14 Abs
1 (dazu unter 1.) noch gegen Art
3 Abs
1 GG (dazu unter 2.) und auch nicht gegen das Sozialstaatsprinzip (dazu unter 3.). Er hat daher keine Veranlassung, gemäß Art
100 Abs
1 GG eine Entscheidung des BVerfG über die Verfassungsmäßigkeit der vom Kläger angegriffenen Regelungen herbeizuführen.
1. Eine Verletzung des Art
14 Abs
1 GG liegt nicht vor.
a) Die vom Kläger in der Zeit bis zum Inkrafttreten der angegriffenen Normen erworbene Rentenanwartschaft wird vom Schutzbereich
dieser Verfassungsnorm erfasst (vgl BVerfGE 53, 257, 289 f; 55, 114, 131; 58, 81, 109; 69, 272, 298; 70, 101, 110; 100, 1, 32 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 47; BVerfGE 117, 272, 292 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 50; stRspr). Es handelt sich um eine vermögenswerte Rechtsposition, die nach Art eines
Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet ist; sie genießt den Schutz der Eigentumsgarantie,
weil sie auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruht und zudem der Sicherung seiner Existenz dient (vgl
zB BVerfGE 69, 272, 300). Für Rentenanwartschaften, die in der DDR begründet wurden, gilt dies mit der Einschränkung, dass Art
14 Abs
1 GG sie nur in der Form schützt, die sie aufgrund der Regelungen des Einigungsvertrags erhalten haben (vgl BVerfGE 100, 1, 33 ff = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 48 ff; BVerfGE 112, 368, 396 = SozR 4-2600 § 307a Nr 3 RdNr 43). Dabei ist auf die rentenversicherungsrechtliche Position insgesamt abzustellen und
nicht auf einzelne Berechnungselemente (vgl BVerfGE 58, 81, 109; 117, 272, 293 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 51) wie hier die Bewertung von Zeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung
als Anrechnungszeiten.
b) Die Rechtsänderung hat die Rentenanwartschaft des Klägers beeinträchtigt. Während nach den bis zum 31.12.2004 geltenden
Bestimmungen der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert für Zeiten wegen schulischer Ausbildung nach Vollendung
des 17. Lebensjahres für jeden Kalendermonat auf 75 vH begrenzt war und für die Dauer von drei Jahren noch mit (höchstens)
0,0625 EP je Kalendermonat rentenerhöhend berücksichtigt werden konnte (§
74 Satz 1,
2 und
4 SGB VI in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung), werden nach der Neuregelung durch das RVNG Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung
(für Rentenzugänge ab 2009) überhaupt nicht mehr bewertet (§
74 Satz 4
SGB VI idF des RVNG). Eines der Ziele des Gesetzgebers war es, allgemeine Schulzeiten sowie Fachhochschul- und Hochschulzeiten (im
Rahmen der Gesamtleistungsbewertung) nur noch bis zu acht Jahren als (Versicherungslücken füllende) "unbewertete" (dh nicht
rentenerhöhende) Anrechnungszeiten zu berücksichtigen (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks
15/2149, S 24 zu Nr 13 [§ 74]). Übergangsweise galt für die Rentenneuzugänge 2005 bis 2008 eine Abschmelzung des begrenzten
Gesamtleistungswerts um jeweils 1,56 vH bzw 0,0013 EP je Kalendermonat, beginnend mit 75 vH bzw 0,0625 EP bei einem Rentenzugang
im Januar 2005 und endend mit 1,56 vH bzw 0,0013 EP bei einem Rentenzugang im Dezember 2008 (§
263 Abs
3 Satz 4
SGB VI idF des RVNG). Hiervon wird auch der Kläger erfasst, da seine Rente am 1.3.2007 begann und daher seine Anrechnungszeiten
wegen Schul- und Hochschulausbildung im Rahmen der dreijährigen Höchstbewertungsdauer je Kalendermonat (nur) mit 0,0286 EP
(Ost) zu berücksichtigen sind.
c) Soweit dadurch in die bis dahin vorhandene Rechtsposition des Klägers eingegriffen wurde, handelt es sich um eine verfassungsrechtlich
zulässige gesetzgeberische Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums iS von Art
14 Abs
1 Satz 2
GG. Der Gesetzgeber hatte hier nicht nur deswegen eine besonders große Gestaltungsfreiheit, weil bei Rentenanwartschaften die
Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen bereits von vornherein angelegt ist (vgl BVerfGE 53, 257, 293; 58, 81, 110; 70, 101, 111; 117, 272, 293 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 53; BVerfGE 122, 151, 182 = SozR 4-2600 § 237 Nr 16 RdNr 79; BVerfG SozR 4-2600 § 77 Nr 9 RdNr 34), sondern auch, weil es hier um die Begrenzung
von Positionen ging, die Ausdruck besonderer Vergünstigungen waren. Denn Anrechnungszeiten beruhen - da ohne eigene Beitragsleistung
erworben - überwiegend auf staatlicher Gewährung und sind somit Ausdruck besonderer staatlicher Fürsorge (so BVerfGE 58, 81, 112). Sie sind zwar Bestandteil der Rentenanwartschaft und unterliegen damit dem Bestandsschutz des Art
14 Abs
1 GG; es handelt sich jedoch um einen abgeleiteten Eigentumsschutz von geringerer Intensität (Wahl, juris PR-SozR 12/2005, Anm
4 unter D 2b). Ebenso wie es im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers lag, diese Zeiten als ein Element des sozialen Ausgleichs
für die mit der Ausbildung für den Einzelnen verbundene Minderung seiner sozialen Sicherheit vorzusehen (vgl BVerfGE 58, 81, 113; BVerfG SozR 2200 § 1259 Nr 46), ist es ihm auch überlassen, ob und inwieweit er diesen Ausgleich weitergewähren will.
