Anspruch auf Arbeitslosenhilfe; Prüfung der Bedürftigkeit; Verwertung einer Austrittsleistung auf Freizügigkeitskonto aus
der schweizerischen Pflichtversicherung zur beruflichen Altersvorsorge als Vermögen
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten, ob dem Kläger für die Zeit vom 5. Juni bis 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe (Alhi) zusteht.
Der 1959 geborene Kläger, deutscher Staatsangehöriger, war vom 1. Juli 1990 bis 30. September 2002 überwiegend in Basel/Schweiz
beschäftigt. Anschließend bezog er in Deutschland vom 1. Oktober 2002 bis 21. September 2003 Arbeitslosengeld (Alg). Nach
Ausübung einer selbständigen Tätigkeit vom 1. Oktober 2003 bis 31. Mai 2004 erhielt der Kläger - bis zur Erschöpfung seines
Anspruchs - nochmals vom 1. bis 4. Juni 2004 Alg.
Am 1. Juni 2004 beantragte er bei der Agentur für Arbeit in Bad S Alhi. In seinem Antrag gab der Kläger ua ein Freizügigkeitskonto
bei der Bank C in Basel mit einem Kontostand am 31. Dezember 2003 von 52.136,25 Schweizer Franken (= 33.299,74 Euro) an. Hierzu
teilte er mit, es handele sich um "Pensionskassengeld als zweite Säule" beruflicher Altersvorsorge in der Schweiz. Die Beklagte
lehnte den Leistungsantrag ab, da verwertbares Vermögen in Höhe von insgesamt 35.154,74 Euro vorhanden sei; unter Berücksichtigung
eines Freibetrages in Höhe von 8.800 Euro verbleibe zu berücksichtigendes Vermögen in Höhe von 26.354,74 Euro, sodass kein
Anspruch auf Alhi bestehe. Auch das in der Schweiz vorhandene Vermögen stelle zu berücksichtigendes Vermögen dar. Die ursprüngliche
Herkunft des Vermögens - hier aus früheren Pensionskasseneinzahlungen - sei für die Frage der Bedürftigkeit unerheblich, insbesondere
weil der entsprechende Betrag derzeit weder im Sinne einer Alterssicherung angelegt noch für den Antragsteller unantastbar
sei, sondern dieser darüber wie über übliches Sparvermögen frei verfügen könne (Bescheid vom 22. Juni 2004; Widerspruchsbescheid
vom 12. Juli 2004).
Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts [SG] vom 20. Januar 2006; Urteil des Landessozialgerichts
[LSG] vom 7. November 2006). Das LSG hat im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe für die streitige Zeit vom 5. Juni bis
31. Dezember 2004 keine Alhi zu. Er sei nicht bedürftig gewesen, da es sich bei dem Guthaben auf dem Freizügigkeitskonto um
verwertbares Vermögen gehandelt habe. Das auf dem Freizügigkeitskonto zum Stichtag 5. Juni 2004 (Bewilligungsbeginn der Alhi)
vorhandene Vermögen in Höhe von 33.299,74 Euro habe zwar aus der gemäß Art 2 des schweizerischen Bundesgesetzes über die berufliche
Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 25. Juni 1982 (BVG der Schweiz) obligatorischen Versicherung des Klägers als Arbeitnehmer in der Schweiz resultiert. Der Kläger habe sich jedoch
nach Beendigung seiner schweizerischen Beschäftigung am 30. September 2002 für die Einrichtung eines Freizügigkeitskonto entschieden,
wie nach dem schweizerischen Bundesgesetz über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge
(FZG) für deutsche Grenzgänger nach Beendigung ihrer Beschäftigung in der Schweiz möglich. Damit habe dieses Vermögen zu seiner
jederzeitigen freien Verfügung gestanden, da er gemäß Art 14 der Verordnung über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-,
Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge in Verbindung mit Art 5 FZG jederzeit die Barauszahlung der Austrittsleistung habe verlangen
können; dieser Rechtszustand habe sich erst ab 1. Juni 2007 geändert (Art 25f FZG). Die Barauszahlung der Austrittsleistung
sei lediglich an die Bedingung geknüpft, dass er - was eingetreten sei - die Schweiz endgültig verlassen habe. Der so gekennzeichneten
Verfügungsfreiheit über das Vermögen korrespondiere dessen Verwertbarkeit im Sinn des Arbeitslosenhilferechts und damit die
Obliegenheit, dieses Vermögen ggf vorrangig zur Deckung des Lebensunterhaltes einsetzen zu müssen. Daran ändere sich auch
nichts dadurch, dass der Kläger zum 1. Mai 2006 die Form der Erhaltung des Vorsorgeschutzes in eine Freizügigkeitspolice bei
einer schweizerischen Lebensversicherungsgesellschaft umgewandelt habe.
