Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für eine Klage einer Pflegekasse gegen den Betreiber eines familienentlastenden
Dienstes auf Schadenersatz wegen der anerkennungswidrigen Erbringung von Leistungen
Gründe:
I
Die klagende Pflegekasse nimmt die beklagten Familienmitglieder (Mutter, Vater und Sohn) als Betreiber bzw Mitarbeiter eines
Familienentlastenden Dienstes - FED - (§
45c Abs
3 Satz 5
SGB XI) wegen der rechtswidrigen Erbringung zusätzlicher Betreuungsleistungen (§
45b SGB XI) in der Zeit vom 1.11.2011 bis zum 31.5.2013 gesamtschuldnerisch auf Rückzahlung der letztlich aus Mitteln der sozialen Pflegeversicherung
stammenden Vergütungen in Höhe von 10 595 Euro in Anspruch. Es ist streitig, ob für die Klage der Rechtsweg zu den Gerichten
der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet ist.
Die Beklagte zu 1) betrieb bis Ende 2006 den "FED K. l", der über eine landesrechtliche Anerkennung des Thüringer Landesamtes
für Soziales und Familie (LASF) für sein "niedrigschwelliges Betreuungsangebot" (§
45b Abs
1 Satz 6 Nr
4 iVm §
45c Abs
3 SGB XI) verfügte und damit berechtigt war, Versicherte der Pflegekassen mit erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf (§
45a SGB XI) mit zusätzlichen Betreuungsleistungen (§
45b SGB XI) in Form des niedrigschwelligen Betreuungsangebots zu versorgen. Wegen der Betriebsaufgabe wurde die Anerkennung am 28.3.2007
widerrufen. Seit Januar 2007 betrieb der Beklagte zu 3) den "FED K. ". Er beantragte am 26.1.2007 die Anerkennung seines niedrigschwelligen
Betreuungsangebotes nach §
45b Abs
1 Satz 6 Nr
4 SGB XI und gab dabei an, eine ausgebildete Heilerziehungspflegerin (Frau L.) sei für den FED als hauptamtliche Pflegefachkraft tätig.
Dies traf jedoch weder für den Zeitpunkt der Antragstellung noch für die Folgezeit zu. Das LASF erteilte dem FED die Anerkennung
des niedrigschwelligen Betreuungsangebots (Bescheid vom 28.3.2007). Rechtsgrundlage des Bescheids war die Thüringer Verordnung
über die Anerkennung und Förderung niedrigschwelliger Betreuungsangebote sowie die Förderung von Modellvorhaben nach §
45b Abs
3 (jetzt: Abs
4) und §
45c Abs
6 SGB XI vom 9.12.2003, die am 1.1.2004 in Kraft getreten war und zum 31.12.2008 aufgehoben worden ist. Eine Neufassung der Verordnung
nach §
45b Abs
4 SGB XI wird in Thüringen derzeit vorbereitet. Nach den eingereichten Antragsunterlagen erfüllte der FED seinerzeit die Anerkennungsvoraussetzungen,
und zwar insbesondere auch die nach § 2 Abs 2 der Verordnung geforderte Beschäftigung einer hauptamtlichen Pflegefachkraft
(Krankenschwester/Krankenpfleger, Altenpfleger, Heilerziehungspfleger, Heilpädagoge oder Sozialpädagoge m/w) in einem Angestelltenverhältnis.
Das Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit (TMSFG) hat nach Feststellung der unterbliebenen Beschäftigung
einer hauptamtlichen Pflegefachkraft den Bescheid des LASF vom 28.3.2007 mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben (Bescheid
vom 22.11.2013), weil die Anerkennung durch arglistige Täuschung erwirkt worden sei und der Anerkennungsbescheid bei Kenntnis
der wahren Sachlage nicht erlassen worden wäre. Das VG Meinigen hat erstinstanzlich die auf Aufhebung des Bescheids vom 22.11.2013
gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 10.3.2016 - 8 K 611/13).
Versicherte der Klägerin haben das niedrigschwellige Betreuungsangebot des FED in erheblichem Umfang in Anspruch genommen.
