Beitragsberechnung in der gesetzlichen Unfallversicherung; Berücksichtigung von Schülern einer Kranken- und einer Altenpflegeschule
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Höhe der von der Klägerin an die beklagte Berufsgenossenschaft für die Jahre 1999, 2000
und 2001 nachzuzahlenden Beiträge.
Die Klägerin ist ein in der Rechtsform einer gGmbH betriebenes Unternehmen, dessen satzungsmäßiger Zweck die Förderung der
Erwachsenenbildung ist. Sie ist ua Trägerin einer durch das Land Brandenburg anerkannten Krankenpflegeschule sowie eines ebenfalls
durch dieses Land anerkannten Fachseminars für Altenpflege. Mit Bescheiden vom 4.5.2001 stellte die beklagte Berufsgenossenschaft
die Mitgliedschaft der Klägerin bei ihr fest und veranlagte sie für die Zeit ab 1.3.1999 zur Gefahrstelle 07 (Schule, schulische
Einrichtung) und Gefahrklasse 1,63 sowie ab 1.1.2001 zur Gefahrtarifstelle 07 (Bildungseinrichtung) und Gefahrklasse 1,66.
Mit weiteren Bescheiden vom 17.7.2001 und 24.4.2002 setzte sie ua aufgrund der von der Klägerin gemeldeten Entgelte die Beiträge
für 1999, 2000 und 2001 fest.
Bei einer Überprüfung stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin die an Bildungsveranstaltungen der Krankenpflegeschule
und des Fachseminars für Altenpflege teilnehmenden Umschülerinnen und Umschüler nicht gemeldet hatte. Mit Bescheiden vom 19.12.2002
setzte sie unter Abänderung der bisherigen Feststellungen in den Beitragsbescheiden vom 17.7.2001 und 24.4.2002 höhere Beiträge
für die Jahre 1999, 2000 und 2001 unter Berücksichtigung sog "Lernenden-Monate" für die Teilnehmenden an den Bildungsveranstaltungen
in der Krankenpflegeschule und im Fachseminar für Altenpflege fest. Die Teilnehmenden seien nicht nach §
2 Abs
1 Nr
8 Buchst b
SGB VII als Schüler und Schülerinnen während des Besuchs allgemein- oder berufsbildender Schulen bei der beigeladenen Berufsgenossenschaft
gemäß §
128 Abs
1 Nr
3 SGB VII versichert gewesen, mit der Folge, dass für den Träger insoweit keine Beitragspflicht bestanden hätte. Vielmehr seien sie
nach §
2 Abs
1 Nr
2 SGB VII als Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen
Einrichtungen bei der Beklagten gemäß §
136 Abs
3 Nr
3 SGB VII versichert gewesen, so dass an diese höhere Beiträge zu entrichten seien. Die Widersprüche der Klägerin wies die Beklagte
mit Widerspruchsbescheid vom 30.7.2003 zurück.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 19.3.2008 abgewiesen. Das LSG hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 3.11.2011 zurückgewiesen
und zur Begründung ua ausgeführt, die Umschülerinnen und Umschüler der Krankenpflegeschule und des Fachseminars für Altenpflege
der Klägerin seien gemäß §
2 Abs
1 Nr
2 SGB VII als Lernende und nicht gemäß §
2 Abs
1 Nr
8 Buchst b
SGB VII als Schülerinnen und Schüler versichert gewesen. Diese Einrichtungen seien keine berufsbildenden Schulen iS von §
2 Abs
1 Nr
8 Buchst b
SGB VII, weil kein nach dem Landesrecht anerkannter schulrechtlicher Abschluss erreicht werden könne. Vielmehr werde die Ausbildung
mit der bundesrechtlich geregelten staatlichen Prüfung für die Berufe der Kranken- bzw Altenpflege abgeschlossen. Auch werde
mit dem Besuch dieser Schulen die Schulpflicht nicht erfüllt. Eine mögliche Anrechnung der Ausbildungsdauer auf die Schulpflicht
genüge nicht, weil es sich um Umschüler und Umschülerinnen in der Erwachsenenbildung gehandelt habe und die Anrechnung nur
auf Antrag möglich sei.