Die Beklagte sei in den angefochtenen Bescheiden zu Recht von einem Freibetrag in Höhe von 8.800 Euro ausgegangen. Das diesen
Freibetrag übersteigende Vermögen sei zu berücksichtigen, solange es vorhanden sei; auch die Unwirtschaftlichkeit der Verwertung
(§ 1 Abs 3 Nr 6 Arbeitslosenhilfe-Verordnung [AlhiV 2002]) sei hier wegen eines fehlenden Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung zu verneinen. Offen könne bleiben,
ob sich an der Höhe des zu berücksichtigenden Vermögens dadurch etwas ändere, dass der Kläger behaupte, zur Bestreitung seines
Lebensunterhalts in der Zeit vom 10. August 2004 bis 9. Januar 2005 ein Darlehen bei seiner Mutter in Höhe von 10.000 Euro
aufgenommen zu haben. Auch bei der Berücksichtigung von Verbindlichkeiten in Höhe von 10.000 Euro verbleibe immer noch einzusetzendes
Vermögen. Dies gelte auch dann, wenn unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur allgemeinen Härtefallprüfung
(vgl ua BSG SozR 4-4300 § 193 Nr 5) zu Gunsten des Klägers ein - weiterer - Altersvorsorgefreibetrag in Höhe von 8.800 Euro
berücksichtigt werde.
Der Kläger werde auch nicht dadurch unangemessen oder in einer gegen den Gleichheitssatz des Art
3 Abs
1 Grundgesetz (
GG) verstoßenden Weise benachteiligt, dass die AlhiV 2002 in § 1 Abs 3 Nr 3 und Nr 4 nur noch bestimmte Altersvorsorgevermögensbestandteile privilegiere. Der Kläger habe keinen Anspruch darauf, dass sein in
der obligatorischen beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge "angespartes" und sich zum Stichtag 5. Juni
2004 auf dem Freizügigkeitskonto befindendes Vermögen wie eine sog Riester-Rente privilegiert werde. Im Unterschied zum eingezahlten
Kapital bei einer Riester-Rente bestehe für den Kläger bei dem Vermögen auf dem Freizügigkeitskonto jederzeit die Möglichkeit
einer Barauszahlung zur Verwendung des gesamten Vermögens nach freiem Belieben. Bei diesem Vermögen sei gerade nicht - wie
bei der Riester-Rente - die Zweckbestimmung und die tatsächliche Verwendung für die Altersvorsorge durch eine entsprechende
Zertifizierung sichergestellt. Mit der Freistellung der Riester-Rente von der Verwertung werde darüber hinaus im Sinne einer
sachlich gebotenen Ausnahme die Zweckbestimmung der staatlichen Fördermittel abgesichert. Auch verlange Art
3 Abs
1 GG keine Gleichbehandlung der hier in Frage stehenden zweiten Säule des staatlichen schweizerischen Rentensystems mit der deutschen
gesetzlichen Rentenversicherung. Schließlich verstoße eine Berücksichtigung des Vermögens auf dem Freizügigkeitskonto des
Klägers auch weder gegen das Freizügigkeitsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits
und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits vom 21. Juni 1999 (BGBl II 2001, 811) noch gegen die so genannte Wanderarbeitsverordnung (EWGV) 1408/71.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von Art
3 GG und von Art
14 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip sowie einen Verstoß gegen das oben genannte Abkommen vom 21. Juni 1999 iVm der
EWGV 1408/71. Es verletze den Gleichheitsgrundsatz des Art
3 GG, dass das Guthaben auf einem Freizügigkeitskonto nicht wie eine sogenannte Riester-Rente privilegiert werde. Ein Verzehr
des Kapitals der in der Schweiz gesetzlich vorgeschriebenen zweiten Säule der Altersvorsorge käme einer dauerhaften Kürzung
des deutschen Rentenanspruchs gleich. Ein gesetzlich vorgeschriebenes Rentenversicherungssystem müsse als Ganzes gesehen werden
und könne nicht in seine Bestandteile (erste und zweite Säule) aufgeteilt werden. Damit korrespondiere, dass - wie vom LSG
erwähnt - ein sich auf dem Freizügigkeitskonto befindliches Guthaben nach Art 25f FZG ab 1. Juni 2007 nicht mehr bar ausgezahlt
werden könne. Darüber hinaus gebiete die Eigentumsgarantie des Art
14 GG, die während früherer Arbeitsverhältnisse im Rahmen betrieblicher Altersversorgung erworbenen Beiträge unangetastet zu belassen.