Allein in der Zeit vom 1.11.2011 bis zum 31.5.2013 hat die Klägerin ihre Versicherten von Vergütungsforderungen in Höhe von
10 595 Euro freigestellt bzw - soweit diese bereits bezahlt waren - ihren Versicherten erstattet. Diesen Betrag fordert die
Klägerin von den Beklagten zurück, wobei sie sich in erster Linie auf eine gesamtschuldnerische Haftung aus unerlaubter Handlung
nach §
823 Abs
2 BGB iVm §
263 StGB stützt.
Das SG Meinigen hat den beschrittenen Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nach Anhörung der Beteiligten für unzulässig
erklärt und den Rechtsstreit an das LG Meinigen verwiesen (Beschluss vom 30.3.2015). Auf die Beschwerde der Klägerin hat das
Thüringer LSG diesen Beschluss aufgehoben und den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für zulässig erklärt
(Beschluss vom 20.5.2016), zugleich aber die Beschwerde zum BSG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtswegfrage nach §
177 SGG iVm §
17a Abs
4 Satz 4 und
5 GVG zugelassen. Der dem Klagebegehren zugrunde liegende Lebenssachverhalt, aus dem die Klägerin einen Erstattungsanspruch bzw
einen Schadensersatzanspruch herleite, sei maßgeblich von Vorschriften des Rechts der sozialen Pflegeversicherung (SPV) geprägt.
Mit ihrer am 8.6.2016 beim BSG eingegangenen Beschwerde begehren die Beklagten zu 2) und 3) die Aufhebung des LSG-Beschlusses und die Zurückweisung der
Beschwerde der Klägerin gegen den Verweisungsbeschluss des SG. Sie halten die Voraussetzungen des §
51 SGG für nicht gegeben, weil sich die Klägerin primär auf einen Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung stütze und der
Rechtsstreit durch zivilrechtliche Vorschriften geprägt sei. Vertragliche Rechtsbeziehungen zwischen den Anbietern von niedrigschwelligen
Betreuungsangeboten und sonstigen Erbringern von zusätzlichen Betreuungsleistungen auf der einen Seite und den Pflegekassen
auf der anderen Seite gebe es nicht. Die Pflegekassen finanzierten die zusätzlichen Betreuungsleistungen nicht nach dem Sachleistungsprinzip,
sondern schuldeten ihren Versicherten jeweils nur die Erstattung der von diesen aufgewendeten Kosten, wobei der Erstattungsanspruch
der Höhe nach begrenzt sei (§
45b Abs
1 Satz 2 und Abs
1a SGB XI).
II
Die Beschwerden der Beklagten zu 2) und 3) sind unbegründet. Der Beschluss des LSG vom 20.5.2016 ist rechtmäßig. Das SG hat den beschrittenen Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu Unrecht für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit
daher unzutreffend an das LG Meinigen verwiesen. Der vorliegende Rechtsstreit ist eine Streitigkeit in Angelegenheiten der
SPV nach §
51 SGG. Ob die Streitigkeit zivilrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur ist, bedarf für die Zuständigkeitsfrage keiner abschließenden
Entscheidung.
Nach §
51 Abs
1 Nr
2 Teilsatz 1
SGG in der Fassung des 6.
SGG-Änderungsgesetzes (SGGÄndG) vom 17.8.2001 (BGBl I 2144) entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche
Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), der SPV und der privaten Pflegeversicherung
(PPV), auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Gemäß §
51 Abs
2 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ferner über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Zulassung
von Trägern und Maßnahmen durch fachkundige Stellen nach dem Fünften Kapitel des
SGB III und in Angelegenheiten der GKV, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden (Satz 1 in der Fassung des
Gesetzes zur Neuordnung der Altersversorgung der Bezirksschornsteinfegermeister und zur Änderung anderer Gesetze vom 5.12.2012,
BGBl I 2467); dabei gilt Satz 1 für die SPV und die PPV entsprechend (Satz 2 in der Fassung des AMNOG vom 22.12.2010, BGBl
I 2262, gleichlautend zuvor Satz 3 in der Fassung des 6. SGGÄndG). Für den hier allein interessierenden Bereich der SPV muss
also für die Rechtswegentscheidung nach §
51 SGG nicht abschließend entschieden werden, ob eine Streitigkeit privatrechtlicher (zivilrechtlicher) oder öffentlich-rechtlicher
Natur ist, wenn feststeht, dass das Klagebegehren jedenfalls eine "Angelegenheit der SPV" betrifft. Die Zuständigkeitsvorschriften
des
SGG einschließlich des §
51 SGG sind zwingend und begründen ausschließliche Zuständigkeiten. Im Regelfall sind daher sämtliche Rechtsstreitigkeiten aus dem
öffentlich-rechtlichen Rechts- und Pflichtenkreis der Pflegekassen, der unmittelbar ihre öffentlichen Aufgaben betrifft, den
Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesen (vgl nur BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 9 RdNr 15 mwN).