Allerdings sind Eingriffe in Rentenanwartschaften nur zulässig, wenn sie einem Gemeinwohlzweck dienen und verhältnismäßig
sind (vgl BVerfGE 53, 257, 293; 70, 101, 111; 117, 272, 294 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 54; BVerfGE 122, 151, 182 = SozR 4-2600 § 237 Nr 16 RdNr 79; BVerfG SozR 4-2600 § 77 Nr 9 RdNr 35; stRspr). Sie müssen zur Erreichung des angestrebten
Ziels geeignet und erforderlich sein. Insbesondere dürfen sie den Betroffenen nicht übermäßig belasten und für ihn deswegen
unzumutbar sein (vgl BVerfGE 58, 81, 121; 76, 220, 238; 122, 151, 182 = SozR 4-2600 § 237 Nr 16 RdNr 79; stRspr). Diesen Anforderungen genügen die hier vom Kläger
angegriffenen Regelungen des §
74 Satz 4 iVm §
263 Abs
3 Satz 4
SGB VI (jeweils idF des RVNG).
aa) Mit den durch das RVNG vorgesehenen Maßnahmen sollten vor dem Hintergrund der sich "immer deutlicher abzeichnenden Auswirkungen"
des sich verändernden demografischen Aufbaus der Bevölkerung und "einer schwierigen finanziellen Situation" der gesetzlichen
Rentenversicherung "die Beiträge langfristig bezahlbar und die Renten so sicher gemacht werden, wie das in einer sich ständig
verändernden Gesellschaft möglich ist" (Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/2149, S 2,
17). Richtschnur war dabei der "Grundsatz der Generationengerechtigkeit". Die Jüngeren sollten nicht durch zu hohe Beiträge
überfordert ("erdrückt") werden, da nur mit "verkraftbaren Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung" der Spielraum geschaffen
werde, der erforderlich sei, um eigenverantwortlich ergänzende Altersvorsorge betreiben zu können. Gleichzeitig sollte das
Vertrauen der Älteren in das Funktionieren der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten bleiben (aaO).
Zu den im Rahmen eines Gesamtpakets vorgesehenen Maßnahmen, die zur Stabilisierung des Beitragssatzes und langfristigen Sicherung
der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung beitragen sollten (aaO S 33; s auch Antwort der Bundesregierung vom
19.12.2003 auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Annette Widmann-Mauz, Andreas Storm, Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der CDU/CSU über die Auswirkungen des Wegfalls der bewerteten Anrechnungszeiten bei schulischer Ausbildung
in der gesetzlichen Rentenversicherung, BT-Drucks 15/2305, S 7, 13), gehörte als "mittel- und langfristig wirkende" Maßnahme
(vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/2149, S 18 f) die Abschaffung der Bewertung
von Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung (mit Ausnahme der Zeiten des Fachschulbesuchs und der Teilnahme an berufsvorbereitenden
Bildungsmaßnahmen) als rentensteigernde Anrechnungszeiten nach einer vierjährigen Übergangsfrist für Rentenneuzugänge ab 2009
(zur Verfassungsmäßigkeit des ebenfalls mit dem RVNG in die Rentenformel eingefügten sog Nachhaltigkeitsfaktors s Senatsurteil
vom 13.11.2008 - SozR 4-2600 § 255e Nr 1 RdNr 27 ff).
bb) Zur Erreichung dieser weitreichenden Ziele war die gesetzliche Neuregelung in §
74 Satz 4 iVm §
263 Abs
3 Satz 4
SGB VI geeignet. Es wurden Vergünstigungen zurückgenommen, die dem Gesetzgeber im Hinblick auf die Betonung der Beitragssatzstabilität
und der Lohn- und Beitragsbezogenheit der Rente sowie angesichts der angespannten Gesamtlage vor dem Hintergrund einer steigenden
demografischen Belastung der gesetzlichen Rentenversicherung als unangemessen erscheinen konnten. Der damit erzielte Spareffekt
ist nicht lediglich marginal (vgl dazu allgemein BVerfGE 70, 101, 112). Die Einsparungen aus dem Wegfall der bewerteten (rentensteigernden) Anrechnungszeiten wegen Fachhochschul- und Hochschulausbildung
werden auf langfristig rund 200 Mio Euro/Jahr geschätzt. Hinzu kommt die Einsparung aus dem Wegfall der bewerteten Anrechnungszeiten
wegen (allgemeiner) Schulausbildung. Insgesamt wird vom Wegfall der bewerteten Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung
langfristig ein Einsparvolumen von 0,1 Beitragssatzpunkten erwartet (vgl Antwort der Bundesregierung vom 19.12.2003 aaO, BT-Drucks
15/2305, S 4, 8).
