Anspruch auf Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung; Wegfall wegen des Bezuges einer Rente wegen voller Erwerbsminderung
ohne Rentenzahlbetrag wegen Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über den Anspruch des Klägers auf Krankengeld (Krg) in der Zeit vom 1.9. bis 31.12.2005.
Der 1952 geborene Kläger war als selbstständig tätiger staatlich bestellter Bezirkskaminkehrermeister bei der beklagten Krankenkasse
(KK) freiwillig mit Anspruch auf Krg versichert. Satzungsgemäß erhielt er wegen einer seit 24.2.2005 bestehenden Arbeitsunfähigkeit
(AU) nach Ablauf der Karenzfrist ab 24.3.2005 fortlaufend Krg. Am 15.4.2005 beantragte er bei der Rechtsvorgängerin (LVA)
der beigeladenen Rentenversicherungsträgerin Rente wegen Erwerbsminderung und am 20.4.2005 bei seinem Dienstherrn die Versetzung
in den vorzeitigen Ruhestand. Die LVA gewährte ihm mit Rentenbeginn 1.9.2005 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung,
wobei die LVA wegen Überschreitung des Hinzuverdienstes nach §
96a SGB VI zu einem Zahlbetrag von null Euro gelangte (Bescheid vom 30.8.2005).
Der Kläger teilte der LVA unter dem 21.10.2005 mit, er habe seine Tätigkeit noch nicht aufgegeben. Die Beklagte stellte daraufhin
die Krg-Zahlung mit dem 31.8.2005 ein und berief sich auf den Ausschluss des Krg-Anspruchs nach §
50 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGB V wegen der Rentenbewilligung (Hinweisschreiben vom 14.10.2005; Bescheid vom 8.11.2005; Widerspruchsbescheid vom 28.3.2006).
Der Kläger, der sein Gewerbe zum 31.12.2005 abmeldete und dann ab 1.1.2006 Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgezahlt
erhielt, ist mit seiner auf Zahlung von Krg vom 1.9. bis 31.12.2005 gerichteten Klage beim SG (Urteil vom 15.1.2008) und mit seiner Berufung ohne Erfolg geblieben. Zur Begründung hat das LSG ua ausgeführt, der Krg-Anspruch
habe nach §
50 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGB V wegen der Rentenbewilligung mit Ablauf des 31.8.2005 geendet. Es würde zu unsinnigen und widersprüchlichen Ergebnissen führen,
wenn man für das Bestehen eines Krg-Anspruchs je nach Höhe des Rentenzahlbetrags in Abhängigkeit vom Hinzuverdienst nach §
96a SGB VI differenziere. Der Kläger könne sein Krg-Begehren auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs durchsetzen,
da er weder um Beratung ersucht habe noch eine Pflicht zur Spontanberatung bestanden habe (Urteil vom 22.10.2009).
Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung des §
50 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGB V, des §
14 SGB I und der Grundsätze über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Ein Krg-Anspruch sei nur dann ausgeschlossen, wenn Versicherte
eine werthaltige Rente wegen voller Erwerbsminderung "beziehen", nicht aber bei einem "Rentenzahlbetrag" von null Euro, wie
es vorliegend der Fall sei. Das entspreche dem Wortlaut des §
50 Abs
1 Satz 1
SGB V und der Kommentarliteratur (Noftz in Hauck/Noftz,
SGB V, Stand Juni 2010, K §
50 RdNr 43). Es widerspräche dagegen dem Regelungszweck, Doppelleistungen auszuschließen, wenn ein Krg-Anspruch bereits wegen
eines gar nicht zur Auszahlung kommenden Rentenanspruchs entfiele. Der Gesetzgeber hätte §
50 Abs
1 SGB V bestimmter fassen müssen, wenn er ein anderes Regelungsziel hätte verfolgen wollen. Der Beklagten und der Beigeladenen sei
die Verletzung ihrer Pflicht zu spontaner Beratung ihm (dem Kläger) gegenüber anzulasten, da sie ihn nicht auf die Möglichkeit
hingewiesen hätten, den Rentenantrag zurückzunehmen. Es habe klar auf der Hand gelegen, dass er (der Kläger) durch Rücknahme
und spätere Stellung des Rentenantrags Vorteile gehabt hätte.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 22. Oktober 2009 sowie des Sozialgerichts Würzburg vom 15. Januar 2008
und den Bescheid der Beklagten vom 8. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. März 2006 aufzuheben
und die Beklagte zu verurteilen, ihm Krankengeld auch vom 1. September bis 31. Dezember 2005 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beigeladene schließt sich dem Vorbringen der Beklagten an.