Die Klägerin rügt mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision die Verletzung des §
2 Abs
1 Nr
8 Buchst b und §
128 Abs
1 Nr
3 SGB VII. Ihre Schulen seien iS von Art
7 Abs
4 Sätze 2 bis 4
GG durch das Land genehmigt und erfüllten damit die Voraussetzungen des landesrechtlichen Schulsystems. Die Schülerinnen und
Schüler dieser Schulen würden schulrechtliche Abschlüsse anstreben. Auf die formale Bezeichnung als Ersatzschule nach Landesrecht
könne es für die Anwendung der bundesrechtlichen Regelungen des §
2 Abs
1 Nr
8 Buchst b, §
128 Abs
1 Nr
3 SGB VII nicht ankommen. Es genüge, wenn die Schulen inhaltlich die bundesgesetzlichen Vorgaben erfüllten und aufgrund landesrechtlicher
Bestimmungen durch staatliche Anerkennung in das Schulsystem des Landes eingefügt seien. Durch Landesrecht könne nicht gegen
den Willen des Bundesgesetzgebers Schulen der Status als Ersatzschule versagt und die beitragsfreie Versicherung als Schüler
beseitigt werden. Andernfalls könnten die Länder unter Verstoß gegen den Vorrang des Bundesrechts den Versichertenkreis des
§
2 Abs
1 Nr
8 Buchst b
SGB VII bestimmen, so dass der Schulstatus von an sich gleichen Einrichtungen entsprechend den jeweiligen schulrechtlichen Zulassungsbestimmungen
der Länder differieren könnte. Dies könne nicht richtig sein.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung der Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. November 2011 und des Sozialgerichts Frankfurt/Oder
vom 19. März 2008 die Beitragsneufestsetzungen in den Bescheiden der Beklagten vom 19. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 30. Juli 2003 hinsichtlich der Beiträge für das Jahr 1999 vollständig sowie hinsichtlich der Beiträge für die Jahre 2000
und 2001 insoweit aufzuheben, als für das Jahr 2000 mehr als 3242,03 Euro und für das Jahr 2001 mehr als 3841,53 Euro als
Gesamtbeitrag festgesetzt worden sind.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Für die Unterscheidung des Versicherungsschutzes als Lernende oder
als Schüler komme es nicht auf die Art oder die Bezeichnung der Schule und auch nicht auf die landesrechtliche Genehmigung
als Ersatzschule an. Die mit §
2 Abs
1 Nr
8 Buchst b
SGB VII bezweckte Gleichstellung des Versicherungsschutzes für Schülerinnen und Schüler privater berufsbildender Schulen mit dem
Versicherungsschutz beim Besuch von öffentlich-rechtlichen Schulen setze die Möglichkeit eines schulrechtlichen Abschlusses
und die Erfüllung der Schulpflicht durch den Schulbesuch nach Landesrecht voraus. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt.
Die Beigeladene beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung ebenfalls für zutreffend. Der Begriff der privaten berufsbildenden Schulen iS von §
128 Abs
1 Nr
3 SGB VII knüpfe an das jeweilige Landesrecht an. Schulrechtliche Genehmigungen iS des Art
7 Abs
4 Satz 2
GG seien für die Schulen der Klägerin nicht ergangen. Nach dem Gesamtkonzept des Landesgesetzgebers seien Ersatzschulen für
den Bereich der Heil- und Heilhilfsberufe nicht vorgesehen.
