Kostenerstattung in der Krankenversicherung für ambulante psychotherapeutische Behandlung
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von 1.107,83 EUR Kosten einer ambulanten Psychotherapie.
Die bei der beklagten Ersatzkasse versicherte, in Wuppertal lebende Klägerin rief am Freitag, dem 15. Juni 2001 zwischen 13.00
und 13.45 Uhr beim Beigeladenen wegen der Behandlung ihres depressiven Syndroms an. Der Beigeladene, ein Diplom-Sozialpädagoge
(FH), führt in seiner Praxis in Düsseldorf seit 1986 ua psychotherapeutische Behandlungen bei Versicherten gegen Kostenerstattung
durch. 1997 erhielt er die Erlaubnis, vorübergehend Psychotherapie in Österreich mit der dort anerkannten Methode "Psychodrama"
auszuüben, und wurde in die österreichische Psychotherapeutenliste eingetragen. Er übte in Österreich eine Tätigkeit als Psychotherapeut
aber nicht aus. Er beantragte im November 1998 bei dem Zulassungsausschuss ua seine bedarfsunabhängige Zulassung als Psychologischer
Psychotherapeut zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung. Die Bezirksregierung Düsseldorf erteilte ihm Anfang 1999 die
Approbation als Psychologischer Psychotherapeut. Sie nahm die Approbation auf Grund der Mitteilung zurück, die österreichische
Eintragung entspreche nicht einer Weiterbildung in Psychologie. Das von ihm im Jahr 2000 angerufene Verwaltungsgericht Düsseldorf
hat über seine dagegen erhobene Klage noch nicht entschieden. Ein berufsbegleitendes Psychologiestudium in Tampico/Mexiko
schloss er im Jahr 2000 mit dem Grad des "Licenciado en Psicologia" ab. Gegen die Ablehnung seines Antrags auf Zulassung zur
vertragspsychotherapeutischen Behandlung und das klagabweisende Urteil des Sozialgerichts (SG) hatte der Beigeladene Berufung zum Landessozialgericht (LSG) eingelegt, als er die Klägerin ab 16. oder 18. Juni 2001 zunächst
in sieben probatorischen Sitzungen bis zum 23. August 2001 behandelte. Nach Zurückweisung der Berufung hat inzwischen das
Bundessozialgericht (BSG) den beklagten Berufungsausschuss verpflichtet, erneut über die Zulassung zu entscheiden (Urteil
vom 5. Februar 2003, BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 4). Dr. M. bescheinigte der Klägerin am 23. August 2001 privatärztlich, nach
dem Ergebnis der Untersuchung vom 16. Juli 2001 seien wegen rezidivierender depressiver Störung zunächst 25 Sitzungen tiefenpsychologisch
fundierter Psychotherapie notwendig. Die Klägerin ließ sich daraufhin weiter vom Beigeladenen behandeln und zahlte ihm hierfür
insgesamt 1.107,83 EUR. Ihren Antrag vom 4. September 2001 auf Kostenübernahme lehnte die Beklagte ab, da die zugelassene
Psychotherapeutin G.-P. zur Verfügung stehe (Schreiben vom 21. September 2001; Bescheid vom 19. November 2001; Widerspruchsbescheid
vom 11. April 2002). Die Klage der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben (SG-Urteil vom 10. Februar 2004). Das LSG hat die Beklagte auf die Berufung der Klägerin zur Zahlung von 1.107,83 EUR verurteilt
und ausgeführt, die Erstbehandlung sei notwendig gewesen, um festzustellen, ob noch eine ambulante Krisenintervention möglich
sei. Der Klägerin sei es nicht zumutbar gewesen, Kontakt mit der Beklagten aufzunehmen und deren Entscheidung abzuwarten.
