Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; Berücksichtigung von Kurzarbeitergeld als Einkommen; Bereinigung nach § 30 SGB II
Gründe:
I
Der Kläger begehrt höhere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), im jetzigen Verfahrensstadium allein noch für den Monat Juni 2009. Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob bei der Berechnung
eines Freibetrags nach § 30 SGB II in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung für diesen Monat Kurzarbeitergeld (Kug) zu berücksichtigen ist.
Der 1968 geborene Kläger geht einer Erwerbstätigkeit als Stanzer nach und bezieht ergänzend Leistungen nach dem SGB II. Der Arbeitgeber des Klägers beantragte für die Monate April und Mai 2009 wegen einer aus konjunkturellen Gründen mangelnden
Auslastung der Betriebskapazitäten Kurzarbeit. Das dem Kläger im Juni 2009 zugeflossene Bruttoentgelt für Mai 2009 in Höhe
von insgesamt 979,11 Euro umfasste ein Kug in Höhe von 108,07 Euro.
Auf Antrag des Klägers bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 19.5.2009 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende
für den Zeitraum vom 5.5. bis 31.5.2009 und sodann weiter für den Zeitraum vom 1.6. bis 30.11.2009. Mit einem Änderungsbescheid
vom 30.6.2009 erfolgte eine Änderung der Bewilligung ua für den Zeitraum vom 1.6. bis 30.6.2009. Der Widerspruch des Klägers,
der sich auch dagegen richtete, dass im Juni 2009 zugeflossenes Kug in Höhe von 108,07 Euro bei der Einkommensbereinigung
nach § 30 SGB II nicht berücksichtigt worden war, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14.1.2010 zurückgewiesen. Der Beklagte vertrat die Auffassung,
das Kug könne nicht für die Ermittlung der Freibeträge nach § 30 SGB II mitberücksichtigt werden, da es nicht auf einer Erwerbstätigkeit des Klägers beruhe, sondern dafür gezahlt werde, dass dieser
zu Hause bleibe.
Der dagegen erhobenen Klage hat das Sozialgericht (SG) mit Urteil vom 29.11.2010 zu einem Teil, nämlich für den Monat Juni 2009, stattgegeben. Dem Gesamtbedarf in Höhe von 631
Euro stehe anzurechnendes Einkommen von 361,13 Euro gegenüber, was einen Leistungsanspruch von 269,87 Euro ergebe, der auf
270 Euro aufzurunden sei. Mit Änderungsbescheid vom 30.6.2009 seien dem Kläger nur 253,30 Euro bewilligt worden, sodass dieser
für den Monat Juni 2009 Anspruch auf weitere Leistungen von 16,70 Euro habe. Bei der Berechnung sei von den Gesamtbruttobezügen
laut Gehaltsabrechnung in Höhe von 979,11 Euro auszugehen, in dieser Summe sei das Kug in Höhe von 108,07 Euro enthalten gewesen.
Von dieser Summe sei auch die Bereinigung nach § 30 SGB II vorzunehmen. Ob Kug Einkommen aus Erwerbstätigkeit sei, sei nicht abschließend geklärt. Der kausale Zusammenhang zwischen
der Zahlung des Kug und der Arbeitskraft des Klägers und damit die Nähe zum Arbeitsentgeltanspruch legten nahe, dass dieses
auch bei der Berechnung der Freibeträge zu berücksichtigen sei, denn ohne bestehendes Arbeitsverhältnis würde der Kläger kein
Kug beziehen. Auch die Motive des Gesetzgebers, die dahin gingen, den in Kurzarbeit befindlichen Arbeitnehmer durch das Kug
davon abzuhalten, den Arbeitsplatz aufzugeben, sprächen dafür, einen Arbeitnehmer in der Lage, die für ihn ohnehin mit Einkommensverlusten
verbunden sei, nicht noch schlechter zu stellen. Es sei sinnwidrig, wenn der Staat konjunkturelle Mittel bereitstelle, um
einen Verlust des Arbeitsplatzes zu verhindern, den Leistungsempfänger bei Betroffenheit von dieser staatlichen Konjunkturmaßnahme
trotz fortdauernder Erwerbstätigkeit durch Verringerung seines Freibetrags aber gleichzeitig zu bestrafen.
