Tenor
Die Verfahren B 14 AS 294/19 B und B 14 AS 300/19 B werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. Es führt das Verfahren mit dem Aktenzeichen B 14 AS 294/19 B.
Die Anträge des Klägers, ihm zur Durchführung der Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Beschlüsse des Hessischen
Landessozialgerichts vom 27. Juni 2019 - L 7 AS 645/18 und L 7 AS 628/18 - Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, werden abgelehnt.
Die Beschwerden des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in den genannten Beschlüssen des Hessischen Landessozialgerichts
werden als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der Kläger selbst hat mit beim BSG am 29.7.2019 (B 14 AS 294/19 B) bzw am 1.8.2019 (B 14 AS 300/19 B) eingegangenen Schreiben gegen die Nichtzulassung der Revision in den Beschlüssen des LSG vom 27.6.2019 Beschwerden eingelegt
und die Bewilligung von PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.
Den PKH-Anträgen ist nicht stattzugeben. Nach §
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier
nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§
73 Abs
4 SGG) in der Lage wäre, die Beschwerden des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in den Entscheidungen des LSG erfolgreich
zu begründen. Da der Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH hat, ist auch sein Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts
abzulehnen (§
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
121 ZPO).
Nach §
160 Abs
2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung
beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist weder nach dem Vorbringen des Klägers noch nach summarischer Prüfung des Streitstoffs aufgrund
des Inhalts der beigezogenen Verfahrensakten ersichtlich.
Der Kläger begründet seine Anträge auf PKH damit, dass seine Alg II-Ansprüche für die Zeiträume vom 1.4.2015 bis 30.9.2015
(B 14 AS 294/19 B) bzw vom 1.10.2015 bis 31.3.2016 (B 14 AS 300/19 B) falsch berechnet worden seien. Allgemein möchte er geklärt wissen, ob Bewohner der Bundesrepublik Deutschland den Anspruch
auf Deckung ihres Existenzminimums verlieren, wenn sie eine Tätigkeit selbstständig ausüben. Im Einzelnen macht der Kläger
wegen seiner Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit geltend, der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) fehle es an einer hinreichend bestimmten Ermächtigungsgrundlage, betriebsbezogene Ausgaben seien voll zu berücksichtigen
und die Gerichte seien an Steuerbescheide gebunden. Außerdem begehrt er die Ausdehnung von Bewilligungszeiträumen auf zwölf
Monate und die Anpassung an ein Kalenderjahr. Bezogen auf Erstattungsforderungen macht der Kläger geltend, er habe das Geld
bereits ausgegeben. Wegen der Verfahrensführung durch das LSG rügt der Kläger, die Entscheidungen seien nicht mit (hinreichenden)
Gründen versehen, weil nicht alle von ihm geltend gemachten Ausgaben berücksichtigt worden seien und das führe auch zu einem
Verstoß gegen seinen Anspruch auf rechtliches Gehör. Außerdem sei der Sachverhalt durch die Gerichte nicht hinreichend aufgeklärt
worden.
In den Verfahren sind keine Fragen grundsätzlicher Bedeutung (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) zu erkennen, die sich nicht anhand normativer Vorgaben oder von Entscheidungen des BSG und des BVerfG beantworten lassen.
Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art
1 Abs
1 GG iVm Art
20 Abs
1 GG) und die selbstständige Tätigkeit stehen schon nicht in dem vom Kläger behaupteten Zusammenhang, weil es grundsätzlich auf
erzieltes Einkommen ankommt. Eine entsprechende Rechtsfrage wird auch ein beim BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter voraussichtlich nicht als klärungsbedürftig formulieren können. Wegen der Berechnung
des Einkommens erwähnt der Kläger selbst die Rechtsprechung des Senats zu § 13 Abs 1 Satz 1 SGB II als Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer Verordnung, in der die Berücksichtigung und Berechnung von Einkommen näher geregelt
wird (vgl Senatsurteil vom 1.12.2016 - B 14 AS 34/15 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 79); weiterer Klärungsbedarf zeigt sich deswegen nicht. Aus den Ausführungen des Klägers wird außerdem deutlich, dass er die
Unterscheidbarkeit betrieblicher Aufwendungen und tatsächlich geleisteter notwendiger Ausgaben erkannt hat und - vor allem
bezogen auf ein Kraftfahrzeug und die EDV-Ausstattung - lediglich in seinem Fall weitere konkrete Ausgabenpositionen als notwendig
berücksichtigt wissen will. Damit stellen sich schon keine abstrakten Rechtsfragen, die den Verfahren grundsätzliche, über
den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommen lassen. Dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter erfolgreich geltend
machen könnte, aus § 3 Abs 2, Abs 3 Alg II-V ergebe sich, dass Ausgaben - soweit sie angefallen sind - bei betrieblicher Veranlassung immer notwendig seien, ist nicht
erkennbar. Anhand der vorgenannten normativen Vorgaben beantwortet sich auch die Frage nach dem "Verbrauch" von Einnahmen
durch Ausgabeverhalten. Ähnliches gilt für eine erneute Klärungsbedürftigkeit, soweit der Kläger geltend macht, es müsse zur
steuerrechtlichen Bewertung von Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit zurückgekehrt werden (vgl zur seit dem 1.1.2008 geltenden Rechtslage nur BSG vom 17.2.2016 - B 4 AS 17/15 R - BSGE 120, 242 = SozR 4-4200 § 11 Nr 75, RdNr 22). Dass - wie der Kläger verlangt - für die angestrebte Ausdehnung des Bewilligungszeitraums auf ein Jahr vom Grundsatz des
§ 41 Abs 1 Satz 2 SGB II (idF bis zum 31.7.2016) abzuweichen sein muss, ist angesichts des Geltungszeitraumprinzips (vgl dazu BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 53/15 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 78 RdNr 15) keine Rechtsfrage, die grundsätzlicher Klärung bedarf.
Es sind auch keine Verfahrensmängel erkennbar, auf denen die angefochtenen Entscheidungen des LSG beruhen können (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG).
Insbesondere ergibt sich schon aus dem Vortrag des Klägers nichts dazu, dass das LSG seine Entscheidungen nicht begründet
haben könnte. Vielmehr rügt der Kläger detailliert die Nichtberücksichtigung einzelner, von ihm geltend gemachter Ausgabenpositionen
(auch) durch das LSG. Das steht dem Vorwurf entgegen, dieses habe seine Entscheidung nicht mit Gründen versehen (§
547 Nr 6
ZPO iVm §
202 Satz 1
SGG) bzw den Vortrag des Klägers nicht zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen einbezogen (§
62 SGG). Dass sich ein Gericht den Ansichten eines Beteiligten anschließen muss, ist vom Anspruch auf rechtliches Gehör nicht erfasst.
Auf die Sachaufklärungsrüge wird eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht erfolgreich gestützt werden können. Soll - wie hier
- die Nichtzulassungsbeschwerde auf eine Verletzung der Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§
103 SGG) gestützt werden, muss sie sich auf einen Beweisantrag beziehen, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist
(§
160 Abs
2 Nr
2 SGG). Dass der Kläger in der Vorinstanz Beweisanträge gestellt hat ist auch nach Durchsicht der Akten nicht ersichtlich. Im Übrigen
stehen die Entscheidungen des LSG durch Beschlüsse im Einklang mit den Vorgaben des §
153 Abs
4 SGG.
Schließlich ist nicht ersichtlich, dass das LSG Rechtssätze aufgestellt hat, die von der Rechtsprechung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweichen und auf dieser Abweichung beruhen, sodass auch eine Zulassung wegen Divergenz iS des
§
160 Abs
2 Nr
2 SGG nicht in Betracht kommt. Der Kläger möchte der Sache nach den Entscheidungen des LSG zwar solche Abweichungen zuschreiben,
rügt im Ergebnis aber nur die falsche Subsumtion des Einzelfalls.
Die vom Kläger selbst eingelegten Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision in den Beschlüssen des LSG entsprechen
nicht den zwingenden gesetzlichen Formvorschriften und sind deshalb als unzulässig zu verwerfen (§
160a Abs
4 Satz 1 iVm §
169 Satz 2
SGG). Die Verwerfung erfolgt in entsprechender Anwendung des §
169 Satz 3
SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§
183,
193 SGG.