II
Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht die Berufung gegen das die Klagen abweisende Urteil
des SG zurückgewiesen. Die Beitragsfestsetzungen in den Bescheiden der Beklagten vom 19.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 30.7.2003 sind rechtmäßig, soweit die Beklagte für die Jahre 1999, 2000 und 2001 unter Abänderung der ursprünglichen Beitragsfestsetzung
höhere Beiträge festgesetzt hat. Die Umschülerinnen und Umschüler der Krankenpflege- und Altenpflegeschulen der Klägerin waren
gemäß §
2 Abs
1 Nr
2 SGB VII als "Lernende" versichert und nicht gemäß §
2 Abs
1 Nr
8 Buchst b
SGB VII als Schüler. Die Beklagte war daher berechtigt, für diese durch die angefochtenen Bescheide Beiträge für die Jahre 1999,
2000 und 2001 nachzufordern.
1. Die Klägerin begehrt mit den von ihr gemäß §
54 Abs
1 SGG statthaft erhobenen und auch im Übrigen zulässigen isolierten Anfechtungsklagen zum einen die vollständige Aufhebung der
Beitragsneufestsetzung für das Jahr 1999 in dem Bescheid vom 19.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.7.2003.
In diesem Bescheid wird die ursprüngliche Beitragsfestsetzung für 1999 im Bescheid vom 17.7.2001 aufgehoben und der Gesamtbeitrag
nunmehr unter Berücksichtigung von zusätzlichen, auf die Krankenpflege- und Altenpflegeumschülerinnen und -umschüler entfallenden
sog "Lernenden-Monate" statt mit bisher 1805,03 Euro nunmehr mit 4861,86 Euro für 1999 festgesetzt. Des Weiteren ist Gegenstand
der Anfechtungsklage die Beitragsneufestsetzung für das Jahr 2000 im Bescheid vom 19.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids,
soweit die Festsetzung des Gesamtbeitrags für 2000 im Bescheid vom 17.7.2001 aufgehoben und der Gesamtbeitrag für das Jahr
2000 nicht nur in Höhe von nunmehr 3242,03 Euro, sondern wegen der Berücksichtigung zusätzlicher sog "Lernenden-Monate" für
die bisher nicht gemeldeten Schülerinnen und Schüler mit einem Betrag von 4729,40 Euro in Höhe von 7971,43 Euro festgesetzt
wird. Schließlich ist über die Anfechtungsklage der Klägerin gegen die Beitragsneufestsetzung für das Jahr 2001 im Bescheid
vom 19.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids zu entscheiden, soweit die Festsetzung des Gesamtbeitrags für 2001
im ursprünglichen Bescheid vom 24.4.2002 aufgehoben und Beiträge für das Jahr 2001 nicht nur in Höhe von nunmehr 3841,53 Euro,
sondern aufgrund der Erhöhung um 1039 "Lernende-Monate" für die Kranken- und Altenpflegeumschüler und -umschülerinnen und
damit um 4748,23 Euro nunmehr in Höhe von 8589,76 Euro festgesetzt werden.
2.a) Die angefochtenen Beitragsneufestsetzungen für 1999, 2000 und 2001 sind rechtmäßig. Die Beklagte war befugt, unter Aufhebung
der Höchstbetragsfestsetzung in den bindend gewordenen Beitragsbescheiden vom 17.7.2001 und 24.4.2002 für die Jahre 1999,
2000 und 2001 die Beitragshöhe für diese Jahre zu Lasten der Klägerin neu festzustellen.
