Rückerstattungsanspruch eines Landkreises als zugelassener kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für Leistungen
in Form von Selbstvermittlungsprämien und Ausbildungskostenzuschüssen
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Pflicht der Beklagten zur Rückerstattung der vom Kläger im Jahr 2006 zwecks Gewährung von
Selbstvermittlungsprämien und Ausbildungskostenzuschüssen bei der Beklagten zunächst abgerufenen, später aber unter Vorbehalt
zurückgezahlten Mittel in Höhe von insgesamt 164 554 Euro.
Der Kläger ist als sog Optionskommune nach § 6a SGB II iVm § 1 der Verordnung zur Zulassung von kommunalen Trägern als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 24.9.2004 (BGBl
I 2349) seit dem 1.1.2005 als Träger der Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II zugelassen.
Unter dem 6.1.2005 schlossen die Beteiligten eine "Verwaltungsvereinbarung über die vom Bund zu tragenden Aufwendungen des
zugelassenen kommunalen Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende". Diese Vereinbarung lautet auszugsweise:
"Präambel
[...]. Gegenstand der Verwaltungsvereinbarung sind Verfahrensregelungen hinsichtlich der vom Bund zu tragenden Aufwendungen.
Abschnitt 1
§ 1 Grundsatz
Der Landkreis ist verpflichtet
1. die Ordnungsmäßigkeit der Berechnung und Zahlung sowie den wirtschaftlichen und sparsamen Einsatz der vom Bund zu tragenden
Aufwendungen sicherzustellen,
2. dem BMWA auf Anforderung zeitnah Prüfungen zu ermöglichen, die eine Beurteilung ermöglichen, ob Aufwendungen nach Grund
und Höhe vom Bund zu tragen sind. Das BMWA verzichtet unter dieser Voraussetzung - unbeschadet der Prüfungsrechte des Bundesrechnungshofes
- grundsätzlich auf eine Prüfung von Einzelnachweisen für die vom Bund zu tragenden Aufwendungen.
§ 2 Leistungen zum Lebensunterhalt
(1) Der Bund ermöglicht dem Landkreis vorbehaltlich der Einreichung der erforderlichen Formanträge die Teilnahme am automatisierten
Verfahren für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen des Bundes (HKR-Verfahren). Durch dieses Verfahren ermächtigt der
Bund den Landkreis, Bundesmittel auf der Grundlage von § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II und unter Beachtung dieser Verwaltungsvereinbarung sowie der Verfahrensrichtlinien des Bundesministeriums der Finanzen für
Mittelverteiler/Titelverwalter zu bewirtschaften und beim Bund abzurufen. Das BMWA behält sich den Widerruf der Ermächtigung
vor, soweit der Landkreis diese Vereinbarung oder die Verfahrensrichtlinien nicht beachtet. [...].
§ 3 Leistungen zur Eingliederung in Arbeit sowie Verwaltungskosten
(1) Das BMWA legt nach § 46 Abs. 2 SGB II im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung die Maßstäbe für die regionale Verteilung der
Mittel für
1. die Verwaltungskosten für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende
2. die Eingliederung in Arbeit
fest. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsverordnung wird dem Landkreis jährlich ein Ermächtigungsrahmen eingeräumt. Der Ermächtigungsrahmen
kann schrittweise freigegeben werden. Der Landkreis stellt sicher, dass der freigegebene Ermächtigungsrahmen nicht überschritten
wird. [...].
(2) Die zugewiesenen Mittel sind von dem Landkreis so zu bewirtschaften, dass eine Bewilligung und Erbringung der einzelnen
Leistungen im gesamten Haushaltsjahr gewährleistet ist.
(3) Für das Verfahren der Geldversorgung ist § 2 Abs. 1 und 2 entsprechend anzuwenden, soweit die Besonderheiten der Leistungen
nicht entgegenstehen.
Abschnitt 2
Berichtspflichten und Finanzkontrolle [...]
§ 5 Finanzkontrolle
(1) Der Landkreis richtet ein Verwaltungs- und Kontrollsystem ein, das die Ordnungsmäßigkeit der Berechnung und Zahlung der
vom Bund hinsichtlich der besonderen Einrichtung des Landkreises nach § 6a Abs. 6 SGB II i.V.m. Art. 106 Abs. 8 zu tragenden Aufwendungen sicherstellt (§ 1 Satz 2), und überwacht sein einwandfreies Funktionieren. Um sowohl den Entwicklungsaufwand
für die Erarbeitung der Verwaltungs- und Kontrollsysteme zu reduzieren als auch um deren Einheitlichkeit und die Vergleichbarkeit
der Ergebnisse sicherzustellen, bietet das BMWA an, kurzfristig gemeinsam mit Vertretern aus Landkreisen und Städten ein einheitliches
Verwaltungs- und Kontrollsystem zu erarbeiten.
(2) Soweit sich bei der Prüfung durch das Kontrollsystem, bei der Schlussabrechnung oder bei einer Überprüfung nach § 1 Nr.
2 ergibt, dass Aufwendungen nicht vom Bund gemäß § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II zu tragen sind, sind Überzahlungen unverzüglich auf das vom BMWA angegebene Konto zu erstatten.
(3) Der Landkreis übermittelt dem BMWA jährlich zum 28. Februar des Jahres, erstmals im Jahr 2006,
1. eine auf Grundlage der monatlichen Anweisungsnachweise erstellte Schlussrechnung über die Ausgaben für Leistungen zum Lebensunterhalt
(§ 2) und Leistungen zur Eingliederung in Arbeit sowie Verwaltungskosten (§ 3) im Vorjahr;
2. eine Erklärung, dass die dem BMWA übermittelte Schlussrechnung und die durch die Anweisungen veranlasste Kostentragung
des Bundes gemäß § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II für die im Vorjahr angefallenen Aufwendungen des Landkreises ordnungsgemäß erfolgt ist sowie dass der Landkreis zur Sicherung
der Ordnungsmäßigkeit ein funktionierendes Verwaltungs- und Kontrollsystem aufweist. Für die Bescheinigung des Landkreises
ist das dieser Vereinbarung als Anlage beigefügte Muster zu verwenden;
3. eine kurze Darstellung des Verwaltungs- und Kontrollsystems sowie eine Übersicht über die Ergebnisse der im Vorjahr durchgeführten
Kontrollen.
(4) Die Aufsicht der zuständigen Landesbehörde und die Prüfungsrechte des Bundesrechnungshofs bleiben unberührt."
Im Laufe des Jahres 2006 gewährte der Kläger Leistungsberechtigten nach dem SGB II "Selbstvermittlungsprämien" in Höhe von 5900 Euro und Ausbildungskostenzuschüsse in Höhe von 158 654 Euro. Hierfür rief der
Kläger bei der Beklagten insgesamt 164 554 Euro im sog "Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen-Verfahren" (HKR-Verfahren)
ab.
Die Gewährung von Selbstvermittlungsprämien an Leistungsberechtigte war daran geknüpft, dass Leistungsberechtigte nach dem
SGB II sich eigenständig eine mit mindestens 700 Euro monatlich vergütete Beschäftigung suchten, kein Einstiegsgeld bezogen und
vor Aufnahme der Tätigkeit einen Antrag beim Kläger stellten. Abhängig von der dann folgenden Beschäftigungsdauer (vier Wochen,
sechs bzw zwölf Monate) zahlte der Kläger Selbstvermittlungsprämien in drei Raten zu 100 Euro, 500 Euro und 600 Euro, insgesamt
höchstens 1200 Euro an Leistungsberechtigte aus. Ein Leistungsausschluss bestand im Falle einer Einstellung durch ein Personalleasingunternehmen,
Verwandte ersten Grades sowie Ehepartner, über Dritte (private Arbeitsvermittler) sowie im Fall einer vorherigen Beschäftigung
beim einstellenden Unternehmen innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren.
Ausbildungskostenzuschüsse gewährte der Kläger an Ausbildende, die Leistungsberechtigte mit multiplen Vermittlungshemmnissen
im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses einstellten. Für die ersten zwölf Monate betrug der Zuschuss 300 Euro monatlich.
Auf die mit Schreiben vom 25.4.2007 vom Kläger vorgelegte Schlussrechnung betreffend die im Jahr 2006 zwecks Leistungserbringung
geleisteten Ausgaben lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 25.9.2008 die Übernahme der Kosten für Selbstvermittlungsprämien
und Ausbildungskostenzuschüsse ab und forderte den Kläger zur Erstattung der aus diesem Grund abgerufenen Mittel auf. Das
SGB II sehe für die Erbringung von Selbstvermittlungsprämien und Ausbildungskostenzuschüssen keine Rechtsgrundlage vor. Nach weiterem
Schriftwechsel zwischen den Beteiligten kündigte die Beklagte für den Fall der Säumigkeit des Klägers mit Schreiben vom 21.10.2008
an, unverzüglich finanzsichernde Maßnahmen zu ergreifen, etwa die Erhebung einer Leistungsklage oder die Aufrechnung mit Forderungen
des Klägers. Zu prüfen sei auch, ob der Kläger von der Teilnahme am HKR-Verfahren auszuschließen sei. Der Kläger beglich die
Forderung der Beklagten daraufhin am 11.11.2008 unter Vorbehalt und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht.
