Sozialversicherungsbeitrag
Verfassungskonformität der Vorschriften über die Beitragserhebung in der GRV
Durch Kindererziehung entstehende Nachteile
Gründe:
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob die Beiträge der
Klägerin zur gesetzlichen Rentenversicherung (GRV), zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und zur sozialen Pflegeversicherung
(sPV) im Hinblick auf den Betreuungs- und Erziehungsaufwand der Klägerin für ihre Kinder zu reduzieren sind.
Die 1962 geborene Klägerin ist bei der Bundesagentur für Arbeit zu einem monatlichen Bruttoentgelt von ca Euro beschäftigt
und bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sie ist Mutter von zwei 2001 und 2003 geborenen Kindern. Mit Schreiben
vom 14.2.2015 beantragte sie bei der Beklagten als Einzugsstelle eine "verfassungskonforme" Beitragsreduzierung der Beiträge
zur GRV, GKV und sPV. Mit Bescheid vom 27.5.2015 stellte die Beklagte die jeweilige Beitragshöhe fest. Nach den gesetzlichen
Vorgaben dürfe sie die Beiträge nicht senken. Widerspruch, Klage und Berufung der Klägerin hatten keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid
vom 15.10.2015; SG-Gerichtsbescheid vom 11.7.2016; LSG-Urteil vom 15.11.2016). Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision im LSG-Urteil.
II
Die Beschwerde der Klägerin bleibt ohne Erfolg. Es kann offenbleiben, ob dies schon daraus folgt, dass die Beschwerde zumindest
zum Teil unzulässig ist. Jedenfalls ist sie unbegründet.
Das BSG darf gemäß §
160 Abs
2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl
BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18 = Juris RdNr 9).
Die Klägerin beruft sich in der Beschwerdebegründung vom 21.2.2017 auf alle drei Zulassungsgründe.
1. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen,
welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit
oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten
(Klärungsfähigkeit) ist (stRspr, vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach
dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht
zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG Beschluss vom 25.10.1978 - 8/3 RK 28/77 - SozR 1500 § 160a Nr 31 S 48). Wird die Beschwerde mit einem Grundrechtsverstoß begründet, hat sie unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur
und Rechtsprechung - insbesondere des BVerfG, aber auch des BSG - im Einzelnen aufzuzeigen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (BSG Beschluss vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11 S 14; ferner zB BSG Beschluss vom 2.6.2009 - B 12 KR 65/08 B - Juris RdNr 9 mwN). Dazu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe
ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verfassungsverletzung dargelegt werden. Die Beschwerdebegründung darf sich
im Fall einer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Frage nicht darauf beschränken, die Verfassungswidrigkeit zu behaupten
und die als verletzt angesehenen Normen des
Grundgesetzes zu benennen (BSG Beschluss vom 30.4.2015 - B 10 EG 17/14 B - Juris RdNr 5 mwN).
Die Klägerin wirft auf Seite 8 f der Beschwerdebegründung folgende Fragen auf:
"I. 'Berücksichtigung der Kindererziehung in der sozialen Pflegeversicherung' verfassungskonform?
1. Sind die die Beitragspflicht und -höhe zur sozialen Pflegeversicherung regelnden Vorschriften (§§ 54 Abs. 2 S. 1, 55 Abs.
1 und Abs.
3 S. 1, 57 Abs. 1 S. 1
SGB XI i.V.m. 226
SGB V) mit Artikel
3 Absatz
1 in Verbindung mit Artikel
6 Absatz
1 des
Grundgesetzes vereinbar, soweit die Mitglieder dieser Sozialversicherung, die Kinder betreuen und erziehen, nicht entsprechend der Gleichwertigkeit
ihres ('generativen') Erziehungsbeitrags je nach der Zahl ihrer Kinder bei den Geldbeiträgen und entgegen BVerfG v. 3.4.2001
-1 BvR 1629/14- nicht nur 'während der Zeit der Betreuung und Erziehung', sondern lebenslang entlastet werden?
2. Ist den verfassungsrechtlichen Anforderungen gemäß dem Urteil des BVerfG vom 3.4.2001 -1 BvR 1629/94- dadurch Genüge getan, dass der Gesetzgeber die Beitragsermäßigung von 0.25 Beitragspunkten für Eltern nur einmalig mit dem
Kinderberücksichtigungsgesetz zum 1.1.2005 eingeführt hat oder hat der Gesetzgeber der Gleichwertigkeit des generativen Beitrags
auch bei jeder weiteren Erhöhung der Beiträge Rechnung zu tragen (z.B. 'automatisch' durch den von der Klägerin begehrten
Abzug des Kinderexistenzminimums von der Beitragsbemessungsgrundlage oder einen der Beitragssatzentwicklung folgenden Dynamisierungs-
oder 'Nachhaltigkeitsfaktor')?
3. a) Gelten hinsichtlich des an den Pflegevorsorgefonds abzuführenden Beitragsanteiles in Höhe von 0,1 Beitragspunkten die
im Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 3.4.2001 zur Privaten, nach dem Kapitaldeckungsprinzip finanzierten Pflegeversicherung
entwickelten Maßstäbe (1 BvR 1689/94) entsprechend, denen zufolge der Kindererziehung -anders als in der umlagefinanzierten sozialen Pflegeversicherung- keine
konstitutive Bedeutung in diesem System zukomme und aus ihr keine auszugleichenden systemspezifischen Vorteile Kinderloser
entstünden?