II
Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht hat das LSG die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende
SG-Urteil zurückgewiesen. Der Kläger hat ab 1.9.2005 keinen Anspruch gegen die beklagte KK auf Krg, da die Beigeladene ihm vom
selben Zeitpunkt an Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligte. Für den Krg-Anspruch ist es unerheblich, dass die Beigeladene
erst ab 1.1.2006 unter Berücksichtigung der Hinzuverdienstgrenze gemäß §
96a SGB VI einen Rentenzahlbetrag errechnete.
1. Der Kläger konnte Krg nur bis zum Ablauf des 31.8.2005 beanspruchen. Auch wenn die übrigen Voraussetzungen eines Krg-Anspruchs
erfüllt gewesen sein sollten, wozu das LSG keine Feststellungen getroffen hat, stand dem Kläger ab 1.9.2005 nach §
50 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGB V kein Krg mehr zu. Nach dieser Norm endet für Versicherte, die Rente wegen voller Erwerbsminderung beziehen, ein Anspruch
auf Krg vom Beginn dieser Leistung an; nach Beginn dieser Leistung entsteht ein neuer Krg-Anspruch nicht. Ist über den Beginn
der in §
50 Abs
1 Satz 1
SGB V genannten Leistungen hinaus Krg gezahlt worden und übersteigt dieses den Betrag der Leistungen, kann die KK den überschießenden
Betrag vom Versicherten nicht zurückfordern (§
50 Abs
1 Satz 2
SGB V). Wird eine der in §
50 Abs
1 Satz 1
SGB V genannten Leistungen nicht mehr gezahlt, entsteht ein Anspruch auf Krg, wenn das Mitglied bei Eintritt einer erneuten AU
mit Anspruch auf Krg versichert ist (§
50 Abs
1 Satz 4
SGB V).
Die Voraussetzungen des §
50 Abs
1 Satz 2
SGB V liegen nach den Feststellungen des LSG nicht vor, die nicht mit Revisionsrügen angegriffen worden und deshalb für den erkennenden
Senat bindend sind (§
163 SGG). Denn die Beklagte hat die Krg-Zahlungen mit Ablauf des 31.8.2005 eingestellt. Auch ein Fall des §
50 Abs
1 Satz 4
SGB V ist nicht gegeben, da beim Kläger ab 24.2.2005 bis zum Jahresende 2005 durchgehend AU bestand.
2. Entgegen der Auffassung des Klägers unterfällt er ab 1.9.2005 dem Ausschlusstatbestand des §
50 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGB V, obwohl die LVA vom selben Zeitpunkt an Rente unter Berücksichtigung des anzurechnenden Erwerbseinkommens bestandskräftig
nur mit einem "Zahlbetrag" in Höhe von null Euro bewilligte. Für den Ausschluss des Krg-Anspruchs nach §
50 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGB V genügt es, dass Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt worden ist, ohne dass es auf die Höhe des Zahlbetrags im Hinblick
auf §
96a SGB VI ankommt. Das lässt der Wortlaut des §
50 Abs
1 Satz 1
SGB V zu und es entspricht Entstehungsgeschichte (dazu a), Regelungssystem (dazu b) sowie Sinn und Zweck der Regelung (dazu c).
a) Versicherte "beziehen" Renten wegen voller Erwerbsminderung, wenn ihnen der Rentenversicherungsträger eine solche Leistung
bewilligt hat. Davon ging bereits die Rechtsprechung zur Vorgängerregelung des § 183 Abs 3
RVO aus, der auf die "Zubilligung" einer Rente abstellte (vgl BSGE 48, 253, 254 = SozR 2200 § 183 Nr 25 S 65 mwN). Diese Regelung hat der Gesetzgeber bewusst in §
50 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGB V übernommen (s Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen [Gesundheits-Reformgesetz - GRG] der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP, BT-Drucks 11/2237 S 182 zu § 49 zu Abs 1, wonach Satz 1 Nr 1 mit redaktionellen Änderungen § 183 Abs 3 Satz 1
RVO entspricht). Dem entsprechend ist das BSG davon ausgegangen, dass mit dem "Beginn" der jeweiligen Rente, auch soweit sie
nur auf Zeit gewährt wird, der Zeitpunkt zu verstehen ist, von dem an sie im rentenversicherungsrechtlichen Sinne beansprucht
werden kann (vgl BSGE 71, 294, 296 = SozR 3-2500 § 48 Nr 4 S 19 unter Hinweis auf §§ 1247, 1276
RVO für den Beginn der EU-Rente).