Anschließend sei ein Wechsel des Therapeuten nicht zumutbar gewesen. Danach habe die Beklagte die Leistungen zu Unrecht abgelehnt,
da Art 10 des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten,
zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (PsychThGEG vom 16. Juni 1998, BGBl I 1311) die Rechtsstellung
des Beigeladenen erhalten habe, auch wenn seit 1999 auf Grund zahlreicher Neuzulassungen kein Systemversagen mehr bestehe
(Urteil vom 10. Februar 2005).
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von §
13 Abs
3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) und Art 10 PsychThGEG: Auf einen Notfall könne sich die Klägerin nicht berufen. Sie hätte statt des Beigeladenen die Beklagte kontaktieren
können. Die Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs seien nicht erfüllt, denn die vertragstherapeutische Versorgung sei sichergestellt
gewesen. Art 10 PsychThGEG enthalte keine Zulassungsfiktion.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landesozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Februar 2005 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10. Februar 2004 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Der Beigeladene beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er schließt sich dem Vorbringen der Klägerin an.
II
Die Revision der beklagten Ersatzkasse ist zulässig und begründet. Das LSG hat die angefochtenen Bescheide und das SG-Urteil zu Unrecht aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin 1.107,39 EUR zu erstatten. Der Klägerin steht kein
Kostenerstattungsanspruch zu. Die Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden (dazu 1.) Kostenerstattungsanspruchs aus
§
13 Abs
3 Fall 1 und 2
SGB V (idF durch Art 1 Nr 5 Buchst b des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21. Dezember 1992, BGBl I 2266, geltend bis 30. Juni 2001) und - wortgleich
- §
13 Abs
3 Satz 1 Fall 1 und 2
SGB V (idF des Art 5 Nr 7 Buchst b Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19. Juni 2001, BGBl I 1046,
geltend ab 1. Juli 2001; im Folgenden: §
13 Abs
3 SGB V) sind nicht erfüllt. Die Rechtsnorm bestimmt: "Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen
oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden,
sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war." Obwohl das LSG
keine hinreichenden Feststellungen zu den Voraussetzungen eines rechtswirksamen Honoraranspruchs des Beigeladenen gegen die
Klägerin getroffen hat (dazu 2.), ist nach den vom LSG getroffenen Feststellungen die Sache im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils
und Zurückweisung der Berufung gegen das klagabweisende SG-Urteil entscheidungsreif. Denn die Beklagte konnte die Psychotherapie rechtzeitig erbringen (dazu 3.) und hat es rechtmäßig
abgelehnt, der Klägerin diese Leistung durch den Beigeladenen zu gewähren (dazu 4.).
1. Als Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch kommt allein §
13 Abs
3 SGB V in Betracht, nicht aber Art 10 PsychThGEG. Das verdeutlicht schon der Wortlaut dieser Rechtsnorm. Danach bleibt "die Rechtsstellung" der bis zum 31. Dezember
1998 an der psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) teilnehmenden nichtärztlichen
Leistungserbringer bis zur Entscheidung des Zulassungsausschusses über deren Zulassung oder Ermächtigung "unberührt", sofern
sie einen Antrag auf Zulassung oder Ermächtigung bis zum 31. Dezember 1998 gestellt haben. Die Regelung betrifft auch nach
ihrer Entstehungsgeschichte, Systematik und ihrem Zweck nur die Rechtsstellung der Psychotherapeuten, gewährt aber dem Versicherten