Ermächtigungsgrundlage für die Aufhebung der bindenden Beitragsfestsetzungen für 1999, 2000 und 2001 ist §
168 Abs
2 SGB VII in der hier anwendbaren, vom 1.1.1997 bis zum 4.11.2008 geltenden Fassung des Art 1 des Gesetzes zur Einordnung des Rechts
der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch vom 7.8.1996 (BGBl I 1254 - im Folgenden: aF; vgl auch BSG vom 22.9.2009 - B 2 U 32/08 R - SozR 4-2700 § 168 Nr 2 RdNr 17; vgl zur Fassung ab 5.11.2008 Art 1 Nr 22a Buchst a des Gesetzes zur Modernisierung der
gesetzlichen Unfallversicherung vom 30.10.2008, BGBl I 2130). Nach §
168 Abs
2 Nr
2 SGB VII aF darf ein Beitragsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zu Ungunsten des Beitragspflichtigen aufgehoben werden, wenn
der Lohnnachweis unrichtige Angaben enthält oder sich die Schätzung als unrichtig erweist. Voraussetzung für die Aufhebung
ist neben einer bereits ergangenen Beitragsfestsetzung, dass der Beitrag zu Gunsten des Beitragspflichtigen der Höhe nach
rechtswidrig zu niedrig festgesetzt worden ist. §
168 Abs
2 SGB VII aF ermächtigt damit den zuständigen Träger, Beitragsfestsetzungen aufzuheben, soweit sie einen Höchstbetrag rechtswidrig
zu niedrig feststellen, oder die frühere Beitragsfestsetzung insgesamt zu beseitigen und den Beitrag insgesamt neu festzustellen
(vgl dazu BSG vom 22.9.2009 - B 2 U 32/08 R - SozR 4-2700 § 168 Nr 2 RdNr 18 ff). Die Vorschrift räumt den Unfallversicherungsträgern kein Ermessen für die Aufhebung
der Beitragsfestsetzung ein, wenn ihre Voraussetzungen vorliegen (vgl BSG vom 22.9.2009 - B 2 U 2/08 R - BSGE 104, 170 = SozR 4-2700 § 168 Nr 3 RdNr 34 ff).
Die Voraussetzungen des §
168 Abs
2 SGB VII aF für die Festsetzung höherer Beiträge für die Jahre 1999, 2000 und 2001 lagen hier vor. Die Klägerin hatte nach den Feststellungen
des LSG für diese Jahre unzutreffende Meldungen abgegeben und deshalb zu geringe Beiträge an die Beklagte gezahlt. Sie hatte
Umschülerinnen und Umschüler ihrer Kranken- und Altenpflegeschulen der Beklagten nicht gemeldet (§
165 iVm §
185 Abs
1 SGB VII), obwohl für diese Beitragspflicht in der gesetzlichen Unfallversicherung bestand.
Beitragspflichtig sind gemäß §
150 Abs
1 Satz 1
SGB VII Unternehmer, bei denen Versicherte tätig sind. Die Klägerin als Trägerin einer privaten Schule ist der Unternehmer, der für
die bei ihm Lernenden, dh die nach §
2 Abs
1 Nr
2 SGB VII versicherte Personen sind, beitragspflichtig ist. Die Klägerin wäre dagegen nicht beitragspflichtig und die Beklagte auch
nicht der für Beitragserhebung zuständige Träger (§
128 Abs
1 Nr
3 SGB VII), wenn die bei der Klägerin unterrichteten Personen als Schüler allgemeinbildender oder berufsbildender Schulen versichert
wären (sogleich unter b), denn für diese Gruppe von versicherten Personen werden gemäß § 185 Abs 2 Satz 1, §
128 Abs
1 Nr
3, §
2 Abs
1 Nr
8 Buchst b
SGB VII Beiträge nicht erhoben.
b) Die bei der Klägerin unterrichteten Umschülerinnen und Umschüler waren nicht gemäß §
2 Abs
1 Nr
8 Buchst b
SGB VII als Schülerinnen und Schüler bei der Beigeladenen, sondern nach §
2 Abs
1 Nr
2 SGB VII als Lernende bei der Beklagten versichert.
Gemäß §
2 Abs
1 Nr
2 SGB VII sind kraft Gesetzes versichert Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten,
Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen. Demgegenüber sind gemäß §
2 Abs
1 Nr
8 Buchst b
SGB VII kraft Gesetzes versichert Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme
an Betreuungsmaßnahmen. Eine berufsbildende Schule iS von §
2 Abs
1 Nr
8 Buchst b
SGB VII liegt jedoch nur vor, wenn ein schulrechtlicher Abschluss nach Landesrecht erworben oder die Schulpflicht erfüllt werden
(bzw eine Befreiung von ihr erfolgen) kann. Diese Auslegung folgt aus der historischen Entwicklung und systematischen Stellung
der Vorschrift sowie dem sich aus den Gesetzesmaterialien ergebenden Regelungszweck (sogleich unter aa). Sie widerspricht
- entgegen der Rechtsauffassung der Revision - auch nicht Verfassungsrecht (unter bb).