Die Zulässigkeit des Rechtswegs richtet sich nach dem Streitgegenstand. Dieser wird durch den geltend gemachten prozessualen
Anspruch, dh durch den Klageantrag und den Klagegrund im Sinne eines bestimmten Lebenssachverhalts festgelegt (stRspr, zB
BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 4 RdNr 26; BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 9 RdNr 17 mwN). Da hier Streitigkeiten unabhängig davon, ob sie nach den vorliegenden Gegebenheiten zivilrechtlicher oder
öffentlich-rechtlicher Natur sind, immer dann schon den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesen sind, wenn sie eine
"Angelegenheit der SPV" betreffen, ist maßgeblich darauf abzustellen, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt
für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge wesentlich von Bestimmungen des Zivilrechts (dann Rechtsweg-Zuständigkeit des LG
Meinigen, §
13 GVG) oder des Rechts der SPV im
SGB XI geprägt wird. Dabei kann im Einzelfall auch ein enger sachlicher Zusammenhang mit der Verwaltungstätigkeit der Pflegekassen
genügen (BSG SozR 4-1500 §
51 Nr 6 RdNr 15; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
51 RdNr 14a). Die in dieser Weise vorzunehmende Abgrenzung weist das Streitverhältnis in diejenige Verfahrensordnung, die ihm
nach der gesetzgeberischen Wertung in der Sache am besten entspricht, und bewirkt zugleich, dass regelmäßig diejenigen Gerichte
anzurufen sind, die durch ihre Sachkunde und Sachnähe zur Entscheidung über den in Frage stehenden Anspruch besonders geeignet
sind (BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 3 RdNr 9; BGHZ 89, 250, 252).
Ebenso wie die Rückforderung einer Leistung der Rechtsnatur dieser Leistung folgt, folgen auch Ersatz- oder Schadensersatzansprüche
sowie Unterlassungsansprüche wegen Verletzung besonderer Verpflichtungen der Rechtsnatur, in die das Rechtsverhältnis eingebettet
ist und dem die besondere Verpflichtung entnommen ist. Daher sind Sozialgerichte als zuständig anerkannt worden, wenn Leistungsträger
Schadensersatzansprüche auf unerlaubte Handlungen gestützt haben, sofern dieser Schadensersatzanspruch aus einem Sozialrechtsverhältnis
hervorgegangen war (vgl BSGE 66, 176 = SozR 3-4100 § 155 Nr 1 im Anschluss an BGHZ 103, 255). Dem steht auch nicht entgegen, dass nach der ausdrücklichen Rechtswegzuweisung (§
40 Abs
2 Satz 1
VwGO) für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen
Vertrag beruhen, der ordentliche Rechtsweg gegeben ist. Zweck dieser Regelung ist, den Rechtsweg zu den Zivilgerichten für
solche öffentlichen Streitigkeiten zu erhalten, in denen ein enger Sachzusammenhang mit der Amtshaftung (§
839 BGB iVm Art
34 GG) besteht. Keineswegs sind damit aber alle Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten den
Zivilgerichten zugewiesen worden (stRspr, vgl nur BSGE 70, 186 = SozR 3-1200 § 53 Nr 4 mwN).
Hiernach sind zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit berufen (§
51 Abs
1 Nr
2 und Abs
2 Satz 2
SGG), weil es um den Zahlungsanspruch einer Pflegekasse gegen einen Leistungserbringer der SPV wegen zu Unrecht erbrachter Vermögensaufwendungen
im Zusammenhang mit der Versorgung der sozial Pflegeversicherten mit zusätzlichen Betreuungsleistungen (§§ 45a, 45b
SGB XI) geht, zu deren Erbringung der FED K. leistungserbringerrechtlich nicht berechtigt war, weil er die Anerkennungsvoraussetzungen
nach §
45b Abs
1 Satz 6 Nr
4 und §
45c Abs
3 SGB XI iVm §
2 Abs
2 der Thüringer Verordnung nicht erfüllte.
