Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Rechtsanwaltskosten.
Der Kläger ist Träger eines Wohnheims für Obdachlose in Berlin. In diesem Heim fand vorübergehend auch Herr R-R B (im Folgenden:
der Hilfebedürftige) eine Unterkunft. Mit Schreiben vom 26. Juli 2007, überschrieben mit "Kostenübernahmeschein Wohnheim",
teilte der Beklagte dem Kläger folgendes mit:
"Für Herrn R-RB, geboren ..., werden vom 26. 07. 07. bis 30. 09. 07 die Kosten - längstens für die Dauer des tatsächlichen
Aufenthalts - in Ihrem Hause in Höhe von 14,20 € täglich (inklusive Mehrwertsteuer) pro Person übernommen (incl. Energiekosten
und Heizung).
Tagessatz insges.: 14,20 €.
Dieser Kostenübernahmeschein ist nicht übertragbar. Geänderte Kostenübernahmen ohne Unterschrift und Dienstsiegel sind ungültig!
Bei vorzeitigem Auszug bitten wir um unverzügliche Mitteilung. Durch diese Erklärung wird kein Vertragsverhältnis zwischen
dem JobCenter Pankow und dem Wohnungsgeber begründet. Um Herausgabe einer Rechnung mit Duplikat und Zweitschrift der Kostenübernahme
wird gebeten. Geben Sie in der Rechnung bitte Bank- und Postgirokonto an, da der Rechnungsbetrag bargeldlos bezahlt wird.
Wir bitten Sie, die Durchschrift dieses Schreibens mit dem vom Mieter (Hilfeempfänger) und von Ihnen bescheinigten Erklärungen
über seinen tatsächlichen Aufenthalts an uns zu senden. Durch die Annahme des Kostenübernahmescheines erkennt der Wohnungsgeber
an, dass die Leistungsverpflichtung des Jobcenter Pankow in der oben genannten Höhe nur dann besteht, wenn die gesetzlichen
Voraussetzungen erfüllt sind und die für die Vermietung erforderlichen behördlichen Genehmigungen nachgewiesen werden können.
Mit freundlichen Grüßen
........"
Am 28. September 2007 ging ein inhaltsgleiches Schreiben an den Kläger für den Zeitraum vom 1. Oktober 2007 bis 31. Januar
2008. Nach der Unterschrift des Mitarbeiters des Beklagten folgte eine von dem Hilfebedürftigen zu vervollständigende Erklärung,
in welchem Zeitraum er in dem Heim gewohnt hat. Diese Angabe war im Anschluss von dem Kläger zu bestätigen ("Ich versichere,
dass die o. g. Person an den Tagen, für die ich den Tagessatz berechnet habe, im Haus anwesend war und ich dieser gegenüber
die vereinbarte Leistung erbracht habe").
Mit bei dem Beklagten am 8. Oktober 2007 eingegangener Rechnung vom 7. Oktober 2007 machte der Kläger Kosten für die Unterbringung
des Hilfebedürftigen in der Zeit vom 1. September 2007 bis zum 30. September 2007 in Höhe von insgesamt 476,40 € geltend.
Als Fälligkeitstermin gab der Kläger in dieser Rechnung den 28. Oktober 2007 an. Dieser Rechnung war ein Schreiben mit dem
Briefkopf des Klägers beigefügt, in dem der Hilfebedürftige bestätigte, dass er in der Zeit vom 1. September 2007 bis zum
30. September 2007 im Heim des Klägers gewohnt habe. Mit Rechnung vom 2. November 2007 machte der Kläger für die Unterbringung
des Hilfebedürftigen im Oktober 2007 weitere 142,92 € geltend. Die Beklagte zahlte auf diese Forderungen am 19. Oktober 2007
und am 13. November 2007. Dabei blieb nach Auffassung des Klägers ein Restbetrag in Höhe von 150,72 € offen. Der nunmehr anwaltlich
vertretene Kläger forderte den Beklagten mit Schriftsatz vom 7. Januar 2008 auf, den offenen Betrag auszugleichen. Darüber
hinaus machte der Kläger Kosten des Rechtsanwalts in Höhe von 46,41 € als Verzugsschaden geltend.