neben dem Kostenerstattungsanspruch aus §
13 Abs
3 SGB V keinen zusätzlichen Anspruch auf Erstattung der durch eine Psychotherapie entstandenen Kosten.
Nach den Gesetzesmaterialien sollte lediglich den begünstigten nichtärztlichen Leistungserbringern ermöglicht werden, "weiterhin"
Leistungen zu Lasten der GKV bis zu ihrer Zulassung oder Ermächtigung zu erbringen, um die psychotherapeutische Versorgung
im Übergangszeitraum sicherzustellen (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu Art 9a des Entwurfs,
BT-Drucks 13/9212 S 42). Damit beugte das Gesetz der Gefahr vor, dass ua neuen Patienten von in das Gesetz einbezogenen bisherigen
sog Erstattungstherapeuten ab 1. Januar 1999 im Rahmen des Kostenerstattungsverfahrens entgegengehalten werden konnte, ein
Anspruch scheide schon deshalb aus, weil dem Therapeuten die nach dem Psychotherapeutengesetz (PsychThG) erforderliche Berufsqualifikation
fehle (vgl zum Erfordernis der generellen Qualifikation eines Therapeuten zur Ausübung der Heilkunde im mit dem Kostenerstattungsanspruch
geltend gemachten Bereich: Senat, Beschluss vom 10. Februar 2004 - B 1 KR 10/03 B; vgl entsprechend unter dem Gesichtspunkt des Arztvorbehalts Senat SozR 4-2500 § 13 Nr 3 RdNr 13 ff mwN). Nach seiner Systematik
ändert das PsychThGEG in Art 2 die §§
27 und
28 SGB V und nimmt die Psychotherapie durch Psychologen ausdrücklich in den Leistungskatalog der GKV auf, befasst sich im Übrigen
aber ausschließlich mit der Rechtsstellung der Psychologischen Psychotherapeuten und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten.
Zweck des Art 10 PsychThGEG ist es, unter Wahrung der bisherigen Rechtsstellung der einbezogenen begünstigten Therapeuten
die Versorgung der Versicherten in dem umschriebenen Übergangszeitraum sicherzustellen, nicht aber, - außerhalb von Art 2
PsychThGEG - neue Anspruchsgrundlagen für Versicherte zu schaffen oder vorhandene Anspruchgrundlagen zu ändern.
2. Die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs aus §
13 Abs
3 Fall 1 und 2
SGB V sind grundsätzlich schon dann nicht erfüllt, wenn dem Beigeladenen aus der Behandlung der Klägerin kein Vergütungsanspruch
gegen diese erwachsen ist, weil er versucht hat, ihn selbst treffende Risiken auf die versicherte Klägerin abzuwälzen, oder
wenn er sie nicht vollständig über die wirtschaftlichen Folgen eines Vertragsschlusses aufgeklärt hat. Hinreichende Feststellungen
hierzu hat das LSG nicht getroffen. Das rechtswirksame Bestehen eines Vergütungsanspruchs ist aber für einen Kostenerstattungsanspruch
erforderlich: Dem Versicherten müssen gerade durch das Unvermögen oder die Leistungsablehnung der Krankenkasse für die selbstbeschaffte
Leistung Kosten entstanden sein (stRspr, vgl dazu zB Senat, BSGE 79, 125, 127 = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 52; BSGE 80, 181, 182 = SozR 3-2500 § 13 Nr 14 S 68; SozR 3-2500 § 13 Nr 17 S 78; BSGE 86, 66, 69 = SozR 3-2500 § 13 Nr 21 S 89 f; BSGE 93, 94 = SozR 4-2500 § 13 Nr 4, jeweils RdNr 17; zuletzt Senat, Urteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 5/05 R - UAE - RdNr 25, zur Veröffentlichung vorgesehen).
An einer wirksamen Begründung einer Honorarforderung gegenüber Versicherten der GKV fehlt es schon, wenn der Therapeut vor
Beginn der Behandlung des Versicherten keine Klarheit darüber schafft, auf welcher Grundlage die Behandlung stattfinden soll.