Unter diesen Umständen kann auch die Erforderlichkeit dieser Maßnahme nicht verneint werden. Sie würde nur dann fehlen, wenn
evident wäre, dass die angestrebte Einsparung und Konsolidierung mit weniger einschneidenden Mitteln hätte erreicht werden
können (vgl BVerfGE 76, 220, 241). Der Gesetzgeber war unter dem Gesichtspunkt des Erforderlichkeitsgrundsatzes nicht verpflichtet, auf andere Maßnahmen
auszuweichen (etwa auf die vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger vorgeschlagene Minderung der Höchstbewertung für
alle schulischen Ausbildungszeiten von bisher 75 vH des Durchschnittsverdiensts auf 60 vH des Durchschnittsverdiensts: s hierzu
den auf diesem Vorschlag beruhenden Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kolb ua und der Fraktion der FDP vom 10.3.2004, BT-Drucks
15/2688); er kann insbesondere nicht darauf verwiesen werden, die mit §
74 Satz 4 iVm §
263 Abs
3 Satz 4
SGB VI verfolgten Einsparungen in anderen Bereichen des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung zu erzielen (vgl BVerfGE 75,
78, 101 f; 76, 220, 241; 116, 96, 127 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5 RdNr 91; BVerfGE 117, 272, 298 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 65; BVerfG SozR 4-2600 § 77 Nr 9 RdNr 44).
cc) Die zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne erforderliche Abwägung ergibt, dass das öffentliche Interesse
an dem Inkrafttreten der angegriffenen Regelungen des RVNG das Interesse der Betroffenen an dem Fortbestehen der günstigeren
Bewertung ihrer Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung nach altem Recht überwiegt.
Soweit der Rentenanwartschaft des Klägers eine höhere, über die versicherten Arbeitsentgelte hinausgehende rentenrechtliche
Bewertung der Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung zugrunde liegt, beruht sie nicht auf seiner eigenen Beitragsleistung.
Ist es aber zur Sicherung der Finanzgrundlagen und zum Erhalt der Funktions- und Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung
geboten, rentenrechtliche Positionen zu verändern, so kann der soziale Bezug, der dem Gesetzgeber größere Gestaltungsfreiheit
bei Eingriffen gibt, diesen berechtigen, in Abwägung zwischen Leistungen an Versicherte und Belastungen der Solidargemeinschaft
vor allem jene Positionen zu kürzen, die Ausdruck einer besonderen Vergünstigung sind (vgl BVerfGE 58, 81, 111). Denn eine durch einkommensbezogene Beitragszahlungen begründete rentenrechtliche Position genießt einen höheren Schutz
gegen staatliche Eingriffe als eine Anwartschaft, soweit sie nicht auf Beitragsleistungen beruht (vgl BVerfGE 58, 81, 112 f). Dies ist hier in Bezug auf die Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung der Fall. Die Schul- und Hochschulausbildung
begründet als solche allein noch keinen personalen Bezug zur Rentenversicherung. Sie stellt für sich genommen unter verfassungsrechtlichen
Gesichtspunkten keine Eigenleistung des Versicherten dar, die der Rentenversicherung zugute kommt, sondern dient seiner eigenen
Qualifizierung und liegt in seinem Verantwortungsbereich (BVerfGE 58, 81, 113; s auch BVerfGE 117, 272, 299 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 67 zur Berufsausbildung).
Der Senat teilt nicht die Auffassung, schulische Ausbildungszeiten unterlägen als notwendige Vorleistungen für Renten aus
der gesetzlichen Rentenversicherung einem höheren verfassungsrechtlichen Schutz (vgl aber BSG vom 18.10.2005 - SozR 4-2600
§ 71 Nr 1 RdNr 40 ff; ferner W. Meyer/Blüggel, NZS 2005, 1, 8 f; Blüggel, Soziale Sicherheit 2004, 61, 66 ff). Dies ist auch nicht die Sichtweise des BVerfG. Denn die Höhe der Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der
während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen (§
63 Abs
1 SGB VI). Insofern ist es durchaus konsequent, die Ausbildung vorwiegend dem Bereich der Eigenverantwortung des Einzelnen zuzuordnen,
deren besondere Honorierung dem System der Rentenversicherung jedenfalls nicht immanent ist, weil es grundsätzlich an den
Eintritt in das Arbeitsleben anknüpft (BVerfGE 58, 81, 113; Senatsbeschluss vom 27.8.2009 - B 13 R 6/09 S - BeckRS 2010, 66400 RdNr 15; BSG vom 2.3.2010 - SozR 4-2600 § 72 Nr 3 RdNr 33 f).
Demgegenüber fallen die mit dem RVNG verfolgten Ziele erheblich ins Gewicht, da sie auf eine Verbesserung der Finanzlage und
der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung, auf die Herstellung von Generationengerechtigkeit
sowie auf eine Begrenzung der Lohnzusatzkosten mit dem Ziel der Förderung eines hohen Beschäftigungsstandes gerichtet sind.