Allerdings hatte der erkennende Senat zur früheren Regelung in §
50 Abs
1 Satz 1 Nr
2 SGB V aF (idF des GRG vom 20.12.1988, BGBl I 2477) die Auffassung vertreten, die Norm sei nur in den Fällen anwendbar, in denen das Ruhegehalt
nach Entstehung des Krg-Anspruchs beginnt (BSG NZS 1994, 316 f = SGb 1994, 523 f = USK 93110). Mit Blick auf diese Entscheidung ersetzte der Gesetzgeber in der Überschrift das Wort "Wegfall" durch das
Wort "Ausschluss" und änderte §
50 Abs
1 Satz 1 und
2 SGB V. Er ging davon aus, ein zeitlich deckungsgleicher Bezug mehrerer Lohnersatzleistungen sei sozialpolitisch nicht sinnvoll.
Um den gleichzeitigen Bezug von Leistungen iS von §
50 Abs
1 SGB V und von Krg zu vermeiden, seien die Änderungen der Überschrift und des Wortlauts der Vorschrift erforderlich. Danach werde
jeglicher Krg-Bezug neben den in §
50 Abs
1 SGB V genannten Leistungen ausgeschlossen (vgl Gesetzentwurf eines Dritten
SGB V-Änderungsgesetzes der Bundesregierung, BT-Drucks 13/340 S 9 zu Nr 2). Dieser Änderungsgeschichte hat der erkennende Senat
in der Folgezeit in ständiger Rechtsprechung entnommen, die Neufassung von Satz 1 habe den Ausschluss jeglichen Krg-Bezuges
neben den anderen dort genannten Lohnersatzleistungen bewirken sollen (vgl zB BSGE 83, 13, 16 = SozR 3-2500 § 50 Nr 5 S 22; BSG Urteil vom 30.5.2006 - B 1 KR 14/05 R - USK 2006-11; BSG Beschluss vom 27.7.2006 - B 1 KR 68/06 B - [juris] RdNr 3 mwN).
b) Das Regelungssystem unterstreicht, dass der Gesetzgeber mit §
50 Abs
1 SGB V eine grundsätzliche Systementscheidung zur Zuordnung der Lohnersatzleistungen getroffen hat. Während für die Dauer des Krg-Anspruchs
Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen den Krg-Anspruch nach §
49 Abs
1 Nr
1 SGB V zum Ruhen bringen, führt nach dem Ausschluss des Krg-Anspruchs aufgrund Bewilligung einer der Rentenleistungen nach §
50 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGB V die Hinzuverdienstregelung des §
96a SGB VI dazu, dass der monatliche Rentenzahlungsanspruch (ganz oder teilweise) wegfallen kann (vgl zum Regelungssystem in der gesetzlichen
Rentenversicherung zB BSG Urteil vom 22.6.2010 - B 1 KR 21/09 R - RdNr 13 f mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Zu der angesprochenen Systemabgrenzung gehört es ebenfalls,
dass nach §
101 Abs
1 SGB VI befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung
der Erwerbsfähigkeit geleistet werden. Diese Regelung bezweckt, die Risiken zwischen der gesetzlichen Krankenversicherung
(GKV) und der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) zu verteilen (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU; SPD und FDP eines
Rentenreformgesetzes - RRG -, BT-Drucks 11/4124 S 176 zu § 100 Entwurf RRG). Die Regelung geht typisierend davon aus, dass ein in der GKV Versicherter im allgemeinen für die ersten sechs Monate seiner
AU noch Krg erhält und erst für die sich anschließende Zeit den Schutz der GRV genießt, weil erst dann davon auszugehen ist,
dass seine Leistungsfähigkeit nicht nur vorübergehend beeinträchtigt ist (vgl BSG SozR 3-2600 § 101 Nr 2 S 4 mwN).
