Vertragsarzthonorar
Vergütung der antrags- und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen des Kapitels 35.2 EBM-Ä a.F.
Gestaltungsauftrag zur Konkretisierung der Grundlagen der vertragsärztlichen Honorarverteilung
Gerichtliche Kontrolldichte speziell der Entscheidungen des EBewA
Festsetzung des Betriebskostenansatzes
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die angemessene Vergütung der zeitgebundenen und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen
Leistungen des Kapitels 35.2 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für die ärztlichen Leistungen (EBM-Ä) im Quartal IV/2007.
Der Kläger ist Psychologischer Psychotherapeut und nahm als solcher an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung in Sachsen-Anhalt
teil. Den gegen den Honorarbescheid für das Quartal IV/2007 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte zurück. Zur Begründung
der dagegen erhobenen Klage verwies der Kläger auf das Urteil des BSG vom 28.5.2008 zum Az B 6 KA 9/07 R (BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42) und machte geltend, dass der Bewertungsausschuss (BewA) den ihm in dieser Entscheidung erteilten
Auftrag zur Prüfung der Betriebskosten psychotherapeutischer Praxen ab dem Quartal I/2007 nicht umgesetzt habe. Der BewA habe
zur Ermittlung der Kosten für das Jahr 2007 statistische Daten des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI)
aus den Jahren 2002 bis 2004 herangezogen und dabei zu Unrecht die tatsächlich ermittelten Personalkosten durch deutlich niedrigere
normative Personalkosten ersetzt. Darin liege ein Verstoß gegen die Vorgaben des BSG. Zudem habe der BewA nicht alle empirischen Daten berücksichtigt, die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung im Jahr 2011 vorlagen,
um ein verlässliches Kostenbild des Jahres 2007 zu erhalten.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KÄBV) hat in einer vom SG eingeholten Stellungnahme ausgeführt, dass der BewA bei Ermittlung des Betriebskostensatzes psychotherapeutischer Praxen
ausschließlich auf Daten des ZI zurückgegriffen habe. Lediglich die Personalkosten seien normativ unter Berücksichtigung von
Daten des statistischen Bundesamtes in Höhe von 14 727 Euro festgelegt worden. Um für 2007 einen neuen Betriebskostenansatz
festsetzen zu können, hätten dem BewA bereits 2006 Anhaltspunkte vorliegen müssen, die eine andere Beurteilung der Kostensituation
gerechtfertigt hätten. Zum Ende des Jahres 2006 seien die neuen Daten des ZI aus den Jahren 2002 bis 2004 bekannt geworden.
Hieraus habe sich eine minimale Änderung des Betriebskostenbetrages gezeigt. Der Betriebskostenbetrag in der höchsten Umsatzklasse
mit einem Umsatz von über 70 000 Euro habe bei 38 546 Euro gelegen und damit unter dem für die Mindestpunktwertberechnung
veranschlagten Wert in Höhe von 40 634 Euro. Dabei sei der Personalkostenanteil der ZI-Studie durch einen rechnerisch ermittelten
Betrag der Jahresaufwendung für eine Halbtagskraft nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) in Höhe von 16 323 Euro ersetzt worden. Diese Daten hätten zu einer Absenkung der Betriebskosten führen müssen, welche noch
größer ausgefallen wäre, wenn man die Personalkosten des statistischen Bundesamtes in Höhe von 14 727 Euro herangezogen hätte.
Insofern liege keine Benachteiligung der Psychotherapeuten vor, sodass auch keine Reaktionspflicht des Normgebers bestanden
habe. Neuere Daten hätten im Jahr 2006 nicht vorgelegen. Ferner sei eine einmal gewählte Datengrundlage beizubehalten, um
den Eindruck der Beliebigkeit zu vermeiden.