Gerade auch aus dem Wegfall der Barauszahlungsmöglichkeit ab 1. Juni 2007 folge ein Verstoß gegen das Freizügigkeitsabkommen
und gegen Art 48, 49, 51 EWG-Vertrag (EWGVtr), wenn für die Zeit bis Mai 2007 das Guthaben auf dem Freizügigkeitskonto angerechnet
werde.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 7. November 2006 sowie den Gerichtsbescheid des SG Freiburg vom 20. Januar 2006 aufzuheben
und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2004
zu verurteilen, ihm für den Zeitraum vom 5. Juni bis 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§
124 Abs
2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
II
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet (§
170 Abs
1 Satz 1
SGG). Der Bescheid vom 22. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2004, mit dem die Beklagte die Zahlung
von Alhi ab 5. Juni 2004 abgelehnt hat, verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung
von Alhi für die streitige Zeit vom 5. Juni bis 31. Dezember 2004, da er nicht bedürftig war.
1. Anspruch auf Alhi haben Arbeitnehmer nach § 190 Abs 1 Nr 5 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (
SGB III) in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24. März 1997 (BGBl I 594) nur dann, wenn sie bedürftig sind. Nicht bedürftig ist ein Arbeitsloser ua, solange mit Rücksicht
auf sein Vermögen die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist (§ 193 Abs 2
SGB III idF des Gesetzes vom 16. Februar 2001, BGBl I 266). Hierzu enthält die auf der Grundlage des § 206 Nr 1
SGB III ergangene, bis zum 31. Dezember 2004 geltende AlhiV 2002 vom 13. Dezember 2001 (BGBl I 3734) nähere Regelungen. Nach § 1 Abs 1 Nr 1 AlhiV 2002 ist das gesamte verwertbare Vermögen des Arbeitslosen zu berücksichtigen, soweit der Wert des Vermögens den Freibetrag übersteigt;
nicht zu berücksichtigen sind nach § 1 Abs 3 Nr 6 AlhiV 2002 Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist. Nach § 1 Abs 2 Satz 1 AlhiV 2002 in der bis zum 31. Dezember 2004 gültigen Fassung des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.
Dezember 2002 (BGBl I 4607) ist Freibetrag für den Arbeitslosen ein Betrag von 200 Euro je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen,
der für den Arbeitslosen den Betrag von 13.000 Euro nicht übersteigen darf. Diese Fassung von § 1 Abs 2 Satz 1 AlhiV 2002 ist hier anwendbar, weil die Übergangsvorschrift des § 4 Abs 2 Satz 2 AlhiV 2002 in der ebenfalls bis zum 31. Dezember 2004 gültigen Fassung des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt
vom 23. Dezember 2002 nicht eingreift.
2. Zu Recht kommt das LSG zu dem Ergebnis, dass der Kläger unter Berücksichtigung seines Guthabens auf dem Freizügigkeitskonto
bei der Bank C in Basel für die Zeit vom 5. Juni bis 31. Dezember 2004 nicht bedürftig ist und daher keinen Anspruch auf Alhi
hat, da auch dieses Bankguthaben in Höhe von 33.299,74 Euro zu seinem verwertbaren Vermögen zählt.
