Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Fragerecht bei gerichtlichen Sachverständigengutachten
Thema der Befragung
1. Das Fragerecht bei gerichtlichen Sachverständigengutachten, das den in Art.
103 Abs.
1 GG i.V.m. §
62 SGG garantierten Anspruch auf rechtliches Gehör präzisiert, setzt zwingend voraus, dass das Thema der Befragung hinreichend genau
umrissen wird.
2. Um dieser Voraussetzung zu genügen, muss der Fragenkomplex konkret umschrieben, z.B. auf Lücken, Widersprüche oder Unklarheiten
hingewiesen werden.
3. Allein der Antrag, einen Sachverständigen "ergänzend zu dem nicht ablehnenden Gutachten zu hören" erfüllt diese Voraussetzungen
nicht.
Gründe:
Mit Beschluss vom 30.4.2018 hat das Hessische LSG einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw teilweiser
Erwerbsminderung verneint und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 24.8.2017 zurückgewiesen.
Mit einem eigenhändig unterzeichneten Schreiben vom 25.5.2018 hat der Kläger einen "Antrag auf Zulassung der Revision" sowie
einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts gestellt.
1. Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen. Das allein statthafte Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde bietet
keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§
73a Abs
1 S 1
SGG iVm §
114 Abs
1 S 1, §
121 Abs
1 ZPO). Es ist insofern nicht zu erkennen, dass ein nach §
73 Abs
4 SGG zugelassener Prozessbevollmächtigter in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers erfolgreich zu begründen
(§
160a Abs
2 S 3
SGG).
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG),
- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht
und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
Das Vorbringen des Klägers und die Durchsicht der Akten ergeben bei der gebotenen summarischen Prüfung keinen ausreichenden
Hinweis auf das Vorliegen eines der für die Zulassung erforderlichen, in §
160 Abs
2 SGG abschließend aufgeführten Gründe. Es lassen sich weder Anhaltspunkte für eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung noch
für eine Divergenz erkennen (§
160 Abs
2 Nr
1 und
2 SGG). Auch Verfahrensmängel nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG, auf denen der Beschluss beruhen könnte, sind nicht ersichtlich. Das LSG hat den Kläger vor der Entscheidung nach §
153 Abs
4 SGG zuletzt mit Schreiben vom 20.4.2018 ordnungsgemäß angehört.
Auch eine mögliche Verletzung des Fragerechts des Klägers bei gerichtlichen Sachverständigengutachten ist nicht erkennbar.
Ein solches Fragerecht, das den in Art
103 Abs
1 GG iVm §
62 SGG garantierten Anspruch auf rechtliches Gehör präzisiert (vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 24), setzt voraus, dass das Thema der Befragung hinreichend umrissen wird (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 12. Aufl 2017, §
118 RdNr 12d). Dabei muss der Beteiligte den Fragenkomplex konkret umschreiben, zB auf Lücken, Widersprüche oder Unklarheiten
hinweisen (BSG Urteil vom 12.4.2000 - B 9 VS 2/99 R - SozR 3-1750 § 411 Nr 1 S 4; BSG Beschluss vom 9.12.2010 - B 13 R 170/10 B - Juris RdNr 11). Allein der Antrag, einen Sachverständigen "ergänzend zu dem nicht ablehnenden Gutachten zu hören" genügt
dafür nicht. Auch sieht der Senat keine Anhaltspunkte für eine mögliche Verletzung des §
118 Abs
1 S 1
SGG iVm §
411 Abs
3 ZPO, nachdem es im pflichtgemäßen Ermessen des Tatsachengerichts steht, einen Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens
zu laden, wobei die mündliche Erörterung geboten ist, wenn sie zur Klärung von Zweifeln oder zur Beseitigung von Unklarheiten
unumgänglich ist (BSG SozR 4-1750 § 411 Nr 3 RdNr 6 mwN). Auch lässt sich ein Verfahrensmangel nicht damit begründen, dass der Kläger im Berufungsverfahren erfolglos
die Beiziehung der Akten der Versorgungsverwaltung beantragt hat. Wie der Kläger selbst in seinem Schreiben vom 13.4.2018
an das LSG ausgeführt hat, wollte er damit belegen, dass er "Jahrzehnte lang unter zermürbenden schweren chronischen Erkrankungen
leidet", ohne sich dabei auf neue, bislang nicht ermittelte Tatsachen zu berufen.
Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf die vom SG eingeholten Gutachten eine unzureichende Beurteilung seines Leistungsvermögens durch das LSG rügt und den Beweis für eine
verminderte Erwerbsfähigkeit noch bei Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (zuletzt am 31.7.2017) bereits
im Verwaltungsverfahren für erbracht sieht, macht er eine fehlerhafte Beweiswürdigung und damit eine Verletzung des §
128 Abs
1 S 1
SGG geltend. Darauf kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nach dem Wortlaut des §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG ausdrücklich nicht gestützt werden.
2. Das von dem Kläger selbst eingelegte Rechtsmittel ist unzulässig, weil es nicht der gesetzlichen Form entspricht. Der Kläger
konnte die Beschwerde, worauf in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Beschlusses ausdrücklich hingewiesen worden ist,
wirksam nur durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten einlegen lassen (§
73 Abs
4 SGG).
Die Verwerfung des Rechtsmittels erfolgt gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 S 2 und 3
SGG ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 SGG.