Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Fehler bei einer Anhörung
Kein absoluter Revisionsgrund
Gründe:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen
(§
160a Abs
4 Satz 1 iVm §
169 Satz 2
SGG). Ungeachtet des Umstands, dass dem Kläger wegen der versäumten Frist zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde
durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§
73 Abs
4 SGG) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren war, ist die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig, weil der Kläger zur
Begründung seiner Beschwerde keinen der in §
160 Abs
2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe iS des §
160a Abs
2 Satz 3
SGG schlüssig dargelegt oder bezeichnet hat.
Der Kläger macht mit seiner Beschwerdebegründung vom 26.7.2019 allein einen Verfahrensmangel geltend (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG), ohne ihn hinreichend zu bezeichnen. Eine solche Bezeichnung setzt voraus, dass das BSG allein anhand der Begründung darüber entscheiden kann, ob ein Verfahrensmangel in Betracht kommt, indem diejenigen Tatsachen,
aus denen sich der Mangel ergeben soll, substantiiert dargetan werden (vgl nur BSG SozR 1500 §
160a Nr 14; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, §
160a RdNr 16 mwN). Dies ist nicht erfolgt.
Der Kläger greift mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde die Entscheidung des LSG durch Beschluss nach §
153 Abs
4 SGG unter drei Gesichtspunkten an: Zum einen sei eine Anhörung teilweise unterblieben (1.). Zum anderen sei ihm keine angemessene
Frist zur Anhörung eingeräumt worden (2.). Zuletzt sei die Anhörung nicht unterschrieben gewesen (3.).
1. Im Hinblick auf die angeblich fehlende Anhörung bezeichnet der Kläger keinen Verfahrensmangel, der zur Zulassung der Revision
führt. Er trägt insoweit vor, das LSG habe mit Schreiben vom 20.11.2017 unter Fristsetzung bis zum 15.12.2017 zu einer Entscheidung
nach §
153 Abs
4 SGG angehört. Mit Schreiben vom 7.12.2017 habe er um Mitteilung des Aktenzeichens des SG gebeten. Dies sei erfolgt durch Schreiben des LSG vom 12.12.2017.
Der Kläger rügt zunächst eine unterbliebene Anhörung des Beklagten, da sich kein Zustellnachweis in der Akte befinde und das
dort enthaltene ausgefertigte und an den Beklagten adressierte Schreiben keinen Absendevermerk trage. Außerdem habe der Beklagte
auf das Anhörungsschreiben nicht reagiert. Die Rüge ist unzulässig, denn der Kläger kann nicht stellvertretend für den Beklagten
dessen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§
62 SGG, Art
103 Abs
1 GG) geltend machen. Im Übrigen ist ein Beruhen nicht hinreichend dargelegt. Auf der Grundlage des Beschwerdevortrags ist nichts
dafür ersichtlich, die Berufungszurückweisung zu Lasten des Klägers durch Beschluss beruhe auf unterbliebenem Vortrag des
Beklagten.
Soweit der Kläger weiter den Zugang des Schreibens vom 12.12.2017 bestreitet, bezeichnet er keinen Anhörungsmangel im Verfahren
nach §
153 Abs
4 SGG. Dieses Schreiben beantwortete nur die Bitte des Klägers um Mitteilung des vorinstanzlichen Aktenzeichens. Die Anhörung zur
Entscheidung nach §
153 Abs
4 SGG erfolgte nach dem eigenen Vortrag des Klägers mit Schreiben vom 20.11.2017, das ihm nach seinem Vortrag zugegangen ist.
2. Mit der Rüge der zu kurzen Anhörungsfrist bezeichnet der Kläger ebenfalls keinen Verfahrensfehler, auf dem die Entscheidung
des LSG beruhen kann. Soweit er sich auf die Rechtsprechung des BSG bezieht, wonach sich die Angemessenheit der Frist nach den Umständen des Einzelfalls richtet, wobei sie so bemessen sein
muss, dass dem Betroffenen ausreichend Zeit zur Einholung rechtlichen und ggf medizinischen Rats sowie zur Abfassung seiner
Äußerung bleiben muss und insbesondere bei einer Anhörung zu medizinischen Umständen eine Äußerungsfrist von zwei Wochen -
verstanden als Zeitspanne zwischen dem Eingang des Anhörungsschreibens beim Betroffenen und der Absendung seiner Stellungnahme,
also ohne Anrechnung der Postlaufzeiten - in der Regel nicht unterschritten werden darf (BSG vom 12.2.2009 - B 5 R 386/07 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 7 RdNr 14 f), trägt er keine Umstände vor, die die Bestimmung der im vorliegenden Fall maßgeblichen
Frist ermöglichen. Insoweit stellt die Beschwerde auch zu Unrecht auf die kurze Zeitspanne zwischen dem 12.12.2017 und dem
Ablauf der Frist am 15.12.2017 ab, denn die Anhörung zur Entscheidung nach §
153 Abs
4 SGG erfolgte, wie dargelegt, bereits mit Schreiben vom 20.11.2017. Im Übrigen handelt es sich bei Fehlern bei der Durchführung
der Anhörung nach §
153 Abs
4 Satz 2
SGG grundsätzlich um Mängel bei der Gewährung rechtlichen Gehörs, welche im sozialgerichtlichen Verfahren nicht als absoluter
Revisionsgrund zu behandeln sind. Der Kläger muss deshalb mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde auch darlegen, seinerseits
alles Erforderliche getan zu haben, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (BSG vom 23.2.2011 - B 13 R 19/10 BH - RdNr 10 mwN). Dies ist nicht erfolgt. Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich, dass er mit seinem Schreiben vom 7.12.2017
nur um die Mitteilung des Aktenzeichens des SG bat, aber nicht geltend machte, die Frist sei zu kurz bemessen.
3. Soweit der Kläger zuletzt rügt, das Anhörungsschreiben sei nicht vom Berichterstatter unterschrieben, ist ein Verfahrensmangel
ebenfalls nicht schlüssig bezeichnet. Ungeachtet des Streits über die Frage, ob eine Paraphierung insoweit ausreichend ist
(Nachweis bei Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, §
153 RdNr 20), legt die Beschwerde nicht dar, warum sie zu dem Schluss kommt, es habe sich lediglich um eine Paraphe und nicht
um eine Unterschrift gehandelt. Der Verweis auf die fehlende Lesbarkeit ist insoweit nicht ausreichend (vgl zu den Anforderungen
an die Unterschrift BSG vom 6.10.2016 - B 5 R 45/16 B - RdNr 12). Der Vortrag ist auch unschlüssig, soweit der Kläger einerseits auf die Anhörung durch den Berichterstatter
Bezug nimmt, andererseits darlegt, sie sei durch den Vorsitzenden in Vertretung paraphiert. Zuletzt ergibt sich aus der von
der Beschwerde zitierten verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu §
84 Abs
1 Satz 2
VwGO (OVG NRW vom 24.10.1996 - 20 A 3106/96 - NVwZ-RR 1997, 760), der "entscheidende Orientierungspunkt" sei die beglaubigte Abschrift der Anhörungsmitteilung, aus der der Name des zuständigen
Richters hervorgehen müsse. Hierzu teilt die Beschwerde nichts mit.
Die zuletzt mit Schreiben des Klägers vom 5.8.2019 persönlich erfolgten Ausführungen können schon wegen des nach §
73 Abs
4 SGG geltenden Vertretungszwangs nicht berücksichtigt werden.
Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des §
169 Satz 3
SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§
183,
193 SGG.