c) §
50 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGB V bezweckt danach, die Eintrittspflicht der Systeme der GKV und der GRV in Bezug auf Entgeltersatzleistungen einschließlich
ihrer Anrechnungsvorschriften durch den rechtstechnischen Zeitpunkt des Rentenbeginns voneinander abzugrenzen. Dieser Zeitpunkt
ist leicht und verwaltungspraktikabel feststellbar, da der Beginn der Rente notwendiger Verfügungssatz eines Bescheides über
die Gewährung von Rente ist (stRspr; vgl dazu zB BSG SozR 3-2600 § 101 Nr 2 S 3 mwN). Der im Rentenbescheid festgesetzte,
maßgebliche Zeitpunkt des Rentenbeginns darf nicht mit dem Datum des Rentenbescheides verwechselt werden. Die LVA hat denn
auch klar den Zeitpunkt des Beginns der Rente wegen voller Erwerbsminderung auf den 1.9.2005 festgelegt (Bescheid vom 30.8.2005).
3. Der Kläger kann Krg von der Beklagten auch nicht im Wege des Herstellungsanspruchs beanspruchen. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch
greift nach den allgemeinen richterrechtlichen Grundsätzen bei einer dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnenden
Pflichtverletzung ein, durch welche dem Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden entstanden ist. Auf der Rechtsfolgenseite
muss durch die Vornahme einer Amtshandlung des Trägers ein Zustand hergestellt werden können, der bestehen würde, wenn die
Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre (stRspr; vgl dazu zB BSG Urteil vom 6.11.2008 - B 1 KR 8/08 R - USK 2008-128, RdNr 22; BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15, RdNr 20 mwN). Dafür liegt hier nichts vor.
a) Eine Pflichtverletzung besteht nicht wegen einer unzutreffenden Beratung des Klägers. Der Kläger hat weder von der beklagten
KK oder der beigeladenen Rentenversicherungsträgerin eine (dann unterbliebene) Beratung erbeten noch ist daraufhin eine Fehlberatung
seitens dieser Leistungsträger erfolgt. Bei dieser Sachlage bedarf es insoweit hier noch keines Eingehens darauf, ob der Beklagten
eine Pflichtverletzung der Beigeladenen zuzurechnen wäre.
b) Eine Beratung des Klägers ist auch nicht pflichtwidrig unterblieben. In der BSG-Rechtsprechung ist allerdings anerkannt,
dass der Leistungsträger unabhängig von einem konkreten Beratungsbegehren gehalten ist, bei Vorliegen eines konkreten Anlasses
auf klar zu Tage tretende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und von
jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genutzt würden (sog Spontanberatung, vgl BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15, RdNr 31 mwN; BSG SozR 4-1200 § 14 Nr 5 RdNr 9 mwN; BSGE 92, 34 = SozR 4-3100 § 60 Nr 1 RdNr 26; BSG SozR 3-4100 § 110 Nr 2 S 9; BSG SozR 3-1200 § 14 Nr 16 S 49 f; BSG SozR 3-1200 § 14
Nr 6 S 13, alle mwN). Ist das von den KKn zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben auf einem Gebiet bereitgestellte Leistungsangebot
für die Versicherten so unübersichtlich, dass sich im Einzelfall nicht vermeiden lässt, einen konkreten Weg aufzuzeigen, der
zu den gesetzlich möglichen Leistungen führt, ist eine solche Spontanberatung geboten (BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 14). Das gilt insbesondere dann, wenn sich aus dem Verhalten eines Versicherten ergibt, dass
er über die gesetzlichen Möglichkeiten nicht ausreichend informiert ist (vgl BSG SozR 2200 § 182 Nr 57 S 108 f). Das setzt
aber voraus, dass der Beklagten oder der Beigeladenen als einem zu berücksichtigenden Dritten ein solcher Informationsbedarf
überhaupt erkennbar ist. Daran fehlt es.