Das SG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der BewA sei seiner Beobachtungspflicht bezogen auf
die Betriebskosten psychotherapeutischen Praxen in Übereinstimmung mit den Vorgaben aus der Entscheidung des BSG vom 28.5.2008 (B 6 KA 9/07 R) nachgekommen. Nachdem der tatsächliche Betriebskostenbetrag in der höchsten Umsatzklasse mit einem Umsatz über 70 000 Euro
bei einem Betrag von 38 546 Euro und damit unter dem für die Mindestpunktwertberechnung veranschlagten Betriebskostenbetrag
von 40 634 Euro gelegen habe, habe der BewA davon absehen dürfen, im Jahr 2007 eine Anpassung vorzunehmen. Der BewA sei nicht
verpflichtet gewesen, bei der Ermittlung der Betriebskosten für das Jahr 2007 sämtliche zum Zeitpunkt der Beschlussfassung
im Jahr 2011 vorliegenden empirischen Daten heranzuziehen. Ein Rückgriff auf nach Ablauf des Abrechnungsjahres bekannt gewordene
Daten würde stets Anlass für zukünftige Korrekturen geben. Damit wäre eine verlässliche Vergütung der vertragsärztlichen und
vertragspsychotherapeutischen Leistungen nicht mehr gegeben. Sie erhielten den Charakter der Vorläufigkeit. Dem System sei
immanent, dass aus der Beobachtungspflicht der vergangenen Jahre eine Reaktionspflicht nur für die Zukunft erwachsen könne.
Die zum Ende des Jahres 2006 bekannt gewordenen neuen Daten des ZI aus den evaluierten Jahren 2002 bis 2004 hätten im Ergebnis
sogar zu einer Absenkung der Betriebskosten führen müssen, wovon nachträglich richtigerweise abgesehen worden sei. Die Psychotherapeuten
seien dadurch nicht benachteiligt worden.
Zur Begründung der dagegen eingelegten Sprungrevision macht der Kläger geltend, dass die Vorgehensweise des BewA zur Festsetzung
der normativen Praxiskosten voll ausgelasteter psychotherapeutischer Praxen im Jahr 2007 im Widerspruch zur Rechtsprechung
des BSG stehe. Der BewA sei bei seiner Beschlussfassung im Jahr 2011 verpflichtet gewesen, auf alle vorliegenden Daten und nicht
nur auf die bis Ende des Jahres 2006 vorliegenden Daten zurückzugreifen. Im Jahr 2011 habe der BewA bezogen auf die Betriebskosten
im Jahr 2007 keine Prognoseentscheidung mehr treffen müssen. Dem entsprechend habe das BSG in seiner Entscheidung vom 28.5.2008 (B 6 KA 9/07 R) ausgeführt, dass der BewA aufgerufen sei, für die Zeiträume ab dem Quartal I/2007 anhand der damals zugänglichen bzw der
später zugänglich gewordenen Daten zu prüfen, ob, ab wann und in welchem Umfang der feste Betriebskostenbetrag angepasst werden
müsse. Damit habe das BSG vorgegeben, dass der BewA auch die "später zugänglich gewordenen Daten" auszuwerten habe. Zur weiteren Begründung habe das
BSG auf Kostensteigerungen in den Jahren 2006 und 2007 hingewiesen. Davon abweichend habe der BewA auf Daten aus den Jahren 2002
bis 2004 zurückgegriffen. Im Übrigen entspreche es einem allgemeinen rechtlichen Grundsatz, dass die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung
vorliegenden Erkenntnisse zu berücksichtigen seien. Indem der BewA die Betriebskosten bei den Psychotherapeuten mit einem
fixen Betrag bemesse, während er bei den zum Vergleich herangezogenen Arztgruppen die Kosten durch die Anwendung einer prozentualen
Kostenquote ermittele, wende er unterschiedliche Methoden an. Dadurch benachteilige er die Psychotherapeuten, weil bei diesen
Daten aus vorangegangenen Zeiträumen maßgebend würden, während bei der prozentualen Berechnung der Betriebskosten der zum
Vergleich herangezogenen Arztgruppen die aktuellen Daten berücksichtigt würden.
Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass der BewA eine Prognoseentscheidung unter Zugrundelegung der im Jahr 2006 bekannten
Daten hätte treffen müssen, wäre der Beschluss rechtswidrig, weil die Daten aus zurückliegenden Zeiträumen dann unter Berücksichtigung
der voraussichtlichen Preissteigerungen in die Zukunft hätten projiziert werden müssen. Dass Kostensteigerungen mit hoher
Wahrscheinlichkeit eintreten würden, entspreche den Erfahrungen der letzten 50 Jahre. Die danach erforderliche Prognoseentscheidung
habe der BewA nicht getroffen. Darüber hinaus hätte der BewA bei der Ermittlung der Betriebskosten die ermittelten höheren
tatsächlichen Personalkosten nicht durch niedrigere normative Kosten ersetzen dürfen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 16. November 2016 aufzuheben, den Honorarbescheid der Beklagten für das vierte
Quartal 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2008 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, die
Honoraransprüche des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hat zur Begründung auf die Entscheidungen des Senats vom 28.6.2017 zu den Az B 6 KA 36/16 R und B 6 KA 29/17 R Bezug genommen.