a) Das LSG hat im Einklang mit der Rechtsprechung des BSG (BSGE 87, 143, 145 = SozR 3-4220 § 6 Nr 8 mwN) als Vermögen im Sinne des Rechts der Alhi den gesamten Bestand an Sachen und Rechten in
Geld oder Geldeswert, dh die Summe der gesamten aktiven Vermögenswerte in der Hand des Berechtigten angesehen. Bei der Beurteilung,
ob das Guthaben des Klägers auf einem Freizügigkeitskonto nach dem FZG der Schweiz als verwertbares Vermögen anzusehen ist,
sind die von der Tatsacheninstanz zum ausländischen Recht getroffenen Feststellungen, die darauf beruhende Rechtsauslegung
und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen unverändert der Entscheidung über die Revision zugrunde zu legen, weil es sich
insoweit nicht um revisibles Recht iS des §
162 SGG handelt (vgl BSGE 68, 184, 187 = SozR 3-2400 § 18a Nr 2 mwN; BSGE 80, 295, 299 = SozR 3-4100 § 142 Nr 1; SozR 4-4200 § 11 Nr 7 RdNr 25).
Mit Bindung für das BSG hat das LSG festgestellt, dass sich der Kläger nach Beendigung seiner schweizerischen Beschäftigung
am 30. September 2002 für die Einrichtung eines Freizügigkeitskonto nach dem FZG entschieden hat und dieses Konto bei der
Bank C in Basel über den gesamten streitbefangenen Zeitraum inne gehabt hat. Außerdem hat das LSG bindend festgestellt, dass
der Kläger die Schweiz endgültig verlassen hatte und er deshalb jederzeit die Barauszahlung des Guthabens verlangen konnte,
sodass ihm dieses Vermögen zu seiner jederzeitigen freien Verfügung gestanden hat. Damit stellt das Freizügigkeitsguthaben
wegen seiner jederzeitigen Verwendungsmöglichkeit für beliebige Zwecke - wie die übrigen Bankguthaben auch - verwertbares
Vermögen des Klägers dar, mit dem er seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Das LSG hat außerdem zu Recht angeführt, dass
die später zum 1. Mai 2006 erfolgte Umwandlung des Guthabens auf dem Freizügigkeitskonto in eine Freizügigkeitspolice bei
der P Schweizerische Lebensversicherungsgesellschaft keine Auswirkungen auf die Verwertbarkeit des Guthabens in der Zeit zwischen
dem 5. Juni bis zum 31. Dezember 2004 gehabt hat und eine Unwirtschaftlichkeit der Verwertung dieses Guthabens nach § 1 Abs 3 Nr 6 AlhiV 2002 nicht gegeben ist.
b) Nach den gemäß §
163 SGG bindenden Tatsachenfeststellungen des LSG hat der Kläger am 5. Juni 2004 über ein Gesamtvermögen in Höhe von 35.154,74 Euro
verfügt. Davon ist - wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - zunächst nach § 1 Abs 2 Satz 1 AlhiV 2002 in der bis zum 31. Dezember 2004 gültigen Fassung des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.
Dezember 2002 (BGBl I 4607) ein Freibetrag von 200 Euro je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen, also 8.800 Euro für den
am 1959 geborenen, allein lebenden Kläger, abzusetzen. Offen bleiben kann, ob - wovon das LSG zu Gunsten des Klägers ausgegangen
ist - in entsprechender Anwendung des § 12 Abs 2 Nr 3 Sozialgesetzbuch Zweites Buch ein - weiterer - Altersvorsorgefreibetrag
in Höhe von 8.800 Euro zuzubilligen war (vgl BSG SozR 4-4300 § 193 Nr 5 RdNr 10). Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob (angebliche)
Verbindlichkeiten bei seiner Mutter in Höhe von 10.000 Euro das verwertbare Vermögen mindern oder sonst berücksichtigt werden
müssen, da nach den zutreffenden Ausführungen des LSG auch beim Ansatz des weiteren Freibetrages von 8.800 Euro und von Verbindlichkeiten
von 10.000 Euro das verbleibende verwertbare Vermögen die Gewährung von Alhi für die Zeit vom 5. Juni bis 31. Dezember 2004
ausschließt.
Hinweise auf einen auch im Geltungsbereich der AlhiV 2002 zusätzlich zu prüfenden Härtefall (vgl ua BSG SozR 4-4300 § 193 Nr 9) liegen nach den Tatsachenfeststellungen des LSG nicht vor und werden im Übrigen auch im Revisionsvorbringen des Klägers
nicht geltend gemacht.