Im Januar und Februar 2008 beglich der Beklagte die Forderung. Die Rechtsanwaltskosten übernahm er nicht.
Am 26. März 2008 erhob der Kläger beim Sozialgericht Berlin Klage. Er trug vor, dass ihm wegen des Verzugs des Beklagten ein
Schaden in Höhe der Rechtsanwaltskosten entstanden sei, der ihm von dem Beklagten als Verzugsschaden zu ersetzen sei. Zwischen
ihm, dem Beklagten und dem Hilfebedürftigen sei ein dreiseitiger öffentlich-rechtlicher Vertrag abgeschlossen worden. Besonderheit
dieses Vertrages sei es, dass Schuldner der Unterbringungskosten nicht der Hilfebedürftige, sondern der Beklagte sei. Bei
Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen (Hilfebedürftigkeit) habe sich der Beklagte verpflichtet, vorbehaltlos die Unterbringungskosten
zu tragen. Der Beklagte habe mit der Kostenübernahme zwar erklärt, dass zwischen ihm und dem Kläger kein Vertragsverhältnis
zustande komme, insoweit sollte aber lediglich gewährleistet werden, dass außer den tatsächlichen Unterbringungskosten keine
weitergehenden mietvertraglichen Ansprüche geltend gemacht werden könnten. Mit der Aufforderung zur Rechnungslegung habe sich
der Beklagte konkludent verpflichtet, die Forderung innerhalb der gesetzlichen Voraussetzungen zu erfüllen. Da der Beklagte
dies unterlassen habe, sei er in Verzug geraten.
Im Klageverfahren hat der Kläger klargestellt, dass der Betrag von 150,72 € aus einer Erhöhung der dem Kläger durch das zuständige
Landesamt genehmigten Tagessätze herrühre. Den sich auf der Grundlage eines Tagessatzes von 14,20 € errechneten Betrag habe
der Beklagte bereits vor dem Tätigwerden des Bevollmächtigten des Klägers gezahlt.
Das Sozialgericht Berlin hat die Klage mit Urteil vom 18. Juni 2009 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger
unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Kosten habe. Zwischen dem Kläger
und dem Beklagten sei insbesondere kein öffentlich-rechtlicher Vertrag geschlossen worden. Im Übrigen seien die Vorschriften
des Bürgerlichen Gesetzbuches (
BGB) über den Ausgleich von Schäden infolge der Verletzung von Pflichten aus dem Schuldverhältnis auch nicht auf öffentlich-rechtliche
Rechtsbeziehungen weder unter dem Gesichtspunkt der Analogie noch unter dem Gesichtspunkt eines "allgemeinen Rechtsgedankens"
übertragbar. Im Übrigen habe der Kläger bereits deswegen keinen Anspruch auf Schadensersatz, weil der Beklagte den sich auf
der Grundlage eines Tagessatzes von 14,20 € ergebenen Betrag bereits vor dem Tätigwerden des Bevollmächtigten des Klägers
gezahlt habe. Das Sozialgericht hat die Berufung zugelassen. Mit Ergänzungsbeschluss vom 9. Juli 2009 hat das Sozialgericht
entschieden, dass der Kläger die Gerichtskosten des Rechtsstreits zu tragen habe.
Gegen das dem Kläger am 15. Juli 2009 zugestellte Urteil richtet sich seine Berufung vom 10. August 2009, zu deren Begründung
er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Juni 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 46,41 €
nebst Zinsen in Höhe von 5 v. H. über dem Basiszinssatz seit dem 5. Februar 2008 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
die er für unbegründet hält.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze
nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen
haben und die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht Berlin hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen
Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten 46,41 € nebst Zinsen.
Als Anspruchsgrundlage des geltend gemachten Verzugsschadens kommt § 61 Satz 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) in Verbindung mit §§
280,
286 BGB in Betracht. Danach kann der Gläubiger eines öffentlich-rechtlichen Vertrages Schadensersatz wegen der Verletzung einer Pflicht
aus diesem Schuldverhältnis vom Schuldner verlangen.
