Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II; Regelleistungen für Aufenthaltstage beim getrennt lebenden Elternteil zur Wahrnehmung des Umgangsrechts
Gründe:
I
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch des Klägers auf weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Tage im Oktober und November 2006 streitig, an denen er nicht in Bedarfsgemeinschaft mit seiner Mutter, sondern
in einer (sog temporären) Bedarfsgemeinschaft mit seinem Vater gelebt hat.
Der im Mai 2000 geborene Kläger lebt bei seiner Mutter, die allein sorgeberechtigt ist, in W und bezog unter anderem im streitigen
Zeitraum wie diese laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Eltern sind geschieden; auch der in D wohnhafte Vater bezog Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Im Rahmen verschiedener vom Familiengericht getroffener Umgangsregelungen hielt sich der Kläger regelmäßig bei seinem Vater
auf, unter anderem für 10 Tage im Oktober 2006 und für 6 Tage im November 2006.
Am 5.9.2005 beantragte der Vater bei der Rechtsvorgängerin des beklagten Jobcenters ergänzend für den Kläger Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, weil für ihn (den Vater) Fahrkosten zur Abholung des Klägers anfielen und er (der Vater) mit den ihm bewilligten Leistungen
die Bedarfe des Klägers während der Aufenthalte bei ihm nicht decken könne. Der Antrag blieb zunächst ohne Erfolg; auf Widerspruch
hin bewilligte der Beklagte dem Vater höhere Leistungen unter Berücksichtigung eines "Mehrbedarfs" für den Kläger in Höhe
von 90 Euro monatlich, unter anderem für den Bewilligungsabschnitt vom 1.10.2006 bis zum 31.3.2007 (Bescheid vom 19.10.2006).
Der Mehrbedarf setze sich aus einer Fahrkostenpauschale in Höhe von 50 Euro und einer Verpflegungspauschale von 40 Euro zusammen.
Der Widerspruch gerichtet auf höhere Leistungen wegen der Aufenthalte des Klägers beim Vater blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid
vom 25.9.2007).
Hiergegen hat der Vater Klage zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben. Am 17.9.2010 hat die Mutter zu Protokoll des Amtsgerichts - Familiengericht - Wuppertal dem Vater Vollmacht
erteilt, den vor dem SG anhängigen Prozess im Namen des Klägers hinsichtlich der Kosten für die Durchführung des Umgangsrechts zu führen. Die Klage
ist daraufhin als Klage des Klägers fortgeführt worden. Er hat zuletzt die Kosten ausgehend von einem Dreißigstel der für
ihn maßgeblichen Regelleistung pro Tag, an dem er sich mehr als 12 Stunden bei seinem Vater aufgehalten hat, beziffert und
diesen Betrag für 223 Tage im Zeitraum vom 8.9.2005 bis 30.6.2007 (223 x 6,90 Euro = 1538,70 Euro) sowie für weitere 60 Tage
im Zeitraum vom 1.7.2007 bis zum 30.6.2008 (60 x 6,93 Euro = 415,80 Euro) geltend gemacht.
Das SG hat in der mündlichen Verhandlung vom 27.1.2012 den ua für das Jahr 2006 auf Grundlage des §
1684 Abs
2 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) eingesetzt gewesenen Umgangspfleger und die Mutter des Klägers als Zeugen dazu vernommen, welcher Umgang mit dem Vater tatsächlich
stattgefunden hat. Es hat den Beklagten mit Urteil vom selben Tag unter Änderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, für
die Zeit vom 8.9.2005 bis zum 6.4.2008 insgesamt 1954,50 Euro abzüglich in diesem Zeitraum vom Beklagten jeweils monatlich
gezahlter 40 Euro zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Nach Durchführung der Beweisaufnahme stehe fest, dass sich
der Kläger im Jahr 2005 an 46 Tagen, im Jahr 2006 an 126 Tagen, im Jahr 2007 an 99 Tagen sowie im Jahr 2008 an 12 Tagen jeweils
länger als 12 Stunden bei seinem Vater aufgehalten habe. In dieser Zeit sei er hilfebedürftig gewesen, denn weder er noch
sein Vater hätten Einkommen erzielt, das zu berücksichtigen gewesen wäre (§ 11 Abs 1, § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II). Unerheblich sei, dass bereits Sozialgeld an die Mutter ausgezahlt worden sei, denn dieses habe zur Bedarfsdeckung während
des Aufenthalts beim Vater nicht zu Verfügung gestanden. Eine Weiterleitung des Sozialgelds sei tatsächlich nicht erfolgt.