Der Beklagte hat die vom SG zugelassene Sprungrevision eingelegt und zur Begründung vorgetragen, aus der Gesetzesbegründung zu § 30 SGB II ergebe sich der Wille des Gesetzgebers, dass mit dem Anrechnungssystem dem Grundsatz Rechnung getragen werden solle, dass
derjenige, der arbeite, mehr Geld zur Verfügung haben solle als derjenige, der trotz Erwerbsfähigkeit nicht arbeite. Damit
werde zum Ausdruck gebracht, dass nur Einkünfte aus "mühevoller" Tätigkeit unter § 30 SGB II fielen. Dies sei beim Kug gerade nicht der Fall, denn das Kug sei keine Gegenleistung für erbrachte Arbeit, sondern der Ausgleich
dafür, dass nicht gearbeitet werden könne. Das Kug trete - anders als zB das Insolvenzgeld (Insg) - nicht in rechtlicher und
wirtschaftlicher Weise an die Stellung des Anspruchs auf Entlohnung. Das SG habe fehlerhaft das neben dem Arbeitsentgelt zugeflossene Kug in die Einkommensbereinigung einbezogen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 29. November 2010 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Der Kläger, der selbst keine Revision eingelegt hat, schließt sich der Auffassung des SG an.
II
Die Sprungrevision des Beklagten ist zulässig (§§
161,
164 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Die Revision ist jedoch unbegründet und war daher zurückzuweisen (§
170 Abs
1 Satz 1
SGG). Das SG hat den Beklagten zutreffend zur Zahlung eines weiteren Leistungsbetrags in Höhe von 16,70 Euro verurteilt, denn der Kläger
hat einen Anspruch auf Berücksichtigung eines Freibetrags nach § 30 SGB II in der vom 1.10.2005 bis 31.12.2010 geltenden Fassung aus seinem Bruttoarbeitsentgelt unter Einschluss des Kug.
1. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 19.5.2009 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 30.6.2009, beide in Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 14.1.2010. Es geht vorliegend nur noch um die Höhe der Leistungen nach dem SGB II vom 1.6. bis zum 30.6.2009, denn nur insoweit ist der Beklagte, der allein die Sprungrevision eingelegt hat, beschwert.
2. Nach den Feststellungen des SG (§
163 SGG) gehört der Kläger zum anspruchsberechtigten Personenkreis nach § 7 Abs 1 SGB II. Seinen Bedarf hat das SG für den Monat Juni 2009 mit 631 Euro zutreffend ermittelt. Diesem Bedarf ist das bereinigte Einkommen in Höhe von 361,13
Euro gegenüberzustellen. Revisionsrechtlich angegriffen werden die Berechnungen seitens des Beklagten insofern, als er selbst
einen Bruttolohn von 871,04 Euro zugrunde gelegt hat, von dem er dann die Freibeträge nach § 30 SGB II errechnet hat, während das SG das im Juni 2009 ausgezahlte Kug für Mai 2009 in Höhe von 108,07 Euro mitberücksichtigt hat und so von dem ausgewiesenen
Bruttolohn von 979,11 Euro ausgegangen ist.
3. Bei der Berechnung des zu berücksichtigenden Einkommens ist das SG zu Recht von einem Anspruch auf einen Freibetrag nach § 30 SGB II unter Zugrundelegung eines monatlichen Gesamtbruttoeinkommens, das auch das gezahlte Kug enthält, ausgegangen. Nach § 30 SGB II in der hier maßgeblichen Fassung ist bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, von dem monatlichen Einkommen
aus Erwerbstätigkeit ein weiterer Betrag abzusetzen.