Zusätzliche Betreuungsleistungen können Pflegebedürftige in häuslicher Pflege in Anspruch nehmen, bei denen ein erheblicher
Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung gegeben ist (§
45a Abs
1 Satz 1 iVm §
45b Abs
1 Satz 1
SGB XI). Die Kosten hierfür werden von den Pflegekassen ersetzt, wobei der Anspruch auf 104 Euro monatlich (Grundbetrag) bzw 208
Euro (erhöhter Betrag) begrenzt ist (§
45b Abs
1 Satz 2
SGB XI). Der Betrag ist zweckgebunden einzusetzen für qualitätsgesicherte Leistungen der Betreuung und Entlastung (§
45b Abs
1 Satz 5
SGB XI). Er dient der Erstattung von Aufwendungen, die den Versicherten entstehen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Leistungen
(Nr 1) der Tages- oder Nachtpflege, (Nr 2) der Kurzzeitpflege, (Nr 3) der zugelassenen Pflegedienste, sofern es sich um besondere
Angebote der allgemeinen Anleitung und Betreuung oder Angebote der hauswirtschaftlichen Versorgung und nicht um Leistungen
der Grundpflege handelt oder (Nr 4) der nach Landesrecht anerkannten niederschwelligen Betreuungs- und Entlastungsangebote,
die nach §
45c SGB XI gefördert oder förderungsfähig sind (§
45b Abs
1 Satz 6
SGB XI). Niederschwellige Betreuungsangebote sind Angebote, in denen Helfer und Helferinnen unter pflegefachlicher Anleitung die
Betreuung von Pflegebedürftigen in Gruppen oder im häuslichen Bereich übernehmen sowie pflegende Angehörige und vergleichbar
nahestehende Pflegepersonen entlasten und beratend unterstützen (§
45c Abs
3 Satz 1
SGB XI). Aus dem Konzept muss sich ergeben, dass eine angemessene Schulung und Fortbildung der Helfenden sowie eine kontinuierliche
Begleitung und Unterstützung der ehrenamtlich Helfenden in ihrer Arbeit gesichert ist (§
45c Abs
3 Satz 4
SGB XI). Die Landesregierungen sind ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere über die Anerkennung der niedrigschwelligen Betreuungs-
und Entlastungsangebote einschließlich der Vorgaben zur regelmäßigen Qualitätssicherung der Angebote zu bestimmen (§
45b Abs
4 Satz 1
SGB XI). Von dieser Ermächtigung hatte die Landesregierung des Freistaats Thüringen durch die in den Jahren 2004 bis 2008 geltende
Verordnung vom 9.12.2003 Gebrauch gemacht; eine neue Rechtsverordnung ist in Vorbereitung. Bis Ende 2008 ausgesprochene Anerkennungen
genießen Bestandschutz, soweit eine Rücknahme oder ein Widerruf nicht erfolgt. Neue Anerkennungen können seit 2009 und auch
derzeit nicht erteilt werden. Anerkennungsvoraussetzung war nach § 2 Abs 2 der Verordnung ua die Beschäftigung einer hauptamtlichen
Pflegefachkraft in einem Angestelltenverhältnis.
Die Klägerin erhebt gegen den FED K. den Vorwurf, die Anerkennung seines niedrigschwelligen Betreuungsangebots durch Täuschung
erlangt zu haben, weil die angegebene Beschäftigung der ausgebildeten Heilerziehungspflegerin L. als hauptamtliche Pflegefachkraft
nicht der Wahrheit entsprochen habe. Mit dem rechtswidrig beschafften Anerkennungsbescheid des LASF vom 28.03.2007 sei der
FED in der Lage gewesen, als Leistungserbringer am Markt für zusätzliche Betreuungsangebote (§
45b SGB XI) aufzutreten, mit den Versicherten Verträge über die Durchführung dieser Betreuungsangebote abzuschließen und zugleich sicherzustellen,
dass die Pflegekassen die nachgewiesenen Aufwendungen ihren Versicherten erstatten oder, soweit ihnen noch nicht beglichene
Rechnungen vorgelegt wurden, mit dem FED direkt abrechnen und so die Versicherten von den Kosten freizustellen. Demgemäß seien
nicht nur das LASF getäuscht worden, sondern auch alle Versicherten, denen Betreuungsleistungen "verkauft" wurden, die mangels
Beschäftigung einer hauptamtlichen Pflegekraft nicht die geforderte Qualität besaßen, und schließlich seien auch die Pflegekassen
getäuscht worden, die von einer rechtmäßig erlangten Anerkennung des niedrigschwelligen Betreuungsangebots ausgehen mussten
und im Vertrauen darauf die Aufwendungen ihrer Versicherten erstattet hätten. Die Beklagten haben nach dem Vortrag der Klägerin
gemeinschaftlich gehandelt und gewusst, dass der FED die Leistungen nur aufgrund der Täuschung erbringen und abrechnen konnte.