3. Entgegen der Rechtsansicht des Klägers verstößt die Berücksichtigung des Guthabens auf dem Freizügigkeitskonto nicht gegen
Verfassungsrecht.
a) Zutreffend hat bereits das LSG darauf hingewiesen, dass der Kläger nicht in einer gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art
3 Abs
1 GG verstoßenden Weise benachteiligt wird. Gegenteiliges ergibt sich insbesondere nicht aus der Tatsache, dass die AlhiV 2002 durch § 1 Abs 3 Nr 3 und Nr 4 nur noch bestimmte Altersvorsorgevermögensbestandteile privilegiert und das Guthaben auf dem Freizügigkeitskonto davon nicht
erfasst wird.
Nach § 1 Abs 3 Nr 4 AlhiV 2002 sind nicht als Vermögen zu berücksichtigen nachweislich für die Alterssicherung bestimmte Sachen und Rechte des Arbeitslosen
oder seines Partners, wenn diese nach § 231 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen
Rentenversicherung befreit sind. Dies ist bei dem Kläger unstreitig nicht der Fall. Wie das BSG bereits mehrfach entschieden
hat, ist auch nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber in § 1 Abs 3 Nr 3 AlhiV 2002 die so genannte "Riester-Rente" gegenüber privaten Lebensversicherungsbeiträgen privilegiert hat (vgl BSG SozR 4-4300 § 193
Nr 2 RdNr 9; BSGE 94, 121, 126 = SozR 4-4300 § 193 Nr 3, jeweils RdNr 11). Da "RiesterProdukte" im Gegensatz zu einem privaten Lebensversicherungsvertrag
grundsätzlich nach dem Altersvermögensgesetz zertifiziert sind und ihre Zweckbestimmung zur Altersvorsorge öffentlich-rechtlich
überwacht wird, bestehen hinreichende Unterschiede für eine nicht gegen Art
3 Abs
1 GG verstoßende Differenzierung zwischen beiden Formen der Alterssicherung (BSG aaO). Zu Recht hat das LSG diese Gesichtspunkte
auch auf die bar auszahlbare Austrittsleistung auf einem Freizügigkeitskonto nach dem FZG angewendet und darauf verwiesen,
dass daran auch nichts ändert, dass das entsprechende Guthaben ursprünglich aus einer gemäß Art 2 BVG der Schweiz obligatorischen Versicherung des Klägers als Arbeitnehmer in der Schweiz stammt. Es kann hier dahingestellt bleiben,
ob angespartes Kapital in einer Vorsorgeeinrichtung iS von Art 11 BVG der Schweiz mit Rentenanwartschaften aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar ist, bei denen ein Zugriff
bzw eine Auszahlung an den Arbeitnehmer nach Beendigung seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung nicht möglich ist (zur
Vergleichbarkeit von Rentenzahlungen aus entsprechenden Vorsorgeeinrichtungen mit deutschen Altersleistungen iS der Ruhensregelung
des §
142 Abs
1 Nr
4, Abs
3 SGB III: Senatsurteil vom 18. Dezember 2008 - B 11 AL 32/07 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Denn ein solcher Fall liegt nicht vor, weil der Kläger die Vorsorgeeinrichtung
verlassen und die Einrichtung eines Freizügigkeitskontos gewählt hat.
b) Entgegen der Auffassung der Revision gebietet auch nicht die Eigentumsgarantie des Art
14 GG, ein Vermögen bei der Bedürftigkeitsprüfung unberücksichtigt zu lassen, das auf Beiträgen beruht, die während früherer Arbeitsverhältnisse
im Rahmen einer vom Arbeitgeber mitfinanzierten Altersversorgung erworben wurden. Die Alhi ist keine beitragsfinanzierte Leistung,
sondern eine aus Steuermitteln finanzierte Fürsorgeleistung, die der Eigentumsgarantie von vornherein nicht unterfällt (vgl
BSGE 97, 265, 274 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3 RdNr 42 mwN). Im Übrigen schützt Art
14 Abs
1 GG nicht das Vermögen als solches, sondern greift erst ein, wenn dieses im Sinne einer Entziehung der Eigentumsposition oder
einer rechtlichen Beschränkung der Nutzung, Verfügung oder Verwertung beeinträchtigt wird. Folglich kann die Nichtgewährung
einer bedürftigkeitsabhängigen Leistung nicht alleine wegen des damit verbundenen Zwangs zur Verwertung von Eigentum und Vermögen