Die unter dem 18.11.2008 beim SG erhobene Klage auf Rückerstattung der gezahlten Summe ist erfolglos geblieben (Urteil vom 4.6.2009). Zur Begründung hat das
SG ausgeführt, dass dem Kläger gegenüber der Beklagten kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zustehe. Die Beklagte
habe die Zahlung des Klägers nicht ohne Rechtsgrund erhalten, da ihr nach § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung ein Anspruch
auf Erstattung der für Selbstvermittlungsprämien und Ausbildungskostenzuschüsse abgerufenen Mittel zustehe. Bei ihnen handele
es sich nicht um gesetzliche Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Auf die Berufung des Klägers hat das LSG (Urteil vom 3.5.2012) die angefochtene Entscheidung geändert und die Beklagte zur
Rückerstattung der vom Kläger gezahlten Summe nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
verurteilt. Dem Kläger stehe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch auf Rückzahlung der unter dem 11.11.2008 erbrachten
Zahlung bezüglich der Selbstvermittlungsprämien und der Ausbildungskostenzuschüsse gegen die Beklagte zur Seite, da die Beklagte
die Zahlung des Klägers ohne Rechtsgrund erlangt habe. Die Beklagte könne sich trotz der in verfassungsrechtlich zulässiger
Weise geschlossenen Verwaltungsvereinbarung zwischen den Beteiligten nicht auf deren § 5 Abs 2 berufen. Diese Vereinbarung
weise zwar materiellen Gehalt auf, denn Voraussetzung einer Erstattungspflicht hinsichtlich Überzahlungen sei, dass es sich
bei den vom Kläger gemachten Aufwendungen um solche der Grundsicherung iS des § 6b Abs 2 SGB II handele. Dies sei zu bejahen, da es nicht darauf ankomme, ob die gewährten Leistungen rechtmäßig oder rechtswidrig gewesen
seien. Die Selbstvermittlungsprämien seien rechtswidrig gewährt worden, da derartige Leistungen nicht mit den Leistungsgrundsätzen
der §§ 1, 3 SGB II vereinbar seien, wie das LSG Nordrhein-Westfalen und auch das SG Detmold bereits entschieden hätten. Ob die Gewährung der
Ausbildungskostenzuschüsse von der Experimentierklausel des § 6a Abs 1 SGB II gedeckt sei oder eine unzulässige Aufstockung der Leistungen nach § 16 Abs 1 SGB II darstelle, könne dahingestellt bleiben, denn auch im Falle einer rechtswidrigen Gewährung stehe der Beklagten kein Rechtsgrund
zum Behaltendürfen der Zahlung zu. Die Finanzierungslast des Bundes sei nicht allein auf rechtmäßige Aufwendungen beschränkt.
Hierfür spreche der Zusammenhang mit der Finanzierungsregelung in § 46 SGB II, die keine Beschränkung auf materiell rechtmäßige Leistungen vorsehe. Zu beachten sei auch, dass nach allgemeinen Verwaltungsrechtsgrundsätzen
bindend gewordene rechtswidrige Leistungsbewilligungen gesetzliche Leistungen iS des §
31 SGB I seien. Die vom Kläger gewährten Eingliederungsmaßnahmen seien offenkundig im Außenverhältnis mit bindender Wirkung bewilligt
worden. Auch aus Art
106 Abs
8 GG könne die Beklagte keinen Anspruch herleiten, da sich aus dem dort geregelten Aufwendungsausgleichsanspruch einer Kommune
gegenüber dem Bund nicht zugleich ergebe, dass die Kommune dem Bund im Falle einer gesetzwidrigen Aufwendung hafte. Aus Art
104a Abs
5 S 1 Halbs 2
GG ergebe sich eine über das Bund-/Länder-Verhältnis hinausgehende Haftungsregelung, die sinngemäß auf die vorliegende Konstellation
zu übertragen sei. Danach beschränke sich die Haftung des Klägers auf vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzungen.
Das Verhalten des Klägers erweise sich vor dem Hintergrund einer geläuterten Rechtsauffassung erst nachträglich als rechtswidrig.
Dies reiche für die Annahme einer Haftung im Sinne der Haftungskernrechtsprechung nicht aus. Dahingestellt bleiben könne,
ob die Auffassung zutreffe, ein Anspruch der Beklagten könne niemals bestehen, wenn er von vornherein Prüfungsrechte voraussetze,
die nach den grundgesetzlichen Verwaltungskompetenzen ausgeschlossen seien. Der Beklagten stehe auch kein öffentlich-rechtlicher
Erstattungsanspruch gegen den Kläger zu. Offen bleiben könne, ob ein solcher Anspruch bereits durch Art
104a Abs
5 GG im Rahmen des Art
106 Abs
8 GG gesperrt sei. Jedenfalls habe der Kläger die im HKRVerfahren abgerufenen Mittel aus den angeführten verfassungsrechtlichen
Erwägungen heraus mit Rechtsgrund erhalten. Eine Zweckverfehlung liege nicht vor, da es sich bei den streitigen Leistungen
um Eingliederungsleistungen nach §§ 14 ff SGB II unabhängig davon handele, ob im Hinblick auf § 16 SGB II eine rechtswidrige Leistungsgewährung erfolgt sei. Aus § 6b Abs 5 SGB II könne die Beklagte nichts für sich herleiten, da diese Bestimmung erst zum 1.1.2011 in Kraft getreten sei. Das LSG hat die
Revision zugelassen.
Mit ihrer Revision vom 26.9.2012 gegen das am 30.8.2012 zugestellte Urteil rügt die Beklagte eine Verletzung von Bundesrecht,
nämlich der § 6b Abs 2 S 1 SGB II, §
31 SGB I, Art
104a Abs
5 S 1, Art
106 Abs
8 GG sowie schließlich des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs. Das LSG verkenne, dass dem Kläger die im HKR-Verfahren
zugewiesenen Bundesmittel vermögensrechtlich nicht endgültig zugewiesen seien, sondern unter dem Vorbehalt der späteren Nachprüfung
gemäß § 1 der Verwaltungsvereinbarung stünden und lediglich von ihm bewirtschaftet würden. Insoweit sei es nicht die Beklagte,
der ein Rechtsgrund für das Behaltendürfen der an sie unter Vorbehalt zurückgezahlten Mittel zur Seite stehen müsse, sondern
dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen nach § 6b Abs 2 S 1 SGB II. Unerheblich sei, ob der Kläger Leistungen mit Bindungswirkung gegenüber Leistungsberechtigten bewilligt habe. Dieser Umstand
betreffe allein das Außenverhältnis, nicht hingegen das für die Finanzierungslast maßgebliche Innenverhältnis der Träger untereinander.
Die Bestimmungen der §§ 44 ff SGB X dienten dem Vertrauensschutz der Leistungsberechtigten, nicht dem der Bewilligungsbehörde. Die Finanzierungslast des Bundes
nach § 6b Abs 2 S 1 SGB II, die gegenüber der Regelung in § 46 SGB II eigenständig sei, beschränke sich auf materiell rechtmäßige Aufwendungen der zugelassenen kommunalen Träger. Aus dem Fehlen
einer ausdrücklichen Normierung eines Erstattungsanspruchs könne nicht gefolgert werden, dass sich die Finanzierungslast des
Bundes auch auf rechtswidrig gewährte Leistungen erstrecke. Dies folge auch aus §
31 SGB I. Die Finanzierungslast sei nicht entsprechend § 46 Abs 1 S 1 SGB II zu behandeln, da § 46 SGB II lediglich die Finanzierungszuständigkeit regele, nicht hingegen den Umfang der zu tragenden Aufwendungen. Aus dem Fehlen
direkter Aufsichtsbefugnisse der Beklagten gegenüber zugelassenen kommunalen Trägern könne ebenfalls nicht geschlossen werden,
dass die Finanzierungslast des Bundes auch rechtswidrig gewährte Leistungen umfasse bzw der Beklagten kein Erstattungsanspruch
zustehe. Zudem sprächen der Wortlaut des § 6b Abs 2 S 1 SGB II ("die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende"), Sinn und Zweck der Vorschrift wie auch der gesetzessystematische
Zusammenhang mit §
31 SGB I für eine Beschränkung der Finanzierungslast der Beklagten auf Aufwendungen der kommunalen Träger, die von Rechtsgrundlagen
im SGB II gedeckt seien. Die kommunalen Träger dürften hinsichtlich der Gesetzesanwendung nicht freier gestellt werden als die BA.
Dass die BA bei der Gewährung von Leistungen keine Erstattungspflicht treffe, sei sachlich gerechtfertigt, denn die Finanzbeziehung
der Beklagten zu dieser beruhe nicht - wie bei kommunalen Trägern - auf Art
106 Abs
8 GG. Zudem seien die Aufsichtsbefugnisse unterschiedlich ausgestaltet. Gegenüber den Kommunen stehe der Beklagten - anders als
gegenüber der BA gemäß § 47 SGB II - keine Weisungsbefugnis zu und somit auch keine unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit zwecks Beendigung rechtswidrigen Verhaltens.
