Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen
Grundsatzrüge
Klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage
Gründe:
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen,
die von der Beklagten anlässlich einer Betriebsprüfung für den Zeitraum 2001 bis 2004 unter Berücksichtigung der von der Klägerin
an ihre Beschäftigten gewährten Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge festgesetzt wurden.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 24.6.2014 ist
in entsprechender Anwendung von §
169 S 2 und 3
SGG als unzulässig zu verwerfen. Die Klägerin hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen §
160a Abs
2 S 3
SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das BSG darf gemäß §
160 Abs
2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl
BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
1. Die Klägerin beruft sich in der Beschwerdebegründung vom 6.10.2014 ausschließlich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen
Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG). Hierzu muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden
Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit)
und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; vgl auch BVerwG NJW 1999, 304 und BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem
Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht
zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31).
Die Klägerin wirft auf Seite 2 der Beschwerdebegründung folgende Frage auf:
"Ist ein Nachreichen der vom Arbeitgeber gemäß §
28f SGB IV i.V.m. § 8 BVV zu führenden Nachweise der Beitragsabrechnung und Beitragszahlung in einem sich an die Betriebsprüfung anschließenden gerichtlichen
Verfahren ausgeschlossen?"
Die in dem angefochtenen Urteil vertretene Rechtsauffassung des LSG begegne erheblichen rechtlichen Bedenken. Der Ausschluss
einer späteren Vorlage von Aufzeichnungen und arbeitgeberseitig geführten Dokumentationen in einem sich an das Verwaltungsverfahren
anschließenden Gerichtsverfahren bedürfe zumindest einer gesetzlichen Grundlage, denn durch Präklusion werde in das Grundrecht
auf rechtliches Gehör eingegriffen. Eine im vorliegenden Fall einschlägige Rechtsgrundlage gebe es jedoch nicht. Weder die
Bestimmungen des
SGB IV noch die Beitragsverfahrensordnung noch das
SGG enthielten eine ausdrückliche Regelung dahingehend, dass Entgeltunterlagen sowie Nachweise zur Beitragsabrechnung und Beitragszahlung
im Gerichtsverfahren nicht mehr nachgereicht werden dürften. Eine Präklusion berühre auch den Untersuchungsgrundsatz (§
103 SGG). Auf die vom LSG in Bezug genommenen Entscheidungen anderer LSG könne es sich nicht berufen, da diese Entscheidungen nicht
den behaupteten Inhalt hätten.
Hierdurch erfüllt die Klägerin die Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge nicht (vgl hierzu exemplarisch BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Es kann offenbleiben, ob die Klägerin überhaupt eine abstrakt-generelle Rechtsfrage - zur Auslegung, zum
Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl §
162 SGG) mit höherrangigem Recht - formuliert (vgl dazu allgemein BSG vom 6.4.2010 - B 5 R 8/10 B - BeckRS 2010, 68786 RdNr 10; BSG vom 21.7.2010 - B 5 R 154/10 B - BeckRS 2010, 72088 RdNr 10; BSG vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - BeckRS 2009, 50073 RdNr 7; Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX, RdNr 181). Jedenfalls legt die
Klägerin die Klärungsbedürftigkeit ihrer Frage nicht in der gebotenen Weise dar, weil sie sich schon nicht hinreichend mit
der - eine Beantwortung ggf ohne Weiteres ermöglichenden - Rechtslage befasst. Sie unterstellt pauschal, es liege ein Fall
einer "Präklusion" vor, ohne der naheliegenden Frage nachzugehen, ob abstrakt - bzw konkret im Rahmen der vorliegend von ihr
erhobenen Anfechtungsklage - tatsächlich ein Recht oder eine Rechtshandlung ausgeschlossen wurde und falls ja, welches Recht
bzw welche Rechtshandlung konkret betroffen sein soll. Vor allem unterlässt die Klägerin die notwendige fundierte Auseinandersetzung
mit der in §
28f Abs
1 S 1
SGB IV geregelten Aufzeichnungspflicht für Arbeitgeber und den in Abs 2 der Vorschrift explizit geregelten Konsequenzen ihrer Verletzung.
Zu einer vertieften Würdigung der Rechtslage hätte aber gerade deswegen Anlass bestanden, weil nach §
28f Abs
2 S 5
SGB IV der prüfende Träger der Rentenversicherung einen auf Grund der Sätze 1, 3 und 4 ergangenen Bescheid insoweit zu widerrufen
hat, als nachträglich die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder Versicherungsfreiheit festgestellt und die Höhe des Arbeitsentgelts
nachgewiesen werden. Mit dieser Systematik und den hieraus - auch für die Frage des Rechtsschutzes - abzuleitenden Konsequenzen
befasst sich die Klägerin jedoch ebenso wenig wie mit der Rechtsprechung ua des erkennenden Senats (vgl zB zu Summenbescheiden
BSGE 89, 158, 159 ff = SozR 3-2400 § 28f Nr 3 S 4 ff).
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen, §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 S 1 Teils 3
SGG iVm §
154 Abs
2, §
162 Abs
3 VwGO.
4. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren hat ihre Grundlage in §
197a 10 Abs
1 S 1 Teils 1
SGG iVm §
63 Abs
2 S 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG und entspricht der von den Beteiligten nicht beanstandeten Festsetzung durch das LSG.