dem Schutzbereich des Art
14 Abs
1 GG unterstellt werden (vgl BSG, Urteil vom 27. Januar 2005 - B 7a/7 AL 34/04 R, veröffentlicht in juris, RdNr 18).
4. Die Berücksichtigung des Freizügigkeitsguthabens des Klägers bei der Prüfung eines Anspruchs auf Alhi verletzt auch nicht
das Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen
Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (BGBl II 2001, 811), das durch das Gesetz zu dem entsprechenden Abkommen vom 2. September 2001 (BGBl II, 810) von der Bundesrepublik Deutschland
ratifiziert wurde und am 1. Juni 2002 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten ist (BGBl II 2002, 1692).
Zwar verpflichten sich die Vertragsparteien in Art 8 des Abkommens iVm Art 1 Abs 1 des Anhangs II des Abkommens iVm Abschnitt
A Nr 1 des Anhangs, ihre Systeme der sozialen Sicherheit durch Anwendung der EWGV 1408/71 zu koordinieren. Dabei gehört zum System der sozialen Sicherheit auch die berufliche Vorsorge nach dem BVG der Schweiz. Hinsichtlich der Beitragserstattung sieht Art 10 Abs 2 EWGV 1408/71 vor, dass dann, wenn nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats eine Beitragserstattung davon abhängig ist,
dass die Versicherungspflicht für die entsprechende Person entfallen ist, diese Voraussetzung als nicht erfüllt gilt, solange
diese Person aufgrund der Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats pflichtversichert ist. Dies führt nun aber nicht
zu einem Verbot der Barauszahlung der Freizügigkeitsleistung schlechthin. Vielmehr enthält das Abkommensrecht (Protokoll zu
Anhang II des Freizügigkeitsabkommens) eine Übergangsregelung, wonach ungeachtet des Art 10 Abs 2 EWGV 1408/71 einem Arbeitnehmer oder Selbständigen, der beabsichtigt, die Schweiz endgültig zu verlassen und der den schweizerischen
Rechtsvorschriften auch nach den Bestimmungen des Titels II der Verordnung nicht mehr unterworfen ist, die Austrittsleistung
nach dem schweizerischen BVG auf Antrag ausgezahlt wird, wenn er die Schweiz innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Abkommens verlässt (vgl
dazu Brechbühl, Die Auswirkungen des Abkommens auf den Leistungsbereich der ersten und der zweiten Säule, in: Murer [Hrsg],
Das Personenverkehrsabkommen mit der EU und seine Auswirkungen auf die soziale Sicherheit der Schweiz, 2001, S 116 f). Diese
Auszahlungsmöglichkeit hat für den Kläger im Zeitraum zwischen dem 5. Juni bis zum 31. Dezember 2004 bestanden, da er nach
den für das BSG bindenden Feststellungen des LSG (§
163 SGG) die Schweiz endgültig verlassen hat und dieser Zeitraum vor dem Ablauf der fünfjährigen Übergangsfrist nach Inkrafttreten
des Abkommens am 1. Juni 2002 liegt. Damit ist auch kein Verstoß gegen das Freizügigkeitsabkommen iVm der EWGV 1408/71 gegeben.
5. Schließlich verstößt die Berücksichtigung des Guthabens auf dem Freizügigkeitskonto auch nicht - wie der Kläger in seiner
Revisionsbegründung geltend macht - gegen die Freizügigkeitsregelungen des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft
(EG, vgl Art 39, 40, 42; vormals Art 48, 49, 51 EWGVtr). Denn eine Diskriminierung beim Zugang zu Sozialleistungen im Vergleich
zu Arbeitslosen mit nur inländischen Rentenanwartschaften scheidet schon deshalb aus, weil die Einrichtung eines Freizügigkeitskontos
auf dem eigenen Gestaltungsrecht des Klägers beruht und die Form des Vorsorgeschutzes nach schweizerischem Recht - wie vom
LSG festgestellt - jederzeit geändert werden konnte, wie im Übrigen auch die zum 1. Mai 2006 erfolgte Umwandlung in eine Freizügigkeitspolice
deutlich macht.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.