Lediglich der Bundesrechnungshof sei zur Prüfung befugt. Dem Kläger stünde es frei, im SGB II nicht vorgesehene Leistungen zu erbringen. Eine Erstattung der Aufwendungen hierfür könne allerdings nicht verlangt werden,
denn der Beklagten solle durch § 6b SGB II nicht das finanzielle Risiko einer Falschanwendung des SGB II aufgebürdet werden. Anderenfalls könne der Kläger ohne jedes Risiko rechtswidrige Maßnahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende
zu Lasten der Beklagten beschließen. § 6b Abs 2 S 1 SGB II sei verfassungskonform im Lichte des Art
106 Abs
8 GG auszulegen. Art
104a Abs
5 GG komme als Haftungsgrundlage nicht in Betracht, da diese Vorschrift von der Zweistufigkeit der Finanzverfassung ausgehe.
Die Haftungskernrechtsprechung des BSG und des BVerwG sei auf den hier zu beurteilenden Fall nicht übertragbar. Es gehe nicht um die Haftung einer Optionskommune,
sondern um die Erstattungspflicht des Bundes. Das Urteil des LSG beruhe auf dieser fehlerhaften Gesetzesanwendung. Der Kläger
habe durch eine Vermögensverschiebung, dh eine Leistung der Beklagten zugunsten des Klägers durch Schaffung einer Möglichkeit
zum Mittelabruf, die von ihm im HKR-Verfahren tatsächlich abgerufenen Bundesmittel erlangt und so sein wirtschaftliches Vermögen
vermehrt. Dies sei ohne Rechtsgrund erfolgt, da § 6b Abs 2 S 1 SGB II keine pauschale Mittelbereitstellung vorsehe, die zum Zeitpunkt der Mittelbereitstellung noch keinem konkret Letztberechtigten
zugeordnet sei. Vielmehr folge § 6b SGB II dem Gedanken der Aufwendungserstattung. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 2 Abs 1 S 2 iVm § 3 Abs 3 der Verwaltungsvereinbarung. Die Auffassung der Beklagten werde durch § 7 iVm § 34 BHO bestätigt. Auf eine Entreicherung iS des §
818 Abs
3 BGB könne sich der Kläger als "öffentliche Hand" nicht berufen. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch werde auch nicht
durch Art
104a Abs
5 S 1
GG gesperrt, da sich ein Haftungsverhältnis im Sinne dieser Norm auf das Verhältnis Bund-Land beschränke.
Der Erstattungsanspruch der Beklagten folge zudem aus § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung. Dort seien Voraussetzungen als
auch die Rechtsfolge eines materiellen Anspruchs festgelegt. Dies folge bereits aus dem Wortlaut dieser Bestimmung. Dem stehe
auch die Anknüpfung an § 6b Abs 2 S 1 SGB II nicht entgegen, denn dort sei kein Erstattungsanspruch geregelt. Auch § 5 Abs 4 der Verwaltungsvereinbarung spreche nicht gegen die Existenz eines materiellen Anspruchs in § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung.
Der Anspruch aus § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung beschränke sich auch nicht auf die Erstattung der in § 16 Abs 2 S 2 Nr 1 bis 4, § 22 und § 23 Abs 3 SGB II genannten Leistungen. Die verfassungsrechtliche Unzulässigkeit von Prüfbefugnissen des Bundes lasse nicht auf das Fehlen
eines Erstattungsanspruches schließen.
Das LSG habe zumindest einen Rückforderungsanspruch aus Art
106 Abs
8 GG bejahen müssen. Diese Norm begründe einen verfassungsunmittelbaren Ausgleichsanspruch des Bundes für Überzahlungen gegenüber
den Optionskommunen als "umgekehrter Leistungsanspruch". Nur so könne die materielle Beschränkung der Ausgleichsbefugnis des
Bundes in Art
106 Abs
8 GG wirksam gewährleistet werden. Ein Verschulden aufseiten der Optionskommune als Anspruchsbeschränkung sehe dieser Anspruch
des Bundes nicht vor. Die Begrenzung der Haftung für rechtswidriges Verwaltungshandeln auf die Fälle vorsätzlicher oder grob
fahrlässiger Pflichtverletzungen sei nicht Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens, der auf den hier zu beurteilenden Fall
übertragbar wäre. Vielmehr beschränke sich dieser Kernbereich der Haftung auf die Fälle des Art
104a Abs
5 S 1 Halbs 2
GG und damit - der Rechtsprechung des BVerwG folgend - auf die Finanzbeziehungen gemäß Art
104a GG.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 3. Mai 2012 zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil
des Sozialgerichts Detmold vom 4. Juni 2009 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er trägt vor, dass die Rechtsauffassung der Beklagten den Kläger einem unangemessenen Risiko aussetze, mit seinen sonstigen
Haushaltsmitteln für ein der Leistungsgewährung immanentes Risiko einstehen zu müssen. Dem Kläger habe ein ursprünglicher,
mit dem Mittelabruf bei der Beklagten im HKR-Verfahren erfüllter Anspruch gegen die Beklagte aus § 6b Abs 2 S 1 SGB II auf Erstattung seiner Aufwendungen zugestanden. Die von ihm getätigten Aufwendungen seien der Aufgabenerfüllung nach dem
SGB II zuzuordnen, wenn sie auch vom LSG im Einzelnen als rechtswidrig eingestuft worden seien. Die Kostentragungslast der Beklagten
aus § 6b Abs 2 S 1 SGB II erfasse in Übereinstimmung mit Art
106 Abs
8 GG auch Aufwendungen für rechtswidrige Maßnahmen, soweit sie in einem unmittelbaren inneren und äußeren Zusammenhang mit der
Aufgabenerfüllung im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende stehe. § 6b Abs 2 S 1 SGB II sei aufgaben- und nicht maßnahmenbezogen auszulegen. Insoweit verbiete sich die Gleichsetzung von Aufgabenerfüllung nach
dem SGB II mit der rechtmäßigen Gewährung von Leistungen nach §§ 14 ff SGB II.
Zu beachten sei bei der Auslegung des Gesetzes auch die Experimentierklausel des § 6a Abs 1 SGB II. Aus deren Wortlaut sowie ihrem Sinn und Zweck folge, dass nicht nur verwaltungsorganisatorische Modelle im Wettbewerb stünden,
sondern auch die inhaltliche Arbeit der Grundsicherungsträger. In sich widersprüchlich sei, wie inhaltlich identische Eingliederungsmaßnahmen
in Wettbewerb zueinander treten sollten. Anderenfalls sei die Experimentierklausel funktionslos. Eine Weiterentwicklung sei
nur möglich, wenn ein Entwicklungsspielraum bestehe. Gerade die Leistungsberechtigten nach dem SGB II bedürften dem individuellen Bedarf angepasste Leistungen, die nicht in ein starres Schema gepresst werden könnten. Demgegenüber
seien die Leistungen nach dem
SGB III für Kurzzeitarbeitslose konzipiert. §
31 SGB I stehe der klägerischen Auslegung der Experimentierklausel nicht entgegen, denn zum einen stelle § 6a Abs 1 S 2 SGB II das Gesetz dar, welches experimentelle Eingliederungsleistungen zulasse. Dass einzelne Kommunen ein anderes Förderkonzept
entwickelten, sei also gesetzlich vorgesehen. Zum anderen setze sich die Rechtswirksamkeit einer Leistungsbewilligung unabhängig
von deren Rechtmäßigkeit gegenüber Leistungsempfängern im Innenverhältnis zwischen Aufgaben- und Ausgabenträger fort. Anderenfalls
werde eine Optionskommune dem Risiko ausgesetzt, der Beklagten Rückzahlungen leisten zu müssen, obwohl sie keine Möglichkeit
habe, die bewilligten Leistungen nach §§ 45, 48 SGB X zurückzufordern. Aus Art
20 Abs
3 GG und dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung folge nicht, dass ein rechtswidriges Handeln im Einzelfall auf Ebene
des Leistungsrechts nicht als Aufgabenerfüllung anzusehen wäre. Zwar könne sich daraus grundsätzlich auch ein Haftungsanspruch
ergeben. Dieser könne sich aber finanzverfassungsrechtlich nur nach Art
104a Abs
5 GG richten. Eine anderweitige Haftung für fehlerhaftes, vom Bund finanziertes Verwaltungshandeln sehe das
GG nicht vor. Daraus folge, dass entweder eine Haftung nur im Sinne des Haftungskerns bestehe oder überhaupt keine zwischen
dem Kläger und der Beklagten, sondern zwischen der Beklagten und dem Land Nordrhein-Westfalen. Art
106 Abs
8 GG dürfe nicht in einer Art und Weise ausgelegt werden, die in Widerspruch zu den Wertungen des Art
104a GG stünde. Aus der Verwaltungsvereinbarung folge ebenfalls kein Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Zahlung des Klägers,
da diese Vereinbarung keine Ansprüche begründe, sondern lediglich Verfahrensregelungen treffe. Die durch Einfügung des Art
91e GG und § 6b Abs 5 SGB II mit Wirkung zum 1.1.2011 geschaffene Rechtslage bestätige die Rechtsauffassung des Klägers.