aa) Versichert sind Schülerinnen und Schüler gemäß §
2 Abs
1 Nr
8 Buchst b
SGB VII ua während des Besuchs einer berufsbildenden Schule. Berufsbildende Schulen verfolgen das Ziel, ein bestimmtes berufliches
Wissen und Können zu vermitteln und auch die allgemeine Bildung zu verbessern. Zu ihnen zählen Fachschulen, Berufsschulen,
Berufsfachschulen und Berufsaufbauschulen (vgl hierzu Schlaeger in Schlaeger/Linder, Unfallversicherung für Kinder in Tagesbetreuung,
Schüler und Studierende, 2011, § 4 RdNr 18 f, 36 mwN). Neben staatlichen berufsbildenden Schulen bestehen private berufsbildende
Schulen in freier Trägerschaft. Diese können Ersatzschulen oder Ergänzungsschulen sein (vgl hierzu Schlaeger aaO § 4 RdNr
14 f). Bei einer Betrachtung nur des Wortlauts der Vorschrift könnte damit auch jede berufsbildende private Schule umfasst
sein.
Für eine Beschränkung der Versicherung nach §
2 Abs
1 Nr
8 Buchst b
SGB VII auf Schülerinnen und Schüler berufsbildender Schulen, in denen ein schulrechtlicher Abschluss nach Landesrecht erlangt bzw
an denen die Schulpflicht erfüllt werden kann, sprechen aber historische und systematische Gründe, wie auch das LSG erkannt
hat. Zunächst waren gemäß § 537 Nr 11
RVO aF bzw aufgrund des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung vom 30.4.1963 (BGBl I 241) nach
§ 539 Abs 1 Nr 14
RVO aF nur Schülerinnen und Schüler beim Besuch von berufsbildenden Schulen während der beruflichen Ausbildung bzw Fortbildung
für in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherte Tätigkeiten versichert. Hierzu zählten sowohl öffentliche als auch
private Schulen. Als berufsbildende Schulen waren ausdrücklich Fachschulen, Berufsfachschulen und Berufsschulen benannt. Zuständiger
Versicherungsträger war bei privaten Schulen der jeweilige Kostenträger der Schule und damit nicht notwendiger Weise der Unfallversicherungsträger
auf Landesebene mit daraus folgender Beitragsfreiheit für den Träger.
Durch das Gesetz über die Unfallversicherung für Schüler sowie Kinder in Kindergärten vom 18.3.1971 (BGBl I 237) wurden gemäß
§ 539 Abs 1 Nr 14 Buchst b
RVO auch die Schülerinnen und Schüler der allgemeinbildenden Schulen in die gesetzliche Unfallversicherung einbezogen. Allgemeinbildende
Schulen hat der damalige Gesetzesentwurf ausdrücklich als Schulen beschrieben, an denen die Schulpflicht erfüllt werden kann
oder die darüber hinaus zur mittleren Reife oder zum Abitur führen (vgl BT-Drucks 6/1333 S 4). Hinsichtlich privater allgemeinbildender
Schulen sollte nur für solche privaten Schulen, die öffentlichen Schulen entsprachen und auch von Schulpflichtigen besucht
wurden, der Unfallversicherungsträger auf Landesebene - mit der daraus folgenden finanziellen Belastung der öffentlichen Hand
- zuständig sein (vgl BT-Drucks 6/1333 S 5). Für die berufliche Bildung bestimmte § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c
RVO, dass Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung und ehrenamtlich Lehrende in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten,
berufsbildenden Schulen, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen versichert waren. Im Begriff der "berufsbildenden Schulen"
sollten die in der bisherigen Regelung aufgeführten Schularten zusammengefasst werden (vgl BT-Drucks 6/1333 S 4). Zuständiger
Versicherungsträger bei privaten berufsbildenden Schulen war mithin die für deren Träger zuständige Berufsgenossenschaft.
