Gründe:
I
In der Hauptsache begehrt der Kläger wegen überlanger Dauer des Verfahrens S 4 R 2977/10 vor dem SG Ulm Entschädigung für erlittene immaterielle Nachteile in Höhe von 4300 Euro. Das Ausgangsverfahren wegen des
früheren Beginns einer höheren Erwerbsminderungsrente begann im August 2010. Im Oktober 2013 erhob der Kläger Verzögerungsrüge.
Nach wiederholter Beiordnung von Rechtsanwälten und Aufhebung der Beiordnungen, Abtrennung von Verfahrensteilen (höhere Altersrente)
sowie anhaltendem Schriftwechsel gab das SG die Verfahrensakten im laufenden Verfahren an das LSG ab, nachdem der Kläger zuvor im April 2014 Entschädigungsklage erhoben
hatte.
Das Entschädigungsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) mangels hinreichender Erfolgsaussichten zunächst
abgelehnt (Beschluss vom 10.7.2014), nach erfolgreicher Verfassungsbeschwerde (BVerfG Beschluss vom 8.10.2014 - 1 BvR 2186/14) bewilligt (Beschluss vom 25.11.2014), sodann die Klage abgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, der Zeitraum bis zur
Erhebung der Verzögerungsrüge sei sowohl hinsichtlich der Entschädigung in Geld als auch auf andere Weise präkludiert, weil
die Verzögerungsrüge nicht unverzüglich geltend gemacht worden sei. Für die anschließende Zeit ab 1.10.2013 bis zur Erhebung
der Entschädigungsklage am 14.4.2014 sei keine unangemessen lange Verfahrensdauer festzustellen (Urteil vom 15.4.2015).
Mit seiner Beschwerde, für die der Senat PKH bewilligt hat (Beschluss vom 10.8.2015), wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung
der Revision im Urteil des LSG und rügt die grundsätzliche Bedeutung der Sache.
II
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung ist nicht hinreichend
bezeichnet (§
160a Abs
2 S 3
SGG).
1. Der Kläger legt die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht in der gesetzlich gebotenen Weise dar. Wer sich auf
den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern die Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich
sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; siehe auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN).
Der Kläger wirft die Frage auf, ob
eine mehr als drei Monate nach Inkrafttreten des Art 23 des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren
und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGG) am 3.12.2011 erhobene Verzögerungsrüge in einem bereits anhängigen Verfahren
noch unverzüglich iS des Art 23 ÜGG erhoben ist, wenn der auf PKH angewiesene Kläger zwischenzeitlich nicht anwaltlich vertreten
war und/oder weitere Gründe für eine Erhebung der Rüge später als innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Art 23
ÜGG vorgelegen haben.
Der Senat lässt dahin gestellt, ob die aufgeworfene Frage in Teilen - hinsichtlich der weiteren Gründe - nicht schon so allgemein
gehalten ist, dass sie nicht zur Grundlage der weiteren Prüfung taugt, inwieweit Klärungsbedarf dargelegt ist (vgl BFH/NV
1992, 749). Der Kläger zeigt jedenfalls den Klärungsbedarf nicht hinreichend auf. Die Frage nach dem Umfang der Präklusionswirkung
der Verzögerungsrüge für Übergangsfälle iS des Art 23 S 2 und 3 ÜGG ist im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdebegründung
nicht mehr klärungsbedürftig (vgl hierzu BSG Beschluss vom 16.5.2007 - B 11b AS 61/06 B - Juris RdNr 7 mwN). Wie der Senat inzwischen entschieden hat, führt die im Anwendungsbereich des Art 23 S 2 und 3 ÜGG
nicht rechtzeitig erhobene Verzögerungsrüge nicht nur zu einer materiell-rechtlichen Präklusion des Entschädigungsanspruchs
wegen überlanger Verfahrensdauer nach §
198 Abs
1 S 1, Abs
2 S 2
Gerichtsverfassungsgesetz (
GVG) bis zum Inkrafttreten des ÜGG am 3.12.2011 (vgl Art 24 ÜGG), sondern bis zum tatsächlichen Rügezeitpunkt. Diese Präklusion umfasst überdies zudem die Feststellung einer überlangen
Verfahrensdauer nach §
198 Abs
4 S 3 Halbs 2
GVG. In der nach Art 23 S 2 und 3 ÜGG eintretenden Präklusion der Ansprüche liegt auch kein Verstoß gegen Art
19 Abs
4 GG, da der hiermit verbundene Rechtsnachteil ausschließlich durch das eigene Handeln des Verfahrensbeteiligten herbeigeführt
wird (BSG Urteil vom 5.5.2015 - B 10 ÜG 8/14 R - SozR 4-1710 Art 23 Nr 4 RdNr 23 und 27). Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage ist
damit auch mit Blick auf den von ihm gerügten Verstoß gegen Art
19 Abs
4 GG geklärt. Warum gleichwohl noch Klärungsbedarf fortbestehen sollte, hat er bei seiner Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung
des BSG nicht begründen können (vgl dazu BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2). Insbesondere hat er sich mit Blick auf die reklamierte Ausnahme von der Präklusionswirkung bei fehlender anwaltlicher
Vertretung schon nicht mit den Besonderheiten einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist auseinandergesetzt und zudem auch
nicht dargelegt, warum eine Verzögerungsrüge ausgehend von den nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen
des LSG nicht schon zB vor der Aufhebung der Beiordnung am 18.1.2012 hätte erfolgen können. Erst recht fehlt insoweit eine
nachvollziehbare Befassung mit den angeführten "weiteren Gründen", aus denen der Kläger die aufgeworfene Frage trotz der ergangenen
höchstrichterlichen Rechtsprechung noch für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich hält.
Der Hinweis des Klägers auf die insoweit erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen den PKH ursprünglich ablehnenden Beschluss
des LSG (1 BvR 2186/14) ersetzt nicht die nötige Darlegung der Entscheidungserheblichkeit. Abgesehen davon befasst sich die Entscheidung des BVerfG
vom 8.10.2014 mit einer grundrechtsrelevanten Überspannung der Erfolgsaussichten der PKH in Bezug auf die Bedeutung des Verfahrens
sowie das Prozessverhalten des Klägers und keineswegs mit der Präklusionswirkung der Verzögerungsrüge im Geltungsbereich des
Art 23 ÜGG sowie den vom Kläger beanspruchten Ausnahmen.
3. Die Streitwertentscheidung folgt aus §
197a Abs
1 S 1
SGG iVm §§ 47, 52 Abs 1 und 3 GKG.