c) Die Beklagte war nicht zu einer Spontanberatung verpflichtet. Der erkennende Senat kann nach den für ihn bindenden Feststellungen
(§
163 SGG) schon nicht davon ausgehen, dass nach den dargelegten Grundsätzen dem Kläger ein sozialrechtlich erheblicher Nachteil dadurch
entstand, dass er ab 1.9.2005 Rente zugebilligt erhielt und kein Krg mehr ausgezahlt bekam. Ein solcher Nachteil ergibt sich
weder aus den Feststellungen des LSG noch aus dem Revisionsvorbringen. Hierbei ist nämlich zu berücksichtigen, dass sich Arbeitseinkommen,
welches (noch) aus einer selbstständigen Erwerbstätigkeit erzielt wird, auf beide der hier vom Kläger beantragten Entgeltersatzleistungen
auswirkt, sowohl auf den Bezug von Rente als auch auf die Gewährung von Krg:
§
96a Abs
1 SGB VI regelt, dass eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur geleistet wird, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten
wird (Satz 1). Sie wird nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbstständigen
Tätigkeit oder vergleichbares Einkommen im Monat die in Abs 2 genannten Beträge nicht übersteigt, wobei ein zweimaliges Überschreiten
um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach Abs 2 im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht
bleibt (Satz 2). Die in Satz 2 genannten Einkünfte werden zusammengerechnet (Satz 3). Dementsprechend geht die Rechtsprechung
des BSG davon aus, dass erst mit dem Erwerb von Arbeitseinkommen, welches die Hinzuverdienstgrenze iS von §
96a SGB VI überschreitet, der monatliche Rentenzahlungsanspruch (teilweise) wegfällt (vgl BSG Urteil vom 22.6.2010 - B 1 KR 21/09 R - RdNr 14 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; entsprechend zB zum Arbeitsentgelt BSG SozR 3-2600 § 96a
Nr 1; SozR 4-2600 § 313 Nr 1; SozR 4-2600 § 313 Nr 2; SozR 4-2600 § 313 Nr 4). Insoweit ist schon nicht klar, dass der Kläger
überhaupt noch nach dem 31.8.2005 selbstständig erwerbstätig war - wofür seine Mitteilung an die LVA unter dem 21.10.2005
sprechen könnte, er habe seine Tätigkeit noch nicht aufgegeben, wogegen aber evtl die Bestellung eines Stellvertreters sprechen
könnte (Bescheid des Landratsamts vom 30.8.2005 auf Antrag des Klägers) - und welches Arbeitseinkommen er ggf aus seiner Tätigkeit
noch erzielte.
Nach der gegenüber dem Satzungsrecht der beklagten KK vorrangigen Regelung des §
49 Abs
1 Nr
1 SGB V war indes auch Krg nicht auszuzahlen, soweit ein Anspruch hierauf ruhte, weil und solange der Kläger aus einer weiterhin
bis 31.12.2005 ausgeübten Tätigkeit als Selbstständiger beitragspflichtiges Arbeitseinkommen erzielte. Es ist weder vorgetragen
noch sonst ersichtlich, dass den Kläger unter Berücksichtigung der Ruhensregelung beim Krg ein Rechtsnachteil traf. Unter
diesen Umständen vermag der Senat nicht von der Verletzung einer Pflicht der Beklagten zur Spontanberatung auszugehen.
d) Auch die Beigeladene und ihre Rechtsvorgängerin waren aus weiteren Gründen heraus nicht zu einer Spontanberatung verpflichtet.
Sie mussten - auch als evtl einzubeziehende Dritte (dazu aa) den Kläger nicht spontan auf die Möglichkeit hinweisen, seinen
Rentenantrag zurückzunehmen (dazu bb).
aa) Der Senat lässt die Frage offen, ob sich die Beklagte Pflichtverletzungen der Beigeladenen im Rahmen des Herstellungsanspruchs
zurechnen lassen müsste. Es ist jedenfalls entgegen der Auffassung des LSG nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass einen
Träger der GRV Beratungspflichten treffen, die sich ein Träger der GKV im Rahmen des Herstellungsanspruchs bei einer unterlassenen
Leistungsgewährung entgegenhalten lassen muss. Die Rechtsprechung des BSG hat beim sozialrechtlichen Herstellungsanspruch
in bestimmten Fallgestaltungen vom Grundsatz der Verantwortlichkeit nur für eigene Fehler Ausnahmen gemacht und einem Leistungsträger
die Pflichtverletzung eines anderen Leistungsträgers oder sonstigen Dritten wie eine eigene Pflichtverletzung zugerechnet
(stRspr seit BSGE 51, 89 = SozR 2200 § 381 Nr 44). Sie bejaht eine solche Zurechnung insbesondere, wenn zwei Leistungsträger im Sinne einer Funktionseinheit
mit einer Aufgabenerfüllung arbeitsteilig betraut sind (BSGE 71, 217 = SozR 3-1200 § 14 Nr 8) oder ein Leistungsträger einen anderen Leistungsträger oder einen Dritten in die Abwicklung eines
Versicherungsverhältnisses mit einbezogen hat (vgl zB BSGE 52, 254, 256 f = SozR 2200 § 216 Nr 5 S 10 f; BSG SozR 3-5670 § 5 Nr 1) und wenn spezifische Beratungspflichten aufgrund der Verknüpfung
zweier Leistungsträger oder seitens eines Leistungsträgers aufgrund besonderer Aufgaben bestehen (vgl insgesamt zB BSG SGb
2010, 47; bejahend zB BSGE 73, 56 = SozR 3-1200 § 14 Nr 9; zum einer KK erkennbaren Beratungsbedarf zur Pflichtversicherung auf Antrag nach §
4 Abs
2 SGB VI in der GRV: BSG SozR 4-2600 §
4 Nr
2; verneinend etwa BSGE 71, 217 = SozR 3-1200 § 14 Nr 8; BSG SozR 3-3100 § 60 Nr 3).