Hierzu sei die Mutter auch nicht verpflichtet gewesen; sie habe lediglich für eine angemessene Bekleidung (Wechselkleidung)
sowie die Mitgabe von unerlässlichen Dingen, wie zB notwendige Medikamente, zu sorgen gehabt. Für jeden Aufenthaltstag habe
der Kläger als Teil der Bedarfsgemeinschaft mit seinem Vater Anspruch auf Sozialgeld in Höhe von einem Dreißigstel des maßgeblichen
Regelsatzes. Hierauf sei allerdings monatlich ein Betrag von 40 Euro anzurechnen, den der Beklagte bereits geleistet habe.
Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten, die er nach Abschluss eines Vergleichs wegen der übrigen Zeiträume zuletzt
auf die Zeit vom 1.10.2006 bis zum 30.11.2006 beschränkt hat. Er rügt die Verletzung von §§ 7, 9 SGB II, weil der Kläger in der Bedarfsgemeinschaft mit dem Vater nicht hilfebedürftig gewesen sei. Der bestehende Bedarf sei bereits
durch die Bewilligung von Sozialgeld im Rahmen der Bedarfsgemeinschaft der Mutter gedeckt gewesen. Die Weiterleitung der Leistungen
sei familienintern zu regeln.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27. Januar 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Eine eventuelle Überzahlung von Sozialgeld bezogen auf die Aufenthalte bei
der Mutter sei nicht im vorliegenden Verfahren, sondern im Verhältnis zur Bedarfsgemeinschaft mit der Mutter zu klären.
II
Die zulässige Revision ist unbegründet (§
170 Abs
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Das SG hat den Beklagten zutreffend für 10 Tage im Oktober 2006 und 6 Tage im November 2006 zur Gewährung weiterer Regelleistungen
an den Kläger verurteilt. Abzüglich der für den jeweiligen Monat bereits geleisteten 40 Euro hat der Beklagte weitere 29 Euro
für Oktober 2006 und weitere 1,40 Euro für November 2006 zu zahlen.
1. Streitgegenstand sind nach Abschluss eines sog Überprüfungsvergleichs wegen der übrigen im Klageverfahren streitig gewesenen
Zeiträume noch die geltend gemachten Ansprüche des Klägers auf anteilige Regelleistungen für die Zeit vom 1.10.2006 bis zum
30.11.2006. Gegenstand des Verfahrens ist im Revisionsverfahren noch der Bescheid des Beklagten vom 19.10.2006, der die Höhe
der Leistungen für Oktober und November 2006 (als Teil des Bewilligungsabschnitts vom 1.10.2006 bis 31.3.2007) regelt, in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.9.2007.
Die Fahrkosten des Vaters im Zusammenhang mit der Ausübung des Umgangsrechts hat der Beklagte (und in der Folge der Träger
der Sozialhilfe) in beantragter Höhe gewährt; sie sind nicht streitig. Der Beklagte hat zwar mit dem angegriffenen Bescheid
beim Vater einen "einheitlichen" Mehrbedarf für den Umgang mit dem Kläger bewilligt, er hat aber eine weitergehende Zuordnung
der Bedarfe zu den Bedarfen wegen Fahrkosten einerseits und Regelbedarf andererseits vorgenommen. Da es sich wegen der Fahrkosten
um Ansprüche des Vaters handelt, bestehen keine Bedenken gegen ihre Abtrennbarkeit von den vorliegend streitigen Ansprüchen
wegen der Regelleistungen für das minderjährige Kind. Kosten der Unterkunft und Heizung, die die Beteiligten übereinstimmend
als Bedarfe allein des Vaters ansehen, sind von Beginn an nicht streitig gewesen.
2. Die Revision ist zulässig (§§
160,
161 SGG). Dem Antrag auf Zulassung der Sprungrevision hat der Beklagte insbesondere die für die Zulassung erforderliche schriftliche
Zustimmung des Klägers zur Einlegung der Sprungrevision im Original beigefügt (§
161 Abs
1 Satz 3
SGG).