In diesem Zusammenhang haben alle Maßnahmen besondere Bedeutung, die einer Stärkung der Lohn- und Beitragsbezogenheit der
Rente dienen. Dazu gehört auch die Regelung des §
74 Satz 4
SGB VI.
dd) Auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes, der ebenfalls im Rahmen des Art
14 Abs
1 GG zu berücksichtigen ist (vgl BVerfGE 70, 101, 114; 76, 220, 244 f), sind die angegriffenen Bestimmungen nicht zu beanstanden.
Für den Versichertenkreis, dem der Kläger angehört, also den zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes "rentennahen Jahrgängen",
wurden die Auswirkungen des §
74 Satz 4
SGB VI durch die Übergangsvorschrift des §
263 Abs
3 Satz 4
SGB VI mit ihrem vierjährigen "Abschmelzungsprogramm" abgemildert (s hierzu bereits oben unter A.3.). Dadurch kam es auch bei ihm
noch zu einer rentenerhöhenden Bewertung von Zeiten mit Schul- und Hochschulausbildung.
Die Rentenminderung, die daraus resultiert, dass die Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung im Falle des Klägers
nicht mehr - wie nach altem Recht - mit (höchstens) 0,0560 EP (nicht - wie der Kläger meint - mit 0,0625 EP), sondern nur
noch mit 0,0256 EP je Kalendermonat in die Rentenberechnung eingehen, hält sich im vertretbaren Rahmen; insoweit errechnet
sich beim Kläger im Vergleich zum alten Recht (unter Zugrundelegung des beim Rentenbeginn im März 2007 maßgeblichen aktuellen
Rentenwerts [Ost]) eine Rentenminderung von 25,14 Euro/Monat:
Nach altem Recht hätte sich der auf die Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung entfallende Teil des Rentenbetrags
auf 46,31 Euro/Monat belaufen (0,0746 EP [Durchschnittswert aus der Grundbewertung/Vergleichsbewertung] x 75 : 100 = 0,0560
EP; da der Höchstwert von 0,0625 EP/Monat nicht erreicht wird, verbleibt es bei 0,0560 EP; 0,0560 EP (Ost) x 36 Monate Anrechnungszeiten
wegen Schul- und Hochschulausbildung = 2,0160 EP [Ost] x 22,97 Euro [aktueller Rentenwert - Ost - im März 2007] = 46,31 Euro/Monat
[gerundet gemäß § 121 SGB VI]). Diese Bewertung fällt beim Kläger wegen der Übergangsregelung in §
263 Abs
3 Satz 4
SGB VI mit Rentenbeginn im März 2007 nicht vollständig weg; es ergibt sich aber ein verminderter Betrag von 21,17 Euro/Monat (0,0746
EP [Durchschnittswert aus der Grundbewertung/Vergleichsbewertung] x 34,38 : 100 = 0,0256 EP; da der Tabellen-Höchstwert von
0,0286 EP nicht erreicht wird, verbleibt es bei 0,0256 EP [Ost] x 36 Monate Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung
= 0,9216 EP [Ost] x 22,97 Euro [aktueller Rentenwert Ost im März 2007] = 21,17 Euro/Monat), sodass sich eine Differenz von
25,14 Euro/Monat zwischen altem (46,31 Euro/Monat) und neuem Recht (21,17 Euro/Monat [gerundet gemäß § 121 SGB VI]) errechnet.
Die maximale Minderung betrug beim Auslaufen der Übergangsregelung in §
263 Abs
3 Satz 4
SGB VI und Wegfall der Bewertung von höchstens drei Jahren Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung 2,25 EP (= 36
x 0,0625 EP). Dies entsprach in den alten Bundesländern bei Rentenbeginn im Januar 2009 einem Betrag von 61,20 Euro/Monat
(= 2,25 EP x 27,20 Euro aktueller Rentenwert im Januar 2009), in den neuen Bundesländern einem von 58,79 Euro/Monat (= 2,25
EP [Ost] x 26,13 Euro aktueller Rentenwert [Ost] im Januar 2009; vgl auch die Werte in der Antwort der Bundesregierung vom
19.12.2003 aaO, BT-Drucks 15/2305, S 3, wonach sich die Rentenhöhe durch die Abschaffung der Bewertung der Anrechnungszeiten
wegen des Besuchs von allgemeinbildenden Schulen und Hochschulen um durchschnittlich 15,23 Euro/Monat [bei Frauen um 12,02
Euro/Monat, bei Männern um 16,40 Euro/Monat, in den alten Bundesländern um 15,68 Euro/Monat und in den neuen Bundesländern
um 13,78 Euro/Monat] reduziert; vgl zu den Auswirkungen auf die Rentenhöhe auch Loose, Soziale Sicherheit 2003, 431, 432 f).
Angesichts der Übergangsregelung in §
263 Abs
3 SGB VI mag offenbleiben, ob sich bei der wechselhaften Geschichte der Ausfall- und Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung
(vgl hierzu zB Senatsbeschluss vom 27.8.2009 - B 13 R 6/09 S - BeckRS 2010, 66400 RdNr 12 ff; Blüggel, Soziale Sicherheit 2004, 61 ff) überhaupt ein schutzwürdiges Vertrauen auf deren rentensteigernde Wirkung entwickeln konnte. Allein aufgrund eines bestimmten
Lebensalters ist ein gesteigerter Bestandsschutz einer vorhandenen Rechtsposition verfassungsrechtlich jedenfalls nicht geboten
(vgl BVerfGE 117, 272, 294 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 56; BSG vom 2.3.2010 - SozR 4-2600 § 72 Nr 3 RdNr 31).
