Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine Krebstherapie in der gesetzlichen Krankenversicherung
Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes im sozialgerichtlichen Verfahren
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung die Übernahme der Kosten für eine
Krebstherapie.
Die 1959 geborene Antragstellerin ist bei der Antragsgegnerin krankenversichert. Im September 2014 wurde bei ihr ein Mammakarzinom
diagnostiziert, nach der Bescheinigung des Radiologen Dr. B________ vom 24. Februar 2015 ein 2,5 cm messendes, triple neg.
G3-Karzinom. Im gleichen Monat erfolgte eine Primäroperation mit Nachresektion. Eine postoperative Chemo- und Radiotherapie
lehnte die Antragstellerin ab. In der Folgezeit kam es zu einer lymphogenen makroskopischen Metastasierung in die rechte Zervikalregion,
übergehend in clavikuläre und axilliäre Metastasen.
Am 27. Februar 2015 beantragte Dr. B________ für die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Übernahme der Kosten einer
mehrstufigen Therapie. Dazu heißt es in dem Antrag: "Im Schritt I mit simultanen Elektrohyperthermieanwendungen, einer hyperfraktioniert akzelerierten Radiotherapie und einer Lowdose-Chemotherapie,
die sich auf alle aktuell erkennbaren makroskopischen Tumorlokalisationen erstrecken werden." Hierfür gab Dr. B________ Kosten
in Höhe von ca. 3.875,00 EUR an sowie für die anschließende Detektion von Tumorzellen Kosten von 3.100,00 EUR. Weiter heißt
es: "Im Falle eines Therapieerfolgs, zügig abzulesen am Absinken des zurzeit erhöhten Tumormarkers Ca 15-3, würde anschließend
im Schritt II eine jedes Mal nach Vorauswahl ubiquitär oberhalb oder unterhalb des Zwerchfells wirkende intraoperative intraarterielle
Stopflow-Chemotherapie durchgeführt werden, unter Hyperthermie und Hyperoxygenierung sowie Chemorefiltration dank einer in
der OP samt Kardiotechniker eingesetzten Herz-Lungen-Maschine." Für die auswärtigen intraoperativen drei bis vier Chemoperfusionen
gab Dr. B________ Kosten von ca. 12.200,00 EUR für jeden der ca. viertägigen Klinikaufenthalte im HELIOS Hanseklinikum S________
an.
Mit Bescheid vom 2. März 2015 lehnte die Antragsgegnerin die Übernahme der Kosten für die beantragte "Hyperthermiebehandlung
und Maintrac" aufgrund der Ablehnung dieser Therapie durch den Bundesausschuss ab. Außerdem wies die Antragsgegnerin darauf
hin, dass Dr. B________ nicht über eine Kassenzulassung verfüge und gesetzliche Krankenkassen keine Leistungen von Nichtvertragsbehandlern
übernehmen dürften. Für die Antragstellerin legte Dr. B________ Widerspruch ein und wies u. a. darauf hin, dass die Standardmedizin
nur palliativ behandeln würde, mit der von ihm beschriebenen Mehrschritttherapie jedoch eine Aussicht auf eine Langzeitremission
oder gar Heilung nicht verbaut werde. Die Antragsgegnerin holte daraufhin ein Gutachten des MDK Nord ein. Darin kam der Gutachter
G_____ zu der Einschätzung, dass es sich bei der beantragten Therapie um kein etabliertes Therapieverfahren mit guter Evidenz
handele. Seitens des Behandlers sei kein Tumorstadium mitgeteilt worden. Auch lägen die Befunde von aktuellen Staging-Untersuchungen
nicht vor. Bekannt sei, dass gerade die Triple-negativen Mammakarzinome ein hohes Rezidivrisiko hätten. Insofern sei nicht
nachvollziehbar, warum bei der Antragstellerin nach fachgerechter Aufklärung keine leitliniengerechte systemische Therapie
erfolgt sei. Auch sei nicht nachvollziehbar, warum bei brusterhaltender Therapie keine Radiatio angeschlossen worden sei.