Der von der Beklagten behauptete Rückforderungsanspruch trete zudem neben die normativ unberührt bleibende Aufsicht der zuständigen
Landesbehörde, die auch nicht lückenhaft, sondern umfassend sei. Die Rechtmäßigkeitsprüfung der Beklagten habe den Charakter
einer repressiven Aufsichtsmaßnahme. Dies entwerte die Aufsichtsbefugnisse des Landes nach § 47 Abs 2 SGB II. Der Kläger könne, träfe die Rechtsauffassung der Beklagten zu, seiner eigenen Rechts- und Fachaufsicht nicht mehr vertrauen,
sondern müsse sich der zusätzlichen faktischen Rechtsaufsicht der Beklagten unterwerfen. Hinzu komme, dass das BMAS es in
der Vergangenheit abgelehnt habe, einzelne Maßnahmen und Leistungen im Vorweg auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen und den
Optionskommunen eine verbindliche Rechtsauffassung mitzuteilen.
Die gewährten Ausbildungskostenzuschüsse seien rechtmäßig. Letztere hätten rechtmäßig nach § 16 Abs 2 SGB II aF bewilligt werden können. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift habe kein Vorrang-Nachrang-Verhältnis zu den Leistungen nach
§ 16 Abs 1 SGB II bestanden. Gegenüber den Ausbildungskostenzuschüssen nach §§ 235 ff
SGB III habe es sich um andere Leistungen im Sinne eines "aliud" gehandelt, da sie sich an einen anderen Personenkreis gerichtet
und daher keine Leistungen nach dem
SGB III aufgestockt hätten. Dementsprechend entfalteten die §§ 235 ff
SGB III keine Sperrwirkung gegenüber den vom Kläger geleisteten Ausbildungskostenzuschüssen.
Auch die gewährten Selbstvermittlungsprämien seien rechtmäßig. Die zum
SGB III entwickelten Grundsätze seien auf das SGB II nicht übertragbar. Das Alg II sei, anders als das Alg I, in seiner Höhe nicht von einer persönlichen Leistungserbringung
der Arbeitsuchenden abhängig. Dies eröffne einen Spielraum für zusätzliche Anreizsysteme, um die Eigeninitiative auf ein Maß
auszudehnen, welches über das Sanktionensystem des § 31 SGB II nicht erreicht werden könne. Die Beklagte verhalte sich zudem widersprüchlich, da sie in ihrer Arbeitshilfe zu sonstigen
weiteren Leistungen selbst "Prämien als Anreiz für selbstgesuchte Arbeit/betriebliche Ausbildung" genannt habe.
II
Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.
1. a) Das BSG ist als Revisionsgericht zur Entscheidung über den vorliegenden Rechtsstreit berufen. Eine erstinstanzliche Zuständigkeit
des BSG gemäß §
39 Abs
2 SGG ist hingegen nicht gegeben. Nach §
39 Abs
2 S 1
SGG wäre das BSG im ersten und letzten Rechtszug zur Entscheidung über Streitigkeiten nicht verfassungsrechtlicher Art zwischen dem Bund und
den Ländern in den in §
51 SGG genannten Angelegenheiten berufen. An diesen Voraussetzungen fehlt es hier.
Zwar sind die Kommunen - wie hier der klagende Landkreis - im nach dem
GG zweigegliederten Verfassungsstaat rechtlich den Bundesländern zuzuordnen (Siekmann in Sachs,
GG, 6. Aufl 2011, Vor Art 104a RdNr 1). Entscheidend für eine erstinstanzliche Zuständigkeit des BSG - wie auch für die entsprechenden Streitigkeiten gemäß §
50 VwGO vor dem BVerwG - ist jedoch die formale Beteiligtenstellung als Bundesland, was eine Beteiligtenstellung von Kommunen in
Streitigkeiten nach §
39 Abs
2 S 1
SGG ausschließt (vgl Bier in Schoch/Schneider/Bier,
VwGO, 24. Aufl 2012, §
50 RdNr 8). Klagt also eine Kommune einen ihr vermeintlich zustehenden Anspruch gegenüber dem Bund ein, sind hierfür die Sozialgerichte
sachlich und in erster Instanz zuständig (vgl §
8 SGG). So liegt es auch hier.
Die durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des SGB II und SGB XII vom 24.3.2011 (BGBl I 453) mit Wirkung vom 1.4.2011 in §
29 Abs
2 Nr
3 SGG eingefügte Zuweisung von Klagen in Angelegenheiten der Erstattung von Aufwendungen nach § 6b SGB II an die Landessozialgerichte, die in erster Instanz zu entscheiden haben, hat keinen Einfluss auf das hier geführte Verfahren.
Denn auf vor Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits anhängige Klagverfahren - der Anspruch des Klägers wurde am 18.11.2008
beim SG anhängig gemacht - wirkt sich eine Änderung der (instanziellen) Zuständigkeit gemäß dem Grundsatz der perpetuatio fori (vgl
§
98 SGG iVm §
17 Abs
1 S 1
GVG) nicht aus (Keller in MeyerLadewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl 2012, §
29 RdNr 4).
b) Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage iS des §
54 Abs
5 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Durchführung eines Vorverfahrens gemäß §§
77 ff
SGG bedurfte es nicht, da ein Verwaltungsakt iS des § 31 SGB X zwischen den Beteiligten nicht zu ergehen hatte (vgl hierzu Ossenbühl, NVwZ 1991, 513, 522) und nicht ergangen ist.
2. Die Revision ist indes nicht begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung von 164 554 Euro
zu. Dieser Anspruch folgt aus dem allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, denn der Beklagten steht ihrerseits
kein Anspruch auf Erstattung gegenüber dem Kläger zu. Zwar wäre ein solcher Erstattungsanspruch weder durch den in Art
104a Abs
5 GG normierten Haftungsanspruch noch durch andere Erstattungsregelungen ausgeschlossen. Es fehlt aber zum Teil an einem Rechtsgrund
für das Behaltendürfen der Zahlung des Klägers, zum Teil an einem vorwerfbaren Verhalten des Klägers.
a) Der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist ein aus den Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere
der nach dem Rechtsstaatsprinzip (Art
20 Abs
3 GG) gewährleisteten Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, abgeleitetes eigenständiges Rechtsinstitut des öffentlichen Rechts (stRspr,
vgl zB BVerwG Urteil vom 15.5.2008 - 5 C 25/07 - BVerwGE 131, 153; BSG Urteil vom 22.7.2004 - B 3 KR 21/03 R - BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2; BSG Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 23/07 R - BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2; BSG Urteil vom 27.8.2011 - B 4 AS 1/10 R - BSGE 109, 70 = SozR 4-4200 § 16 Nr 9; aus der Literatur zB Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl 2012, RdNr 1239). Mit ihm
soll eine dem materiellen Recht widersprechende Vermögensverschiebung wieder rückgängig gemacht werden können. Soweit eine
spezialgesetzliche Regelung - wie zB in dem mit Wirkung zum 1.1.2011 in § 6b Abs 5 SGB II eingefügten Erstattungsanspruch - nicht existiert, entsprechen die Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs
denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs (stRspr, vgl zB BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 98/10 R - BSGE 108, 116 = SozR 4-4200 § 16 Nr 7, RdNr 14; BVerwG Urteil vom 15.5.2008 - 5 C 25/07 - BVerwGE 131, 153 = juris RdNr 13 mwN; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl 2011, § 29 RdNr 21; Luik, jurisPR-SozR 6/2013, Anm 1).
Abweichungen von den zivilrechtlich anerkannten Grundsätzen sind für den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch nur dann
anzuerkennen und erforderlich, wenn und soweit dort eine andere Interessenbewertung geboten ist (BVerwG Urteil vom 15.5.2008
- 5 C 25/07 - BVerwGE 131, 153).