2. Mit den vom Kläger angegriffenen Regelungen hat der Gesetzgeber nicht den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art
3 Abs
1 GG verletzt. Auch an diese Verfassungsnorm ist der Gesetzgeber bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums gebunden
(vgl BVerfGE 74, 203, 214). Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitsgrundsatz ist jedoch nicht zu prüfen,
ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen
seiner - hier bestehenden weiten - Gestaltungsfreiheit überschritten hat (vgl BVerfGE 52, 277, 280 f; 68, 287, 301; 81, 108, 117 f; 84, 348, 359).
a) Art
3 Abs
1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss,
bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (BVerfGE 126, 29, 43 mwN). Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur,
wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen
keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl
BVerfGE 87, 1, 36; 112, 50, 67; 117, 272, 300 f; 122, 151, 188; 126, 29, 47; stRspr).
Der Kläger gehört - wie oben ausgeführt - zu der Gruppe von Versicherten, deren Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung
durch das RVNG in ihrer Bewertung im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung gemindert worden sind. Damit wird er zum einen gegenüber
Versicherten mit Rentenbeginn bis einschließlich Januar 2005 (dazu unter aa) und zum anderen gegenüber Versicherten mit Zeiten
einer Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme (dazu unter bb) ungleich behandelt.
Denn diese Versicherten werden von der Neubewertung der Zeiten wegen schulischer Ausbildung durch das RVNG nicht erfasst,
obwohl auch sie während dieser Zeiten keine Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt oder getragen haben.
b) Die unterschiedliche Behandlung der dargestellten Gruppen bei der Bewertung ihrer schulischen Ausbildungszeiten wird durch
hinreichende sachliche Gründe gerechtfertigt:
aa) Die Regelung des Wegfalls der rentensteigernden Bewertung von Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung (§
74 Satz 4
SGB VI) durch das RVNG ist am 1.1.2005 in Kraft getreten (Art 15 Abs 11 aaO). Das neue Recht findet auf Versicherte mit Rentenbeginn ab diesem Zeitpunkt und damit auch auf den Kläger Anwendung
(vgl §
300 Abs
1, Abs
2 SGB VI); seine Wirkung wird allerdings durch die ebenfalls zum 1.1.2005 in Kraft getretene Übergangsregelung in §
263 Abs
3 SGB VI (vgl Art 15 Abs 11 RVNG) abgeschwächt, die auch dem Kläger zugute gekommen ist; lediglich Versicherte mit Rentenbeginn bis einschließlich Januar
2005 sind von dem Wegfall bzw der Kürzung der Bewertung von Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung nicht betroffen.
Eine solche Stichtagsregelung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Dem Gesetzgeber ist es durch Art
3 Abs
1 GG nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse
Härten mit sich bringt. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Einführung des Stichtags überhaupt und die Wahl des Zeitpunkts
am gegebenen Sachverhalt orientieren und damit sachlich vertretbar sind (vgl BVerfGE 101, 239, 270; 117, 272, 301 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 73; stRspr). Dies war hier der Fall. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der
Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes danach differenziert, ob ein Versicherter bei Inkrafttreten der
Neuregelung bereits ein Vollrecht auf Rente erworben hat, und damit in abgeschlossene Rentenbiografien nicht mehr eingreift
(vgl BVerfGE 58, 81, 126; 75, 78, 106; 117, 272, 301 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 73).
bb) Auch bei Versicherten, die Zeiten an Fachschulen (zur Begriffsbestimmung s BSG vom 9.6.1988 - 4/11a RA 68/87 - Juris RdNr 14 f; BSG vom 21.2.1989 - SozR 2200 § 1259 Nr 109 S 290) und für berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen (zur
Begriffsbestimmung s §
58 Abs
1 Satz 2
SGB VI) aufweisen, bleibt es insoweit bei der bisherigen rentenrechtlichen Bewertung; diese Zeiten werden weiterhin nach Vollendung
des 17. Lebensjahres für die Dauer von höchstens drei Jahren als Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung mit bis zu
0,0625 EP je Kalendermonat (0,75 EP/Jahr x 3 = maximal 2,25 EP) rentensteigernd berücksichtigt (§