II
Die Revision des Klägers ist begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, den Honoraranspruch des Klägers nach Neufestlegung
der Vorgaben für die Berechnung des Mindestpunktwerts für die Vergütung der antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen
des Kapitels 35.2 EBM-Ä für das Quartal IV/2007 durch den (Erweiterten) BewA (EBewA) neu zu bescheiden.
1. Rechtsgrundlage für die Honorierung der psychotherapeutischen Leistungen des Klägers war §
85 Abs
4 Satz 1 bis
3 SGB V (hier anzuwenden in der ab 1.1.2004 gültigen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung
- GKV-Modernisierungsgesetz - GMG vom 14.11.2003, BGBl I 2190). Danach stand jedem Vertragsarzt - und gemäß §
72 Abs
1 Satz 2
SGB V auch einem zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Psychotherapeuten - ein Anspruch auf Teilhabe an den von den Krankenkassen
entrichteten Gesamtvergütungen entsprechend der Art und dem Umfang der von ihm erbrachten abrechnungsfähigen Leistungen nach
Maßgabe der Verteilungsregelungen des Honorarverteilungsmaßstabs zu. Ergänzende Regelungen für die Honorierung psychotherapeutischer
Leistungen fanden sich in §
85 Abs
4 Satz 4
SGB V. Hiernach hatten die einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen (KÄV) in ihren Verteilungsmaßstäben Regelungen zur Vergütung
der Leistungen der Psychotherapeuten und der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene
Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten. Den Inhalt dieser Regelungen bestimmte gemäß §
85 Abs
4a Satz 1 letzter Halbsatz
SGB V, ebenfalls in der Fassung des GMG, der BewA.
Nach dem seit 1.1.2000 geltenden Regelungskonzept sollte der (E)BewA im Interesse einheitlicher Vergütungsgrundsätze für psychotherapeutische
Leistungen im ganzen Bundesgebiet die maßgeblichen Vorgaben auf normativer Ebene treffen, §
87 Abs
1 Satz 1 und Abs
3 SGB V. Er hatte den Inhalt der von den einzelnen KÄV im Rahmen der Honorarverteilung anzuwendenden Regelungen zur Vergütung der
genannten psychotherapeutischen Leistungen vorzugeben; diese Inhaltsbestimmung band die einzelne KÄV. Nach der Rechtsprechung
des Senats würde das vom Gesetz selbst vorgegebene Normkonkretisierungsprogramm ausgehöhlt, wenn entweder die einzelne KÄV
oder aber die Gerichte diese Vorgaben unter unmittelbarem Durchgriff auf das Merkmal der "Angemessenheit" in §
85 Abs
4 Satz 4
SGB V außer Acht ließen (vgl BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 §
85 Nr 8, RdNr 14; BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 16 f).
Für die Gerichte hat dieses Regelungskonzept zur Folge, dass sie die Gestaltungsfreiheit des (E)BewA, wie sie für jede Normsetzung
kennzeichnend ist, zu respektieren haben (vgl BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, RdNr 19; BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 17 f; grundlegend mit Nachweisen der Rspr des Senats und des BVerfG: BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 86). Die richterliche Kontrolle untergesetzlicher Normen beschränkt sich darauf, ob sich die
untergesetzliche Norm auf eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage stützen kann und ob die äußersten rechtlichen Grenzen der
Rechtssetzungsbefugnis durch den Normgeber überschritten wurden. Letzteres ist erst dann der Fall, wenn die getroffene Regelung
in einem "groben Missverhältnis" zu den mit ihr verfolgten legitimen Zwecken steht (BVerfGE 108, 1, 19), dh in Anbetracht des Zwecks der Ermächtigung schlechterdings unvertretbar oder unverhältnismäßig ist (so BVerwGE 125,
384 RdNr 16; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 34 RdNr 15). Der (E)BewA überschreitet den ihm eröffneten Gestaltungsspielraum, wenn sich zweifelsfrei feststellen lässt,
dass seine Entscheidungen von sachfremden Erwägungen getragen sind - etwa weil eine Gruppe von Leistungserbringern bei der
Honorierung bewusst benachteiligt wird - oder dass es im Lichte von Art
3 Abs
1 GG keinerlei vernünftige Gründe für die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem bzw für die ungleiche Behandlung von im Wesentlichen
gleich gelagerten Sachverhalten gibt (BVerfG [Kammer] SozR 4-2500 § 87 Nr 6 RdNr 19; BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 17 f; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 86 mwN; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 39 RdNr 17).