3. b) Falls die vorstehende Frage zu a) bejaht wird: Handelt es sich bei den gemäß §
134 Absatz
2 SGB XI unter sinngemäßer Anwendung der Anlagerichtlinien des Versorgungsfonds des Bundes vorzunehmenden Anlagen überhaupt um solche
der 'Kapitaldeckung'?
3. c) -beziehungsweise falls a und b bejaht werden: Hat eine Zunahme von Umlageelementen bei der Finanzierung der privaten
Pflegeversicherung im Zuge der weiteren 'demographischen Entwicklung' seit 2001 mit entsprechenden Konsequenzen für die Berücksichtigung
der Kindererziehung bei den Beiträgen für Eltern zum Pflegevorsorgefonds dergestalt stattgefunden, dass der Gesetzgeber nunmehr
auch die Beitragsgestaltung zum Pflegevorsorgefonds analog zur privaten Pflegeversicherung unter Berücksichtigung des generativen
Faktors neu zu gestalten hat (BVerfG, aaO, Rn 70- juris)?
II. Weitere Grundsatzfrage: Die Berücksichtigung der Kindererziehung bei der Bemessung der Geldbeiträge in der GRV und GKV
Sind die die Beitragspflicht und die Höhe der Beiträge sozialen Kranken- und Rentenversicherung regelnden Vorschriften (§§
157,
161 Abs.
1,
162 Nr.
1 SGB VI, §§
223 Abs.
2,
226 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 sowie 241
SGB V) mit Artikel
3 Absatz
1 in Verbindung mit Artikel
6 Absatz
1 des
Grundgesetzes vereinbar, soweit Mitglieder dieser Sozialversicherungen, die Kinder betreuen und erziehen, nicht entsprechend der Gleichwertigkeit
ihres (generativen) Erziehungsbeitrags bei den Geldbeiträgen entlastet, sondern mit einem gleich hohen Geldbeitrag wie Mitglieder
ohne Kinder belastet werden?"
Zur Begründung führt die Klägerin unter anderem aus:
"Insbesondere sind diese Fragen auch durch das Urteil des Bundessozialgerichtes vom 30. September 2015 (B 12 KR 15/12 R) schon deswegen nicht beantwortet, weil dieser Entscheidung in den von der Klägerin zum Gegenstand ihres Vorbringens gemachten
Schriftsätzen des Unterzeichners sowie von Prof. Dr. K. umfassend widersprochen und nachgewiesen wird, dass das BSG sich nahezu durchgängig über die vom Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 3.4.2001 (1 BvR 1629/94) formulierten Maßstäbe (v.a. 'Dreigenerationenvertrag') sowie sogar dessen unmissverständliche Reformweisung (Berücksichtigung
der Kindererziehung 'während der Zeit der Betreuung und Erziehung') hinwegsetzt. Diese Kritik wird detailliert in den im Internet
veröffentlichten Verfassungsbeschwerden des Unterzeichners vom 14.12.2015 -1 BvR 3135/15 -sowie von Prof. Dr. K./B. -1 BvR 2257/16- begründet."
Die Beschwerde der Klägerin ist insoweit unbegründet. Den aufgeworfenen Fragen kommt keine grundsätzliche Bedeutung iS von
§
160 Abs
2 Nr
1 SGG zu. Insbesondere fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragen.
a) Der Senat hat wiederholt festgestellt, dass die Vorschriften über die Beitragserhebung in der GRV (hierzu BSG Urteile vom 5.7.2006 - ua SozR 4-2600 § 157 Nr 1) und in der sPV (hierzu BSGE 100, 77 = SozR 4-3300 § 55 Nr 2) verfassungsgemäß sind. Zuletzt hat er in seinen Urteilen vom 30.9.2015 (B 12 KR 15/12 R - BSGE 120, 23 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 77; - B 12 KR 13/13 R - Juris) darüber hinaus zur GKV festgestellt, dass die Vorschriften über die Beitragserhebung und -bemessung gemessen an
dem Prüfungsmaßstab von Art
3 Abs
1 iVm Art
6 Abs
1 GG nicht verfassungswidrig sind:
aa) Der Senat hat sich im zuerst genannten Urteil bezogen auf die GRV (BSG, aaO, RdNr 34 bis 60) - zusammenfassend - auf folgende Gründe gestützt:
Die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen des Beitragsrechts der GRV stehen nicht im Widerspruch zu Art
6 Abs
1 GG. Aus dem Verfassungsauftrag, einen wirksamen Familienlastenausgleich zu schaffen, lassen sich konkrete Folgerungen für die
einzelnen Rechtsgebiete und Teilsysteme, in denen der Familienlastenausgleich zu verwirklichen ist, nicht ableiten.