Nach §
2 Abs
1 Nr
2 SGB VII sind seit dem 1.1.1997 kraft Gesetzes versichert "Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten,
Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen", während die Versicherung der Schülerinnen und Schüler allgemeinbildender
und berufsbildender Schulen nunmehr in §
2 Abs
1 Nr
8 Buchst b
SGB VII geregelt ist. Hinsichtlich des bisherigen Versicherungsschutzes (siehe soeben) dieser Personenkreise sollte nach dem sich
aus den Gesetzesmaterialien ergebenden Zweck der Neuregelung keine Änderung erfolgen (vgl BT-Drucks 13/2204 S 74 f). Allerdings
wurde mit §
128 Abs
1 Nr
3 SGB VII die Zuständigkeit des Trägers für die Versicherung von Schülern berufsbildender Schulen geändert. Wie bei dem Besuch allgemeinbildender
Schulen besteht nunmehr die Zuständigkeit des Unfallversicherungsträgers im Landesbereich auch bei dem Besuch privater berufsbildender
Schulen. Damit sollte wegen der grundsätzlichen Gleichwertigkeit der beruflichen und der allgemeinen Bildung die sich aus
§
185 Abs
2 SGB VII ergebende Beitragsfreiheit für den Träger auch auf den Besuch privater berufsbildender Schulen erweitert werden. Es ist jedoch
nicht ersichtlich, dass damit der beitragsfreie Unfallversicherungsschutz gemäß §
185 Abs
2, §
128 Abs
1 Nr
3 SGB VII über eine veränderte Auslegung des §
2 Abs
1 Nr
8 Buchst b
SGB VII auf den Besuch jeder privaten berufsbildenden Schule erstreckt werden sollte. Die Erweiterung sollte vielmehr nach dem den
Gesetzesmaterialien zu entnehmenden Regelungsziel nur denjenigen Schülerinnen und Schülern zugutekommen, die an einer Schule
in freier Trägerschaft einen schulrechtlichen Abschluss anstreben oder mit dem Besuch dieser Schule die Schulpflicht erfüllen
bzw aufgrund deren Besuchs von der Schulpflicht befreit sind (vgl BT-Drucks 13/2204 S 106). Ebenso wie bei allgemeinbildenden
privaten Schulen ist damit auch bei privaten berufsbildenden Schulen in freier Trägerschaft nach §
2 Abs
1 Nr
8 Buchst b
SGB VII erforderlich, dass durch den Schulbesuch ein schulrechtlicher Abschluss nach Landesrecht erlangt werden oder der Schulpflicht
genügt werden kann bzw von ihr befreit werden kann, um die eine Beitragsbegünstigung für den Träger rechtfertigende Gleichwertigkeit
mit öffentlichen Schulen herzustellen. Damit ist der Versicherungsschutz nach §
2 Abs
1 Nr
8 Buchst b
SGB VII beschränkt auf solche Schülerinnen und Schüler, die berufsbildende Schulen besuchen, die nach Landesrecht zu einem schulrechtlichen
Abschluss führen bzw durch deren Besuch die Schulpflicht erfüllt oder von der aufgrund des Besuchs von dieser befreit werden
kann (so auch zB Schlaeger aaO § 4 RdNr 37 ff, insb 39, 41 ff; Bereither-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, §
2 RdNr 18.2; für Zuständigkeitsregelung in §
128 SGB VII Diel in Hauck/Noftz,
SGB VII, K §
128 RdNr 26; LSG Niedersachsen-Bremen vom 2.8.2011 - L 9 U 225/06 - Breith 2012, 345). Die Schülerinnen und Schüler sonstiger berufsbildender Unterrichtsund Ausbildungsinstitutionen sind damit weiterhin - wie
bisher - gemäß §
2 Abs
1 Nr
2 SGB VII als Lernende bei der für den Träger der Einrichtung zuständigen Berufsgenossenschaft versichert.
bb) Entgegen der Auffassung der Revision bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Auslegung des §
2 Abs
1 Nr
8 Buchst b
SGB VII.