Sofern eine Norm tatsächliche Umstände zur Grundlage ihrer Regelung macht, erstreckt sich die gerichtliche Überprüfung insbesondere
darauf, ob der BewA - soweit mehrere Arztgruppen betroffen sind - nach einheitlichen Maßstäben verfahren ist und inhaltlich
darauf, ob seine Festsetzung frei von Willkür ist, dh ob er sich in sachgerechter Weise an Berechnungen orientiert hat und
ob sich seine Festsetzung innerhalb des Spektrums der verschiedenen Erhebungsergebnisse hält (BSGE 89, 259, 265 = SozR 3-2500 § 87 Nr 34 S 193; vgl auch Wahl, Die Intensivierung der gerichtlichen Kontrolle des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs
und das Ende der Praxisbudgets, MedR 2003, 569, 571). Der festgesetzte Zahlenwert muss "den Bedingungen rationaler Abwägung genügen" (BSGE 89, 259, 265 = SozR 3-2500 § 87 Nr 34 S 193 unter Bezugnahme auf BVerfGE 85, 36, 57 zu Kapazitätsberechnungen für Hochschulzulassung und BVerwGE 106, 241, 247 zum Grenzwert für Schienenverkehrslärm; vgl auch BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 18; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 86; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 14 RdNr 19).
Dabei darf die gerichtliche Kontrolldichte speziell der Entscheidungen des (E)BewA nicht überspannt werden. Der an den BewA
gerichtete gesetzliche Gestaltungsauftrag zur Konkretisierung der Grundlagen der vertragsärztlichen Honorarverteilung umfasst
auch den Auftrag zu einer sinnvollen Steuerung des Leistungsgeschehens in der vertragsärztlichen Versorgung (BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 19; BSGE 88, 126, 129 = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 147 f). Hierzu bedarf es komplexer Kalkulationen, Bewertungen, Einschätzungen und Prognosen,
die nicht jeden Einzelfall abbilden können, sondern notwendigerweise auf generalisierende, typisierende und pauschalierende
Regelungen angewiesen sind (vgl BVerfGE 108, 1, 19; BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 19; BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 28 mwN im Zusammenhang mit dem EBM-Ä). Die gerichtliche Überprüfung eines komplexen und auch
der Steuerung dienenden Regelungsgefüges darf sich deshalb nicht isoliert auf die Bewertung eines seiner Elemente beschränken,
sondern muss stets auch das Gesamtergebnis der Regelung mit in den Blick nehmen (vgl BVerfGE 117, 330, 353). Die Richtigkeit jedes einzelnen Elements in einem mathematischen, statistischen oder betriebswirtschaftlichen Sinne
ist deshalb nicht Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der gesamten Regelung (vgl BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 19; BSGE 88, 126, 136 = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 155 f; zur Festlegung der Regelleistung der Grundsicherung ähnlich BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5, RdNr 22). Auch die Festsetzung des Betriebskostenansatzes ist angesichts der Bewertungen, von denen
sie abhängt, als Normsetzung zu qualifizieren (vgl BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 38; ebenfalls zu Kostensätzen als Grundlage für die Bewertung von ärztlichen Leistungen: BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 37). Die gerichtliche Kontrolle erstreckt sich insbesondere darauf, ob der BewA sich in sachgerechter Weise an
vorliegenden Berechnungen orientiert hat und von Annahmen ausgegangen ist, die sich innerhalb des Spektrums vorliegender Erhebungsergebnisse
halten (vgl BSGE 89, 259, 264 = SozR 3-2500 § 87 Nr 34 S 192).