Es liegt kein Verstoß gegen Art
3 Abs
1 GG vor, weil eine Gleichbehandlung bzw benachteiligende Ungleichbehandlung im Beitragsrecht (gerade) der GRV in einem weiteren
gleichheitsrechtlichen Kontext sachlich gerechtfertigt wäre. Der Gesetzgeber hat jedenfalls die äußersten Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit
gewahrt, weil er die durch die Kindererziehung entstehenden Nachteile systemgerecht bereits im Leistungsrecht der GRV durch
familienfördernde Elemente im Leistungsspektrum der GRV (zB Kindererziehungszeiten [§ 3 S 1 Nr 1 iVm §§ 56, 249, 249a SGB
VI], Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung [§ 57 SGB VI], Anrechnungszeiten für Schwangerschaft oder Mutterschaft
[§ 58 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB VI], Zuschlag für Zeiten der Kindererziehung bei Witwen- und Witwerrenten [§ 78a SGB VI], Kinderzuschuss
[§ 270 SGB VI] bis 16.11.2016, große Witwen- oder Witwerrente bei Kindererziehung [§ 46 Abs 2 S 1 Nr 1 und § 243 Abs 2 und
Abs 3 SGB VI], Erziehungsrente [§§ 47, 243a SGB VI]; vgl ausführlich Buntenbach, Leistungen der Rentenversicherung für Kindererziehung,
DRV Schriften Band 108, S 19) ausgeglichen hat. Auf den Ausgleich eines "externen Effektes" eines Kindes für die GRV kommt
es dabei nicht an. Überdies sind ein in der Betreuung und Erziehung von Kindern liegender "Beitrag" und der monetäre Beitrag
in der GRV weder gleichartig noch gleichwertig. Ein sachlicher Grund für die Nichtberücksichtigung der Kindererziehungsleistung
im Beitragsrecht der GRV liegt weiterhin darin, dass sich der Ausgleich des Aufwandes für Kinder als Teil der allgemeinen
Rahmenbedingungen der GRV darstellt. Auch könnte eine Berücksichtigung im Beitragsrecht zu anderen verfassungsrechtlich kaum
hinnehmbaren Verwerfungen führen. Letztlich rechtfertigt der Strukturunterschied zwischen GRV und sPV im Hinblick auf die
Leistungsbemessung eine Nichtberücksichtigung von Kinderbetreuung und -erziehung im Beitragsrecht der GRV.
bb) In der GKV hat der Gesetzgeber nach der oben genannten Rechtsprechung des Senats in seinen Urteilen vom 30.9.2015 (ua
- B 12 KR 15/12 R - BSGE 120, 23 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 77, RdNr 69 bis 75) die Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten, weil das Recht der GKV in
erheblichem Umfang familienfördernde Elemente enthält und die durch Kinderbetreuung und -erziehung entstehenden Nachteile
so - entgegen der Auffassung der Klägerin - systemgerecht bereits im Beitrags- bzw Leistungsrecht der GKV verfassungsrechtlich
beanstandungsfrei berücksichtigt. Zu nennen sind in erster Linie die beitragsfreie Versicherung von Familienangehörigen (Ehegatten
und Kindern) sowie über die reine Krankenbehandlung hinausgehende, nur für Eltern in Betracht kommende Begünstigungen und
Leistungen (zB bei Mutterschaft, Vorsorge für Mütter und Väter, Haushaltshilfen, Krankengeld bei Erkrankung des Kindes, Vorsorgeuntersuchungen
für Kinder, Zuzahlungsbefreiungen für Kinder und Kinderfreibeträge im Rahmen von Belastungsgrenzen).
cc) In der sPV hat der Gesetzgeber nach der ständigen Rechtsprechung des Senats durch die Schaffung des zusätzlichen Beitrags
für Kinderlose iHv 0,25 Beitragssatzpunkten (§
55 Abs
3 S 1
SGB XI) den Vorgaben des sPV-Urteils des BVerfG (Urteil vom 3.4.2001 - 1 BvR 1629/94 - BVerfGE 103, 242 = SozR 3-3300 § 54 Nr 2 - im Folgenden: sPV-Urteil) unter verfassungsrechtlichem Blickwinkel hinreichend Rechnung getragen (vgl BSG Urteil vom 30.9.2015 - B 12 KR 15/12 R - BSGE 120, 23 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 77, RdNr 76 bis 89 mwN). Die in der Anordnung eines Beitragszuschlags für Kinderlose liegende fehlende
Anknüpfung an die Kinderzahl hält sich im Rahmen der Grenzen einer zulässigen Typisierung. Gleiches gilt für die zwischenzeitliche
Nichterhöhung des Beitragszuschlags.
b) Auch in Kenntnis des zwischenzeitlichen umfangreichen Vorbringens der Klägerin, der vorgelegten Stellungnahmen und der
zum Senatsurteil vom 30.9.2015 ergangenen sozialrechtlichen Literatur (vgl ua Blüggel, jurisPR-SozR 11/2016 Anm 2; Lenze,
NVwZ 2015, 1658; Lenze, SGb 2017, 130; Ruland, NZS 2016, 361; Seiler, NZS 2016, 641; Wenner, SozSich 2015, 344) ist nach den obigen Ausführungen eine erneute Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragen nicht gegeben. Gleiches gilt
insbesondere für die Aspekte Bindungswirkung (dazu aa) und Nachteilsausgleich im Beitragsrecht (dazu bb).