Der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt voraus, dass in einer als öffentlich-rechtlich einzustufenden
Rechtsbeziehung eine nicht mit der objektiven Rechtslage übereinstimmende Vermögensverschiebung stattgefunden hat und dem
Anspruchsgegner kein Rechtsgrund zur Seite steht, das aufgrund der Vermögensverschiebung Erlangte behalten zu dürfen. Kennzeichnend
für einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch ist nicht die Rechtswidrigkeit der Handlung, sondern die Rechtsgrundlosigkeit
der Vermögensverschiebung (Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl 2012, RdNr 1236; Ossenbühl, NVwZ 1991, 513, 515). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
Die zwischen den Beteiligten bestehende Rechtsbeziehung ist, da sie allein von Vorschriften des öffentlichen Rechts beherrscht
wird, dem öffentlichen Recht zuzuordnen (vgl allg Höfling, Der Landkreis 2011, 158, 159; Henneke, DÖV 2012, 165, 174). Das Vermögen der Beklagten ist auch im Sinne einer Vermögensverschiebung gemehrt worden. Die Beklagte hat durch die
unter Vorbehalt und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgte Zahlung des Klägers am 11.11.2008 etwas erlangt, nämlich
eine Gutschrift in Höhe desjenigen Betrages, welchen der Kläger ihr überwiesen hat. Dass der Kläger diesen Betrag zuvor selbst
im HKR-Verfahren abgebucht hat, steht dem nicht entgegen, denn rechtlich maßgeblich für die Betrachtung der Vermögensmehrung
ist der jeweils einzelne Zahlungs-/Buchungsvorgang. Die Gutschrift hat die Beklagte ohne Rechtsgrund erlangt. Diese Vermögensverschiebung
widersprach der objektiven Rechtslage. Die vom Kläger zunächst im HKR-Verfahren abgerufenen Mittel standen vermögensrechtlich
betrachtet dem Kläger zu, denn sie waren ihm seitens des Bundes nach § 6b Abs 2 S 1 SGB II (idF des Ersten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 22.12.2005, BGBl I 3675) bzw nach Art
106 Abs
8 GG zu gewähren.
b) Der Beklagten steht ihrerseits kein Anspruch auf Rückzahlung der im HKR-Verfahren abgerufenen Mittel gegenüber dem Kläger
zu.
aa) Für das hier maßgebliche Jahr 2006 kommt zunächst § 6b Abs 5 SGB II als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Diese Vorschrift stellt zwar eine besondere Kodifizierung des öffentlich-rechtlichen
Erstattungsanspruchs für das Haftungsverhältnis zwischen dem Bund und den Optionskommunen dar (BT-Drucks 17/1555 S 16; Schumacher
in Oestreicher, SGB II/XII, § 6b RdNr 5 [Stand: 10/2012]). Sie ist jedoch gemäß Art 3 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der
Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3.8.2010 (BGBl I 1112) erst zum 1.1.2011 in Kraft getreten und zeitigt
für den hier zu beurteilenden Fall keine Wirkungen.
bb) Ein Erstattungsanspruch der Beklagten folgt hier auch nicht aus §§ 102 ff SGB X, denn vorliegend geht es nicht etwa um das Erstattungsverhältnis mehrerer Sozialleistungsträger untereinander hinsichtlich
der Frage, wer letztlich gegenüber einem Leistungsberechtigten Sozialleistungen zu erbringen hat, sondern ausschließlich um
die (Re-)Finanzierung der erbrachten Sozialleistungen im Innenverhältnis (vgl BVerwG Urteil vom 15.5.2008 - 5 C 25/07 - BVerwGE 131, 153 = juris RdNr 15). Da die Optionskommunen als im sozialrechtlichen Außenverhältnis alleiniger Sozialleistungsträger nicht
nur für die sich aus § 6 Abs 1 S 1 Nr 2, sondern auch für die sich aus § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB II ergebenden Aufgaben zuständig sind (vgl § 6b Abs 1 SGB II) und lediglich die Finanzierung der Aufgaben nicht allein durch die Optionskommunen erfolgt, steht hier kein Konkurrenzverhältnis
zweier Sozialleistungsträger im Außenverhältnis infrage. Der Bund als die Optionskommunen (mit-)finanzierende Körperschaft
tritt nur in dieser Funktion in das Geschehen, nicht hingegen als Sozialleistungsträger iS des §
12 S 1
SGB I.
cc) Ein Zahlungsanspruch der Beklagten gegenüber dem Kläger folgt nicht aus § 5 Abs 2 der zwischen den Beteiligten geschlossenen
Verwaltungsvereinbarung. Offen bleiben kann insoweit, ob hinsichtlich der Ausgestaltung einer Finanzbeziehung nach Art
106 Abs
8 GG wie auch hinsichtlich einer eventuell bestehenden Ausgleichspflicht der Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung zwischen
den Beteiligten überhaupt zulässig ist (bejahend zB Maunz in Maunz/Dürig/Herzog,
GG, 68. Aufl 2013, Art
106 RdNr 101; Pieroth in Jarass/Pieroth,
GG, 12. Aufl 2012, Art
104a RdNr 9; wohl auch Heintzen in v Münch/Kunig,
GG Bd 2, 6. Aufl 2012, Art
106 RdNr 56; ablehnend Siekmann in Sachs,
GG, 6. Aufl 2011, Art
104a RdNr 49). Jedenfalls stellt § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung schon keine Anspruchsgrundlage materiellen Inhalts dar, auf welche sich die Beklagte stützen
könnte, um den Erhalt der Zahlung dauerhaft zu rechtfertigen. Der Vertragsbestimmung kommt lediglich der Charakter einer Verfahrensvorschrift
zu. Bereits der Wortlaut der Vorschrift legt nahe, dass eine Erstattung des Klägers gegenüber der Beklagten von der nach §
6b Abs 2 S 1 SGB II aF maßgeblichen Rechtslage und damit von einer korrekten vermögensrechtlichen Zuordnung der gewährten Mittel zum Bund abhängig
ist (vgl Henneke, Der Landkreis 2012, 553). Allein die verfahrensrechtlichen Modalitäten einer Erstattung (Zahlungszeitpunkt,
Konto) sind eigenständig in § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung geregelt. Dasselbe folgt aus einer systematischen Betrachtung
der Vorschrift. So weist die Präambel der Verwaltungsvereinbarung darauf hin, dass Gegenstand der Verwaltungsvereinbarung
"Verfahrensregelungen hinsichtlich der vom Bund zu tragenden Aufwendungen" sind. Dass gemäß § 5 Abs 4 die Prüfungsbefugnisse
des Landes sowie des Bundesrechnungshofes unberührt bleiben sollen, spricht bei systematischer Betrachtung des § 5 Abs 2 der
Verwaltungsvereinbarung ebenfalls gegen das Bestehen eines Erstattungsanspruchs aus § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung,
denn eine eigenständige Feststellung einer Überzahlung durch die Beklagte wäre eine unmittelbare Einflussnahme auf den Kläger
in seiner Funktion als Sozialleistungsträger und käme einer aus Sicht des Klägers zusätzlichen und nach dem Gesetz nicht vorgesehenen
Aufsicht des Bundes gegenüber dem Kläger gleich (LSG NordrheinWestfalen Urteil vom 19.4.2012 - L 6 AS 16/09 - juris RdNr 37 mwN).
dd) Ein Zahlungsanspruch der Beklagten ergibt sich - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch nicht unmittelbar aus Art
106 Abs
8 GG. Diese Norm stellt keine Rechtsgrundlage für die Rückforderung von den Optionskommunen bereitgestellten Mitteln zur Aufgabenwahrnehmung
nach dem SGB II dar. Es entspricht zwar der vorherrschenden Meinung in der Literatur, dass die nach § 6b Abs 2 SGB II erfolgende Tragung der Aufwendungen aufgrund des verfassungsrechtlich prinzipiell bestehenden Verbots von Finanzbeziehungen
zwischen dem Bund und Gemeinden bzw Gemeindeverbänden bis zum 31.12.2010 allein auf Grundlage des Art
106 Abs
8 GG vonstattengehen konnte. Aus der ausnahmsweisen Zulässigkeit einer direkten Finanzbeziehung zwischen den Beteiligten ist jedoch
nicht auch der Schluss zu ziehen, die eine Finanzierung erlaubende Norm beinhalte zugleich eine Rechtsgrundlage für einen
(öffentlich-rechtlichen) Erstattungsanspruch oder gar eine Haftungsnorm. Derartiges lässt sich weder dem Wortlaut der Norm,
der Systematik des Gesetzes noch dem Sinn und Zweck der Vorschrift entnehmen. Art
106 Abs
8 GG schafft seinem Wortlaut sowie seinem Sinn und Zweck nach einen Anspruch auf Ausgleich von Sonderbelastungen der Kommunen
bzw Kommunalverbänden. Eine Rückabwicklung des Sonderbelastungsausgleichs ist - anders als dies explizit in Art
104a Abs
5 S 1
GG für die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern und nun auch in Art
91e GG iVm einem Ausführungsgesetz vorgesehen ist - nicht normiert worden. Gerade diese Nichtnormierung eines Erstattungs- oder
Haftungsanspruchs lässt auf ein beredtes Schweigen des Verfassungsgebers im Rahmen des Art
106 Abs
8 GG schließen. Hiermit unvereinbar ist es, wenn man Art
106 Abs
8 GG - wie es die Beklagte vorträgt - zugleich eine Haftungsregelung als Korrelat der Finanzierungsbefugnis entnehmen möchte.
ee) In Betracht kommt lediglich ein Anspruch auf Zahlung aufgrund eines daneben anwendbaren allgemeinen öffentlich-rechtlichen
Erstattungsanspruchs. Doch auch ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch steht der Beklagten im Ergebnis nicht als Rechtsgrund
gegenüber dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch zur Seite.