2. Bei Anwendung dieser Maßstäbe hat der BewA seinen Gestaltungsspielraum überschritten, indem er die im Herbst 2006 veröffentlichte
Kostenstrukturanalyse des ZI für die Jahre 2002 bis 2004, aus der sich ein Anpassungsbedarf hinsichtlich der Betriebskosten
von 40 634 Euro auf einen Betrag von mindestens 41 052 Euro ergab, für das Jahr 2007 nicht berücksichtigt hat. Deshalb ist
der Beschluss des EBewA vom 31.8.2011 rechtswidrig, soweit er für das Jahr 2007 keine Anpassung enthält (so bereits BSG Urteile vom 28.6.2017 - B 6 KA 29/17 R -, zur Veröffentlichung für SozR vorgesehen und - B 6 KA 36/16 R -).
a) Der Beschluss des EBewA vom 31.8.2011 war eine Reaktion auf das Urteil des Senats vom 28.5.2008, in dem eine Überprüfung
des Betriebskostenbetrages von jährlich 40 634 Euro für die Jahre 2007 und 2008 als notwendig erachtet worden war (BSGE 100,
254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 39; zur vorangegangenen Entwicklung von Gesetzgebung und Rechtsprechung zur Angemessenheit
der Vergütung vertragspsychotherapeutischer Leistungen vgl BSG Urteil vom 28.6.2017 - B 6 KA 29/17 R - RdNr 16 ff mwN, zur Veröffentlichung für SozR vorgesehen). In dieser Entscheidung hat der Senat den Beschluss des BewA
vom 18.2.2005 (DÄ 2005, A-457) für die im Verfahren streitbefangenen Jahre 2002 und 2003 nicht beanstandet. Die Bereinigung
der Durchschnittsumsätze aus dem "Fachgruppenmix" um bestimmte Leistungen ist danach vom Gestaltungsspielraum des BewA umfasst
(BSG, aaO RdNr 45). Leistungen, die für die Ertragssituation prägend sind, dürfen allerdings nicht herausgerechnet werden. Soweit
für die Jahre 2000 und 2001 - die nicht Gegenstand des Verfahrens waren - bei der Berechnung die Umsätze der Vergleichsarztgruppe
der Allgemeinmediziner um Einnahmen aus Laborleistungen und aus Pauschalerstattungen zu bereinigen sind, sind prägende Elemente
betroffen und der Beschluss insoweit rechtswidrig (aaO RdNr 49).
Der zur Berücksichtigung der Betriebskosten voll ausgelasteter psychotherapeutischer Praxen festgesetzte Betrag von bundesweit
40 634 Euro hält sich im Rahmen des Gestaltungsspielraums des BewA. Die Vorgabe eines für alle KÄV-Bezirke gleich hohen Betrages
zur Berücksichtigung der typischerweise in voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxen anfallenden Betriebskosten ist
mit höherrangigem Recht vereinbar. Wie der Senat ebenfalls bereits in seiner Entscheidung vom 28.5.2008 (BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 25 ff) im Einzelnen dargelegt hat, ist es - entgegen der Auffassung, die der Kläger in der
Revisionsbegründung vertreten hat - methodisch unbedenklich, einen fixen Betriebskostenansatz zu wählen, auch wenn ein Vergleich
zum variablen fiktiven Umsatz einer vergleichbaren Arztgruppe zu ziehen ist, sofern das Erfordernis einer realitätsgerechten
Erfassung beachtet wird und Abweichungen von der sonst gewählten Vorgehensweise aus diesem Blickwinkel sachlich begründet
sind. Die Verwendung eines festen Betrages soll zudem ein zu starkes Auseinanderdriften der regional zu ermittelnden Psychotherapie-Punktwerte
verhindern. Auch die Höhe des festgesetzten Betrages hält sich im Rahmen des Gestaltungsspielraums des BewA (aaO RdNr 33 ff).