aa) Der Senat hat bereits in seinen Urteilen vom 5.7.2006 (etwa SozR 4-2600 § 157 Nr 1) und vom 30.9.2015 (B 12 KR 15/12 R - BSGE 120, 23 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 77) dargelegt, dass das sPV-Urteil des BVerfG auf das Beitragsrecht der GRV und GKV nicht im Wege
der den Entscheidungen des BVerfG nach § 31 Abs 2 S 2 BVerfGG zukommenden Gesetzeskraft und der ihnen nach § 31 Abs 1 BVerfGG zukommenden Bindungswirkung "übertragbar" ist, weil es ausweislich des Tenors nur zur Pflegeversicherung und deren beitragsrechtliche
Normen ergangen ist (BSG Urteil vom 30.9.2015 - B 12 KR 15/12 R - BSGE 120, 23 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 77, RdNr 33). Der Senat ist weder gehalten noch verpflichtet, die notwendige verfassungsrechtliche
Prüfung allein und ausschließlich anhand des sPV-Urteils des BVerfG vorzunehmen (in diesem Sinn offenbar Seiler, NZS 2016,
641, 643). Eine entsprechende Einengung der verfassungsrechtlichen Prüfung im Rahmen von Art
100 Abs
1 GG kann entgegen der Auffassung der Klägerin § 31 Abs 1, Abs 2 S 2 BVerfGG schon deshalb nicht entnommen werden, weil das sPV-Urteil des BVerfG jedenfalls auf das Beitragsrecht der GRV und der GKV
nicht "übertragbar" ist. In der sPV hat der Gesetzgeber nach der ständigen Rechtsprechung des Senats durch die Schaffung des
zusätzlichen Beitrags für Kinderlose (§
55 Abs
3 S 1
SGB XI) den Vorgaben des sPV-Urteils des BVerfG hinreichend Rechnung getragen (siehe oben).
bb) Der Senat hat ebenfalls entschieden, dass es keine verfassungsrechtliche Verpflichtung gibt, den von der Klägerin erstrebten
Nachteilsausgleich allein im Beitragsrecht von GRV und GKV bzw kumulativ beitrags- und leistungsrechtlich in der GRV und in
der GKV zu verwirklichen (siehe oben; speziell zur GRV bereits BSG Urteil vom 5.7.2006 - B 12 KR 20/04 R - SozR 4-2600 § 157 Nr 1 RdNr 51; BSG Urteil vom 30.9.2015 - B 12 KR 15/12 R - BSGE 120, 23 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 77, RdNr 47). Soweit angenommen wird, das BVerfG habe demgegenüber in seinem sPV-Urteil diesbezüglich
einen "qualitativen Sprung" (so Lenze, SGb 2017, 130, 133) zu den Ausführungen im Trümmerfrauenurteil (BVerfGE 87, 1 = SozR 3-5761 Allg Nr 1) gemacht bzw - so die Klägerin - einen "grundlegenden Paradigmenwechsel" vorgenommen, teilt der Senat
diese Ansicht erneut nicht (vgl insoweit BSG Urteil vom 30.9.2015 - B 12 KR 15/12 R- BSGE 120, 23 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 77, RdNr 60).
c) Auch die zwischenzeitliche Einführung des Pflegevorsorgefonds und die Erhöhung des Beitragssatzes um 0,3 Prozentpunkte
rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision wegen erstmaliger bzw erneuter Klärungsbedürftigkeit. Aus den seit 1.1.2015
geltenden Regelungen zum Pflegevorsorgefonds (§§
131 ff
SGB XI eingeführt durch Gesetz vom 17.12.2014, BGBl I 2222) und zur Erhöhung des Beitragssatzes (§
55 Abs
1 S 1
SGB XI idF vom 17.12.2014, BGBl I 2222) ergibt sich unter dem Blickwinkel der Klärungsbedürftigkeit keine andere Beurteilung hinsichtlich
der von der Klägerin in Frage gestellten Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften über die Beitragserhebung in der sPV.
Gemäß §
131 SGB XI (idF vom 17.12.2014, BGBl I 2222) wird in der sPV ein Sondervermögen unter dem Namen "Vorsorgefonds der sozialen Pflegeversicherung"
errichtet. Nach §
132 SGB XI dient das Sondervermögen der langfristigen Stabilisierung der Beitragsentwicklung in der sPV. Es darf nach Maßgabe des §
136 SGB XI nur zur Finanzierung der Leistungsaufwendungen der sPV verwendet werden. Gemäß §
135 Abs
1 S 1
SGB XI führt das Bundesversicherungsamt dem Sondervermögen monatlich zum 20. des Monats zu Lasten des Ausgleichsfonds einen Betrag
zu, der einem Zwölftel von 0,1 Prozent der beitragspflichtigen Einnahmen der sPV des Vorjahres entspricht (vgl zum Pflegevorsorgefonds
Dalichau, WzS 2016, 35).
Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 18/1798 S 42) soll mit der Errichtung des Pflegevorsorgefonds Folgendes erreicht werden:
"Mit der Bildung des Sondervermögens in der sozialen Pflegeversicherung soll die Finanzierung der aufgrund der demografischen
Entwicklung im Zeitverlauf deutlich steigenden Leistungsausgaben gerechter auf die Generationen verteilt und so auch der Gefahr
einer Beschränkung des Leistungsniveaus der Pflegeversicherung begegnet werden. Der gewählte Ansparzeitraum von 20 Jahren
ergibt sich daraus, dass die Geburtsjahrgänge 1959 bis 1967 mit 1,24 Millionen bis 1,36 Millionen Menschen deutlich stärker
besetzt sind als die davor und danach liegenden Jahrgänge. Im Jahr 2034 erreicht der erste Jahrgang das 75. Lebensjahr, nach
dem die Wahrscheinlichkeit pflegebedürftig zu sein, deutlich ansteigt. Etwa 20 Jahre später ist ein größerer Teil dieses Personenkreises
bereits verstorben und die erheblich schwächer besetzten Jahrgänge nach 1967 rücken in das Pflegealter vor. Dementsprechend
ist in diesem Zeitraum eine besonders hohe Zahl von Pflegebedürftigen zu versorgen. Dadurch steigt die Notwendigkeit von Beitragssatzanpassungen.