Bei den geplanten Therapieschritten handele es sich um sog. NUB-Verfahren. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
(BVerfG) und des Bundessozialgerichts (BSG) sei ein Anspruch auf Übernahme der Kosten nicht gegeben. Zwar bestehe bei der Antragstellerin unbehandelt eine schwerwiegende,
regelmäßig zum Tod führende Erkrankung. Es sei aber keinesfalls von einer Alternativlosigkeit der Therapie auszugehen. Etablierte,
zugelassene Therapieoptionen seien z. B. Radio- und Chemotherapie entsprechend der aktuellen Leitlinie S3. Bei der Hyperthermie
handele es sich grundsätzlich um experimentelle Verfahren und Gegenstand wissenschaftlicher Forschung. Hierzu sei eine Leitlinie
entwickelt worden, um nach standardisiertem einheitlichem Qualitätsmaßstab multizentrische Studien durchführen zu können.
Die Kombination der Elektrohyperthermie mit einer Lowdose-Chemotherapie (dazu keine näheren Angaben des Behandlers) sei kein
anerkanntes, etabliertes Verfahren sondern eine NUB-Methode. Die genannte Leitlinie stelle sicher, dass die Applikation und
die Erfassung von Behandlungen in Form einer Tiefenhyperthermie nach dem gegenwärtigen Stand der Erkenntnisse und Erfahrungen
in der Technik und der Medizin erfolgten. In diesen Leitlinien würden explizit die qualitativen Voraussetzungen für eine Hyperthermie-Behandlung
festgestellt. Auch enthalte sie Bestimmungen über die technischen Voraussetzungen. Dabei handele es sich keinesfalls um Geräte,
die vergleichbar wären mit dem vom Behandler eingesetzten Verfahren der Elektrohyperthermie. Gemäß der aktuellen Guideline
der Arbeitsgemeinschaft Onkologie, Version 2015, werde zur Behandlung des lokalregionären Rezidivs bei nichtkurativen Fällen
die Hyperthermie erwähnt - allerdings explizit darauf hingewiesen, dass diese nur in Zentren, die auf der DKG-Website gelistet
seien, durchgeführt werden sollten. Die Wirkung der Hyperthermie in Kombination mit Chemotherapie werde durch die Arbeitsgemeinschaft
nicht empfohlen. Das hier eingesetzte Gerät entspreche nicht den genannten Kriterien. Eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht
auf Heilung oder spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf könne nicht bestätigt werden. Auch die im zweiten
Schritt geplante stationäre Therapie in Kombination mit Hyperthermie entspreche nicht dem anerkannten Stand der medizinischen
Wissenschaft. Dies sei aber Voraussetzung auch der Behandlung in Krankenhäusern nach der aktuellen BSG-Rechtsprechung.
Auf das Anhörungsschreiben der Antragsgegnerin vom 20. März 2015 wies die Antragstellerin darauf hin, dass es vor dem Hintergrund
ihrer schweren Situation möglich sein müsse, von belastenden Therapien Abstand zu nehmen und eine Therapie bei einem erfahrenen
Arzt zu wählen. Dann könne es auch nicht sein, ob eine Methode aus wissenschaftlicher Sicht als erfolgsversprechend anerkannt
werde, sondern in erster Linie, welche Erfahrungen der behandelnde Arzt mit dieser Methode bei anderen Patienten gemacht habe.
Die Antragsgegnerin wies nach Rücksprache mit dem MDK Nord die Antragstellerin darauf hin, dass sie für eine abschließende
Beurteilung gern die Unterlagen zu einer Zweitbegutachtung an ihre beratenden Ärzte weiterleiten möchte, dazu jedoch die Mitteilung
des Tumorstadiums sowie die Befunde von aktuellen Staging-Untersuchungen benötigt würden. Auf nochmalige Nachfrage erwiderte
die Antragstellerin, dass eine schnelle Bescheidung gewünscht werde und kein erneutes MDK-Gutachten. Daraufhin wies die Antragsgegnerin
den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 3. August 2015 zurück.