Hierzu ist er im Rahmen seiner wirtschaftlichen Aufklärungspflicht (vgl dazu näher Senat, Urteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 5/05 R - UAE, RdNr 27) dem Versicherten gegenüber verpflichtet. Versicherte, die nicht Kostenerstattung nach §
13 Abs
2 SGB V gewählt haben, erhalten die zu erbringende Behandlung regelmäßig als kostenfreie Naturalleistung (§
2 Abs
2 Satz 1, §
13 Abs
1 SGB V). Der zugelassene Leistungserbringer hat die Versicherten grundsätzlich - abgesehen von den gesetzlichen Zuzahlungsregelungen
- umfassend und ohne an diese gerichtete (zusätzliche) Zahlungsverlangen zu behandeln (vgl BSGE 88, 20, 28 = SozR 3-2500 § 75 Nr 12 S 74). Eine trotzdem mit dem Versicherten getroffene Honorarvereinbarung über die Kassenleistung
ist regelmäßig nichtig: Sie weicht zum Nachteil des Versicherten vom Prinzip kostenfreier Sach- und Dienstleistungsgewährung
ab (§ 32 Erstes Buch Sozialgesetzbuch). Das hat außerhalb der gesetzlichen Zuzahlungsregelungen generell zu gelten und kann
nicht auf die Fälle beschränkt sein, in denen Krankenkassen und Leistungserbringer Entsprechendes autonom selbst geregelt
haben, wie es in § 18 Abs 1 Satz 2 und Abs 8 Bundesmantelvertrag-Ärzte (neu gefasst mit Wirkung vom 1. Januar 2004, DÄBl,
2003, A-3408) und § 21 Abs 1 Satz 2 sowie Abs 8 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä, neu gefasst mit Wirkung vom
1. Januar 2004, DÄBl 2003, A-3409) der Fall ist (vgl dazu BSGE 86, 66, 68 = SozR 3-2500 § 13 Nr 21 S 90). Die Nichtigkeit der Honorarvereinbarung erfasst regelmäßig nicht den restlichen Behandlungsvertrag.
An Stelle von Honoraransprüchen kommen in solchen Situationen nach der Rechtsprechung des Senats auch keine gesetzlichen Ansprüche
- insbesondere auf Aufwendungsersatz aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§
670,
683 Bürgerliches Gesetzbuch >BGB<) oder aus ungerechtfertigter Bereicherung (§
812 BGB) - gegen den Versicherten in Betracht (vgl näher BSGE 89, 39, 43 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 25 S 120 mwN). Das würde auch die gesetzliche Regelung des Naturalleistungsprinzips unterlaufen.
Ist der Therapeut - wie der Beigeladene (vgl näher dazu unter 4.a) - nicht zur Behandlung der Versicherten zugelassen, kann
er außerhalb von Notfällen (§
76 Abs
1 Satz 2
SGB V) regelmäßig keine Naturalleistungen innerhalb des Systems der GKV erbringen. Infolgedessen hat er den Versicherten darauf
und auf die weiteren Punkte hinzuweisen, dass der Versicherte risikolos ohne eine eigene Zahlung die erforderliche Leistung
bei zugelassenen Therapeuten erhalten kann. Die Hinweispflicht bezieht sich auch darauf, dass die Krankenkasse die Kosten
einer dennoch in Anspruch genommenen privaten Behandlung regelmäßig nicht zu erstatten hat, sodass der Versicherte davon ausgehen
muss, die Kosten letztlich selbst zu tragen. Denn er hätte von einem zugelassenen Leistungserbringer die kostenlose Naturalleistung
beanspruchen können. Ohne einen solchen Hinweis erwächst einem nicht zugelassenen Leistungserbringer aus der Behandlung kein
Anspruch gegen den Versicherten (vgl bereits Senat, BSGE 79, 125, 127 = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 52 mwN; vgl auch BGHZ 89, 250, 253 ff). Hierbei bleibt es grundsätzlich auch, wenn der Versicherte sich auf ein Systemversagen berufen will und deshalb
hofft, ausnahmsweise Kostenerstattung nach §
13 Abs
3 SGB V erlangen zu können. Auch in einem solchen Fall hat ihn der nicht zugelassene Therapeut über die damit verknüpften Risiken
vollständig und umfassend zu informieren, soll es zu einer wirksamen Honorarvereinbarung kommen. Nur der vollständig aufgeklärte
Patient, der sich sehenden Auges aus dem Leistungs- und Schutzbereich der GKV begibt, darf mit dem Risiko der Kostentragung
belastet werden. Das gilt erst recht, wenn der Therapeut durch die Ausgestaltung des Vertrags oder unvollständige oder einseitige
Information des Versicherten versucht, entgegen der durch das Naturalleistungsprinzip vorgezeichneten Regelung Risiken auf
den Versicherten zu verlagern.