Das Sondervermögen darf nach Abschluss der Ansparphase ausschließlich zweckgebunden zur Stabilisierung des aufgrund der demografischen
Entwicklung ansteigenden Beitragssatzes verwendet werden. Eine andere Verwendung der Mittel des Sondervermögens ist gesetzlich
ausgeschlossen."
Die Errichtung des Vorsorgefonds lässt keinen unmittelbaren Bezug zur vorliegend von der Klägerin angegriffenen Beitragserhebung
in der sPV erkennen. Wie sich aus §
135 Abs
1 S 1
SGB XI ergibt, wird das Sondervermögen zu Lasten des Ausgleichsfonds gebildet. Nach §
65 Abs
1 SGB XI handelt es sich bei dem Ausgleichsfonds um das vom Bundesversicherungsamt verwaltete Sondervermögen, das die eingehenden
Beträge aus 1. den Beiträgen aus den Rentenzahlungen, 2. den von den Pflegekassen überwiesenen Überschüssen aus Betriebsmitteln
und Rücklage (§
64 Abs
4 SGB XI) und 3. den vom Gesundheitsfonds überwiesenen Beiträgen der Versicherten umfasst. Auch die zwischenzeitliche Erhöhung des
Beitragssatzes in der sPV um 0,3 Prozentpunkte lässt in Bezug auf das klägerische Begehren keine die Annahme einer erneuten
Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragen rechtfertigende Änderung erkennen.
2. Die Klägerin behauptet weiterhin das Vorliegen von Verfahrensfehlern iS von §
160 Abs
2 Nr
3 SGG. Ihr Vortrag rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision.
a) Auf Seite 24 macht die Klägerin geltend, das LSG habe es verfahrensfehlerhaft unterlassen, "die gemäß §
75 Abs.
2 SGG notwendigen Beiladungen ... der Bundesbank und ... des Ehemannes der Klägerin von Amts wegen zu beschließen."
Die Bundesbank sei gemäß §
75 Abs
2 SGG notwendig beizuladen gewesen, weil "Adressat der über die Zwangsbeiträge erhobenen Mittel" der Pflegevorsorgefonds sei. Es
sei "offensichtlich", dass jede gerichtliche Entscheidung zur Verfassungskonformität der an ihn abzuführenden Beiträge gegenüber
allen Beteiligten - und damit ihn eingeschlossen - nur einheitlich ergehen könne. Richte sich das Begehren der Berücksichtigung
der Kindererziehung in den intergenerationell verteilenden Systemen konkret auf die Bereinigung der Bemessungsgrundlage entsprechend
dem in den Kinderfreibeträgen dokumentierten steuerlichen Existenzminimum, so folge hieraus "zwangsläufig", dass eine Entscheidung
hierüber gegenüber beiden Eltern nur einheitlich erfolgen kann, mithin ebenfalls ein Fall notwendiger Beiladung von Amts wegen
gemäß §
75 Abs
2 SGG vorliege (Hinweis auf BSG Urteil vom 2.2.2010 - B 8 SO 17/08 R).
In der unterbliebenen Beiladung der Bundesbank sowie des Ehemanns der Klägerin ist kein entscheidungserheblicher Verstoß des
LSG gegen §
75 Abs
2 SGG zu sehen (zur grundsätzlichen Qualität eines Verstoßes gegen §
75 Abs
2 Alt 1
SGG als Verfahrensmangel iS von §
160 Abs
2 Nr
3 SGG vgl Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, §
75 RdNr 13a mwN). Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber
nur einheitlich ergehen kann oder ergibt sich im Verfahren, dass bei der Ablehnung des Anspruchs ein anderer Versicherungsträger,
ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe, ein Träger der Leistungen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land als leistungspflichtig in Betracht kommt, so sind sie
nach §
75 Abs
2 SGG beizuladen. Hinsichtlich beider in §
75 Abs
2 SGG genannten Alternativen (Notwendigkeit einheitlicher Entscheidung bzw anderer Leistungspflichtiger) ist deren Vorliegen weder
bezüglich der Bundesbank noch bezüglich des Ehemanns anzunehmen. Wie dargelegt hat der Pflegevorsorgefonds, der gemäß §
134 Abs
1 S 1
SGB XI durch die Bundesbank verwaltet wird, keine unmittelbaren Auswirkungen auf die von der Klägerin angegriffene Beitragsbemessung
und -festsetzung ua in der sPV. Es handelt sich vielmehr um ein in den Bereich der Beitrags- und Mittelverwendung fallenden
Kapitalstock, woraus nach §
136 S 1
SGB XI ohnehin erst ab dem Jahr 2035 Entnahmen möglich sein werden. Adressatin der angegriffenen Beitragsbemessung und -festsetzung
ist die Klägerin als versicherungspflichtig Beschäftigte, nicht ihr Ehemann. Anhaltspunkte dafür, dass der Ehemann der Klägerin
im Wege des Ehegatten- bzw Familienunterhalts (vgl zB §
1360 BGB) zur (teilweisen) Erbringung der Beiträge verpflichtet wäre, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
b) Auf Seite 27 behauptet die Klägerin das Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes wegen Verletzung von Art
101 Abs
1 S 2
GG durch die Mitwirkung des abgelehnten Senatsvorsitzenden.