Als Grundlage hat die im Mai 2002 erstellte "Sonderauswertung für Psychotherapeuten zur Kostenstrukturanalyse 1999" des ZI
gedient. Der Ermittlung des festen Betriebskostenbetrages sind die durchschnittlichen Betriebsausgaben der obersten Umsatzgrößenklasse
in den alten Bundesländern in Höhe von 62 712 DM zugrunde gelegt worden. Mit den hierin enthaltenen Personalkosten von lediglich
12 042 DM konnte die vom Senat für erforderlich gehaltene Berücksichtigung der Aufwendungen für eine Halbtagskraft nicht realisiert
werden. Der BewA hat daher zu Recht diesen Betrag in Abzug gebracht und durch den Betrag von 28 803 DM ersetzt. Dieser Betrag
ist als gewichteter Mittelwert aus einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes zur "Kostenstruktur bei ausgewählten Arzt-,
Zahnarzt-, Tierarzt- und Heilpraktikerpraxen sowie Praxen von Psychologischen Psychotherapeuten" im Jahr 2000 (erschienen
im Februar 2004 in der Fachserie 2/Reihe 1.6.1) abgeleitet worden. Die Berücksichtigung dieses Wertes stellt eine realitätsgerechte
und willkürfreie Personalkostenerfassung dar, zumal der sich ergebende Wert von 14 727 Euro etwa zwei Drittel der in psychotherapeutischen
Praxen tatsächlich entstandenen Aufwendungen für eine Vollzeitkraft abdeckt. Er ist auch in Übereinstimmung mit den sich aus
dem Gehaltstarifvertrag für Arzthelferinnen in der Tätigkeitsgruppe II für eine Halbtagskraft errechnenden jährlichen Personalkosten
von 12 003 Euro zu bringen und lässt noch Spielraum etwa für die geringfügige Beschäftigung einer Raumpflegekraft (aaO RdNr
35 ff).
Allerdings muss der BewA in regelmäßigen Abständen prüfen, ob sich die Verhältnisse zwischenzeitlich geändert haben und deshalb
eine Anpassung der ursprünglichen Festlegung geboten ist. In seiner Entscheidung vom 28.5.2008 hat der Senat ab dem Jahr 2007
deutliche Anhaltspunkte für Kostensteigerungen bei den Betriebskosten voll ausgelasteter psychotherapeutischer Praxen gesehen,
die eine Anpassung nahelegen könnten (aaO RdNr 39). Nicht zuletzt aufgrund einer Erhöhung der Umsatzsteuer um drei Prozentpunkte
sei im Jahr 2007 der Verbraucherpreisindex für Deutschland erstmals seit Jahren wieder um mehr als zwei Prozent gestiegen
und habe die Basis des Jahres 2000 um mehr als zehn Prozentpunkte übertroffen. Zudem seien mit Wirkung ab 1.1.2008 die seit
Juli 2004 nicht mehr angehobenen Vergütungen für Arzthelferinnen erhöht worden. Diese Entwicklung habe dazu geführt, dass
bei der zum 1.1.2008 erfolgten Novellierung des EBM-Ä aufgrund neuer Kostenerhebungen erheblich höhere Betriebskosten insbesondere
bei Psychotherapeuten berücksichtigt und deshalb die punktzahlmäßigen Bewertungen der psychotherapeutischen Leistungen spürbar
angehoben worden seien (zB tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie nach Nr 35200 EBM-Ä 2008 mit 1755 statt früher 1495
Punkten bewertet). Infolgedessen sei auch die Gesamtpunktmenge einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis - als
Divisor der Mindestpunktwertberechnung - ab 1.1.2008 von bislang 2 244 600 Punkten um 21 % auf nunmehr 2 716 740 Punkte erhöht
worden, während die - im Dividenden zu berücksichtigenden - Betriebskosten der Psychotherapeuten bislang unverändert geblieben
seien. Es liege nahe, dass aufgrund der genannten Veränderungen die Vorgabe eines Betriebskostenbetrages von weiterhin 40
634 Euro möglicherweise bereits im Jahr 2007, jedenfalls aber ab 2008 eine dem Regelungskonzept widersprechende strukturelle
Fehlfestlegung enthalte. Der BewA sei deshalb aufgerufen, für die Zeiträume ab dem Quartal I/2007 anhand der damals zugänglichen
bzw der später zugänglich gewordenen Daten zu prüfen, ob, ab wann und in welchem Umfang der feste Betriebskostenbetrag angepasst
werden müsse, damit er weiterhin einer realitätsgerechten Festlegung entspreche.