Es ist zunächst (verfasssungs-)rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Bundesgesetzgeber in §
2 Abs
1 Nr
8 Buchst b
SGB VII für die Frage, ob der Versicherungsschutz von Schülerinnen und Schülern beim Besuch privater berufsbildender Schulen zu Gunsten
der Träger der Schulen beitragsfrei ist oder nicht, auch an landesrechtliche Regelungen anknüpft. Vielmehr entspricht es einer
grundsätzlich zulässigen Gesetzgebungstechnik, wenn die bundesrechtlichen Vorschriften des §
2 Abs
1 Nr
8 Buchst b und §
128 Abs
1 Nr
3 SGB VII auf landesrechtliche Regelungen oder Genehmigungen verweisen. Zahlreiche Versicherungstatbestände des §
2 SGB VII knüpfen jeweils an Genehmigungsvorbehalte oder Regelungen an, die dem Gesetzgeber des
SGB VII damit entzogen werden. Beispielsweise sind nach §
2 Abs
1 Nr
8 Buchst a
SGB VII Kinder jeweils nur in landesrechtlich zugelassenen Kindertagesstätten versichert oder knüpft §
2 Abs
1 Nr
4 SGB VII den Versicherungsschutz behinderter Menschen an die Anerkennung einer Werkstatt für behinderte Menschen an.
Macht der Bundesgesetzgeber einen für den jeweiligen Schulträger beitragsfreien Versicherungsschutz für Schülerinnen und Schüler
letztlich davon abhängig, ob ein schulrechtlicher Abschluss erworben oder der Schulpflicht genügt werden kann, so knüpft er
damit im Übrigen ausdrücklich an die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen und Zuständigkeiten an. Art
7 Abs
4 Satz 1 und
2 GG regelt ausdrücklich, dass das Recht zur Errichtung von privaten Schulen der Gesetzgebung der Länder untersteht. Danach fällt
die Genehmigung zur Errichtung von privaten Schulen jeweils in die Kompetenz des zuständigen Bundeslandes. Mithin ist es gerade
nicht Aufgabe des Bundesgesetzgebers, bundeseinheitlich zu regeln, durch welche Schulform jeweils der Schulpflicht Genüge
getan werden kann. Es könnte im Gegenteil geradezu einen Verfassungsverstoß des Bundesgesetzgebers des
SGB VII darstellen, wenn er - wie von der Revision gefordert - die Gesetzgebungskompetenz der Länder nach Art
70 ff
GG negierend bundeseinheitliche Kriterien für die Anerkennung von Ersatzschulen festlegen würde.