aa) Entgegen der Annahme des LSG sei ihr Ablehnungsantrag nicht missbräuchlich gewesen. Schon die Sachdarstellung im angefochtenen
Urteil, die Klägerin habe einen offensichtlich unbegründeten Vertagungsantrag allein mit dem Ziel gestellt, nach dessen Ablehnung
einen Befangenheitsantrag zu stellen, sei erwiesenermaßen unzutreffend. Bereits vor dem SG habe sie auf die Notwendigkeit der Beiladungen und deren Bedeutung gerade mit Blick auf die von ihr begehrte Vorlage gemäß
Art
100 GG bzw die "final fällige" Verfassungsbeschwerde hingewiesen. Schon in ihrem Klagevorbringen gegenüber dem SG habe sie auf den Anschein von Voreingenommenheit bei Unterlassen der notwendigen Beiladungen hingewiesen. Tatsächlich habe
das LSG die Beiladungen jedoch erst nach erfolgter Ladung zur mündlichen Verhandlung und ohne Klarstellung gegenüber der Klägerin
vorgenommen sowie die beantragte Beiladung der Bundesbank pauschal ohne jede inhaltliche Begründung abgelehnt. Darüber hinaus
habe sie bereits vor der mündlichen Verhandlung auf die noch beim BSG anhängigen Revisionen und deren dortige Behandlung (Abladung der mündlichen Verhandlungen) hingewiesen, was vor dem Hintergrund
der von der Klägerin am Ende ihres Schriftsatzes vom 27.10.2016 geäußerten Bitte angesichts der prozessualen Fürsorgepflicht
des Senatsvorsitzenden gegenüber rechtsunerfahrenen Beteiligten aber ein gesondertes Eingehen erforderlich gemacht hätte,
was ausweislich der Niederschrift jedoch nicht erfolgt sei.
Für jeden neutralen Betrachter mache dies die Befürchtung nachvollziehbar, das Verfahren solle ohne inhaltliche Auseinandersetzung
mit ihrem Vorbringen, ja nicht einmal unter Wahrung "des Scheins" wenigstens der Einhaltung der Formalitäten quasi übers Knie
gebrochen werden. Ihren Vertagungsantrag mit dem zusätzlichen Antrag der Beiladung der Bundesbank habe sie eingebracht, weil
sie habe befürchten müssen, ein für ihr Anliegen, nämlich die beabsichtigte Verfassungsbeschwerde, wertloses Urteil zu erhalten.
Daher habe sie sich nicht missbräuchlich verhalten. Ihr Gesuch sei auch deshalb nicht unzulässig gewesen, weil es sehr wohl
ein Eingehen auf den Verfahrensgegenstand erforderlich gemacht habe, was darin deutlich wird, dass sich das LSG im angefochtenen
Urteil zu Äußerungen betreffend die verfahrensrechtliche Frage der Beiladung der Bundesbank und deren Entbehrlichkeit wie
zur verfahrensrechtlichen Frage der Wahrung des rechtlichen Gehörs der Beigeladenen, also schließlich auch zu materiell-rechtlichen
Ausführungen zum Pflegevorsorgefonds selbst veranlasst gesehen habe.
bb) Art
101 Abs
1 S 2
GG ist vorliegend nicht verletzt. Der von der Klägerin behauptete Verfahrensfehler liegt nicht vor.
Grundsätzlich unterliegen Entscheidungen, die dem Endurteil vorausgegangen sind und - wie im Falle einer Ablehnung eines Befangenheitsantrages
durch ein LSG - unanfechtbar sind (§
177 SGG), nicht der Beurteilung des Revisionsgerichts (§
202 SGG iVm §
557 Abs
2 ZPO). Deshalb kommt ein Verstoß gegen Art
101 Abs
1 S 2
GG nur bei willkürlichen Verstößen gegen Verfahrensvorschriften in Betracht (BSG Beschluss vom 5.8.2003 - B 3 P 8/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 1 RdNr 9 f). Vorliegend ist allerdings zu beachten, dass das LSG den Befangenheitsantrag nicht durch
Zwischenentscheidung abgelehnt hat; vielmehr ist es in seinen Urteilsgründen von einem rechtsmissbräuchlichen Ablehnungsgesuch,
das unbeachtlich sei, ausgegangen. In einem solchen Fall kann sich die fehlerhafte Anwendung einfachen Rechts - anders als
in den Fällen einer Zwischenentscheidung - als Verfahrensfehler erweisen, auf dem die Entscheidung beruhen kann (vgl BSG Beschluss vom 31.8.2015 - B 9 V 26/15 B - Juris RdNr 11 mwN).
In der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe und des BVerfG ist anerkannt, dass rechtsmissbräuchliche oder gänzlich untaugliche
Ablehnungsgesuche ausnahmsweise im vereinfachten Ablehnungsverfahren in der geschäftsplanmäßigen Besetzung des Gerichts unter
Beteiligung der abgelehnten Richter behandelt werden können, wenn für die Verwerfung als unzulässig jedes Eingehen auf den
Gegenstand des Verfahrens entbehrlich ist. Dies ist der Fall, wenn das Gericht einen offensichtlichen Missbrauch des Ablehnungsrechts
für sachfremde Zwecke verhindern will oder lediglich eine bloße Formalentscheidung über ein offensichtlich unzulässiges Gesuch
trifft, die keinerlei Beurteilung des eigenen Verhaltens durch die entscheidenden Richter und kein Eingehen auf den Verfahrensgegenstand
erfordert (vgl BSG Beschluss vom 31.8.2015 - B 9 V 26/15 B - Juris RdNr 16 mwN).
