Zulässigkeit einer vollmachtlos eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren
Gründe:
Die Beschwerde des Klägers vom 29. Oktober 2007 gegen den Beschluss des Senats vom 22. Oktober 2007 - B 2 U 244/07 B -, mit dem die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers vom 3. August 2007 gegen den Beschluss des Landessozialgerichts (LSG)
Rheinland-Pfalz vom 10. Juli 2007 als unzulässig verworfen wurde, weil der Prozessbevollmächtigte des Klägers trotz Erinnerung
mit Fristsetzung keine schriftliche Vollmacht gemäß §
73 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) zu den Akten gereicht hatte, wird als unzulässig verworfen, denn gegen Beschlüsse des Bundessozialgerichts (BSG) ist kein
Rechtsmittel gegeben (vgl §§
172,
177 SGG).
Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§
67 SGG) muss zurückgewiesen werden, auch wenn er zwischenzeitlich die Vollmacht vorgelegt hat und vorträgt, durch eine krankheitsbedingte
Ausnahmesituation seines Prozessbevollmächtigten an einer fristgerechten Vorlage der Vollmacht gehindert gewesen zu sein.
§
67 SGG ist zunächst von seinem Wortlaut her auf eine Situation der vorliegenden Art nicht anwendbar, weil er die Wiedereinsetzung
bei der Versäumung "gesetzlicher Verfahrensfristen" regelt, der Kläger aber eine sog "gerichtliche oder richterliche Frist"
versäumt hat (vgl Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 8. Aufl 2005, §
67 RdNr 2c; Littmann in Handkommentar
SGG, 2. Aufl 2005, §
67 RdNr 2).
Gegen eine Anwendung sprechen zudem folgende Überlegungen: Die Voraussetzungen eines Rechtsmittels müssen am Schluss der mündlichen
Verhandlung oder, wenn das Gericht ohne eine solche entscheidet, zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen. Ein Rechtsmittel,
das ohne Vollmacht eingelegt wird, ist zunächst schwebend unwirksam, weil das Gericht den vollmachtlosen Prozessbevollmächtigten
einstweilen zulassen kann und der Vertretene die bisherige Prozessführung genehmigen und damit wirksam machen kann (vgl §
177 Abs 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs [BGB]). Dass dieser Schwebezustand nach dem Willen des Gesetzes nur eine begrenzte
Zeit dauern soll, ist §
177 Abs
2 BGB zu entnehmen. Setzt das Gericht daher eine Frist zur Beibringung der fehlenden Vollmacht und wird diese nicht bis zu der
- nach Fristablauf liegenden - Entscheidung des Gerichts beigebracht, so wird die schwebende Unwirksamkeit des Rechtsmittels
mit dem Erlass der Entscheidung beendet: Der vollmachtlose Vertreter ist zurückgewiesen worden, das Rechtsmittel ist endgültig
unzulässig.
Die rückwirkende Berücksichtigung einer erst nach der Entscheidung vorgelegten Vollmacht, zB im Wege einer analogen Anwendung
des §
67 SGG über die Wiedereinsetzung, würde nicht den in der Entscheidungssituation bestehenden Mangel der Vollmacht beseitigen, sondern
einer zum Zeitpunkt ihres Ergehens richtigen Entscheidung nachträglich die Grundlage entziehen. Eine andere Auffassung stünde
nicht im Einklang mit den im Übrigen streng fristgebundenen Voraussetzungen der Nichtzulassungsbeschwerde (§
160a Abs
1,
2 SGG), weil diese durch die später erfolgende Wiedereinsetzung unterlaufen werden könnten. Dies stände auch im Widerspruch zu
der vom Gesetzgeber verfolgten Absicht der Beschleunigung und Straffung gerichtlicher Verfahren, zumal die Einlegung einer
Nichtzulassungsbeschwerde zunächst die Rechtskraft des nach der Entscheidung des LSG nicht anfechtbaren Urteils hemmt (§
160a Abs
3 SGG) und dieses erst mit der Ablehnung der Beschwerde durch das BSG rechtskräftig wird (§
160a Abs
3 Satz 3
SGG). Dementsprechend kann der Mangel einer vollmachtlos eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde, die durch Beschluss als unzulässig
verworfen worden ist, weil trotz gerichtlicher Fristsetzung keine Vollmacht für den Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers
vorlegt wurde, nicht rückwirkend durch eine nunmehr erteilte Vollmacht und die darin liegende Genehmigung der bisherigen Prozessführung
geheilt werden (vgl GmSOGB SozR 1500 § 73 Nr 4 mwN).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.