Auch ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art
3 Abs
1 GG liegt nicht vor. Danach sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Dieses Grundrecht ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten
im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher
Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen (stRspr; vgl BVerfG vom 28.4.1999 - 1 BvR 1926/96 - BVerfGE 100, 104). Zwischen privaten Schulen, an denen nach Landesrecht ein schulrechtlicher Abschluss erzielt bzw die Schulpflicht erfüllt
(oder von ihr befreit) werden kann, und solchen, bei denen nach Landesrecht dies nicht möglich ist, bestehen indes Unterschiede
von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie die unterschiedliche Rechtsfolge (Beitragspflicht oder Beitragsfreiheit des
Schulträgers) rechtfertigen. Die fehlende Beitragsentlastung der Träger privater berufsbildender Schulen, die nicht nach Landesrecht
zu einem schulrechtlichen Abschluss führen und an denen die Schulpflicht nicht erfüllt werden bzw eine Befreiung von dieser
nicht erfolgen kann, rechtfertigt sich dadurch, dass diese Lehranstalten nicht die üblicherweise an öffentlichen Schulen angebotenen
Schulabschlüsse ermöglichen bzw der Schulpflicht nicht genügt werden kann und sie damit nicht mit diesen öffentlichen Schulen,
sondern mit den Lehranstalten nach §
2 Abs
1 Nr
2 SGB VII vergleichbar sind. Dass eine Differenzierung der Beitragslast bei berufsbildenden Institutionen grundsätzlich verfassungsrechtlich
zulässig ist, hat das BVerfG bereits entschieden (vgl BVerfG vom 31.3.1992 - 1 BvR 72/92 - SozR 3-2200 § 655 Nr 1). Ebenso bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass in einzelnen Bundesländern,
wie die Klägerin behauptet, vergleichbare Schulen als Ersatzschulen anerkannt sind und ggf die Rechtsfolge eintritt, dass
die Unfallversicherungsträger im Landesbereich gemäß §
128 Abs
1 Nr
3 SGB VII (mit der Folge der Beitragsfreiheit gemäß §
185 Abs
2 SGB VII) zuständig sind. Solche landesrechtlichen Besonderheiten sind geradezu zwangsläufige Folge der föderalen Kompetenzverteilung
im Schulwesen nach Art
7 Abs
4 GG, die vom BVerfG in ständiger Rechtsprechung auch unter dem Gesichtspunkt des Art
3 Abs
1 GG gebilligt wird (vgl BVerfG vom 23.11.2004 - 1 BvL 6/99 - BVerfGE 112, 74 - Landeskinderklauseln bei der Förderung von Privatschulen mwN).
cc) Nach den nicht mit zulässigen und begründeten Rügen angegriffenen und damit für den Senat gemäß §
163 SGG bindenden Feststellungen des LSG konnte nach Landesrecht durch den Besuch der Kranken- und Altenpflegeschule der Klägerin
weder ein schulrechtlicher Abschluss erlangt werden noch konnte der Schulpflicht genügt oder von ihr befreit werden. Damit
waren die Schülerinnen und Schüler dieser Schulen zwar Lernende iS von §
2 Abs
1 Nr
2 SGB VII, nicht jedoch Schüler iS von §
2 Abs
1 Nr
8 Buchst b, §
128 Abs
1 Nr
3 SGB VII. Zuständig für deren Versicherung war gemäß §
136 Abs
3 Nr
3 SGB VII die Beklagte als Sachkostenträger für die Klägerin. Ihre Zuständigkeit für die Klägerin hatte die Beklagte nach den Feststellungen
des LSG bestandskräftig im Bescheid vom 4.5.2001 festgestellt. Die Bestandskraft dieser Feststellung besteht fort und entfaltet
deshalb auch hier hinsichtlich der Zuständigkeit der Beklagten Bindungswirkung. Hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten
Beitragsforderungen bestehen aufgrund der Feststellungen des LSG keine Bedenken. Die Höhe der Forderung steht im Übrigen zwischen
den Beteiligten auch nicht im Streit.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Halbs 3
SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§
154 ff
Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO). Gemäß §
154 Abs
2 VwGO hat die im Revisionsverfahren unterliegende Klägerin die Kosten zu tragen. Es erscheint hier nicht angemessen, der Klägerin
gemäß §
162 Abs
3 VwGO auch die außergerichtlichen Kosten der nicht durch einen anwaltlichen Prozessbevollmächtigten vertretenen Beigeladenen aufzuerlegen.
4. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §
197a Abs
1 Satz 1 Halbs 1
SGG iVm §
63 Abs
2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 2 Gerichtskostengesetz. Der Streitwert war in Höhe der von der Klägerin angegriffenen Beitragsforderungen von 3056,83 Euro für 1999, von 4729,40
Euro für 2000 und von 4748,23 Euro für 2001 auf insgesamt 12 534,46 Euro festzusetzen.