a) Eine Definition des Tatbestandsmerkmals "Einkommen aus Erwerbstätigkeit" bietet das SGB II selbst nicht. Es kann insoweit auch nicht - auch nicht als Indiz, wie das SG meint - auf §
14 Abs
1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV) zurückgegriffen werden. Nach §
14 Abs
1 Satz 1
SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch
auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus
der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Die weite Begriffsbestimmung des Arbeitsentgelts erfasst auch
solche Einnahmen, die dem Versicherten (lediglich) in ursächlichem Zusammenhang mit einer Beschäftigung zufließen, insbesondere
auch Zahlungen, denen ein Anspruch des Arbeitgebers auf eine Arbeitsleistung nicht gegenübersteht, wie die Entgeltfortzahlung
im Krankheitsfall und das Urlaubsgeld (vgl nur BSGE 83, 266, 267 = SozR 3-2400 § 14 Nr 17 S 38 mwN). Dieser für die Sozialversicherung und die Arbeitsförderung einheitliche Entgeltbegriff
ist vor dem Hintergrund seiner Funktion als Voraussetzung für die Versicherungspflicht und als Grundlage für die Bemessung
von Beiträgen und Leistungen zu verstehen (vgl nur von Koppenfels-Spies in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum
Sozialrecht, 2. Aufl 2011, §
14 SGB IV RdNr 1 mwN). Zur Ausfüllung des Tatbestandsmerkmals "Einkommen aus Erwerbstätigkeit" iS des § 30 SGB II ist §
14 SGB IV dagegen nicht geeignet. Schon der Wortlaut des § 30 Halbs 1 SGB II knüpft den Freibetrag an Einkommen, das aus der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gezogen wird. Insoweit genügt gerade nicht,
dass überhaupt ein Arbeitsverhältnis besteht oder bestanden hat (vgl bereits BSG Urteil vom 27.9.2011 - B 4 AS 180/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 40 RdNr 17 f).
b) Das Merkmal "Einkommen aus Erwerbstätigkeit" in § 30 SGB II ist unter dem vorgenannten Aspekt deshalb dahingehend zu fassen, dass der Freibetrag nur vom Erwerbseinkommen im engeren
Sinne abzusetzen ist. Diese Auslegung entspricht der Zielsetzung des Gesetzes, wonach der Einkommensfreibetrag dem Grundsatz
Rechnung tragen soll, dass der Erwerbstätige mehr Geld zur Verfügung haben soll als derjenige, der trotz Erwerbsfähigkeit
nicht arbeitet (vgl BT-Drucks 15/1516, S 59). Dem Kug kommt demgegenüber eine "Zwitterstellung" zu. Es fungiert zwar als Entgeltersatzleistung
(aa). Aus dem Gesamtzusammenhang nach Sinn und Zweck des Kug ergibt sich jedoch, dass der Schwerpunkt bei der Einordnung auf
der Entgeltkomponente liegt (bb). Dies wird durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu anderen Leistungen, die an die Stelle des Arbeitsentgelts treten, bestätigt (cc).
aa) Nach seiner systematischen Stellung im Rahmen der Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Drittes Buch (
SGB III) wird das Kug als Entgeltersatzleistung eingestuft. Im 8. Abschnitt des
SGB III unter der Überschrift "Entgeltersatzleistung" und dort wiederum unter dem Unterabschnitt "Leistungsübersicht" in §
116 Nr 4
SGB III wird das Kug ausdrücklich genannt (vgl zB Mutschler in
SGB III Arbeitsförderung Großkommentar, 3. Aufl 2008, §
169 RdNr 2 und 3). Das Kug wird für Arbeitnehmer gezahlt, die infolge eines Arbeitsausfalls einen Entgeltausfall haben. Es kompensiert
den Arbeitsentgeltausfall, der bei vorübergehender Kürzung der betriebsüblichen normalen Arbeitszeit aufgrund Arbeitsausfalls
entsteht (vgl Krodel in Niesel/Brand,
SGB III, 5. Aufl 2010, §
169 RdNr 4; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 14. Aufl 2011, § 47 RdNr 1). Die Bemessung des Kug errechnet sich nicht nach dem
vor Einführung der Kurzarbeit erzielten Arbeitsentgelt, sondern nach dem wegen der Kurzarbeit im Kalendermonat aktuell ausgefallenen
Arbeitsentgelt (vgl Krodel in Niesel/Brand,
SGB III, §
169 RdNr 2; vgl §§
178,
179 SGB III). Auch muss der Arbeitnehmer gemäß §
172 Abs
3 SGB III im Prinzip Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stehen.
Diese Aspekte, die gegen eine Einordnung des Kug als Einkommen aus Erwerbstätigkeit sprechen, stehen jedoch nicht im Vordergrund.