(1) Die Anwendbarkeit der Grundsätze des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs im hier zu beurteilenden Fall ist nicht
etwa deswegen ausgeschlossen, weil sich eine zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehende Haftungsbeziehung ausschließlich
nach Art
104a Abs
5 S 1
GG richtete. Die durch das Finanzreformgesetz vom 12.5.1969 (BGBl I 359) in das
GG eingefügte Bestimmung des Art
104a Abs
5 S 1
GG stellt zwar eine unmittelbar geltende sondergesetzliche Anspruchsgrundlage für den Ersatz von Vermögensschäden dar, die durch
fehlerhaftes Verwaltungshandeln entstanden sind (BVerfG Urteil vom 17.10.2006 - 2 BvG 1/04, 2 BvG 2/04 - BVerfGE 116, 271, 318 = juris RdNr 121 ff; BVerwG Urteil vom 18.5.1994 - 11 A 1/92 - BVerwGE 96, 45; BVerwG Urteil vom 30.11.1995 - 7 C 56/93 - BVerwGE 100, 56; Siekmann in Sachs,
GG, 6. Aufl 2011, Art
104a RdNr 47; Maunz in Maunz/Dürig/Herzog,
GG, Art
104a RdNr 68; Prokisch in Bonner Kommentar zum
GG, Art
104a RdNr 317 ff [Stand: 5/2003]; Pieroth in Jarass/Pieroth,
GG, 12. Aufl 2012, Art
104a RdNr
11), ohne dass es eines Ausführungsgesetzes nach Art
104a Abs
5 S 2
GG bedürfte. Sie verdrängt andere Haftungs- und Erstattungsgrundlagen indes nur im Rahmen ihres eigenen Anwendungsbereichs.
Dies steht in Einklang mit der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG. Dieser hat klargestellt, dass die Anwendung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs im Falle des Vorliegens eines
Haftungsverhältnisses iS des Art
104a Abs
5 S 1
GG nicht in Betracht kommt (BSG Urteil vom 15.12.2009 - B 1 AS 1/08 KL - BSGE 105, 100 = SozR 4-1100 Art 104a Nr 1 = juris RdNr 59).
Das Haftungsverhältnis iS des Art
104a Abs
5 S 1
GG ist - auch mangels eines Ausführungsgesetzes gemäß Art
104a Abs
5 S 2
GG - auf eine Haftung zwischen Bund und Ländern beschränkt. Auf eine Haftung zwischen Bund und Kommunen bzw ihren Verbänden
ist Art
104a Abs
5 S 1
GG dementsprechend nicht unmittelbar anwendbar (Henneke in SchmidtBleibtreu/Hofmann/Hopfauf,
GG, 12. Aufl 2011, Art
104a RdNr 42; Hellermann in v Mangoldt/Klein/Starck,
GG Bd 3, 6. Aufl 2010, Art
104a RdNr 169, 171; Prokisch in Bonner Kommentar zum
GG, Art
104a RdNr 323 f, 349 [Stand: 5/2003]; vgl auch Maunz in Maunz/Dürig/Herzog,
GG, Art
104a RdNr 72; Heintzen in v Münch/Kunig,
GG Bd 2, 6. Aufl 2012, Art
104a RdNr 55; Höfling, Der Landkreis 2011, 158, 163). Dem
GG ist nicht zu entnehmen, dass die Haftung nach Art
104a Abs
5 GG als im Rahmen der Finanzverfassung vollständig abschließende Regelung der Erstattungs- und Haftungsbeziehungen zu verstehen
ist (vgl BVerwG Urteil vom 15.5.2008 - 5 C 25/07 - BVerwGE 131, 153). Sie bezieht sich lediglich auf die in den vorstehenden Absätzen des Art
104a GG umschriebenen Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Ländern (BVerwG Urteil vom 27.3.1980 - IV A 1.77 - juris RdNr 19; aA Hellermann in v Mangoldt/Klein/Starck,
GG Bd 3, 6. Aufl 2010, Art
104a RdNr 171).
In der hier vorliegenden und durch die Beteiligung anderer als allein des Bundes und eines Landes gekennzeichneten Erstattungsbeziehung
bleibt mangels eines Ausführungsgesetzes nach Art
104a Abs
5 S 2
GG Raum für die grundsätzliche Anwendung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs. Eine Finanzbeziehung iS des Art
104a GG liegt zwischen den Beteiligten nicht vor, denn die Finanzierung der Optionskommunen als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende
richtete sich bis zum 31.12.2010 allein nach Art
106 Abs
8 GG (Henneke, Der Landkreis 2011, 55, 63). Diese Norm stellt eine Durchbrechung der in Art
104a GG vorgesehenen Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern dar (Hidien in Bonner Kommentar zum
GG, Art
106 RdNr 1200 [Stand: 11/2002]). Dass der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch in Fallgestaltungen wie der vorliegenden
weiter anwendbar bleibt, wird bestätigt durch die Gesetzgebungsmaterialien zum Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation
der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3.8.2010 (BGBl I 1112), wenn dort die Einfügung des § 6b Abs 5 SGB II als eine klarstellende gesetzliche Verankerung des allgemein gewohnheitsrechtlich anerkannten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs
zwischen dem Bund und Kommunen bzw Kommunalverbänden angesehen wird (BT-Drucks 17/1555 S 16).
(2) Der Kläger hat die von ihm zunächst abgerufenen Mittel mit Rechtsgrund erhalten, denn sie waren ihm vermögensrechtlich
endgültig zugeordnet. Die Zuordnung der im HKR-Verfahren bereitgestellten Mittel richtet sich nach der rechtlichen Grundlage
der Finanzierung der Aufgaben der Optionskommunen. Die Finanzierung der Aufgabenwahrnehmung der Optionskommunen findet seine
Rechtsgrundlage finanzverfassungsrechtlich in Art
106 Abs
8 GG, einfachgesetzlich in § 6b Abs 2 S 1 SGB II aF.
Systematisch betrachtet behandelt § 6b Abs 2 S 1 SGB II aF die Kostentragung, nicht hingegen Erstattungsfragen. Dass Erstattungsforderungen "umgekehrte Leistungsansprüche" darstellen,
führt nicht automatisch dazu, in eine Kostentragungsregelung eine Erstattungsregelung hineinlesen zu können. Tatbestandliche
Voraussetzung des § 6b Abs 2 S 1 SGB II aF ist, dass die Aufwendungen solche der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind. Dieser Begriff ist aufgaben- und nicht maßnahmebezogen
auszulegen.
(3) Aus der Verfassung ergibt sich keine andere Auslegung des § 6b Abs 2 S 1 SGB II aF. Die Voraussetzungen des Art
106 Abs
8 GG für eine Leistung an den Kläger lagen vor. Veranlasst der Bund in einzelnen Ländern oder Gemeinden besondere Einrichtungen,
die diesen Ländern oder Gemeinden unmittelbar Mehrausgaben oder Mindereinnahmen (Sonderbelastungen) verursachen, gewährt der
Bund gemäß Art
106 Abs
8 GG den erforderlichen Ausgleich, wenn und soweit den Ländern oder Gemeinden nicht zugemutet werden kann, die Sonderbelastungen
zu tragen. Entschädigungsleistungen Dritter und finanzielle Vorteile, die diesen Ländern oder Gemeinden als Folge der Einrichtungen
erwachsen, werden bei dem Ausgleich berücksichtigt. Gerade die Finanzierung der Optionskommunen iS des § 6a SGB II wurde als ein Anwendungsfall der verfassungsrechtlich zulässigen Finanzbeziehung zwischen dem Bund und den Kommunen bzw ihren
Verbänden angesehen (vgl Hermes in Dreier,
GG, 2. Aufl Supplementum 2010, Art
91e RdNr 52; Heintzen in v Münch/Kunig,
GG Bd 2, 6. Aufl 2012, Art
106 RdNr 57; D. Oppermann, DVBl 2005, 1008, 1012; Korioth, DVBl 2008, 812, 819; Henneke, Der Landkreis 2011, 55, 63; ders, Der Landkreis 2012, 553). Die Vorschrift gewährt einen verfassungsrechtlich
abgesicherten, vor den Verwaltungsgerichten einklagbaren Anspruch, der von den Kommunen unmittelbar gegenüber dem Bund geltend
gemacht werden kann (Schwarz in v Mangoldt/Klein/Starck,
GG Bd 3, 6. Aufl 2010, Art
106 RdNr 147; Maunz in Maunz/Dürig/Herzog,
GG, Art
106 RdNr 108; Heintzen in v Münch/Kunig,
GG Bd 2, 6. Aufl 2012, Art
106 RdNr 55; Meis, Verfassungsrechtliche Beziehungen zwischen Bund und Gemeinden, 1989, S 106 ff; Henneke, DÖV 2012, 165, 173).
Die nach Art
106 Abs
8 GG zu gewährenden Mittel sind aber nach ihrer Auskehrung haushaltstechnisch den Ländern bzw den Kommunen zuzuordnen (Schwarz,
DVBl 2011, 135, 137 f; Höfling, Der Landkreis 2011, 158, 161 f), denn die Optionskommunen nehmen die Aufgaben nach dem SGB II als eigene Aufgaben wahr. Zwar trifft es zu, dass die für diese Aufgabenwahrnehmung bereitgestellten Mittel ihrer Herkunft
nach solche des Bundes sind. Im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung durch die Optionskommune liegt es aber nicht so, dass der Kläger
Bundesmittel "bewirtschaften" würde (Höfling, Der Landkreis 2011, 158, 161 f). Das HKR-Verfahren stellt insoweit einen rein
technischen Umsetzungsakt dar. Trotz der Finanzierung durch den Bund bleibt es bei der Verwaltungskompetenz der Gemeinden.