Dazu, dass der Beigeladene die Klägerin vorab im danach gebotenen Umfang aufgeklärt und nicht versucht hat, sich zum Nachteil
der Klägerin durch die Vertragsgestaltung von eigenen Risiken zu entlasten, hat das LSG keine Feststellungen getroffen. Auch
wenn man aber eine solche umfassende zutreffende Aufklärung und korrekte Vertragsgestaltung zu Gunsten der Klägerin unterstellt,
ist nach den vom LSG getroffenen Feststellungen die Sache im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und Zurückweisung der Berufung
gegen das klageabweisende SG-Urteil entscheidungsreif.
3. Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg auf einen Kostenerstattungsanspruch aus §
13 Abs
3 Fall 1
SGB V berufen: Voraussetzung eines solchen Anspruchs ist ua, dass die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig
erbringen konnte. Bereits daran fehlt es. Die Beklagte konnte die begehrte Leistung rechtzeitig erbringen. Hierzu hat das
LSG, ohne dass hierzu zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht worden sind, bindend (§
163 Sozialgerichtsgesetz >SGG<) festgestellt, die früher bestehende Versorgungslücke sei durch die Zulassung zahlreicher Psychotherapeuten beseitigt
gewesen, als die Behandlung der Klägerin im Jahre 2001 angestanden habe. Das habe sich auch daran gezeigt, dass die Beklagte
in der Lage gewesen sei, der Klägerin eine zugelassene Therapeutin für die konkrete Behandlung zu benennen. Damit konnte die
Beklagte aber rechtzeitig die nach den Regelungen des
SGB V zu beanspruchende Leistung erbringen. Denn es genügt im Regelfall, dass für die in Frage kommende Behandlung zugelassene
Therapeuten für den Versicherten verfügbar und leistungsbereit sind. Sie auszuwählen, ist Sache des Versicherten.
Die Krankenkassen bedienen sich regelmäßig nur der zugelassenen Leistungserbringer, um die Naturalleistungsansprüche der Versicherten
zu erfüllen. Deshalb schließen sie über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels
Verträge mit den Leistungserbringern (vgl §
2 Abs
2 Satz 3
SGB V idF durch Art 4 Nr 1 Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das SGB vom 27. Dezember 2003, BGBl I 3022; zuvor §
2 Abs
2 Satz 2
SGB V). Versicherte können unter den zugelassenen Psychotherapeuten frei wählen (§
72 Abs
1 Satz 2
SGB V iVm §
76 Abs
1 Satz 1
SGB V). Grundsätzlich erbringt die Krankenkasse den Versicherten danach ambulante psychotherapeutische Leistungen, indem sie -
idR vermittelt durch die Kassenärztlichen Vereinigungen (>KÄVen< §
73 Abs
2, §
75 Abs
1 Satz 1 und
2 SGB V) - ihnen eine Vielzahl von zugelassenen Leistungserbringern verfügbar hält, unter denen sich die Versicherten den gewünschten
Therapeuten frei auswählen und sich dann von ihm behandeln lassen. Kann der Versicherte aus dem Kreis zugelassener Therapeuten
tatsächlich einen für seine Behandlung auswählen und sich von ihm behandeln lassen, ist mithin kein Raum für einen Erstattungsanspruch
aus §
13 Abs
3 Fall 1
SGB V.