Beteiligt ist auf Klägerseite nur der minderjährige Kläger. Der Vater hat schon im Verwaltungsverfahren geltend gemacht, es
bestünden unter anderem auch Ansprüche auf Regelleistung des Klägers für die Tage der Aufenthalte bei ihm (dem Vater). Der
Beklagte hat Leistungen unter Berücksichtigung dieses Bedarfs zwar als "Mehrbedarf" des Vaters für die Ausübung des Umgangsrechts
mit dem Kläger bewilligt. Wegen der damals bestehenden Schwierigkeiten, eine (temporäre) Bedarfsgemeinschaft rechtlich zutreffend
zu erfassen, bestehen aber keine Bedenken, die vom Vater - als Vertreter der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nach § 38 Satz 1 SGB II - gestellten Anträge als Leistungsanträge des Klägers auf Regelleistung für die Zeit der Aufnahme in die Bedarfsgemeinschaft
des Vaters anzusehen und die entsprechenden Bescheide des Beklagten dahingehend auszulegen, dass dem Kläger als Mitglied dieser
Bedarfsgemeinschaft 40 Euro monatlich als Regelleistung bewilligt wurden (ähnlich bereits Bundessozialgericht [BSG] Urteil
vom 2.7.2009 - B 14 AS 75/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 13 RdNr 11). Das Klageverfahren hat der Kläger nach Klärung der Vertretung (dazu sogleich) selbst
geführt.
Der selbst nicht prozessfähige Kläger wird im Revisionsverfahren - wie bereits im Klageverfahren - von seiner Mutter allein
gesetzlich vertreten (vgl §
1628, §
1629 Abs
1 Satz 3
BGB). Einer Vertretung des minderjährigen, beschränkt geschäftsfähigen Klägers bedarf es, weil dieser nicht selbst prozessfähig
iS des §
71 Abs
1 und
2 SGG iVm §§
104 ff
BGB ist und die Geltendmachung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nicht lediglich rechtlich vorteilhaft iS des §
107 BGB ist (im Einzelnen Urteil des Senats vom 2.7.2009 - B 14 AS 54/08 R - BSGE 104, 48 = SozR 4-1500 § 71 Nr 2 RdNr 19). Zwar hat zunächst der nicht vertretungsberechtigte Vater Klage erhoben. Nach dem vorliegenden
Protokoll des Amtsgerichts - Familiengericht - W vom 17.9.2010 hat die Mutter dem Vater aber Vollmacht erteilt, den vor dem
SG anhängigen Prozess im Namen des Klägers hinsichtlich der Kosten für die Durchführung des Umgangsrechts zu führen. Diese Bevollmächtigung
bedeutet zugleich eine Genehmigung der bis dahin vorgenommenen Verfahrenshandlungen. Sie ist nicht weiter beschränkt und berechtigt
also zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen und schließt die Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts und die
Beauftragung des jetzigen Prozessbevollmächtigten zur Vertretung im Revisionsverfahren mit ein (§
81 Zivilprozessordnung iVm §
73 Abs
6 SGG; vgl zuletzt BSG Urteil vom 21.6.2001 - B 13 RJ 5/01 R - juris RdNr 23).
3. Sachlich und örtlich zuständig für die Erbringung der Regelleistung an den Kläger für die Zeiten, in denen er eine Bedarfsgemeinschaft
mit seinem erwerbsfähigen und hilfebedürftigen Vater bildet, ist der Beklagte als Träger der Grundsicherung am Ort des gewöhnlichen
Aufenthalt des Vaters. Wegen der örtlichen Zuständigkeit knüpft das Gesetz in § 36 Satz 1 SGB II maßgeblich an den gewöhnlichen Aufenthalt des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen an, der die entsprechenden Leistungen an den
Empfänger von Sozialgeld vermittelt. Damit ergibt sich für Leistungen an nicht erwerbsfähige Kinder (wie den Kläger), die
sich wechselnd bei ihren getrennt lebenden Elternteilen aufhalten, schon nach dem Wortlaut des § 36 Satz 1 SGB II für die jeweilige Regelleistung die örtliche Zuständigkeit des Trägers der Grundsicherung am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts
des Elternteils, mit dem das Kind eine Bedarfsgemeinschaft - sei sie temporär, sei sie dauerhaft - bildet. § 36 Satz 3 SGB II in der seit dem 1.1.2011 geltenden Fassung regelt dies (klarstellend) auch für Bedarfsgemeinschaften in Ausübung des Umgangsrechts
mit Kindern nach Vollendung des 14. Lebensjahres, die ihrerseits erwerbsfähig iS des § 7 Abs 1 SGB II sind und nicht nur abgeleitete Ansprüche auf Sozialgeld, sondern Ansprüche auf Arbeitslosengeld II haben (vgl BT-Drucks 17/3404
S 114; dazu bereits BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1 RdNr 28 am Ende).
4. Der Kläger hat als nicht erwerbsfähige Person, vermittelt über seinen erwerbsfähigen und hilfebedürftigen Vater, für 10
Tage im Oktober und 6 Tage im November 2006 Anspruch auf Regelleistung nach § 7 Abs 2, § 9, § 19 Satz 1, § 20, § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 1 SGB II (jeweils in der für Oktober und November 2006 maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für
Arbeitsuchende vom 20.7.2006 [BGBl I 1706]). Das SG ist nach Beweisaufnahme durch Vernehmung des Umgangspflegers und der Mutter insoweit zu der Überzeugung gelangt, dass der
Kläger sich unter anderem im Oktober 2006 und im November 2006 für diese Anzahl von ganzen Tagen beim Vater aufgehalten hat.