Dies hat - entgegen anderweitiger Inhalte der zwischen den Beteiligten geschlossenen Verwaltungsvereinbarung - auch die Beklagte
zu beachten.
Der Beklagten ist in ihrer Auslegung des Begriffs "erforderlicher Ausgleich" nicht zu folgen. Insbesondere ist das Merkmal
der Erforderlichkeit nicht in dem Sinn zu verstehen, dass ein Ausgleich für die Sonderbelastung gemäß Art
106 Abs
8 GG nur dann zu gewähren wäre, wenn sich der Empfänger des Sonderbelastungsausgleichs - hier also die klagende Optionskommune
- objektiv gesetzeskonform verhält und gänzlich fehlerfrei Leistungen nach dem SGB II gegenüber Leistungsberechtigten bewilligt und auszahlt. Dem auf der Rechtsfolgenseite der Norm angesiedelten und die Rechtsfolge
begrenzenden Tatbestandsmerkmal der "Erforderlichkeit" kommt nach vorherrschender Auffassung (vgl Hidien in Bonner Kommentar
zum
GG, Art
106 RdNr 1262 [Stand: 11/2002]; Maunz in Maunz/Dürig/Herzog,
GG, Art
106 RdNr 109; Schwarz in v Mangoldt/Klein/Starck,
GG Bd 3, 6. Aufl 2010, Art
106 RdNr 154, 156; Meis, Verfassungsrechtliche Beziehungen zwischen Bund und Gemeinden, 1989, S 121) gegenüber dem Unzumutbarkeitskriterium
keine eigenständige Bedeutung zu, sondern wird durch das Tatbestandsmerkmal der Unzumutbarkeit definiert. Erforderlich ist
ein Ausgleich iS des Art
106 Abs
8 GG immer dann, wenn die Belastung der Kommune anderenfalls unzumutbar wäre (Maunz in Maunz/Dürig/Herzog,
GG, Art
106 RdNr 109). Die Unzumutbarkeit ist nach Billigkeitsgesichtspunkten festzustellen. Dabei ist insbesondere die Finanzkraft einer
Gemeinde in den Blick zu nehmen (vgl Maunz in Maunz/Dürig/Herzog,
GG, Art
106 RdNr 107; Bleckmann, DVBl 1970, 920). Handelt es sich bei der auf eine Gemeinde zukommenden Belastung nicht um eine bloße Bagatelle, ist die Sonderbelastung
als unzumutbar anzusehen. Bei den mit der Gewährung von Leistungen nach dem SGB II verbundenen Belastungen einer Kommune handelt es sich aufgrund ihres finanziellen Volumens offenkundig nicht um eine Bagatelle.
(4) Rechtliche Grundlage für die Gewährung von nicht ausdrücklich im SGB II selbst geregelten Eingliederungsmaßnahmen ist hier § 16 Abs 2 S 1 SGB II aF (idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954; nun: § 16f Abs 1 SGB II). Danach konnten über die in § 16 Abs 1 SGB II aF genannten Leistungen des
SGB III hinaus weitere Leistungen erbracht werden, die für die Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen erforderlich waren.
Der Wortlaut des § 16 Abs 2 S 1 SGB II aF ließ - ähnlich wie die freie Förderung gemäß § 10
SGB III aF - die Möglichkeit offen, alternative Modelle der Eingliederung von Leistungsberechtigten zu erproben. Die Anwendung der
Norm stand sowohl den Optionskommunen als auch den Agenturen für Arbeit offen. In diesem Sinne ergab sich im streitgegenständlichen
Zeitraum ein gesetzlich vorgesehenes "Leistungserfindungsrecht" sowohl der Agenturen für Arbeit als auch der Optionskommunen.
Der sog "Experimentierklausel" des § 6a SGB II kommt dabei keine eigenständige rechtliche Bedeutung zu.
Sowohl für die Arbeitsagenturen als auch die Optionskommunen galt jedoch, dass sich die zu gewährenden Leistungen im Rahmen
der dem SGB II zugrunde liegenden Prinzipien halten mussten. Dabei waren die Aufgaben und Ziele des SGB II zu berücksichtigen. Die Aufgaben und Ziele des SGB II ergeben sich aus dessen § 1 (Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16 RdNr 31 [Stand: 6/2007]; Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2005, § 16 RdNr 175). Darüber hinaus zu beachten sind die in §§ 2, 3 SGB II niedergelegten Grundsätze (BSG Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 3/05 R - SozR 4-4200 § 16 Nr 1 = juris RdNr 27; Harks in Schlegel/Voelzke/Radüge, jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 16 RdNr 70). Die hinsichtlich der Eingliederungsleistungen nach § 16 Abs 2 S 1 SGB II aF in das Ermessen der Verwaltung gestellte Leistungsgewährung nach dem SGB II muss gemäß § 3 Abs 1 S 1 SGB II aF allgemein der Vermeidung oder Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit, soweit erforderlich, dienen.
§ 16 Abs 2 S 2 SGB II aF stand der Gewährung nicht ausdrücklich im SGB II selbst geregelter Leistungen nicht entgegen, da die Vorschrift lediglich vom kommunalen Träger zu gewährende Leistung als
Regelbeispiele ohne abschließenden Charakter nannte. Auch wenn eine ausdrückliche Normierung des sog "Aufstockungsverbots"
bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende (vom 20.7.2006, BGBl I 1706;
heute: § 16f Abs 2 S 3 SGB II) nicht in § 16 Abs 2 S 1 SGB II aF erfolgte, ergab sich dessen Geltung indes aus dem Regelungszusammenhang, um eine Verwerfung mit dem Regelungsgefüge des
SGB III zu vermeiden. Zudem hätte ein Widerspruch zum Zweck des § 16 Abs 2 S 1 SGB II aF bestanden, ergänzende und innovative Unterstützungsleistungen bereitzustellen (Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16 RdNr 31 [Stand: 6/2007]). Die nachträgliche Normierung des Aufstockungsverbotes im SGB II hatte insoweit lediglich klarstellenden Charakter (BSG Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 3/05 R - SozR 4-4200 § 16 Nr 1 = juris RdNr 18).
(5) Unter Berücksichtigung des Vorgenannten bewegt sich die Gewährung der vom Kläger aufgelegten Maßnahme "Ausbildungskostenzuschuss"
im Rahmen der dem SGB II zugrunde liegenden Ziele, Zwecke und Prinzipien. Hierbei ist zu beachten, dass der Gesetzgeber selbst durch das Fünfte Gesetz
zur Änderung des
Dritten Buches Sozialgesetzbuch - Verbesserung der Ausbildungschancen förderungsbedürftiger junger Menschen vom 26.8.2008 (BGBl I 1728) mit Wirkung vom 30.8.2008
durch § 421r
SGB III einen Ausbildungsbonus an Arbeitgeber bzw Ausbildende eingeführt hat, wenngleich diese Norm nicht in den Katalog der nach
§ 16 Abs 1 SGB II leistbaren Förderungen aufgenommen, sondern selbst nach Einführung weiterer Fördermöglichkeiten in das
SGB III (insbesondere § 421t Abs
4 bis Abs
6 SGB III), auf die § 16 Abs 1 SGB II aF verwies, ausgenommen blieb. Die aus § 421r
SGB III folgenden Leistungen wurden von den Agenturen für Arbeit indes auch zugunsten von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten im
Sinne des SGB II erbracht. Eine explizite Aufnahme in den Leistungskatalog des § 16 Abs 1 SGB II erübrigte sich damit (vgl Voelzke in Hauck/Noftz,
SGB III, K § 421r RdNr 14 [Stand: 3/2010]; Leopold in BeckOK-Sozialrecht,
SGB III, § 421r RdNr 4 [Stand: 3/2012]). Für die Rechtmäßigkeit der vom Kläger gewährten Ausbildungskostenzuschüsse spricht zudem,
dass § 16 Abs 1 SGB II aF durch den dort enthaltenen Verweis auf das Fünfte Kapitel des
SGB III eine Förderung nach § 235a
SGB III aF zuließ, der ebenfalls eine Ausbildungsförderungsleistung an Menschen mit Behinderungen vorsah. Die vom Kläger vorgesehenen
Leistungen waren zwecks Vermeidung oder Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich iS des
§ 3 Abs 1 SGB II. Mit Blick auf § 235a
SGB III liegt keine nach dem SGB II verbotene Aufstockung anderer Leistungen vor, da sich die Leistungen an einen anderen Personenkreis richteten und somit ein
"aliud" ihnen gegenüber darstellten. Die Leistung nach § 235a
SGB III aF sollte Menschen mit Behinderungen begünstigen, die vom Kläger gewährten Ausbildungskostenzuschüsse dagegen Leistungsberechtigte
"mit multiplen Vermittlungshemmnissen". Hierzu gehören nicht nur Behinderungen iS des §
2 Abs
2 SGB IX, sondern auch eine Vielzahl anderer Faktoren, die einer möglichst zügigen Eingliederung in den Arbeitsmarkt entgegenstehen.