Ist die Behandlung dagegen aus medizinischen Gründen so dringlich, dass es bereits an der Zeit für die Auswahl eines zugelassenen
Therapeuten und dessen Behandlung - sei es durch dessen Aufsuchen oder Herbeirufen - fehlt, liegt ein Notfall vor (vgl entsprechend
BSGE 19, 270, 272 = SozR Nr 2 zu § 368d
RVO; BSGE 34, 172, 174 = SozR Nr 6 zu § 368d
RVO; BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 4), in dem auch andere, nicht zugelassene Therapeuten in Anspruch genommen werden dürfen (§
76 Abs
1 Satz 2
SGB V). Auch in einem solchen Fall ist ein Kostenerstattungs- (oder Freistellungs-)anspruch des Versicherten ausgeschlossen, da
der Leistungserbringer seine Vergütung nicht vom Versicherten, sondern nur von der KÄV verlangen kann. Denn die Notfallbehandlung
erfolgt als Naturalleistung zu Lasten der GKV. Das entspricht bei ärztlichen Leistungen einem allgemeinen Prinzip. So werden
in Notfällen von Nichtvertragsärzten erbrachte Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durchgeführt und aus
der Gesamtvergütung vergütet (vgl BSGE 15, 169 = SozR Nr 1 zu § 368d
RVO; BSGE 71, 117, 118 f = SozR 3-2500 § 120 Nr 2 S 12 f mwN; BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 4; vgl auch BGHZ 23, 227 ff). Auch die stationäre Notfallbehandlung eines Versicherten in einem nicht zugelassenen Krankenhaus ist eine Sachleistung
der GKV. Der Vergütungsanspruch richtet sich nicht gegen den Versicherten, sondern allein gegen die Krankenkasse (Senat, BSGE
89, 39, 41 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 25 S 118 f).
Da das Gesetz nichts Abweichendes für Psychotherapeuten bestimmt, gelten §
76 Abs
1 SGB V und die hieraus für sie abzuleitenden Folgerungen - bei ambulanten Leistungen im Notfall Honorierung aus der Gesamtvergütung
- entsprechend (§
72 Abs
1 Satz 2
SGB V). Ob Art 10 PsychThGEG es insoweit bloß bei dem Recht der betroffenen Therapeuten belässt, allein auf Grund ärztlicher Verordnung tätig
zu werden, oder ob jedenfalls ab 1. Januar 1999 approbierte Psychotherapeuten in jedem Fall selbstständig, dh unabhängig von
einer vorausgegangenen ärztlichen Verordnung, im Notfall tätig sein dürfen, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. In jedem
Fall ist ein Honoraranspruch oder ein dem entsprechender gesetzlicher Aufwendungsersatz- oder Bereicherungsanspruch gegenüber
dem betroffenen Versicherten ausgeschlossen.
Dass der nicht zugelassene Therapeut auch im Notfall auf die Notfallbehandlung beschränkt ist und die enge Ausnahmebestimmung
des §
76 Abs
1 Satz 2
SGB V nicht als Einfallstor für umfangreiche Leistungen zu Lasten der GKV nutzen darf, ist nicht nur dadurch gesichert, dass er
allein die Vergütung für die Notfallbehandlung von der KÄV verlangen kann (vgl dazu zB BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 4 f). Zusätzlich
ist nach den aufgezeigten Grundsätzen zu den Honorar-, Aufwendungsersatz- und Bereicherungsansprüchen kein Raum für Ansprüche
gegen den Versicherten. Hierauf hat der nicht zugelassene Therapeut den Versicherten im Rahmen der wirtschaftlichen Aufklärungspflicht
(vgl dazu näher Senat, Urteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 5/05 R - UAE, RdNr 27 - zur Veröffentlichung vorgesehen) von sich aus hinzuweisen, wollte er trotzdem ein Honorar fordern.
Dass es sich tatsächlich um einen Notfall im dargelegten Sinne handelte, als die Klägerin am Freitag, dem 15. Juni 2001 zwischen
13.00 Uhr und 13.45 Uhr beim Beigeladenen anrief, und dann frühestens für den folgenden Tag einen Behandlungstermin erhielt,
zu dem sie sich selbst begab, liegt allerdings fern. Denn es fehlt jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin irgendetwas
daran gehindert haben könnte, einen zugelassenen Therapeuten am selben Freitag aufzusuchen statt des nicht zugelassenen Beigeladenen
am folgenden Tag. Hinzu kommt, dass der Beigeladene bis zum 23. August 2001 ohnehin nur probatorische Sitzungen durchführte.