Am 15. September 2015 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Kiel die Verpflichtung der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen
Anordnung beantragt, ihr vier intraoperative intraarterielle Stopflow-Chemotherapien unter Hyperthermie und Hyperoxygenierung
sowie Chemorefiltration im HELIOS Hanseklinikum S________ unter Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine zu gewähren.
Klage sei zwischenzeitlich erhoben. Allein mit dieser Therapie bestünde Aussicht auf Heilung. Der erste Schritt sei bisher
durchgeführt worden. In dessen Folge habe sich ein Therapieerfolg eingestellt, die anfänglich deutlich erhöhten Serumtumormarkerwerte
seien nunmehr im Normbereich. Die im Schritt II notwendigen auswärtigen intraoperativen drei bis vier Chemoperfusionen kosteten
zusammen mit den notwendigen direkt prä- und poststationär angewendeten Maßnahmen in der Praxis von Dr. B________ ca. 10.000,00
EUR für jeden der Klinikaufenthalte. Erst nach Durchführung des zweiten Therapieschrittes aus dem Gesamtkonzept, das als Antrag
auf Kostenübernahme der Krankenkasse vorliege, käme der dritte Therapieschritt in Frage, nämlich die Durchführung einer echten
onkologischen Immuntherapie in Form einer Therapie mit dendritischen Zellen. Wichtigster Teil des strittigen Kombinationstherapiekonzeptes
sei die hypertherme, hyperoxigenierte intraarterielle Stopflow-Chemotherapie, für die Maschine und Kardiotechniker dem Krankenhaus
von der Firma M_____, Ba____, kostenpflichtig zur Verfügung gestellt werde. Insofern spielten die hierfür notwendigen prä-
und posttherapeutischen Elektrohyperthermien nur eine unterstützende Rolle und könnten eventuell aus dem Anordnungsverfahren
herausgenommen werden. Die anschließende Step-III-Therapie, die dann nicht nur regional, sondern im ganzen Körper als Immuntherapie
ohne bedenkliche Risiken und Nebenwirkungen einwirken könne, müsse ohne Step II für das angestrebte Heilungsziel als nicht
ausreichend bewertet werden. Auch mit dem Einsatz von Step III könne bis zum Abschluss eines Hauptverfahrens nicht abgewartet
werden. Andere Krankenkassen hätten die Kosten der streitigen Therapie übernommen. Dazu hat die Antragstellerin entsprechende
Unterlagen vorgelegt. Sie sei Empfängerin von Arbeitslosengeld II und könne daher die Kosten der Therapie selbst nicht tragen.
Die Antragsgegnerin bestreitet die behauptete, angeblich gescheiterte Chemotherapie mit Nichtwissen. Ihr sei seitens des Behandlers
kein Tumorstadium mitgeteilt worden und Befunde von aktuellen Staging-Untersuchungen seien auch nach nochmaliger Anregung
nicht vorgelegt worden. Gerade bei Krebserkrankungen sei es aber zur Prüfung des Schweregrades der Erkrankung notwendig, zunächst
Art und Stadium möglichst genau festzustellen. Der Gesundheitszustand der Antragstellerin sei damit unklar.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 9. Oktober 2015 die Antragsgegnerin zur Übernahme der Kosten der streitgegenständlichen
Therapie im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet und zur Begründung ausgeführt: Zwar handele es sich bei
der hier streitigen Therapie um eine neue Behandlungsmethode im Sinne des §
135 Abs.
1 SGB V ohne positive Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses. Eine Leistungspflicht der Antragsgegnerin komme gleichwohl nach
§
2 Abs.
1a SGB V in Betracht. Ob die dafür notwendige Voraussetzung einer nicht ganz fernliegenden Aussicht auf Heilung oder zumindest spürbare
positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf vorliege, sei aufgrund der Unterlagen nicht abschließend zu entscheiden und
im Hauptsacheverfahren zu klären. Damit sei im einstweiligen Rechtsschutzverfahren eine Folgenabwägung vorzunehmen, die hier
aufgrund der lebensbedrohenden Situation der Antragstellerin und dem deutlichen Rückgang der Metastisierung zu ihren Gunsten
ausfalle.
