Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe:
I
Das LSG Sachsen-Anhalt hat mit Urteil vom 6.3.2019 den Anspruch der Klägerin auf Leistungen der sozialen Pflegeversicherung
nach dem
SGB XI nach der Pflegestufe I für die Zeit vom 30.7.2013 bis zum 31.12.2016 verneint. Unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe
des SG hat das LSG im Wesentlichen ausgeführt, dass nach den im Verwaltungs- und im Gerichtsverfahren vorgelegenen medizinischen
Unterlagen und Befunden der Bedarf der Klägerin für die Grundpflege von mehr als 45 Minuten täglich nach §§
14,
15 SGB XI in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung (aF) nicht nachgewiesen sei. Die Nichterweislichkeit der Anspruchsvoraussetzungen
für den Grundpflegebedarf gehe zu Lasten der Klägerin. Die im Berufungsverfahren vorgelegte ärztliche Bescheinigung des Facharztes
T vom 29.11.2017 habe lediglich den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung im nicht streitigen Zeitraum betroffen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie hält die Rechtssache für grundsätzlich bedeutsam und beruft sich auf Verfahrensfehler (§
160 Abs
2 Nr
1 und
3 SGG).
II
Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil die
geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und des Verfahrensfehlers nicht ordnungsgemäß
aufgezeigt worden sind (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG).
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung
des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren
Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese
noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts
erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).
Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit,
ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von
ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Denn die Klägerin hat bereits keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zum Anwendungsbereich einer revisiblen Norm des Bundesrechts
(vgl §
162 SGG) gestellt. Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit
das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (vgl nur Becker, SGb 2007, 261, 265 mwN). Es genügt daher nicht, lediglich vorzutragen, dass die beantragten Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung
in rechtswidriger Weise versagt worden seien. Die vermeintlich materielle Unrichtigkeit einer Entscheidung der Berufungsinstanz
ist nicht Gegenstand des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde (stRspr vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
Wenn die Klägerin ausführt, die Rechtswidrigkeit des Berufungsurteils folge aus einer unrichtigen Bewertung von medizinischen
Unterlagen, verhilft dieser Vortrag der Beschwerde auch nicht zum Erfolg. Denn die Nichtzulassungsbeschwerde kann von vornherein
nicht auf eine Verletzung der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß §
128 Abs
1 Satz 1
SGG gestützt werden (vgl §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG).
Soweit die Klägerin einen Verfahrensfehler darauf stützt, dass das LSG die in den Schriftsätzen des Klägervertreters und in
ihren eigenen Schriftsätzen gestellten Anträge auf Vernehmung einer Zeugin (Ansprechpartnerin der LBG im Rentenverfahren) und auf Einholung eines gerichtlich bestellten Gutachtens nicht nachgegangen sei, rügt sie sinngemäß
die Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§
103 SGG) des LSG.
Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG kann ein geltend gemachter Verfahrensmangel allerdings auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist. Hierzu muss die Beschwerdebegründung einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag iS von §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG aufzeigen, der insbesondere folgende Punkte enthalten muss: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres
auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte
Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen
Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf einer angeblich
fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterbliebenen
Beweisaufnahme von seinem Standpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können
(stRspr vgl nur BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN).
Die Klägerin hat bereits nicht hinreichend aufgezeigt, aus welchem Grund sich das LSG zu weiterer Sachverhaltsaufklärung hätte
gedrängt sehen müssen. Es fehlt an der Darlegung von Tatsachen, die Gegenstand einer weiteren Beweisaufnahme hätten sein sollen.
Hingegen ist es nicht ausreichend nur zu behaupten, die (mehrfache) Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung
sei unzureichend gewesen, sodass es der gerichtlichen Bestellung eines unabhängigen Sachverständigen bedurft hätte.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von §
193 Abs
1 SGG.