Vielmehr liegt der Schwerpunkt des Kug auf seiner Funktion als Arbeitsentgelt. Diese Einordnung für den hier maßgeblichen
Zeitraum wird letztlich bestätigt durch die Neufassung des
SGB III durch das Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt (BGBl I 2011, 2881), wonach ab dem 1.4.2012 das Kug zwar weiterhin im Rahmen der Entgeltersatzleistungen aufgeführt wird, jedoch unter dem neuen
Abschnitt "Verbleib in Beschäftigung" geregelt ist.
bb) Dieser letztgenannte Gesichtspunkt des Verbleibs in Beschäftigung war aber schon der Hauptzweck des Kug gemäß §§
169 ff
SGB III in der hier anzuwendenden Fassung. Es sollte bei konjunkturell bedingten Arbeitsausfällen zur Verhinderung von Arbeitslosigkeit
und zur Stabilisierung bestehender Beschäftigungsverhältnisse dienen (vgl Krodel in Niesel/Brand,
SGB III, §
169 RdNr
5). Die persönlichen Voraussetzungen für den Bezug von Kug stellen gemäß §
172 Abs
1 Nr
1a bzw Nr
2 SGB III ausdrücklich darauf ab, dass Kug nur bezogen werden kann, wenn eine versicherungspflichtige Beschäftigung fortgesetzt wird
und das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt oder durch Aufhebungsvertrag aufgelöst ist.
Damit korrespondiert der Gesetzeszweck des § 30 SGB II. Der Erwerbstätigenfreibetrag soll Anreize zur Aufnahme oder Beibehaltung auch einer nicht bedarfsdeckenden Erwerbstätigkeit
geben (BT-Drucks 15/1516, S 59). Die Anreizfunktion ist das entscheidende Bindeglied zwischen dem Instrument des Kug und §
30 SGB II, der keine systematische Ergänzung des § 11 Abs 2 SGB II darstellt, sondern ein Förderinstrument eigener Art ist (BSG Urteil vom 27.9.2011 - B 4 AS 180/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 40 RdNr 19). Während bei echten Entgeltersatzleistungen die Zielsetzung der Aufnahme oder Weiterführung
einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ins Leere geht, wird durch das Kug genau dieser - wie bei § 30 SGB II - unterstützende Anreiz geschaffen, trotz vorübergehend nicht bedarfsdeckenden Einkommens aufgrund des Arbeitsausfalls in
dem Beschäftigungsverhältnis zu verbleiben. Das Kug dient dazu, die Lücke zwischen dem Arbeitsentgelt, das bei normaler vollzeitiger
Arbeit erzielt werden würde, und dem aufgrund des konjunkturell bedingten Arbeitsausfalls tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts
zu verringern, um es so zu ermöglichen, dass der monatliche Verlust des Arbeitnehmers in Grenzen gehalten wird. Der Leistungsberechtigte
geht also tatsächlich einer Erwerbstätigkeit nach und ist durch eigenes Erwerbseinkommen in der Lage, jedenfalls zu einem
Teil für seine Lebensgrundlage aus eigenen Kräften zu sorgen, sodass die Absetzbeträge nach § 30 SGB II ihren Sinn und Zweck erfüllen können, einen Anreiz zur Stärkung des Arbeits- und Selbsthilfewillens zu bieten (BSG Urteil vom 27.9.2011 - B 4 AS 180/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 40 RdNr 21 mit Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Vorgängerregelung § 76 Abs 2a Bundessozialhilfegesetz).
cc) Dementsprechend ist in der genannten Entscheidung des BSG die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach §
3 Abs
1 Satz 1
Entgeltfortzahlungsgesetz als Anspruch auf Arbeitsentgelt qualifiziert worden, von dem der Erwerbstätigenfreibetrag abgesetzt werden kann, weil auch
hier die Anreizfunktion dergestalt greift, die Erwerbstätigkeit so bald wie möglich fortzusetzen, um nicht anschließend auf
die niedrigere Entgeltersatzleistung in Form von Krankengeld, bei dem die Absetzmöglichkeit entfällt, verwiesen zu werden.