bb) Ein auf nachträgliche Zahlung des Krg gerichteter Herstellungsanspruch des Klägers wegen von der Beigeladenen bzw der
LVA unterlassener Spontanberatung ist hier jedenfalls nach der Zielsetzung des Rechtsinstituts des Herstellungsanspruchs zu
verneinen. Der Anspruch ist auf Herstellung des dem Gesetz und seinen Zielen entsprechenden Zustandes gerichtet (vgl insgesamt
BSG SozR 3-2200 § 183 Nr 1 S 3 mwN; BSGE 63, 112, 114 = SozR 1300 §
14 SGB I Nr 28; s auch BSG Urteil vom 25.10.1989 - 7 RAr 150/88 -; BSG Urteil vom 12.7.1989 - 7 RAr 62/88 - mwN). Den Herstellungsanspruch beurteilen die Gerichte nach der Rechtslage zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung
und prüfen danach, ob die begehrte Amtshandlung auch den Zielen des Gesetzes entspricht. Der Herstellungsanspruch darf nicht
zu Ergebnissen führen, die mit dem Gesetz nicht übereinstimmen. Dabei geht es nicht um die Rechtmäßigkeit der jeweiligen Amtshandlung
als Mittel zur Herstellung des gewünschten Zustandes, sondern um diesen Zustand selbst, also um das Ziel, das durch die Amtshandlung
herbeigeführt werden soll (vgl BSG SozR 3-2200 § 183 Nr 1 S 3 unter Hinweis auf Wallerath, DÖV 1987, 505, 514). Die vom Kläger angestrebte Beratung über eine Rücknahme des Rentenantrags hätte den gesetzlichen Zielen widersprochen.
Der Rentenbeginn mit dem 1.9.2005 stimmt nämlich mit dem vom Gesetz erstrebten Zustand überein. Der Kläger hätte nach Beginn
seiner vollen Erwerbsunfähigkeit am 24.2.2005 - bei entsprechender Versicherung mit Krg-Anspruch - zunächst länger als sechs
Monate Krg beanspruchen können, bevor ihm Rente bewilligt wurde. Das entspricht der dargelegten Risiko- und Lastenverteilung
zwischen GKV und GRV in §
101 Abs
1 SGB VI, die den Rentenbeginn trotz Erfüllung aller anderen rentenrechtlichen Voraussetzungen um sechs Monate hinausschiebt. In Kenntnis
der wahren Sach- und Rechtslage hätte die Beklagte den Kläger in der ersten Hälfte des Juni 2005 - gestützt auf den Bericht
der Ärztin Dr. K. vom 2.6.2005 und §
51 Abs
1 SGB V - dazu auffordern können, innerhalb von 10 Wochen sein Einverständnis mit einer Reha-Maßnahme zu erklären (vgl zur Einschränkung
der Dispositionsfreiheit für eine sog nachträgliche Aufforderung, nachdem der Versicherte bereits von sich aus einen Reha-
oder Rentenantrag gestellt hat, BSG SGb 2009, 309). Damit stimmt auch die Bewertung in §
50 Abs
1 Satz 2
SGB V überein. Sie billigt Versicherten lediglich zu, dass sie empfangenes Krg behalten dürfen, soweit es die Rente wegen voller
Erwerbsminderung übersteigt. Sie können dagegen eine nachträgliche Optimierung der Zahlungen im Wege der Einforderung einer
Spontanberatung nicht beanspruchen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.