Gegen den ihr am 12. Oktober 2015 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin, eingegangen beim
Sozialgericht Kiel am 19. Oktober 2015. Darin wiederholt die Antragsgegnerin, dass trotz mehrfachen Hinweises im gesamten
Verfahren ein aktuelles Tumorstadium und Befundberichte von Staging-Untersuchungen nicht vorgelegt worden seien. Diese Unkenntnis
über den Sachverhalt dürfe nicht dazu führen, dass nunmehr ein Anspruch auf die streitige Therapie im einstweiligen Rechtsschutz
gegeben sei. Bei dieser Therapie handele es sich um eine experimentelle Behandlungsmethode, deren Kosten auch nach der Rechtsprechung
des BVerfG nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen seien.
Die Antragstellerin erwidert, Sinn des Eilverfahrens sei es gerade, eine Entscheidung mit Folgenabwägung ohne Durchführung
einer Beweisaufnahme durchzuführen. Die Bewertung der Hyperthermiebehandlung durch den GBA sei vor zehn Jahren erfolgt und
damit nicht mehr aktuell. Andere Krankenkassen hätten die Kosten der Therapie übernommen. Das wäre nicht der Fall gewesen,
wenn an dieser Therapie "nichts dran" sei. Unter Bezugnahme auf einen weiteren Bericht von Dr. B________ weist die Antragstellerin
darauf hin, dass vor wenigen Tagen eine neu aufgetretene Lymphknotenmetastase diagnostiziert worden sei. Dr. B________ habe
die streitige Therapie erfolgreich bei seinen Patientinnen angewandt.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und begründet. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts liegen
die Voraussetzungen des §
86b Abs.
2 SGG zum Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung nicht vor. Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben und der Antrag
auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Nach §
86b Abs.
2 SGG kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige
Anordnung treffen, wenn diese Regelung notwendig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Erforderlich ist danach zum
einen das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Notwendigkeit einer Eilentscheidung, und zum anderen ein Anordnungsanspruch,
also ein rechtlicher Anspruch auf die begehrte Maßnahme. Beide Voraussetzungen sind durch den Antragsteller glaubhaft zu machen.
Eine einstweilige Anordnung darf grundsätzlich die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen. Eine Vorwegnahme der
Hauptsache liegt vor, wenn eine begehrte Sachleistung aufgrund einer einstweiligen Anordnung erbracht wird und, für den Fall
eines Unterliegens im anschließenden Hauptsacheverfahren, eine Rückabwicklung nicht oder nur eingeschränkt möglich ist. Gleiches
gilt bei einer beantragten Kostenerstattung oder -übernahme, wenn aufgrund der finanziellen Situation mangels Vermögens des
Antragstellers eine Rückabwicklung ebenfalls nicht oder nur eingeschränkt möglich ist. Ein solcher Fall liegt hier vor. Das
bedeutet allerdings nicht, dass einstweilige Anordnungen, die auf eine solche Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet sind, stets
ausgeschlossen sind. Da der einstweilige Rechtsschutz als verfassungsrechtliche Notwendigkeit in jedem Verfahren gewährt werden
muss, darf eine einstweilige Anordnung in solchen Fällen dann ausnahmsweise getroffen werden, wenn der Antragsteller eine
Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr rechtzeitig erwirken kann. In dem Fall ist allerdings ein strenger Maßstab an Anordnungsanspruch
und Anordnungsgrund anzulegen (vgl. etwa Beschluss des Senats vom 29. Juli 2014 - L 5 KR 94/14 B ER).