Diese getroffene Unterscheidung zwischen der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und dem anschließenden Bezug von Krankengeld
findet ihre Entsprechung in §
172 Abs
1a bzw Abs
2 SGB III. Danach erfüllt der Arbeitnehmer die persönlichen Voraussetzungen für den Bezug von Kug, solange der Anspruch auf Fortzahlung
des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle besteht. Ausgeschlossen vom Kug ist er dagegen ausdrücklich während des Bezugs von
Krankengeld. Der Senat sieht keinen Anlass, von der genannten Rechtsprechung, die im Gesetz ihre Bestätigung findet, abzuweichen,
sodass auch unter diesem Blickwinkel der Aspekt des Arbeitsentgelts beim Kug im Vordergrund steht.
Dafür spricht auch die Parallele zwischen Kug und Insg nach §
183 SGB III, das zwar innerhalb des Normgefüges des
SGB III ebenfalls - wie das Kug - unter die Entgeltersatzleistungen fällt. Es tritt aber in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht
an die Stelle des Arbeitsentgeltanspruchs, ist daher auch hinsichtlich der Einkommensbereinigung wie der Arbeitsentgeltanspruch
zu behandeln. Das Insg soll gewährleisten, dass die Arbeitnehmer ungeachtet des Umstands, dass der in Zahlungsschwierigkeiten
befindliche Arbeitgeber das Arbeitsentgelt nicht oder nicht vollständig zahlt, zunächst weiterarbeiten können (BSG Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 29/08 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 22). Beim Kug besteht ebenfalls die aus der Ausgestaltung der Zielrichtung der Leistung abzuleitende
"Nähe" zum Arbeitsentgeltanspruch, es besteht eine Parallelität der Zielrichtungen. Das Kug ist daher auch hinsichtlich der
Einkommensbereinigung wie der Arbeitsentgeltanspruch zu behandeln.
4. Der somit nach § 30 SGB II vorzunehmenden Einkommensbereinigung ist das Bruttoarbeitsentgelt zugrunde zu legen. Zutreffend ist das SG unter Bezugnahme auf die Lohnabrechnung für den Monat Mai 2009 von einem Gesamtbruttoentgelt von 979,11 Euro ausgegangen,
in dieser Summe ist das Kug von 108,07 Euro enthalten. Abzusetzen davon sind nach § 11 Abs 2 SGB II die Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 183,14 Euro und die Unterhaltszahlungen in Höhe von 177 Euro sowie der Grundfreibetrag
von 100 Euro. Die Absetzung der Freibeträge nach § 30 SGB II folgt in einer ersten Stufe gemäß Ziffer 1 für das Einkommen von über 100 Euro bis 800 Euro in Höhe von 20 Prozent (= 140
Euro) und sodann gemäß Ziffer 2 für die weiteren 179,11 Euro in Höhe von 10 Prozent (= 17,91 Euro). Die Berechnung hat das
SG zutreffend vorgenommen, eine rechnerische Unschärfe bezüglich des anzurechnenden Einkommens, das tatsächlich statt 361,13
Euro lediglich 361,06 Euro beträgt, ist wegen der gemäß § 41 Abs 2 SGB II vorzunehmenden Aufrundung ohne Bedeutung. Von dem festgestellten Bedarf von 631 Euro sind 361,06 Euro anzurechnendes Einkommen
abzuziehen, sodass 269,87 Euro gerundet 270 Euro verbleiben. Abzüglich der bereits geleisteten 253,30 Euro ergibt sich der
ausgeurteilte Betrag von 16,70 Euro.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.