Weiterzahlung von Krankengeld
Verfahrensrüge
Formgerechte Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde
Beachtung eines Beweisantrages
Gründe:
I
Streitig ist ein Anspruch auf Weiterzahlung von Krankengeld (Krg) für die Zeit vom 11.2. bis 30.3.2012.
Die 1962 geborene Klägerin ist gelernte Sozialpädagogin/Erzieherin. Zuletzt war sie seit dem 18.7.2011 als gewerbliche Mitarbeiterin
im Bereich Gebäudeservice (Reinigungskraft) im Umfang von 25 Wochenstunden tätig. Dieses Arbeitsverhältnis endete am 6.12.2011.
Sie erhielt von ihrem Arbeitgeber wegen einer seit dem 7.11.2011 bestehenden Arbeitsunfähigkeit (AU) Entgeltfortzahlung bis
zum 6.12.2011. Anschließend bezog sie von der beklagten Krankenkasse Krg bis zum 10.2.2012. Die Beklagte hielt die Klägerin
aufgrund eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 1.2.2012 für wieder arbeitsfähig und
stellte deshalb die Zahlung von Krg ab 11.2.2012 ein (Bescheid vom 1.2.2012, Widerspruchsbescheid vom 23.3.2012). Das SG hat nach Beweisaufnahme (Einholung eines Befundberichts der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. vom 9.10.2012; Beiziehung
der für die Deutsche Rentenversicherung [DRV] erstellten Gutachten der Internistin Dr. K. vom 16.2.2012 und des Facharztes
für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. vom 28.2.2012) die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 9.10.2013). Das LSG hat die
Berufung der Klägerin nach Einholung eines Befundberichtes des Arztes für Allgemeinmedizin W. vom 24.4.2014 zurückgewiesen
(Urteil vom 21.1.2015). Die AU-Bescheinigung der Psychiaterin Dr. B. vom 6.2.2012 (Zeitraum 6.2. bis 6.3.2012), des Arztes
W. vom 5.3.2012 (Zeitraum 5.3. bis 20.3.2012) und des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. S. vom 16.3.2012 (Zeitraum 16.3. bis
30.3.2012) reichten nicht aus, Zweifel am Fortbestehen der AU der Klägerin über den 10.2.2012 hinaus auszuräumen; das Gutachten
des MDK vom 1.2.2012 (mit Ergänzender Stellungnahme vom 14.2.2012) und die für die DRV erstellten Gutachten vom 16. und 28.2.2012
sprächen für die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit der Klägerin als Reinigungskraft ab 11.2.2012. Dem in der mündlichen
Verhandlung am 21.1.2015 zu Protokoll erklärten Antrag, die Ärzte Dr. B. und W. "im Hinblick auf die AU der Klägerin zu hören",
ist das LSG nicht gefolgt, weil es von einem "bloßen Ausforschungs- bzw Beweisermittlungsantrag" ausgegangen ist.
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG richtet sich die Beschwerde der Klägerin vom 18.3.2015. Sie stützt
das Rechtsmittel auf die Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§
103 SGG). Das LSG habe einen Verfahrensfehler begangen (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG), weil es den zu Protokoll erklärten Antrag nicht als Beweisantrag angesehen habe. Durch die Aussagen der beiden benannten
Ärzte wäre es der Klägerin möglich gewesen, ihre Behauptung zu beweisen, bis zum 30.3.2012 durchgehend arbeitsunfähig gewesen
zu sein. Deshalb hätte das LSG dem Antrag stattgeben müssen.
II
Die Nichtzulassung ist ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter als unzulässig zu verwerfen, weil die Begründung des Rechtsmittels
(Schriftsatz vom 17.4.2015) nicht den Anforderungen genügt, die an die formgerechte Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes
zu stellen sind (§
160a Abs
2 Satz 3 und Abs
4 Satz 1, §
169 SGG).
1. Die Beschwerdebegründung bezieht sich nur auf die Zeit vom 11.2. bis 20.3.2012. Für die Zeit vom 21. bis 30.3.2012 fehlt
es hingegen an einer Begründung. Die Beschwerde ist insoweit schon aus diesem Grunde unzulässig.
Die Ärzte Dr. B. und W. sollten ausdrücklich zu den in ihren Bescheinigungen genannten Zeiten der AU gehört werden, also Dr.
B. für die Zeit vom 11.2. bis 6.3.2012 (Bescheinigung vom 6.2.2012) und Herr W. für die Zeit vom 5. bis 20.3.2012 (Bescheinigung
vom 5.3.2012). Für die Zeit vom 21. bis 30.3.2012 liegt hingegen keine AU-Bescheinigung von Herrn W. vor, wovon die Klägerin
aber irrtümlich ausgeht. Dieser Zeitraum wird lediglich von der AU-Bescheinigung des Dr. S. vom 16.3.2012 erfasst, die die
Zeit vom 16. bis 30.3.2012 abdeckt. Dr. S. ist im Antrag der Klägerin vom 21.1.2015 aber nicht als sachverständiger Zeuge
benannt worden.