74 Satz 1 bis
3 SGB VI idF des RVNG).
(1) Die ungleiche Behandlung gegenüber Versicherten, die - wie der Kläger - "nur" Zeiten der allgemeinen Schul- und Hochschulausbildung
aufweisen, wird in den Materialien zum Gesetzgebungsverfahren des RVNG damit begründet, dass die rentenrechtliche Besserstellung
derjenigen Versicherten mit Zeiten schulischer Ausbildung beseitigt werden soll, die - bei typisierender Betrachtung - durch
ihre akademische Ausbildung und die damit im Regelfall einhergehenden besseren Verdienstmöglichkeiten überdurchschnittliche
Rentenanwartschaften aufbauen können. Vor dem Hintergrund steigender demografischer Belastungen der Alterssicherungssysteme
könne es nicht länger Aufgabe der Versichertengemeinschaft sein, diese Zeiten zu privilegieren. Zeiten einer nichtakademischen
Ausbildung an Schulen mit überwiegend berufsbildendem Charakter (Fachschulen) und der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden
Bildungsmaßnahme sollten hingegen auch weiterhin mit bis zu 75 vH des Durchschnittsentgelts bewertet werden. Denn hier könne
regelmäßig nicht davon ausgegangen werden, dass im späteren Erwerbsleben Rentenanwartschaften im selben Umfang aufgebaut würden
wie auf der Grundlage einer akademischen Ausbildung. Zudem solle eine sozialpolitisch bedenkliche Ungleichbehandlung von Zeiten
der beruflichen Ausbildung an Schulen einerseits und von Zeiten der beruflichen Ausbildung im dualen System andererseits vermieden
werden, da bei letzteren - wie bisher auch - eine Höherbewertung der Pflichtbeiträge auf bis zu 75 vH des Durchschnittsentgelts
erfolge. Durch die Begrenzung der Bewertung bzw Höherbewertung von schulischen und beruflichen Ausbildungszeiten auf insgesamt
36 Monate solle eine unverhältnismäßige rentenrechtliche Besserstellung nichtakademischer Ausbildung verhindert werden (Gesetzentwurf
der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/2149, S 19 zu Nr 4).
(2) Diese Begründung für die unterschiedliche Behandlung der Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung bei den genannten
Versichertengruppen ist nicht sachfremd. Der Gesetzgeber durfte insbesondere von der typisierenden Annahme ausgehen, dass
Absolventen von Hochschulen (Universitäten, Fachhochschulen ua) im späteren Erwerbsleben im Vergleich zu Absolventen von Fachschulen
und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen durch ihre höhere berufliche Qualifikation im Regelfall bessere Verdienstmöglichkeiten
haben und deswegen höhere Rentenanwartschaften und Renten aufbauen können.
Entgegen der Rechtsmeinung des Klägers geht der Senat davon aus, dass das BVerfG in seiner Entscheidung vom 9.2.2010 (BVerfGE
125, 175, 225 f = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 141 ff) spezifische Anforderungen an die Begründungspflicht des Gesetzgebers nur für
die Bestimmung (Bemessung) des menschenwürdigen Existenzminimums gemäß Art
1 Abs
1 iVm Art
20 Abs
1 GG aufgestellt hat (vgl zur Begründungspflicht des Gesetzgebers aus verfassungsrechtlicher Sicht kritisch Hebeler, DÖV 2010,
754 ff; s hierzu auch Meßling in Festschrift für Renate Jaeger, 2011, S 787 ff). Dennoch kann es für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit
einer Regelung auch allgemein von Relevanz sein, ob sich für die ihr zugrunde liegenden tatsächlichen Einschätzungen des Gesetzgebers
hinreichend tragfähige Grundlagen finden lassen (vgl hierzu BVerfGE 50, 50, 51; 50, 290, 333; 86, 90, 109; 88, 203, 262 f; 121, 317, 350 ff). Ist dies nicht der Fall oder erweisen sich die Erwägungen
des Gesetzgebers als so offensichtlich fehlerhaft, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für gesetzgeberische Maßnahmen
abgeben können, können die Gerichte diese trotz eines insoweit grundsätzlich bestehenden weiten gesetzgeberischen Einschätzungs-
und Prognosespielraums beanstanden (vgl BVerfGE 77, 84, 106; 91, 1, 29).
(3) Soweit der Senat die angegriffenen Regelungen im Hinblick auf die Vergleichsgruppen - Hochschulabsolventen einerseits
und Absolventen von Fachschulen und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen andererseits - zu überprüfen hat, sind die Erwägungen
des Gesetzgebers des RVNG, die der unterschiedlichen Bewertung der Ausbildungszeiten dieser beiden Versichertengruppen zugrunde
liegen, nicht unvertretbar. Dass Versicherte mit einer Hochschulausbildung im Regelfall bessere Verdienstmöglichkeiten und
höhere Altersrenten haben als Versicherte der Vergleichsgruppe, wird durch mehrere Studien belegt:
Bereits im Gesetzgebungsverfahren hat die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung vom 3.3.2004 (BT-Drucks 15/2591 S 2-3 zu
Nr 6) zur ablehnenden Stellungnahme des Bundesrats (BR-Drucks 1/04 [Beschluss] S 3) vom 13.2.2004 ausgeführt, dass sie zwar
mit dem Bundesrat darin übereinstimme, dass eine akademische Ausbildung erst nach längerer Zeit zur Realisierung höherer Rentenanwartschaften
führe. Zugleich hat sie aber darauf hingewiesen, dass ein Studium auch unter Berücksichtigung der höheren Kosten der Ausbildung
und einer tendenziell kürzeren Erwerbsphase, besonders bei einem weitgehend öffentlich finanzierten Ausbildungsangebot, in
der Regel zu einer "positiven Bildungsrendite" führt und sich dies sowohl in der Einkommenssituation während der Erwerbsphase
als auch im Alter widerspiegelt. Insoweit hat die Bundesregierung auf die "Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1998" (EVS
'98) und die Infrateststudie "Alterssicherung in Deutschland 1999" (ASiD '99) Bezug genommen. Danach verdienten unter Zugrundelegung
der EVS '98 in der gesetzlichen Rentenversicherung als Arbeitnehmer pflichtversicherte Akademiker mit 2299 Euro fast das 1,5
fache des monatlichen Durchschnittsverdiensts der Versicherten (1584 Euro), Arbeitnehmer mit einer abgeschlossenen Lehre oder
Gesellenprüfung lagen dagegen mit 1480 Euro knapp unterhalb des Durchschnittsverdiensts (s auch die Antwort der Bundesregierung
vom 19.12.2003 aaO, BT-Drucks 15/2305, S 16). Nach der ASiD '99 bezogen Versicherte mit Hochschulausbildung mit 1163 Euro
eine um durchschnittlich 350 Euro höhere Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Versicherte mit abgeschlossener
Lehre oder Gesellenprüfung, welche nur auf 813 Euro kamen (BT-Drucks 15/2591 S 3; s auch die Antwort der Bundesregierung vom
19.12.2003 aaO, BT-Drucks 15/2305, S 14, wonach in den neuen Bundesländern nach der ASiD '99 Versicherte mit einer akademischen
Ausbildung mit monatlich 1219 Euro [Männer: 1311 Euro, Frauen: 999 Euro] sogar eine um 475 Euro [Männer: 322 Euro, Frauen:
396 Euro] höhere Rente bezogen als Versicherte mit abgeschlossener Lehre oder Gesellenprüfung, welche nur auf monatlich 744
Euro [Männer: 989 Euro, Frauen: 603 Euro] kamen).