Nach § 11 Abs 12 Satz 1 Psychotherapie-Vereinbarung (Anlage 1 zum EKV-Ä vom 7. Dezember 1998, DÄBl 1998, A-3315) dienen solche
Sitzungen ausschließlich dem Zweck festzustellen, ob ein Antrag (und ggf welcher) auf Psychotherapie bei der Krankenkasse
gestellt werden soll. Hierbei ist insbesondere die Diagnose zu ermitteln und ggf die Indikation zu stellen. All dies zielt
nicht auf eine Notfallbehandlung im Rechtssinne ab, die letztlich in einer akuten Situation den Zeitraum des Behandlungsbedarfs
überbrücken soll, bis ein zugelassener Leistungserbringer eingreifen kann.
Nichts anderes ergibt sich für die Klägerin daraus, dass das LSG gemeint hat, es sei ihr nicht zumutbar gewesen, sich vor
Beginn der Behandlung an die Beklagte zu wenden und deren Entscheidung abzuwarten. Unabhängig von der Frage, ob diese rechtliche
Bewertung auf hinreichender Tatsachengrundlage erfolgt ist, lässt sich damit nicht begründen, dass die Beklagte nicht in der
Lage war, die in Rede stehenden Leistungen rechtzeitig zu erbringen. Denn solange für die Behandlung der Versicherten zugelassene
Therapeuten zur Verfügung standen, kam es nicht auf die Bewertung des LSG an, dass ein Aufsuchen und Abwarten einer Entscheidung
der Krankenkasse unzumutbar gewesen wäre. In diesem Sinne kann auch das Urteil des Senats vom 25. September 2000 (Senat SozR
3-2500 § 13 Nr 22) nicht verstanden werden. Es betraf einen Fall, in dem - anders als in der vorliegenden Sache - nicht festgestellt
worden war, dass objektiv keine Versorgungslücke bestand, sodass zugelassene Therapeuten hätten in Anspruch genommen werden
können. Vielmehr hatte die Klägerin im dort entschiedenen Fall ihrer Krankenkasse nicht die Prüfung ermöglicht, ob überhaupt
eine Systemlücke bestand, ohne dass sie etwas daran gehindert hätte. In jenem Fall war ein Kostenerstattungsanspruch daher
von vorneherein abzulehnen, ohne dass es der Feststellung einer objektiven Versorgungslücke bedurfte.
4. Auch die Voraussetzungen des §
13 Abs
3 Fall 2
SGB V, die durch Art 2 und 10 PsychThGEG nicht verändert worden sind, sind nicht erfüllt. Zu Recht hat es die Beklagte abgelehnt, der Klägerin Psychotherapie
durch den Beigeladenen zu gewähren.