2. Die Beschwerdebegründung für die Zeit vom 11.2. bis 20.3.2012 erfüllt nicht die formellen Voraussetzungen des §
160a Abs
2 Satz 3
SGG.
a) Es wird schon nicht hinreichend dargelegt, aus welchen Gründen das LSG den Antrag der Klägerin vom 21.1.2015 verfahrensfehlerhaft
als Ausforschungs- bzw Beweisermittlungsantrag bewertet haben soll.
Dazu hätte dargelegt werden müssen, dass der Antrag auf Ermittlung eines konkreten medizinischen (körperlichen oder psychischen)
Sachverhalts gerichtet war, auf dessen Grundlage die Einschätzung gerechtfertigt war, die Klägerin sei in dem fraglichen Zeitraum
tatsächlich arbeitsunfähig gewesen. Solche konkreten medizinischen Tatsachen sind in dem Antrag vom 21.1.2015 nicht aufgeführt
worden. Der Umstand, dass Dr. B. die Klägerin in der Zeit vom 6.2. bis 6.3.2012 für arbeitsunfähig erachtete und der Arzt
W. die AU für die Zeit vom 5. bis 20.3.2012 für gegeben hielt, ergibt sich aus den AU-Bescheinigungen selbst. Die dieser Einschätzung
zugrunde liegenden Befunde ergeben sich bereits aus dem Befundberichten von Dr. B. vom 9.10.2012 und von Herrn W. vom 24.4.2014.
Welche zusätzlichen medizinischen Tatsachen hätten ermittelt werden sollen, ist in dem Antrag vom 21.1.2015 nicht erläutert
worden. Der schlichte Antrag, die beiden Ärzte "im Hinblick auf die AU der Klägerin zu hören", lässt eine aufklärungsbedürftige
medizinische Tatsachenbasis vermissen. Weshalb unter diesen Umständen der gestellte Antrag dennoch als formeller Beweisantrag
iS des §
160 Abs
2 Nr
3 SGG hätte gewertet werden müssen, ist nicht nachvollziehbar dargelegt worden.
b) Selbst wenn dieser Antrag aber als formeller Beweisantrag einzustufen wäre, fehlt es an einer formgerechten Begründung
der Nichtzulassungsbeschwerde, weil nicht dargelegt worden ist, weshalb das LSG sich hätte gedrängt fühlen müssen, dem Antrag
nachzukommen (BSG SozR 1500 § 160 Nr 5 und 49; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 12). Dazu hätte erläutert werden müssen, was die Vernehmung der sachverständen Zeugen voraussichtlich ergeben hätte und
dies Zweifel an der Berechtigung der Feststellung der AU ausgeräumt hätte (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
160 RdNr 18d sowie §
160a RdNr 16e, 16f mwN). An solchen Darlegungen fehlt es. Insbesondere wird nicht geltend gemacht, dass es Befunde gegeben hat,
die in den Gutachten vom 1.2.2012, 16.2.2012 und 28.2.2012, auf die das LSG sich wesentlich gestützt hat, nicht aufgeführt
waren oder dass es zu einer Verschlechterung der gesundheitlichen Situation seit dem 11.2.2012 gekommen war.
c) Im Übrigen geht die Klägerin auch nicht darauf ein, dass die Bescheinigung der AU durch Dr. B. ausdrücklich im Hinblick
auf die Ausbildung als Erzieherin erfolgt ist (Befundbericht vom 9.10.2012, Ziffer 11). Maßgeblich für die Feststellung der
AU iS des §
44 SGB V ist jedoch die zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit, hier also das bis zum 6.12.2011 andauernde Beschäftigungsverhältnis als
Reinigungskraft mit einer Wochenarbeitszeit von 25 Stunden. Dass die AU auch für die Tätigkeit als Reinigungskraft festzustellen
gewesen wäre, wird nicht erläutert. Zudem hat die Ärztin eine Fortschreibung der AU über den 6.3.2012 hinaus - und zwar selbst
für die Tätigkeit als Erzieherin - ausdrücklich abgelehnt, weil die Klägerin aus ihrer Sicht wieder arbeitsfähig war.
Hinsichtlich der vom Arzt W. bescheinigten AU (5. bis 20.3.2012) hat das LSG bereits darauf hingewiesen, dass ausweislich
des Befundberichtes vom 24.4.2014 die festgestellten psychischen Beschwerden eine AU als Erzieherin bewirkt haben, eine AU
als Reinigungskraft aber nur bei zusätzlichen körperlichen Beschwerden, zB an der Wirbelsäule, gerechtfertigt wäre. Solche
körperlichen Beschwerden waren bei der Untersuchung am 5.3.2012 aber nicht vorhanden. Auf diese Differenzierung geht die Klägerin
in der Beschwerdebegründung ebenfalls nicht ein.
3. Soweit die Klägerin die Beweiswürdigung des LSG selbst angreift, wird bereits kein Verfahrensfehler iS des §
160 Abs
2 Nr
3 SGG geltend gemacht; denn auf eine Verletzung des §
128 Abs
1 Satz 1
SGG kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.