Das LSG hat sein Vorgehen damit begründet, dass bereits der Vertagungsantrag der Klägerin ganz offensichtlich unbegründet
gewesen und allein mit dem Ziel gestellt worden sei, nach dessen Ablehnung einen Befangenheitsantrag zu stellen. Dies ergebe
sich zum einen daraus, dass die Klägerin schon bei Stellung ihres Vertagungsantrags ausgeführt habe, es bestehe die Besorgnis
fehlender Ergebnisoffenheit bei Durchführung der Verhandlung, weil die Beigeladenen keine ausreichende Zeit gehabt hätten,
sich mit dem Anliegen der Klägerin zu befassen. Zum anderen habe die Klägerin nach Ablehnung des Vertagungsantrags einen bereits
vorgefertigt ausgedruckten schriftlichen Befangenheitsantrag gestellt, was zeigt, dass das prozesstaktische Vorgehen der Klägerin
von Anfang an darauf gerichtet war, den ordnungsgemäßen Gang der mündlichen Verhandlung zu verhindern und somit prozessfremde
Ziele zu verfolgen.
Der als Anlage zur Niederschrift über die mündliche Verhandlung zu den Akten genommene schriftliche Ablehnungsantrag der Klägerin
rechtfertigt seine Bewertung als rechtsmissbräuchlich. Nach einer allgemein gehaltenen Schilderung der Hintergründe der Klage
führt die Klägerin aus:
"Im vorliegende Rechtsstreit wurde nach meinem Kenntnisstand mit Ladungsverfügung vom 19.10.2016 lediglich Beklagte und Klägerin
zur mündlichen Verhandlung geladen.
Ob eine Ladung der gRV, der sPV sowie des Arbeitgebers nach Beiladungsbeschluss 20.10.2016 erfolgte, ist mir unbekannt. Zumindest
aber dürfte es zeitlich an der erforderlichen Möglichkeit zur Auseinandersatzung mit dem Streitgegenstand fehlen. Damit ergibt
sich schlüssig, dass der Kammervorsitzende den Rechtsstreit auch ohne Berücksichtigung des Inhalts der Verfassungsbeschwerden
und Stellungnahmen, sowie ohne gegebenenfalls notwendige weitere Sachaufklärung für entscheidungsreif hält.
Bei dieser Sach- und Rechtslage kommt aber weder eine Entscheidung zu meinen Gunsten, noch eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht
gemäß Art.
100 GG zulässigerweise in Betracht. Die Verfahrensweise des Vorsitzenden entbehrt somit jeglicher gesetzlicher Grundlage und beinhaltet
eine Häufung von Verfahrensfehlern. Für mich ergibt sich schlüssig und vernünftigerweise die Besorgnis, dass der Kammervorsitzende
keinesfalls ergebnisoffen in die mündliche Verhandlung eingetreten ist, sondern sich offenbar bereits auf das Ergebnis einer
Klageabweisung festgelegt hat. Von meinem Standpunkt aus drängt sich vernünftig und objektiv betrachtet, das Misstrauen gegen
die Unparteilichkeit des abgelehnten Vorsitzenden Richters förmlich auf."
Für die Bewertung als rechtsmissbräuchlich spricht, dass der schriftliche Antrag vorgefertigt war und nur im Einleitungssatz
und im vorletzten Absatz Angaben zum konkreten Verfahren in Form des Datums der Ladungsverfügung enthielt. Auffällig ist,
dass nicht nur die namentliche Bezeichnung des abgelehnten Richters unterblieben ist. Stattdessen ist im Ablehnungsgesuch
wiederholt nur vom "Vorsitzenden" bzw vom "vorsitzenden Richter" die Rede. Darüber hinaus wird wiederholt vom "Kammervorsitzenden"
und nicht vom Senatsvorsitzenden gesprochen. Ausweislich der Niederschrift hat die Klägerin auch die ihr in der mündlichen
Verhandlung eingeräumte Möglichkeit, ihr vorgefertigtes Befangenheitsgesuch zu erläutern, nicht wahrgenommen.
3. Schließlich macht die Klägerin auf Seite 31 der Beschwerdebegründung geltend: "Der Vollständigkeit halber: Rügen von 'Divergenz'
- §
160 Abs.
2 Nr.
2 SGG - und weiteren Verfahrensfehlern (Verletzung rechtlichen Gehörs) - §
160 Abs.
2 Nr.
3 SGG - jeweils iVm §
160a Abs.
2 SGG". Auch insoweit ist eine Zulassung der Revision nicht gerechtfertigt.
"Der Vollständigkeit und guten Ordnung halber" seien noch die von der Klägerin "bereits festgestellten" Divergenzen zwischen
dem "Beitragskinderurteil" des BVerfG vom 3.4.2001 (1 BvR 1629/94) im Hinblick auf die "lebenslängliche" (BSG) versus "temporäre Berücksichtigung der Kindererziehung" (BVerfG), ferner auf das mit der Rechtsprechung des BVerfG zur Zulässigkeit
von Typisierungen nicht zu vereinbarende Urteil des BSG vom 30.9.2015 bzw ihm folgend entsprechend das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 15.11.2016 als entscheidungserhebliche
Gesichtspunkte zu rügen. Dasselbe gelte hinsichtlich der Aussagen des LSG im Hinblick auf den Pflegevorsorgefonds, welche
mit den Aussagen des BVerfG im Urteil vom 3.4.2001 (1 BvR 1681/94) kollidierten.
