Gründe:
I
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Bescheides, mit dem die Beklagte die Versicherungsfreiheit der Klägerin nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) ab 1.2.2010 festgestellt hat.
Die 1962 geborene Klägerin ist seit dem Abschluss ihres Hochschulstudiums an der Akademie für Bildende Künste in M. im Juni
1990 auf den Gebieten Videokunst und Fotografie künstlerisch tätig. Nachdem die Klägerin bis zum 30.9.1995 als Berufsanfängerin
iS des § 3 Abs 2 KSVG unabhängig vom Erreichen eines Mindestarbeitseinkommens nach § 1 KSVG versicherungspflichtig war (Bescheid vom 2.5.1995) und für die Zeit ab Oktober 1995 Unterlagen vorgelegt hatte, aus denen
sich jeweils das Erreichen der Mindestarbeitseinkommensgrenze ergab, war sie ab 10.3.2000 aufgrund des Bezugs von Mutterschaftsgeld
in der Künstlersozialversicherung (KSV) beitragsfrei versichert.
Für die Zeit ab 1.2.2010 stellte die Beklagte nach Anhörung der Klägerin Versicherungsfreiheit nach dem KSVG fest (Bescheid vom 12.1.2010), da die Klägerin angegeben hatte, in den Jahren 2004 bis 2007 kein Einkommen aus selbstständiger
künstlerischer/publizistischer Tätigkeit erzielt zu haben und die beigefügten Einkommensteuerbescheide jeweils Verluste auswiesen.
Tatsachen, die eine deutliche Steigerung des Einkommens gegenüber den Werten der Vorjahre erwarten ließen, seien nicht ersichtlich.
Ein Arbeitseinkommen oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze müsse erzielt und nachgewiesen werden.
Im Widerspruchsverfahren wies die Klägerin darauf hin, dass sie seit etwa 20 Jahren erfolgreich künstlerisch tätig sei und
es durchaus Phasen mit wirtschaftlich guten Ergebnissen gegeben habe. Bereits 2009 sei ihr von der K.-Stiftung in S. ein Arbeitsstipendium
in Höhe von 5000 Euro zugesagt worden, und man habe sie für das Jahr 2011 als Stipendiatin in der Villa M. in R. vorgeschlagen.
Die Klägerin übersandte den Einkommensteuerbescheid für 2008, der zu ihrer selbstständigen Tätigkeit wiederum negative Einkünfte
auswies. Den Einnahmen in Höhe von 1703,12 Euro (bestehend aus 134,84 Euro für ein künstlerisches Werk und 1568,28 Euro Umsatzsteuererstattung
aus den Jahren 2007 und 2008) standen Betriebsausgaben in Höhe von über 5000 Euro gegenüber.
Widerspruchs-, Klage und Berufungsverfahren sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 8.6.2010, Urteile des SG vom 11.11.2010 und des LSG vom 26.1.2012). Mit Bescheid vom 13.6.2013 hat die Beklagte Versicherungspflicht in der Künstlersozialversicherung
für die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung ab 23.5.2013 festgestellt.
Auf die Revision der Klägerin hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und
Entscheidung an das LSG zurückverwiesen (Urteil vom 28.11.2013). Er hat ausgeführt, es sei sachgerecht, die Bewertung der
hinreichenden Wahrscheinlichkeit an dem tatsächlichen Verdienst in den letzten Jahren zu orientieren, solange keine anderen
konkreten Anhaltspunkte vorlägen. Die bloße Möglichkeit des Verkaufs eines Kunstobjektes in der Zukunft sei keine hinreichende
Basis für eine Einkommensprognose oberhalb der Mindestgrenze. Auch der Bekanntheitsgrad eines Künstlers oder die Anerkennung
seiner Werke in Fachkreisen seien zu vage, um eine Einkommensprognose über der Mindestgrenze nahezulegen, wenn in den letzten
Jahren trotzdem keine entsprechende Einkommensentwicklung erkennbar, sondern lediglich Verluste erzielt worden seien. Eine
abschließende Entscheidung zur Einkommensprognose sei jedoch nicht möglich, da eine von den Einkommensverhältnissen der Vergangenheit
abweichende Schätzung geboten gewesen sein könnte, wenn der Klägerin für das Kalenderjahr 2010 von der K.-Stiftung in S. ein
Arbeitsstipendium in Höhe von 5000 Euro als Entgelt für Leistungen zugesagt worden sei, das zum Arbeitseinkommen gehöre. Hierzu
fehlten entsprechende Tatsachenfeststellungen. Eine andere Auslegung der Vorschriften über die Versicherungsfreiheit sei bei
mehrfacher Unterschreitung der Geringfügigkeitsgrenze von 3900 Euro verfassungsrechtlich nicht geboten. Dem Gesetzgeber verbleibe
auch unter Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Kunstfreiheit (Art
5 Abs
3 GG) im Hinblick auf Förderpflichten bzw sozialversicherungsrechtliche Schutzpflichten ein weiter Gestaltungsspielraum. Die Versicherungsfreiheit
nach § 3 Abs 1 Satz 1 KSVG sei an die allgemeinen Bestimmungen des Sozialversicherungsrechts angelehnt, nach denen geringfügige Beschäftigung prinzipiell
versicherungsfrei sei. Die auf ein volles Jahr bezogene Geringfügigkeitsgrenze und die Unschädlichkeit zweimaligen Nichterreichens
der Mindestarbeitseinkommensgrenze innerhalb von sechs Kalenderjahren (§ 3 Abs 3 KSVG) trage der Besonderheit schwankender Einkommen Rechnung, und für Berufsanfänger seien zusätzliche Ausnahmen vorgesehen (§
3 Abs 2 KSVG). Eine darüber hinausgehende sozialversicherungsrechtliche Absicherung geringfügiger Beschäftigung oder Tätigkeit im künstlerischen/publizistischen
Bereich sei verfassungsrechtlich gerade im Hinblick auf eine Gleichbehandlung mit anderen geringfügig Tätigen nicht geboten.
Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass insbesondere der volle Versicherungsschutz in der Kranken- und Pflegeversicherung
bei einem nach geringfügigem Einkommen bemessenen Beitrag eine erhebliche Anforderung an die Solidargemeinschaft darstelle.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin im wiedereröffneten Berufungsverfahren erneut zurückgewiesen (Urteil vom
10.9.2015). Es hat ausgeführt, die Klägerin habe eine Fördervereinbarung zwischen ihr und der K.-Stiftung in S. vom 22./28.7.2009
vorgelegt, nach der die Stiftung ihr Projekt mit 5000 Euro gefördert habe. Bereits die Zusage der Förderung sei verbindlich
gewesen. Allerdings sei zweifelhaft, ob es sich dabei um Arbeitseinkommen handeln könne, da die Förderung nur gegen Vorlage
entsprechender Aufwendungsbelege erfolgt sei. Daher habe es sich um die Erstattung von Aufwendungen und nicht um ein Arbeitsstipendium
als Unterstützung zum Lebensunterhalt gehandelt. Ein Gewinn im Sinne der allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts
habe daraus nicht gezogen werden können. Unabhängig davon sei allein aufgrund der ausgezahlten Förderleistung in Höhe von
5000 Euro kein Arbeitseinkommen oberhalb der Mindesteinkommensgrenze zu erwarten gewesen, da diesen Einkünften nach einer
Aufstellung der Steuerberaterin vom 29.3.2010 Betriebsausgaben in Höhe von insgesamt 5015,77 Euro gegenübergestanden hätten.
Auch in den Jahren 2004 bis 2008 habe die Klägerin Betriebsausgaben in Höhe von mindestens 1525,58 Euro gehabt, und es habe
kein Anlass für die Annahme bestanden, solche allgemeinen Betriebsausgaben würden zukünftig nicht mehr anfallen oder von der
Klägerin steuerrechtlich nicht mehr geltend gemacht.
Mit der Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG
vom 10.9.2015 und macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) geltend.
II
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unbegründet, weil der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung
des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
160 RdNr 6 ff mwN).
Die Klägerin hat dazu die Rechtsfrage formuliert,
"ob (nach Meinung der Klägerin, ihres bisherigen Bevollmächtigten und des Unterzeichneten eindeutig: dass) § 3 Abs 1 Satz 1 KSVG im Lichte der Kunstfreiheit (Art
5 Abs
3 GG) so auszulegen ist (oder jedenfalls so auszulegen sein kann und gegebenenfalls muss), dass auch bei Erzielen eines Arbeitseinkommens
in den Vorjahren von (nur) bis zu 3900 Euro nicht automatisch und schematisch die Prognose zu stellen ist, die Künstlerin
oder der Künstler werde voraussichtlich im laufenden Kalenderjahr nicht ein Arbeitseinkommen erzielen, das 3900 Euro nicht
übersteigt".
Diese Frage kann die Zulassung der Revision nicht begründen, denn sie ist durch die Rechtsprechung des Senats bereits mit
hinreichender Deutlichkeit entschieden, sodass sie nicht mehr klärungsbedürftig ist (vgl hierzu BSGE 115, 29 = SozR 4-5425 § 3 Nr 2).
Der erkennende Senat des BSG hat sich bereits einmal mit dem Fall der Klägerin befasst und dazu in seinem Urteil vom 28.11.2013 (BSGE 115, 29 = SozR 4-5425 § 3 Nr 2) ausdrücklich ausgeführt, dass eine von den Verhältnissen der Vergangenheit abweichende Einschätzung
geboten ist, wenn Verhältnisse dargelegt werden, die das Erzielen abweichender Einkünfte nahelegen. Dabei sind grundsätzlich
alle Verhältnisse heranzuziehen, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind und die Einfluss auf das voraussichtliche
Arbeitseinkommen haben (BSGE 115, 29 = SozR 4-5425 § 3 Nr 2, RdNr 31). Damit ist bereits ausdrücklich entschieden, dass bei Erzielen eines Arbeitseinkommens in
den Vorjahren von nur bis zu 3900 Euro nicht automatisch und schematisch die Prognose zu stellen ist, es werde voraussichtlich
auch im laufenden Kalenderjahr kein Arbeitseinkommen erzielt, das 3900 Euro übersteige. Vielmehr enthält die Entscheidung
ausführliche Darlegungen dazu, welche Verhältnisse neben den bisher erzielten Einkünften für eine Einkommensprognose zu berücksichtigen
sind.
2. Soweit die Klägerin die Zulassung der Revision im Hinblick auf "die dahinterstehende verfassungsrechtliche Frage" bzw die
"Frage der (vorrangigen) verfassungskonformen Auslegung" für geboten hält, hat sich der Senat dazu ebenfalls bereits umfassend
und abschließend in der genannten Entscheidung geäußert. Ein darüber hinausgehender Klärungsbedarf ist weder dargelegt noch
ersichtlich.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von §
193 SGG.