Auch aktuelle Studien bestätigen, dass in den vergangenen Jahren die wirtschaftlichen Vorteile einer Ausbildung an Universitäten
oder Fachhochschulen (sog tertiäre Ausbildung) in Deutschland weiter zugenommen haben. Nach der von der Organisation für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erstellten (und von der Beklagten in ihrer Revisionserwiderung benannten) Studie "Bildung
auf einen Blick 2010" verdienten Hochqualifizierte im Jahre 2008 im Schnitt 67 Prozent mehr als Erwerbstätige, die "nur" über
eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügten. 2007 lag dieser Einkommensvorsprung bei 62 Prozent, seit 1998 hat er sich
nach Angaben der OECD mehr als verdoppelt. Hinzu kommen ein deutlich geringeres Risiko von Arbeitslosigkeit und weit höhere
Erwerbsquoten bei den Älteren. So waren etwa 2009 von den 60 bis 65-Jährigen mit einer Ausbildung an einer Universität oder
Fachhochschule 56 Prozent erwerbstätig, bei den 60 bis 65-Jährigen mit nur einer beruflichen Ausbildung dagegen lediglich
36 Prozent (s hierzu nur Pressemitteilung der OECD vom 7.9.2010 "Mehr Hochschulabsolventen in Deutschland - aber auch weiter
steigende wirtschaftliche Vorteile aus guter Bildung" zur Studie "Bildung auf einen Blick 2010", veröffentlicht im Internet
unter http:IIwww.oecd.org). Zu ähnlichen Ergebnissen kommt die Autorengruppe "Bildungsberichterstattung" in ihrem im Auftrag
der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung erstatteten (und
von der Beklagten in ihrer Revisionserwiderung ebenfalls benannten) Bericht "Bildung für Deutschland 2010". Danach lag im
Jahre 2008 die relative Einkommensposition von Hochschulabsolventen bei 174 Prozent und von Fachhochschulabsolventen bei 163
Prozent des Medians der monatlichen Bruttoerwerbseinkommen aller Erwerbstätigen, die relative Einkommensposition von Personen
mit Hauptschulabschluss/mittlerem Schulabschluss und beruflichem Abschluss dagegen lediglich bei 107 Prozent des Medians (s
Tabellenanhang Tab I2-5A [S 336] im Bericht "Bildung für Deutschland 2010", ua veröffentlicht im Internet unter http:IIwww.kmk.org/bildung-schule/bildungsberichterstattung/bildungsbericht-2010.html).
(4) Vor diesem Hintergrund liegt ein ausreichender Differenzierungsgrund zwischen den hier zu vergleichenden Gruppen von Normadressaten
vor. Gemessen an seinem Konzept ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber an der Realität vorbeigegangen ist. Vielmehr konnte
er bei der Ausgestaltung der rentenrechtlichen Vergünstigung der Bewertung von beitragsfreien Anrechnungszeiten wegen schulischer
Ausbildung in typisierender Betrachtung daran anknüpfen, dass Absolventen von Hochschulen bereits durch ihre qualifizierte
Ausbildung und die damit im Regelfall auch einhergehenden besseren Verdienstmöglichkeiten höhere Rentenanwartschaften und
Renten aufbauen können als Absolventen von Fachschulen und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen.