An dessen Leistungsberechtigung nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II bestehen keine Zweifel. Gegen diese Feststellungen haben die Beteiligten bereits im Anschluss an die Beweisaufnahme in der
mündlichen Verhandlung vor dem SG keine Einwände mehr erhoben; sie sind dementsprechend zur Grundlage des im Revisionsverfahren geschlossenen Überprüfungsvergleichs
gemacht worden.
Auf Grundlage dieser den Senat bindenden (§
163 SGG) Feststellungen liegen im streitigen Zeitraum die Voraussetzungen einer temporären Bedarfsgemeinschaft im Sinne der Rechtsprechung
des Senats vor. Auch dem Haushalt eines Leistungsberechtigten regelmäßig, aber nur zeitweise angehörende minderjährige Kinder
können danach mit diesem eine temporäre Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 Nr 1 und Nr 4 SGB II bilden und also für jeden Tag des Aufenthalts (mit mehr als 12 Stunden) in dieser Bedarfsgemeinschaft (zumindest) Regelleistungen
nach dem SGB II erhalten (vgl BSG vom 2.7.2009 - B 14 AS 75/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 13). Diese Auslegung des § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II, die eine wechselnde Aufnahme minderjähriger Kinder in den jeweiligen Haushalt ihrer getrennt lebenden Eltern berücksichtigt,
stellt eine SGB-II-immanente Lösung des Problems der Umgangskosten sicher, die angesichts der besonderen Förderungspflicht des Staates nach
Art
6 Abs
1 Grundgesetz geboten ist. Bei den in der temporären Bedarfsgemeinschaft tageweise anfallenden Regelbedarfen handelt es sich um einen Bedarf
des minderjährigen Kindes, das seinen notwendigen Lebensunterhalt auch für die Aufenthalte beim getrennt lebenden Elternteil
decken können muss.
Der Gesetzgeber hat zwar entsprechende materielle Regelungen für das Leistungsrecht des SGB II nach wie vor nicht geschaffen. Aus der Regelung wegen der örtlichen Zuständigkeit in § 36 Satz 3 SGB II zum 1.1.2011 wird jedoch erkennbar, dass auch nach der Vorstellung des Gesetzgebers entsprechende Regelbedarfe als Individualanspruch
des Kindes in der jeweiligen Bedarfsgemeinschaft zu decken sind. Ob in temporären Bedarfsgemeinschaften für die minderjährigen
Kinder daneben berücksichtigungsfähige Unterkunftskosten bestehen können oder solche Kosten, soweit sie die Möglichkeit des
Elternteils zu einem geordneten Umgang mit dem Kind sicherstellen, als angemessene Kosten im Einzelfall dem Elternteil zuzuordnen
wären, kann offen bleiben; solche Kosten sind vorliegend nicht streitig.
5. Einem Anspruch auf anteilige Regelleistung steht nicht entgegen, dass dem Kläger nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen
des SG für jeweils 30 Tage pro Monat Regelleistungen als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft mit seiner Mutter bewilligt worden sind.
Zwar ist im Ausgangspunkt zutreffend, dass dem Kläger auch bei regelmäßigen Aufenthalten in zwei Bedarfsgemeinschaften monatlich
insgesamt Ansprüche nur für 30 Tage zustehen. Dies folgt aus dem Pauschalierungsgedanken der Regelleistung. Wie der Senat
bereits entschieden hat, kommen deshalb Abschläge für Bedarfe, die in einer der Bedarfsgemeinschaften regelmäßig oder gar
typischerweise nicht zu decken sind (Bekleidung, Haushaltsgeräte, usw), nicht in Betracht (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 75/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 13 RdNr 17). Das gilt auch für die Konstellation, in der das Kind in beiden Haushalten seiner getrennt
lebenden Eltern hilfebedürftig im Sinne des SGB II ist. Die Regelleistung deckt den Bedarf für den regelmäßigen Lebensunterhalt ab; insgesamt ergeben sich aber auch bei wechselnden
Aufenthalten damit Ansprüche auf Regelleistungen für nicht mehr als 30 Tage. Entstehen nachgewiesenermaßen in einem der Haushalte
laufend höhere Bedarfe wegen der wechselnden Aufenthalte des Kindes, die nicht durch vorrangige Unterhaltsleistungen gedeckt
sind, kommt hinsichtlich solcher Bedarfe im Einzelfall allenfalls einen Mehrbedarf nach § 21 Abs 6 SGB II in seiner seit dem 3.6.2010 geltenden Fassung in Betracht.