Der Senat kann unentschieden lassen, ob ein derartiger öffentlich-rechtlicher Vertrag bereits nichtig wäre. Bedenken bestehen
insoweit, als nach § 56 SGB X ein öffentlich-rechtlicher Vertrag der Schriftform bedarf. Erforderlich ist nach § 61 Satz 2 SGB X in Verbindung mit §
126 Abs.
1 und
2 BGB insoweit, dass der Vertragsinhalt in eine Vertragsurkunde aufgenommen worden ist, die von den Vertragsparteien unterzeichnet
worden ist. Dabei müssen die Unterschriften der Vertragsparteien den gesamten Vertragstext und nicht nur die einzelnen Erklärungen
abdecken. Nicht ausreichend ist es daher, wenn jeder Vertragsschließende nur seine eigene Erklärung unterschreibt. Ein nicht
in diesem Sinne schriftlich geschlossener öffentlich-rechtlicher Vertrag ist nach § 58 Abs. 1 SGB X in Verbindung mit §
125 Satz 1
BGB nichtig.
Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, ist zweifelhaft. Denn die Erklärung, die Übernachtungskosten des Hilfebedürftigen zu übernehmen,
ist lediglich von einem Mitarbeiter des Beklagten unterzeichnet worden. Eine entsprechende Unterschrift eines Vertreters des
Klägers fehlt insoweit. Diese findet sich lediglich unter den nachträglich abgegebenen Versicherungen, dass der Hilfebedürftige
an den Tagen, für die der Tagessatz berechnet worden sei, tatsächlich in dem Wohnheim übernachtet habe.
Letztlich kann dies jedoch offen bleiben, weil der Kläger, der Beklagte und der Hilfebedürftige keinen dreiseitigen öffentlich-rechtlichen
Vertrag geschlossen haben. Die Schreiben des Beklagten vom 26. Juli 2007 und vom 28. September 2007 sind entgegen der Auffassung
des Klägers bereits kein Angebot zum Abschluss eines Vertrages.
Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen sind nach den Grundsätzen des §
133 BGB auszulegen. Hiernach ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen
Sinn des Ausdrucks zu haften. Maßgebend ist dabei nicht der innere, sondern der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei
objektiver Würdigung verstehen konnte. An diesen Maßstäben gemessen, war für den Empfänger der Schreiben des Beklagten vom
26. Juli 2007 und vom 28. September 2007 eindeutig erkennbar, dass der Erklärende nicht den Willen hatte, mit dem Adressaten
seiner Schreiben einen Vertrag abzuschließen. Denn in diesen Schreiben heißt es unmissverständlich, dass "durch diese Erklärung
kein Vertragsverhältnis zwischen dem JobCenter Pankow und dem Wohnungsgeber begründet" werde. Ein verständiger Empfänger musste
und konnte diese Erklärung nur so verstehen, dass der Erklärende sich nicht rechtsgeschäftlich binden wollte, mithin ohne
rechtsgeschäftlichen Bindungswillen handelte. Soweit der Kläger meint, dass die vorgenannte Erklärung in dem Sinne zu verstehen
sei, dass der Beklagte insoweit ausschließlich vermeiden wollte, dass weitergehende mietvertragliche Ansprüche, außer den
tatsächlichen Unterbringungskosten, geltend gemacht würden, lässt der bestimmte und einer Auslegung nicht zugängliche Wortlaut
der Erklärung eine derartige einschränkende Interpretation nicht zu.
Handelt es sich bei dem Schreiben mangels entsprechenden Rechtsbindungswillens des Beklagten nicht um ein Angebot zum Abschluss
eines Vertrages, schließt dies auch aus, dass es sich bei der Erklärung um ein (kausales oder abstraktes) Schuldanerkenntnis
handelt. Grundsätzlich können auch öffentlich-rechtliche Ansprüche Grundlage eines Schuldversprechens oder Anerkenntnisses
sein (vgl. Marburger in Staudinger,
BGB, §
780 [Neubearbeitung 2009] RdNr. 4). Aber auch bei einem Schuldversprechen handelt es sich um einen, wenn auch einseitig, verpflichtenden
Vertrag. Die Verpflichtungserklärung des Schuldners bedarf der Annahme durch den Gläubiger. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte
aus den vorgenannten Gründen, mangels Rechtsbindungswillens, bereits kein Angebot zum Abschluss eines Vertrages abgegeben.