Der rechtswidrig erlangte Vermögensvorteil von 10 595 Euro auf Seiten der Beklagten entspreche einer Vermögenseinbuße in gleicher
Höhe bei ihr, der Klägerin, weil sie in der irrigen Annahme, der Anerkennungsbescheid des LASF vom 28.3.2007 sei rechtmäßig
erteilt worden, Erstattungen bzw Freistellungen auf die nachgewiesenen Vergütungsbeträge vorgenommen habe, die sie von den
Versicherten wegen deren Gutgläubigkeit nicht zurückfordern könne.
Aus diesem Lebenssachverhalt leitet die Klägerin Erstattungs- und Schadensersatzansprüche in Höhe von 10 595 Euro ab, wobei
sie sich in erster Linie auf einen Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung (§
823 Abs
2 BGB iVm §
263 StGB) stützt. Diese unerlaubte Handlung geschah im Rahmen der Versorgung pflegebedürftiger Versicherter mit zusätzlichen Betreuungsleistungen
(§
45b SGB XI) und deren Abrechnung, wobei die Beklagten wussten, dass die Kosten zwar formal von den Versicherten als Vertragspartner
der mit dem FED geschlossenen Dienstverträge (§
611 BGB) geschuldet, letztlich aber von den Pflegekassen wegen der von diesen zu erbringenden Erstattungsleistungen (§
45b Abs
1 Satz 2, 6 und 7
SGB XI) zu tragen waren. Dass die Anbieter von niedrigschwelligen Betreuungsleistungen systembedingt keine Versorgungsverträge mit
den Pflegekassen abschließen und auch die Anerkennung (§
45b Abs
1 Satz 6 Nr
4 und Abs
4 SGB XI) nicht von den Pflegekassen, sondern allein vom zuständigen Landesministerium bzw einer ihm nachgeordneten Behörde (LASF)
ausgesprochen wird, steht der Einordnung des Schadensersatzanspruchs als "Angelegenheit der SPV" nicht entgegen.
Die gesetzliche Ausgestaltung der Versorgung der Versicherten mit zusätzlichen Betreuungsleistungen nach dem Kostenerstattungsprinzip
statt dem sonst üblichen Sachleistungsprinzip (§
4 Abs
1 Satz 1
SGB XI) und dem dadurch bedingten Fehlen unmittelbarer Vertragsbeziehungen zwischen den Leistungserbringern und den Pflegekassen
schließt zwar Erstattungs- und Schadensersatzansprüche wegen Verletzung vertraglicher Pflichten aus, hindert aber nicht an
der Prüfung, ob hier Ansprüche aus Pflichtverletzungen im Rahmen "geschäftsähnlicher Kontakte" aufgrund einer öffentlich-rechtlichen
Sonderverbindung zwischen den Leistungserbringern und den Pflegekassen analog §
311 Abs
2 Nr
3 und §
241 Abs
2 BGB in Betracht kommen könnten (Grüneberg in Palandt,
BGB, 75. Aufl 2016, §
311 RdNr 12,
24, 27). Auch ein solcher Anspruch beträfe eine "Angelegenheit der SPV". Auf die Einordnung der denkbaren Ansprüche als eher
zivilrechtlich oder eher öffentlich-rechtlich geprägt kommt es nicht an, weil das Gesetz in §
51 Abs
1 Nr
2 und Abs
2 SGG beide Arten von Anspruchsgrundlagen den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zuweist, solange es sich jedenfalls um eine "Angelegenheit
der SPV" handelt.
Die - in Verfahren über eine Rechtswegbeschwerde grundsätzlich erforderliche (BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 6 RdNr 19, 20) - Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm §
154 Abs
2, §
159 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren folgt aus §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 1
SGG iVm § 52 Abs 1 GKG. Es erscheint angemessen, für die Vorabentscheidung über den Rechtsweg von einem Fünftel des Wertes des eingeklagten Zahlungsanspruchs
auszugehen (BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 4 RdNr 85).