Gleichwohl kann der Beklagte dem Kläger nicht entgegenhalten, sein Bedarf sei durch die Bewilligung von Leistungen für 30
Tage in der Bedarfsgemeinschaft seiner Mutter abschließend gedeckt worden. Lebt ein Kind regelmäßig in zwei Bedarfsgemeinschaften,
ist der Bedarf in der einen Bedarfsgemeinschaft nicht deckungsgleich mit dem Bedarf in der anderen Bedarfsgemeinschaft. Dies
ist Folge der Regelungen in § 9 Abs 2 Sätze 2 und 3 SGB II, wonach der jeweilige Bedarf eines Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft nur in Abhängigkeit zum Bedarf der übrigen Mitglieder
der Bedarfsgemeinschaft festgestellt werden kann (zuletzt Urteil des Senats vom 16.4.2013 - B 14 AS 71/12 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 16). Da die Bedarfsgemeinschaften im Falle des umgangsbedingten Wechsels
des Aufenthalts eines Kindes nicht personenidentisch sind, handelt es sich um zwei Ansprüche, die unterschiedlich hoch sein
können und sich in zeitlicher Hinsicht gerade ausschließen. Die Leistungen für Regelbedarfe an den Tagen des Aufenthalts beim
Vater sind nicht lediglich fehlerhaft an die Mutter als Vertreterin der dortigen Bedarfsgemeinschaft ausgezahlt worden. Für
die Tage, an denen sich der Kläger weniger als 12 Stunden bei seiner Mutter aufhielt, bestand dort kein (Regel)Bedarf und
also der Sache nach kein Anspruch auf Regelleistung. Die Ansprüche auf Leistungen für Kinder, die sich aus den unterschiedlichen
Bedarfslagen in wechselnden Bedarfsgemeinschaften ergeben, stellen nicht lediglich "ein Zuordnungsproblem innerhalb familiärer
Beziehungen" dar, wie der Beklagte meint. Die Mittellosigkeit des Klägers ist nicht unmittelbare Folge der (vorliegend tiefgreifenden)
Auseinandersetzungen zwischen den Eltern, die etwa die Realisierung von zivilrechtlichen Ansprüchen gegen einen der Elternteile
erschwert, sondern Konsequenz der Hilfebedürftigkeit in beiden Bedarfsgemeinschaften. Bei zutreffender Berücksichtigung dieser
rechtlichen Vorgaben durch die beteiligten Jobcenter stellt sich deshalb die vom SG diskutierte Frage der Pflicht des Klägers zur vorrangigen Realisierung eines Anspruchs auf Weitergabe der gewährten Regelleistung
gegen die Mutter nicht.
Nach den Feststellungen des SG sind von der Mutter an den Kläger auch tatsächlich keine Zahlungen wegen der Aufenthalte in der Bedarfsgemeinschaft mit dem
Vater erfolgt. Solche tatsächlichen Zahlungen wären allenfalls wie sonstige Zuwendungen von Dritten nach den Grundsätzen des
§ 9 Abs 1 iVm § 11 SGB II zu berücksichtigen. Da ihr Zufluss aber nicht festgestellt werden kann, scheidet ihre Berücksichtigung als Einkommen aus.
Das Kindergeld, das für den Kläger gewährt wird, ist in der zeitweisen Bedarfsgemeinschaft mit dem Vater, der nicht auch der
Kindergeldberechtigte ist, nicht als Einkommen des Kindes von dessen Bedarf abzusetzen (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 75/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 13 RdNr 20). Auch weiteres Einkommen fließt in der Bedarfsgemeinschaft mit dem Vater nach den Feststellungen
des SG nicht zu.
6. Die von dem Beklagten bereits bewilligten "Mehrbedarfe" dienten in Höhe von 40 Euro der Deckung des laufenden Lebensunterhalts,
wie sich aus der Bezeichnung als "Verpflegungspauschale" ergibt. Sie deckten den Anspruch auf Regelleistung des Klägers in
der Bedarfsgemeinschaft des Vaters in entsprechender Höhe monatlich ab. Der verbleibende Anspruch auf Regelleistung errechnet
sich für Oktober auf 29 Euro (207 Euro durch 30 Tage = 6,90 Euro pro Tag mal 10 abzüglich 40 Euro) und für November auf 1,40
Euro (6,90 Euro mal 6 abzüglich 40 Euro). Der Tenor des SG bedurfte entsprechender Klarstellung.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.