Liegt demnach kein Vertragsverhältnis zwischen den Beteiligten vor, kann der Senat unentschieden lassen, ob es sich bei der
schriftlich erklärten Kostenübernahmeerklärung vom 26. Juli 2007 und vom 28. September 2007 jeweils lediglich um eine Mitteilung
des Beklagten an den Kläger über das gegenwärtige Bestehen eines Hilfeanspruchs des Hilfebedürftigen handelt und zugleich
um die Bekanntgabe einer bestimmten verwaltungstechnischen Abwicklung des Zahlungsverkehrs, nämlich dass die Leistungen für
die Kosten der Unterkunft des Hilfebedürftigen direkt an den Vermieter erbracht werden (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
vom 19. Mai 1994 - 5 C 33/91 - und Urteil des SG Berlin vom 21. Januar 2008 - S 119 AS 744/07 -, zitiert jeweils nach Juris), oder um eine Zusage der Behörde, einen Realakt vorzunehmen, also um ein verbindliches Versprechen,
sich künftig unter bestimmten Voraussetzungen in einer bestimmten Art zu verhalten, (vgl. Wolff/Bachof/Stober, VwR I, 10.
Auflage 1994, § 53 Rdnr. 8ff., Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Auflage 2008, § 33 RdNrn. 1 und 5 und Urteil des VGH Mannheim vom 2. Juli 1990 - 8 S 524/90 -, NVwZ 1991, 79 f.), im vorliegenden Fall also dem Kläger für jeden Tag des tatsächlichen Aufenthalts des Hilfebedürftigen in seinem Wohnheim
14,20 € zu zahlen.
Denn auch wenn es sich bei den Kostenübernahmeerklärungen des Beklagten vom 26. Juli 2007 und vom 28. September 2007 um solche
Zusagen handeln sollte, erschöpfte sich diese in der bekannt gemachten Bereitschaft, den genannten Betrag für jeden Tag des
Aufenthaltes des Hilfebedürftigen in dem Wohnheim des Klägers zu zahlen. Diese Zusage hat der Beklagte erfüllt. Über diesen
Inhalt hinaus enthalten die Erklärungen keine weitere Selbstverpflichtung des Beklagten. Insbesondere ist den Schreiben keine
Erklärung zu entnehmen, dass der Beklagte sich besonderen, über die gesetzlich normierten Ansprüche des Hilfebedürftigen hinausgehenden
Leistungsverpflichtungen rechtsverbindlich unterwerfen wollte. Hierfür spricht auch die Formulierung des Beklagten in den
Schreiben, "dass seine Zahlungsverpflichtung nur dann bestehe, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind". Hiermit
hat der Beklagte für einen verständigen Empfänger hinreichend deutlich gemacht, dass er mit den zugesagten Zahlungen ausschließlich
seine gesetzliche Verpflichtung als Grundsicherungsträger gegenüber dem Hilfebedürftigen erfüllen will.
Wie das Sozialgericht im Übrigen zu Recht ausgeführt hat, hat der Kläger bereits schon deshalb keinen Anspruch auf Ersatz
des geltend gemachten Schadens, weil der Beklagte den sich auf der Grundlage des in den Kostenübernahmeerklärungen genannten
Tagessatzes von 14,20 € ergebenden Betrag schon vor Tätigwerden des Bevollmächtigten an den Kläger gezahlt hat.
Der Senat sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist auf die Begründung der angefochtenen
Entscheidung (§
153 Abs.
2 SGG).
Soweit der Kläger einwendet, dass es sich, wenn man der Rechtsauffassung des Beklagten und dem erstinstanzlichen Urteil folgen
würde, bei der Kostenübernahmeerklärung um ein "sinnloses Papier" handelt, trifft dies nicht zu. Das wirtschaftliche Interesse
des Vermieters eines Wohnheims, einen zuverlässigen Zahler in Gestalt des Grundsicherungsträgers zu erhalten, wird durch diese
Erklärung erfüllt.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG liegen nicht vor.