Dass der Gesetzgeber beim Abbau dieser auf dem Gedanken der staatlichen Fürsorge beruhenden Vergünstigung (vgl BVerfGE 58,
81, 112) bei denjenigen Versicherten ansetzt, die die dadurch bedingte Minderung ihrer Rentenanwartschaften und Renten finanziell
voraussichtlich besser verkraften können, ist nicht zu beanstanden. Soweit er bei seiner Entscheidung, bei welchen beitragsfreien
Zeiten wegen schulischer Ausbildung er zukünftig auf deren (begrenzt) rentenerhöhende Wirkung verzichtet, nicht auf die im
Erwerbsleben von den Versicherten tatsächlich erzielten Arbeitsverdienste abgestellt hat, sondern typisierend darauf, dass
eine höhere berufliche Qualifikation zu einem höheren Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen und damit auch zu einer höheren
Rente führen (vgl BVerfGE 58, 81, 113), liegt dies jedenfalls nicht außerhalb seines hier bestehenden weiten Gestaltungsspielraums. Überdies liegen Art und
Umfang der Ausbildung grundsätzlich im Bereich der Eigenverantwortung des Einzelnen, der selbst entscheidet, ob er durch eine
qualifizierte Ausbildung seine Erwerbschancen auf dem Arbeitsmarkt unter Verzicht auf mit Beiträgen belegte Zeiten in der
Rentenversicherung erhöhen will oder nicht (BVerfGE aaO). Dies schließt aber auch das Risiko ein, später - aus welchen Gründen
auch immer - trotz einer solchen Ausbildung nicht die erhofften höheren Arbeitsverdienste zu erzielen.
Von daher mag der Kläger zu Recht darauf hinweisen, dass Hochschulabsolventen nicht in jedem Fall überdurchschnittlich verdienen
bzw dass bei einem im Vergleich zu Absolventen einer Fachschule oder einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme höheren Arbeitsverdienst
im Einzelfall dieser Verdienst nicht ausreicht, den Verlust an Beitragsjahren auszugleichen. Aber auch dieser Einwand ist
nicht geeignet, die typisierende Betrachtungs- und Vorgehensweise des Gesetzgebers zu beanstanden. Anderslautende Untersuchungsergebnisse
als die vorliegenden, wonach Versicherte mit Hochschulausbildung im Durchschnitt über höhere Arbeitsverdienste verfügen als
Versicherte ohne eine solche Ausbildung, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
(5) Bezogen auf den Versicherungsverlauf des Klägers ist die Annahme des Gesetzgebers, dass Hochschulabsolventen im späteren
Erwerbsleben durch ihre höhere berufliche Qualifikation bessere Arbeitsverdienste aufweisen und deswegen überdurchschnittliche
Rentenanwartschaften erwerben, nicht widerlegt. Mit 38,2294 persönlichen EP (Ost) hat der Kläger eine deutlich überdurchschnittliche
Rentenanwartschaft erworben. Denn gerade durch die von ihm wegen seiner Hochschulausbildung ausgeübten qualifizierten Beschäftigungen
bis Oktober 1990 - und den damit auch verbundenen berücksichtigungsfähigen Arbeitsverdiensten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - wurden der Rentenberechnung des Klägers im Vergleich zu Versicherten, die keine solchermaßen qualifizierte Ausbildung absolviert
haben, bis zu diesem Zeitpunkt relativ hohe Arbeitsverdienste zugrunde gelegt. Seit Oktober 1990 übt der Kläger eine selbstständige
Tätigkeit als Rechtsanwalt aus und hat keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung mehr entrichtet. Bei Rentenbeginn
im März 2007 ergab sich allein für die Rentenanwartschaften bis Oktober 1990 (bei 316 Monaten - 26 1/3 Jahren - Beitragszeit)
eine Rentenhöhe von 878,13 Euro; der monatliche Zahlbetrag (einschließlich des Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag)
betrug 942,24 Euro. Dem gegenübergestellt betrug der monatliche Betrag einer sog Standardrente brutto (Synonym: Eckrente brutto)
eines Durchschnittsverdieners in den neuen Bundesländern mit 45 Versicherungsjahren 1034 Euro nach Anpassung zum 1.7.2006
(zum Vergleich alte Bundesländer: 1176 Euro) und der monatliche Betrag einer sog Standardrente netto vor Steuern (Synonym:
verfügbare Eckrente) eines Durchschnittsverdieners in den neuen Bundesländern mit 45 Versicherungsjahren betrug 939 Euro nach
Anpassung zum 1.7.2006 und nach Abzug der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge (zum Vergleich alte Bundesländer: 1066
Euro; s hierzu Rentenversicherung in Zeitreihen, herausgegeben von der Deutschen Rentenversicherung Bund, DRV-Schriften Bd
22, Oktober 2010, S 239 [Tabelle Standardrente und verfügbare Eckrente am jeweiligen Anpassungstermin]).
3. Schließlich verstoßen die angegriffenen Regelungen des §
74 Satz 4 iVm §
263 Abs
3 Satz 4
SGB VI auch nicht gegen das Sozialstaatsprinzip (Art
20 Abs
1 iVm Art
28 Abs
1 GG). Zwar begründet das Sozialstaatsprinzip die Pflicht des Staates, für eine gerechte soziale Ordnung Sorge zu tragen; die
Erfüllung dieser Verpflichtung obliegt jedoch der eigenverantwortlichen Gestaltung des Gesetzgebers. Selbst wenn durch eine
Regelung im Einzelfall Unbilligkeiten auftreten, ist das Sozialstaatsgebot nicht verletzt; denn es dient nicht der Korrektur
jeglicher (aus Sicht des Normadressaten) hart oder unbillig erscheinender Einzelregelungen (vgl hierzu BVerfGE 66, 234, 247 f; 69, 272, 314 f).
C. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.