Vor diesem Hintergrund vermag der Senat entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht zu erkennen, dass die Antragstellerin
das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht hat. Voraussetzung eines Anspruchs auf Behandlung entsprechend §
2 Abs.
1a SGB V ist zunächst die konkrete Feststellung einer vorliegenden Erkrankung nach Ausprägung und Schweregrad (BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 1 KR 24/06 R). Es besteht kein Automatismus derart, dass eine bestimmte Diagnose einem Versicherten die freie Wahl von Behandlungsmethoden
eröffnet (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29. November 2007 - 1 BvR 2496/07). Diese konkrete Feststellung vermag der Senat ebenso wie die Antragsgegnerin nicht zu treffen. So hat die Antragstellerin
es bereits im Verwaltungsverfahren unterlassen, der Bitte der Antragsgegnerin auf Mitteilung des Tumorstadiums nachzukommen
und Befunde von aktuellen Staging-Untersuchungen vorzulegen, um mit diesen eine Zweitbegutachtung zu ermöglichen. Die im Telefonvermerk
der Antragsgegnerin enthaltene Mitteilung des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin, dass eine schnelle Bescheidung
gewünscht sei und ein erneutes MDK-Gutachten zu lange dauere, ist nicht nachvollziehbar. So erfolgte die Begutachtung durch
den Gutachter G_____ auch nur wenige Tage nach Anforderung durch die Antragsgegnerin. Die Mitteilung der für die konkrete
Feststellung der Erkrankung der Antragstellerin notwendigen Angaben erfolgte auch nicht im anschließenden Gerichtsverfahren,
obwohl die Antragsgegnerin, zuletzt in der Beschwerdebegründung, mehrfach darauf hingewiesen hatte. Schon vor diesem Hintergrund
kann der Senat nicht davon ausgehen, dass die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Glaubhaftmachung
gelungen ist (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. Januar 2014 - L 1 KR 336/13 B ER).
Darüber hinaus besteht Anspruch auf Kostenübernahme bei neuen, noch nicht anerkannten Therapien wie hier nur unter bestimmten
Voraussetzungen. Nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 6. Dezember 2005 - 1 BvR 347/98), die mittlerweile in §
2 Abs.
1a SGB V kodifiziert worden ist, haben Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung, für die eine
allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, Anspruch auf eine von ihnen
gewählte andere Behandlungsleistung, wenn mit dieser eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine
spürbare Linderung besteht. Nur unter diesen Voraussetzungen kann sich im Hinblick auf §
135 Abs.
1 Satz 3
SGB V ein Leistungsanspruch ergeben, weil der Gemeinsame Bundesausschuss die Hyperthermie ausdrücklich von den zu Lasten der gesetzlichen
Krankenversicherung zu erbringenden Behandlungsleistungen ausgeschlossen hat (Nr. 42 Anlage II Richtlinienmethoden vertragsärztliche
Versorgung) und es sich hinsichtlich der damit einhergehenden Therapie unstreitig hier um eine neue Behandlungsmethode handelt,
für die ein positiver Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht vorliegt. Allerdings regelt §
135 SGB V die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung. Darum handelt es
sich hier jedoch, jedenfalls teilweise hinsichtlich der im zweiten Schritt durchgeführten Therapie im HELIOS Hanseklinikum
S________, nicht, wenngleich offensichtlich auch in diesem Stadium Behandlungen prä- und postoperativ durch Dr. B________
durchgeführt werden und diese Teil des Behandlungskonzeps, dessen Kostenübernahme beantragt wird, sind. Für die stationäre
Behandlung regelt §
137c SGB V die Voraussetzungen, unter denen der GBA die Anwendung von Methoden im Rahmen einer Krankenhausbehandlung zu Lasten der Krankenkasse
ausschließen kann. Das hat allerdings nicht zur Folge, dass nicht ausgeschlossene Methoden ohne weitere Prüfung zu Lasten
der Krankenkasse erbracht werden dürfen. Dies widerspräche der Systematik des Gesetzes, die eine Leistungspflicht der gesetzlichen
Krankenversicherung gerade nicht uneingeschränkt für jede Art von medizinischer Versorgung vorsieht. Vielmehr unterliegen