(6) Anders als die Ausbildungskostenzuschüsse entspricht die Gewährung von sog Selbstvermittlungsprämien nicht den dem SGB II zugrunde liegenden Prinzipien, insbesondere nicht den Leistungsgrundsätzen in §§ 2, 3 SGB II. Gemäß § 2 Abs 2 S 2 SGB II müssen erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihre Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts für sich und die mit ihnen
in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen einsetzen. Damit unvereinbar ist die Gewährung einer Selbstvermittlungsprämie, da
sie hauptsächlich darauf abzielt, einen zusätzlichen Anreiz dafür zu schaffen, den ohnehin von § 2 SGB II vorgegebenen Obliegenheiten zur Entfaltung einer Eigeninitiative nachzukommen. Wie bereits das SG zutreffend erkannt hat, fehlt es zudem an einer Erforderlichkeit dieser Leistung zur Eingliederung von Leistungsberechtigten
in das Erwerbsleben iS des § 3 SGB II aF, da es diesen ohnehin bereits nach dem Gesetz obliegt, sich eigenständig um eine Beschäftigungsmöglichkeit zu bemühen
(so auch LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 2.2.2011 - L 12 AS 1104/10 - juris RdNr 43; nicht problematisiert in SG Karlsruhe Urteil vom 27.9.2006 - S 6 AS 3333/06 - juris). Diese Obliegenheit sichert das Gesetz zusätzlich über §§ 10, 31 ff SGB II ab. Eines darüber hinausgehenden weiteren "Anreizes" bedarf es nicht. Als eine besondere Form der Mobilitätshilfe zwecks
Anbahnung oder Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses kann die Selbstvermittlungsprämie nicht verstanden werden, da sie
lediglich im Erfolgsfalle gewährt wird, nicht auch unabhängig davon, ob es zum Abschluss eines Arbeitsverhältnisses kommt.
(7) Selbst wenn aber die Gewährung einer Selbstvermittlungsprämie nicht den Zielen und Zwecken des SGB II entspricht, führt der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch hier nicht zu einem teilweisen Erfolg der Revision. Der öffentlich-rechtliche
Erstattungsanspruch im Verhältnis des Bundes zu einem Land greift nicht bereits bei jeglicher fahrlässigen Falschanwendung
des Gesetzes ein, sondern lediglich bei grob fahrlässigem oder gar vorsätzlichem Fehlverhalten (vgl Maunz in Maunz/Dürig/Herzog,
GG, Art
104a RdNr 72). Hiervon kann nicht ausgegangen werden, wenn sich die fehlerhafte Anwendung des Rechts bei der Leistungsgewährung
erst nachträglich aufgrund einer geläuterten Rechtsauffassung ergibt. Dieser Haftungseinschränkung, die mit den Grundsätzen
der Haftungskernrechtsprechung sowohl des BSG als auch des BVerwG übereinstimmt und Art
104a Abs
5 S 1
GG entlehnt ist, bedarf es, weil anderenfalls in der - nun erst durch Art
91e GG "legalisierten" - direkten Finanzbeziehung zwischen Bund und Kommune eine weitergehende Haftung bestünde als in der finanzverfassungsrechtlich
prinzipiell allein vorgesehenen Haftungsbeziehung zwischen Bund und Ländern. Dem Bundesland, in welchem sich die jeweilige
Optionskommune befindet, stünde es nach der Finanzverfassung frei, den einer ihm angehörigen Kommune entstehenden vermögensrechtlichen
Schaden im Wege der Drittschadensliquidation gegenüber dem Bund geltend zu machen (Pieroth in Jarass/Pieroth,
GG, 12. Aufl 2012, Art
104a RdNr
11). In diesem Fall richtete sich die Haftungsbeziehung allein nach Art
104a Abs
5 S 1
GG. Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch käme daneben nicht zur Anwendung (BSG Urteil vom 15.12.2009 - B 1 AS 1/08 KL - BSGE 105, 100 = SozR 4-1100 Art 104a Nr 1, RdNr 59-60). Die Nichteinschaltung des jeweiligen Bundeslandes, in welchem sich die an einem
Haftungsverhältnis beteiligte Kommune befindet, in das Streitverhältnis kann nicht eine erleichterte, weil verschuldensunabhängige
Haftung einer Kommune zur Folge haben. Insoweit ist eine erstattungs- wie auch haftungsrechtliche Gleichstellung geboten.
Dem LSG ist darin zuzustimmen, dass die Gewährung der von der Beklagten beanstandeten Leistung "Selbstvermittlungsprämie"
sich im streitgegenständlichen Jahr 2006 nicht als grob fahrlässig oder vorsätzlich dargestellt hat. Dies ist insbesondere
vor dem Hintergrund anzunehmen, dass die Rechtswidrigkeit der Selbstvermittlungsprämien erst zu einem späteren Zeitpunkt durch
die Rechtsprechung festgestellt wurde. Das SG Karlsruhe (Urteil vom 27.9.2006 - S 6 AS 3333/06 - juris) und das Hessische LSG (Urteil vom 14.2.2001 - L 6 AL 926/00 - juris) hatten die Rechtmäßigkeit dieser Leistung zur Eingliederung nicht vor dem Hintergrund der Ziele, Zwecke und Prinzipien
des SGB II bzw
SGB III problematisiert. Beide Gerichte haben diese Leistung zugesprochen. Im Bereich der freien Förderung nach § 10
SGB III aF hat sich erstmalig das LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 23.1.2007 - L 7 AL 524/03 - nicht veröffentlicht) positioniert, als es die Rechtswidrigkeit einer Selbstvermittlungsprämie für den Bereich der Arbeitsförderung
nach dem
SGB III angenommen hat. Für den Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende hat - soweit erkennbar - erstmalig das SG die Rechtswidrigkeit bejaht, eine obergerichtliche Entscheidung findet sich erst im Jahr 2011 (LSG Nordrhein-Westfalen Urteil
vom 2.2.2011 - L 12 AS 1104/10 - juris RdNr 43). Andere Judikate sind - soweit ersichtlich - nicht vorhanden. Zwar sind Gerichtsentscheidungen Erkenntnisakte,
wie das Recht von Anfang an zu verstehen war. Bei der Frage, ob sich ein Beteiligter schuldhaft verhalten hat, ist die Frage
der Klärung einer Rechtsfrage durch die Rechtsprechung aber ein zu beachtender Gesichtspunkt. Zu berücksichtigen ist hier
zudem, dass die BA die Gewährung von Selbstvermittlungsprämien gegenüber den ihr nachgeordneten Agenturen für Arbeit in der
"Arbeitshilfe SWL" selbst als Beispiel für eine geeignete Maßnahme vorgeschlagen hatte. Vor diesem Hintergrund kann dem Kläger
nicht vorgeworfen werden, dass er grob fahrlässig oder gar vorsätzlich rechtswidrig gehandelt habe.
Insoweit kommt es hier im Weiteren auch nicht darauf an, ob der Kläger die in ihrer Rechtmäßigkeit von der Beklagten bestrittenen
Leistungen mit bindender Wirkung gegenüber Leistungsberechtigten bewilligt und ausgezahlt hat und ob hier ein "Vertrauensschutz"
des Klägers in sein Handeln anzuerkennen ist. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob sich der Kläger als Träger öffentlicher
Gewalt auf eine Entreicherung iS des §
818 Abs
3 BGB analog, wie dies in der Rechtsprechung (s zB BVerwG Urteil vom 17.9.1970 - II C 48.68 - BVerwGE 36, 108, 113 f; BVerwG Urteil vom 15.5.2008 - 5 C 25/07 - BVerwGE 131, 153 = juris RdNr 30) sowie im Schrifttum (s zB Gurlit in Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl 2010, § 35 RdNr
27; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl 2011, § 29 RdNr 26; Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl
2012, RdNr 1251) ganz überwiegend abgelehnt wird, berufen kann.
Dem Kläger stehen im Rahmen des hier streitgegenständlichen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs, der nicht das Sozialleistungsverhältnis,
sondern allein die (Re-)Finanzierung der Leistungen im Innenverhältnis betrifft (vgl BSG Urteil vom 15.12.2009 - B 1 AS 1/08 KL - BSGE 105, 100 = SozR 4-1100 Art 104a Nr 1 = juris RdNr 57 f; BVerwG Urteil vom 24.7.2008 - 7 A 2/07 - NVwZ 2009, 599), auch die bereits vom LSG zuerkannten Prozesszinsen gemäß §
288 Abs
1, §
291 BGB ihrer Höhe und ihrem Umfang nach zu.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §
197a Abs
1 S 1
SGG iVm §
154 Abs
2 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §
197a Abs
1 S 1
SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 S 1 GKG. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass in der Revisionsinstanz lediglich über den Zahlungsantrag des Klägers zu befinden war.