a) Die von der Klägerin "der Vollständigkeit halber" gerügte Divergenz des angefochtenen Urteils zu Urteilen des BVerfG und
des BSG liegt nicht vor. Divergenz iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG bedeutet Widerspruch im Rechtssatz, nämlich das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Urteilen zugrunde
gelegt sind. Eine Abweichung liegt nicht schon dann vor, wenn das LSG eine höchstrichterliche Entscheidung nur unrichtig ausgelegt
oder das Recht unrichtig angewandt hat, sondern erst, wenn das LSG Kriterien, die ein in der Norm genanntes Gericht aufgestellt
hat, widersprochen, also andere Maßstäbe entwickelt hat. Das LSG weicht damit nur dann iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG von einer Entscheidung ua des BSG ab, wenn es einen abstrakten Rechtssatz aufstellt, der einer zu demselben Gegenstand gemachten und fortbestehenden aktuellen
abstrakten Aussage des BSG entgegensteht und dem Berufungsurteil tragend zugrunde liegt. Die Beschwerdebegründung muss deshalb aufzeigen, welcher abstrakte
Rechtssatz in den genannten höchstrichterlichen Urteilen enthalten ist, und welcher in der instanzabschließenden Entscheidung
des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht, und darlegen, dass die Entscheidung hierauf beruhen kann (BSG Beschluss vom 27.1.1999 - B 4 RA 131/98 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 26 mwN).
Der Beschwerdebegründung kann nicht der Nachweis sich widersprechender, tragender Rechtssätze entnommen werden. Insbesondere
hat sich das LSG bei seiner Entscheidung ua ausdrücklich auf das Urteil des Senats vom 30.9.2015 (B 12 KR 15/12 R - BSGE 120, 23 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 77) berufen. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind dem angefochtenen Urteil in Bezug auf den im
Jahr 2015 geschaffenen Pflegevorsorgefonds keine von dem sPV-Urteil des BVerfG abweichenden tragenden Rechtssätze zu entnehmen.
b) Ein in diesem Zusammenhang von der Klägerin gerügter Verstoß gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs liegt nicht
vor.
Eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art
103 Abs
1 GG, §
62 SGG) liegt insbesondere dann vor, wenn das Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und
in seine Erwägungen einzubeziehen, nicht nachgekommen ist (vgl BVerfGE 25, 137, 140), oder sein Urteil auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützt, zu denen sich die Beteiligten nicht haben äußern können
(vgl BSG Urteil vom 23.5.1996 - 13 RJ 75/95 - SozR 3-1500 § 62 Nr 12 S 19). Eine unzulässige Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen
oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine unerwartete Wende
gibt, mit der auch ein gewissenhafter Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verfahrensverlauf selbst unter Berücksichtigung
mehrerer vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte (stRspr, BVerfGE 84, 188, 190; 86, 133, 144 f; 98, 218, 263; BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 6 KA 44/08 R - SozR 4-2500 § 103 Nr 6 RdNr 18 mwN). Andererseits liegt keine unzulässige Überraschungsentscheidung vor, wenn die Problematik
bereits Gegenstand von Äußerungen der Beteiligten des streitigen Verfahrens war (vgl zB BVerfG [Kammer] Beschluss vom 12.7.2006
- BVerfGK 8, 376; vgl auch BSG Beschluss vom 20.8.2008 - B 13 R 217/08 B - Juris RdNr 9) oder selbst in das Verfahren eingeführt wurde.
Die Klägerin trägt zu den Ausführungen des LSG zum Pflegevorsorgefonds vor:
"Da die Klägerin auch diesen Aspekt durch Bezugnahme auf die Verfassungsbeschwerde 1 BvR 3135/94 (aaO, siehe dort S. 53, 56 f.) und zugleich mit dem Angebot der Beibringung der Schriftsätze, falls notwendig (zuletzt noch
im Schriftsatz vom 27.10.2016 (Bl. 63 Gerichtsakte), vorgetragen hatte, ist überdies auch hier zusätzlich die Verletzung des
grundrechtsgleichen Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör -Art.101 Abs. 1
GG, 62
SGG- als entscheidungserheblicher, revisionseröffnender Verfahrensfehler -§
160 Abs.
2 Nr.
3 SGG - zu rügen; denn dass das LSG sein Urteil in Kenntnis dieses Vortrags der Klägerin- und damit in Kenntnis der konträren Aussagen
des BVerfG ohne zumindest die Revisionszulassung getroffen hätte, ist unter Berücksichtigung des Rechtsstaatsprinzips ebenso
auszuschließen wie eine rechtserhebliche Begründung des LSG dafür, diesen Vortrag unberücksichtigt zu lassen (vgl. BVerfG,
Beschluss vom 10. Juni 1975 - 2 BvR 1086/74 -, BVerfGE40, 101-106; siehe ferner Meyer-Ladewig,
SGG-Komm., §
160 Rn 20- mwN)."
Schon die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde lässt keinen Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör erkennen. Denn
die Klägerin rügt im Kern ihres Vorbringens lediglich, dass das LSG ihrer Rechtsansicht in Bezug auf den Pflegevorsorgefonds
und den von ihr behaupteten Zusammenhängen in Bezug auf den vorliegenden Streitgegenstand nicht gefolgt ist. Das Recht auf
rechtliches Gehör gebietet allerdings nur, dass die Gerichte die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nehmen und
in Erwägung ziehen, es verpflichtet sie aber nicht, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen, ihn also zu "erhören" (BVerfG
[Kammer] Beschluss vom 8.4.2014, NZS 2014, 539 RdNr 13 mwN).
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
5. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechender Anwendung von §
193 SGG.