alle Behandlungsformen, auch solche im Krankenhaus, den in §§
2 Abs.
1,
12 Abs.
1 und
28 Abs.
1 SGB V für die gesamte gesetzliche Krankenversicherung festgelegten Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsanforderungen (BSG, SozR 4-2500 § 137c Nr. 6). Diese Anforderungen gelten uneingeschränkt auch für den Bereich des Leistungserbringerrechts. Dieser Auffassung schließt
sich der Senat an. Allein sie gewährleistet die Qualität der medizinischen Versorgung durch ein umfassendes System der Qualitätssicherung
und die Bewertung von Kosten und Wirtschaftlichkeit medizinischer Technologien, wie sie insbesondere in den Gesetzesmaterialien
zur GKV-Gesundheitsreform 2000 durch den Gesetzgeber betont wurde (BT-Drucks. 14/1245 S. 57, 90). Die mit der Einführung des
§
137c SGB V verfolgte Zielsetzung entspricht damit der des Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgebots nach den genannten Vorschriften,
weshalb die Anwendung der §§
2 Abs.
1,
12 Abs.
1 und
28 Abs.
1 SGB V auch nach Inkrafttreten des §
137c SGB V der in den Gesetzesmaterialien dokumentierten Zielsetzung der Norm entspricht. Danach darf §
137c SGB V nicht im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen Methoden für das Krankenhaus mit Verbotsvorbehalt ausgelegt werden.
Diese Vorschrift setzt die Geltung des Qualitätsgebots auch im stationären Bereich nicht außer Kraft (BSG a. a. O).
Unabhängig von dem nicht hinreichend bekannten Stand der vorliegenden Erkrankung der Antragstellerin mit ihrer Ausprägung
lässt sich bezüglich der streitigen Therapie nicht ansatzweise eine Feststellung darüber treffen, dass durch sie eine nicht
ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.
So werden im Verfahren keinerlei Studien vorgelegt, die eine solche positive Wirkung auf vergleichbare Fälle belegen. Die
Behauptung des behandelnden Arztes Dr. B________ auf gute Erfahrung bei eigenen Patientinnen ersetzt solche Studien nicht
und ermöglicht zudem aufgrund der nicht bekannten Einzelheiten der genannten Fälle keinen Vergleich mit der Situation der
Antragstellerin. Im Übrigen werden vom MDK-Gutachten zahlreiche Punkte aufgezeigt, die eine Beurteilung der Auswirkung der
Therapie auf die Erkrankung der Antragstellerin verhindern. So wird dort hinsichtlich der Hyperthermie ein derzeit lediglich
experimenteller Status beschrieben mit zudem Anforderungen an die Therapie, die durch die hier streitige Behandlung bereits
technisch, etwa die Art der Hyperthermie und das dazu verwendete Gerät, nicht erfüllt werden. Sie widersprechen zudem in Teilen
den in dem MDK-Gutachten zitierten Leitlinien.
Können keine konkreten Feststellungen zu Ausprägung und Schweregrad der Erkrankung getroffen werden und sind zudem Anhaltspunkte
für eine positive Wirkung der streitigen Therapie nicht ansatzweise erkennbar, kann die Güterabwägung nicht zu einem Anspruch
auf Kostenübernahme führen. Das gilt insbesondere dann, wenn, wie hier, schulmedizinisch anerkannte Therapieverfahren zur
Verfügung stehen.
Darüber hinaus ist der hier streitgegenständliche zweite Schritt offensichtlich nur ein Zwischenstadium einer komplexen Therapie,
die auf einen weiteren dritten Schritt gerichtet ist, in dem eine Behandlung mit dendritischen Zellen erfolgt. Hinsichtlich
der Therapie mit dendritischen Zellen hat der Senat jedoch in mehreren Fällen eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherungen
verneint. Auch dort war der Senat zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich noch um eine experimentelle Therapie handelt, zu
der von der Deutschen Krebsgesellschaft zudem die Empfehlung abgegeben worden war, Patienten nur innerhalb klinischer Studien
zu behandeln verbunden mit der Aufforderung an alle Ärzte, ihren Patienten von Therapieangeboten außerhalb solcher Studien
auf privater Zahlungsbasis abzuraten und Patienten mit Informationsbedarf an ein entsprechendes Forschungs- und Studienzentrum
zu verweisen (Urteil vom 13. März 2014 - L 5 KR 95/10; Urteil vom 12. Januar 2012 - L 5 KR 49/10).
Die Kostenentscheidung beruht auf analoger Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§
177 SGG).