Gründe:
I
Mit Urteil vom 9.12.2015 hat das Thüringer LSG als Entschädigungsgericht dem Kläger 1700 Euro Entschädigung wegen der überlangen
Dauer des Verfahrens L 3 AL 120/00 NZB vor dem Thüringer LSG zugesprochen, weil sich für die Zeit des Berufungsverfahrens unter Einschluss des Zulassungsverfahrens
zwei Jahre und fünf Monate ohne jegliche Verfahrensförderung ergeben hätten. Unter Berücksichtigung einer Vorbereitungs- und
Bedenkzeit von 12 Monaten verblieben entschädigungsrelevant 17 Monate. Ein Abweichen von der üblichen Vorbereitungs- und Bedenkzeit
erscheine nicht gerechtfertigt. Einen weitergehenden Anspruch wegen der vom Kläger geltend gemachten unangemessenen Verzögerung
der Verfahren vor dem SG Gotha (Aktenzeichen S 13 AL 2183/96 und S 13 AL 2226/99 WA) sowie dem Thüringer LSG (Aktenzeichen L 3 AL 120/00 NZB) hat das LSG verneint und die auf höhere Entschädigung gerichtete Klage im Übrigen abgewiesen.
Mit seinem Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) für die Erhebung einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in
dem genannten Urteil macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, eine Divergenz sowie das Vorliegen von
Verfahrensmängeln geltend. Das LSG habe die Verzögerungszeit zwischen dem Berufungsurteil vom 29.4.2004 und dem "Aktenrücklauf"
zum LSG am 1.2.2010 gänzlich unbeachtet gelassen und fehlerhaft die Zeiten eines Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens nicht
berücksichtigt. Verfahrensfehlerhaft und zugleich in Abweichung von der Rechtsprechung des BSG stelle das LSG den Rechtssatz auf, dass 12 Monate zusätzlich zur angemessenen Verfahrensdauer entschädigungsfrei blieben.
II
Der Antrag des Klägers, ihm PKH unter Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision
zu gewähren, ist abzulehnen. Nach §
73a Abs
1 S 1
SGG iVm §§
114,
121 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn unter anderem die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende
Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es. Der Kläger kann aller Voraussicht nach mit seinem Begehren auf Zulassung der Revision
nicht durchdringen, weil es keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter
(§
73 Abs
4 SGG) in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen. Nach Durchsicht der Akten fehlen Anhaltspunkte
dafür, dass er einen der in §
160 Abs
2 Nr
1 bis
3 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe darlegen könnte.
1. Die Sache bietet keine Hinweise für eine über den Einzelfall des Klägers hinausgehende grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache
(§
160 Abs
2 Nr
1 SGG). Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft,
die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt (BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 1500 §
160a Nr 39) und die Anwendung mindestens einer Vorschrift des Bundesrechts betrifft (s §
162 SGG). Die Frage muss außerdem klärungsbedürftig sein. Das ist grundsätzlich nicht der Fall, wenn die Antwort darauf von vornherein
praktisch außer Zweifel steht (vgl BSGE 40, 40 = SozR 1500 § 160a Nr 4) oder bereits höchstrichterlich entschieden ist (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 13, 65).
Rechtsfragen, die in diesem Sinne klärungsbedürftig sein könnten, sind hier nicht ersichtlich. Das gilt insbesondere für die
vom Kläger aufgeworfene Frage, ob überlange Behördenlaufzeiten vor Klageerhebung für den Entschädigungsanspruch nach §
198 GVG zu berücksichtigen sind. Denn diese Frage hat die Rechtsprechung des BVerwG, der sich der Senat angeschlossen hat, bereits
geklärt. Danach sind das Verwaltungsverfahren und das dem gerichtlichen Verfahren vorausgegangene Vorverfahren bei einer Behörde
(Widerspruchsverfahren) nicht Bestandteil des Gerichtsverfahrens iS von §
198 Abs
1 S 1 und §
198 Abs
6 Nr
1 GVG. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut "Gerichtsverfahren" im Gesetz selbst und entspricht nach den Gesetzesmaterialien
dem Willen des Gesetzgebers (vgl BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 4 RdNr 27 ff mwN).
2. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass das LSG entscheidungstragend von der Rechtsprechung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abgewichen sein könnte (Zulassungsgrund gemäß §
160 Abs
2 Nr
2 SGG). Vielmehr ist das LSG der aktuellen Senatsrechtsprechung zur Auslegung von §
198 GVG gefolgt. Insbesondere hat es im Anschluss an diese Rechtsprechung dem SG und auch dem LSG jeweils eine Überlegungs- und Bearbeitungszeit von 12 Monaten zugebilligt. Das LSG hat im Übrigen zutreffend
die Zeiten aktiver Verfahrensförderung des SG und des LSG von denjenigen gerichtlicher Untätigkeit sowie andererseits von solchen Zeiten unterschieden, die dem Kläger
zuzurechnen sind und anschließend in eine Gesamtabwägung eingestellt (vgl BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 3 RdNr 27 mwN; vgl Stotz JurisPR-SozR 10/2015 Anm 1). Zutreffend
hat das LSG auch die Bedeutung der Sache unter anderem aus der allgemeinen Tragweite der Entscheidung für die materiellen
und ideellen Interessen der Beteiligten eingestuft (vgl BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 12/13 - SozR 4-1720 § 198 Nr 4 RdNr 35).
Ob das LSG im Übrigen den Einzelfall richtig entschieden hat, ist keine Frage grundsätzlicher Bedeutung und damit nicht Gegenstand
der Nichtzulassungsbeschwerde (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7). Ohnehin sieht der Senat keine Anhaltspunkte für eine falsche Rechtsanwendung zu Lasten des Klägers. So ist die Wertung
des LSG nicht zu beanstanden, dass die erstinstanzlich vorliegenden acht Monate Leerlauf innerhalb der zuzubilligenden Vorbereitungs-
und Bedenkzeit von einem Jahr liegen.
3. Ebenso wenig ist davon auszugehen, dass der Kläger einen die Revisionszulassung rechtfertigenden Verfahrensfehler des LSG
bezeichnen könnte (Zulassungsgrund gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 SGG). Danach ist die Revision nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 S 1
SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des §
103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende
Begründung nicht gefolgt ist. Hierfür liegen keinerlei Anhaltspunkte vor.
Insbesondere ist derzeit beim Kläger kein absoluter Revisionsgrund ersichtlich, weil dieser nicht prozessfähig sein könnte.
Zwar wäre ein derartiger Umstand geeignet, die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen,
wenn der Kläger vor dem LSG nicht nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften vertreten gewesen wäre (§
202 SGG iVm §
547 Nr 4
ZPO). Prozessunfähig sind natürliche Personen, die geschäftsunfähig sind. Nicht geschäftsfähig und damit nicht prozessfähig sind
natürliche Personen, wenn sie sich nicht nur vorübergehend in einem die freie Willensbildung ausschließenden Zustand krankhafter
Störung der Geistestätigkeit befinden (§
104 Nr 2
BGB). Entsprechend war der Kläger nach der Aufhebung der Betreuung durch Beschluss des AG Ilmenau vom 14.11.2000 (XVII 6/97)
bis zur Bestellung eines späteren Betreuers ab dem 12.7.2005 nicht prozessfähig iS des §
71 Abs
1 SGG iVm §§
104 ff
BGB (vgl BSG Beschluss vom 16.12.2009 - B 7 AL 9/08 R - RdNr 10 f). Nach dem in dem benannten Verfahren vom BSG eingeholten Gutachten vom 4.1.2008 war der Kläger zumindest in der Zeit vom 15.11.2000 bis 11.7.2005 wegen einer wahnhaften
Störung nicht in der Lage, im Rahmen eines Gerichtsverfahrens Erklärungen abzugeben, Anträge zu stellen und Rechtsmittel einzulegen.
Derzeit bestehen entsprechend den Feststellungen des LSG im angefochtenen Urteil derartige Anhaltspunkte nicht, insbesondere
nachdem sich der erkennende Senat des LSG in einer mündlichen Verhandlung selbst ein persönliches Bild vom Kläger hat machen
können. Nach einer aktuell eingeholten Auskunft vom AG Arnstadt - Zweigstelle Ilmenau (Aktenzeichen XVII 73/03) - wurde die
dort angeordnete Betreuung bereits mit Beschluss vom 31.5.2011 wieder aufgehoben. Im Übrigen lässt auch der geordnete Vortrag
des Klägers im Rahmen seines PKH-Antrags keinerlei Anzeichen einer Störung erkennen, sodass sich der Senat nicht gedrängt
gesehen hat, ein erneutes Gutachten zur Prüfung der Prozessfähigkeit des Klägers einzuholen.