a) Art 2 und 10 PsychThGEG modifizieren nach dem dargelegten Wortlaut, Zweck und der Entstehungsgeschichte unter Berücksichtigung
des Regelungssystems den Kostenerstattungsanspruch aus §
13 Abs
3 SGB V nicht, auch nicht bloß für einen Übergangszeitraum ab 1. Januar 1999. Vielmehr lässt Art 10 PsychThGEG die Rechtsstellung
auch der bis zum 31. Dezember 1998 als sog Erstattungstherapeuten tätig Gewesenen (vgl zur Einbeziehung dieses Personenkreises
BSGE 87, 158, 167, 169 ff = SozR 3-2500 § 95 Nr 25 S 114, 116 ff) "unberührt". Für die Erstattungs- (und die Delegations)therapeuten stellt die
Rechtsnorm im Zusammenwirken mit der berufsrechtlichen Übergangsregelung in § 12 PsychThG sicher, dass sich deren Rechtsstellung
durch die Einführung der neuen Berufsregelung im Gesetz vom 16. Juni 1998 zum 1. Januar 1999 - trotz eines Schwebezustands
bis zur endgültigen Klärung des Zulassungsstatus - nicht verschlechtert. Eine Verbesserung - etwa im Sinne einer fiktiven
Zulassung oder im Sinne eines Rechts auf von der Bedarfsplanung unabhängige Tätigkeit auf Kostenerstattungsbasis - war weder
gewollt noch - worauf sich die Klägerin als Versicherte mangels eigener Betroffenheit auch nicht berufen könnte - verfassungsrechtlich
geboten (vgl dazu BVerfG, Beschlüsse vom 28. Juli 1999 - 1 BvR 1006/99, NJW 1999, 2729; vom 16. März 2000 - 1 BvR 1453/99, NJW 2000, 1779; vom 30. Mai 2000 - 1 BvR 704/00 - SozR 3-2500 § 95 Nr 24). Da die Aussicht, als Erstattungstherapeut tätig zu sein, aber schon bis zum 31. Dezember 1998
vom Bestehen einer Versorgungslücke im konkreten Fall abhing, änderte Art 10 PsychThGEG dies auch nicht zum 1. Januar 1999.
Auch bis zum 31. Dezember 1998 wurde die Kostenerstattung durch die Krankenkassen nur unter der Voraussetzung gewährt, dass
eine Therapie durch ärztliche Psychotherapeuten oder Delegationspsychotherapeuten im Wege der Sachleistung nicht durchgeführt
werden konnte (BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 4 RdNr 23). Die Kosten für die Inanspruchnahme von nicht in das Sachleistungssystem
eingebundenen Leistungserbringern waren auch vor dem 31. Dezember 1998 von einer Krankenkasse nur zu erstatten, wenn die Inanspruchnahme
durch das Unvermögen der Krankenkasse wesentlich mitverursacht wurde. Die Krankenkasse war nur dann zur rechtzeitigen Sachleistung
außer Stande, wenn kein anderer als ein außervertraglicher Leistungserbringer für die Behandlung zur Verfügung stand (Senat,
BSGE 79, 125, 127 = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 52). Sofern aber im Bezirk des Versicherten ausreichend zugelassene Psychotherapeuten niedergelassen
waren, die den Anspruch des Versicherten im Wege der Dienst- und Sachleistung erfüllen konnten, bestand kein Anspruch auf
Behandlung durch einen nicht zugelassenen Therapeuten im Wege der Kostenerstattung (vgl BSG SozR 2200 § 182 Nr 57, BSG, Urteil
vom 18. Februar 1981 - 3 RK 34/79 - USK 8123; BSG, Urteil vom 17. August 1982 - 3 RK 46/80 - USK 82101; BSGE 53, 144 = SozR 2200 § 182 Nr 80).
Danach haben Versicherte keinen Kostenerstattungsanspruch aus §
13 Abs
3 SGB V, wenn sie sich trotz (durch zugelassene Leistungserbringer) sichergestellter Versorgung ab 1. Januar 1999 von Therapeuten
behandeln lassen, die bis zum 31. Dezember 1998 als Erstattungstherapeuten tätig waren, als Psychotherapeuten approbiert sind
und deren rechtzeitig gestellte Anträge auf Zulassung oder Ermächtigung zur Zeit der Behandlung noch nicht bestands- oder
rechtskräftig abgelehnt worden sind.
b) So liegt es hier. Die Nachfrage der Versicherten der GKV nach psychotherapeutischen Leistungen konnte in Wuppertal im hier
relevanten Zeitraum von Juni 2001 bis ins Jahr 2003 hinein nach den bindenden Feststellungen des LSG (§
163 SGG) durch zugelassene Leistungserbringer vollständig befriedigt werden. Es bestand damit kein Versorgungsmangel, der es gerechtfertigt
hätte, dass die Klägerin sich die erforderlichen psychotherapeutischen Leistungen bei dem Beigeladenen selbst beschaffte und
dafür nunmehr Freistellung von den Kosten verlangen kann.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.