In Reaktion hierauf hat der EBewA mit Beschluss vom 31.8.2011 (DÄ 2011, A-2053) für den Zeitraum vom 1.1.2008 bis zum 31.12.2008
die Betriebsausgaben in Höhe von 42 974 Euro festgesetzt. Für das Jahr 2007 - und damit auch für das hier streitgegenständliche
Quartal IV/2007 - hat er jedoch keine Anpassung vorgenommen.
b) Soweit der EBewA als Datengrundlage für die Ermittlung der Betriebskosten auch für das Jahr 2007 die Erhebungen des ZI
herangezogen hat, ist dies nicht zu beanstanden. Der Senat hat sich bereits bei der Überprüfung des Beschlusses des BewA vom
18.2.2005 in seinem Urteil vom 28.5.2008 mit der Aussagekraft der damaligen Datengrundlage, der "Sonderauswertung für Psychotherapeuten
zur Kostenstrukturanalyse 1999" des ZI, auseinandergesetzt und ihre Heranziehung gebilligt. Im Vergleich zur Erhebung des
Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2000 entspricht sie wesentlich genauer der Vorgabe des §
85 Abs
4 Satz 4
SGB V, weil sie nur die in der vertragsärztlichen Versorgung tätigen psychologischen und ärztlichen Psychotherapeuten erfasst (vgl
BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 35). Wie der Senat bereits in zwei Urteilen vom 28.6.2017 (B 6 KA 29/17 R - RdNr 34 ff, zur Veröffentlichung vorgesehen für SozR 4 und - B 6 KA 36/16 R - RdNr 43 ff) dargelegt hat, wird die Verwertbarkeit der ZI-Erhebung als Datengrundlage auch nicht durch den Vergleich mit
anderen Erhebungen durchgreifend in Frage gestellt. Danach war der EBewA an der Verwertung der ZI-Erhebung 2005 nicht deshalb
gehindert, weil sie einen relativ und absolut signifikant höheren Personalkostenanteil als andere Erhebungen ausweist. Auch
aus dem Beschluss des EBewA vom 22.9.2015 lässt sich für eine Rechtswidrigkeit der Heranziehung der ZI-Studie als Datengrundlage
des Beschlusses vom 31.8.2011 nichts ableiten. Der EBewA hat für den Beschluss vom 22.9.2015 gerade einen Wechsel der Datengrundlage
vollzogen und anstelle einer ZI-Erhebung die Daten des Statistischen Bundesamtes 2007 herangezogen, weil für den Zeitraum
ab 1.1.2012 keine hinreichend aktuellen Daten des ZI vorlagen. Für den hier streitbefangenen Zeitraum im Jahr 2007 lagen jedenfalls
mit den Kostenstrukturerhebungen des ZI hinreichend aktuelle Daten vor, sodass der EBewA sich nicht zu einem Wechsel der Datengrundlage
gezwungen sehen musste. Soweit der EBewA für die Ermittlung der normativen Personalkosten in seinem Beschluss vom 31.8.2011
von der im Beschluss vom 18.2.2005 gewählten Methodik abgewichen ist und statt der Kostenstrukturerhebung des Statistischen
Bundesamtes das gemittelte Arbeitgeberbrutto für eine jeweils adäquat eingruppierte Halbtagskraft nach dem Gehaltstarifvertrag
für medizinische Fachangestellte vom 1.1.2008 und dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) herangezogen hat, hat er damit seinen Gestaltungsspielraum ebenfalls nicht überschritten (B 6 KA 29/17 R - RdNr 40, zur Veröffentlichung vorgesehen für SozR 4 und - B 6 KA 36/16 R - RdNr 49, jeweils mwN).
c) Der EBewA war nicht verpflichtet, bei der Ermittlung der Betriebskosten für das Jahr 2007 die aktuellste zum Entscheidungszeitpunkt
am 31.8.2011 vorliegende "Kostenstrukturanalyse in der ärztlichen und psychotherapeutischen Vertragspraxis 2005" des ZI mit
den Ergebnissen des Zeitraums 2003 bis 2005 heranzuziehen und bereits für das Jahr 2007 den für das Jahr 2008 in Ansatz gebrachten
Betrag von 42 974 Euro (vgl DÄ 2011, A-2053) festzulegen. Er hätte jedoch bei seiner Beschlussfassung die bereits im Herbst
2006 veröffentlichte Kostenstrukturanalyse des ZI für die Jahre 2002 bis 2004 berücksichtigen müssen, aus der sich ein Anpassungsbedarf
hinsichtlich der Betriebskosten von 40 634 Euro auf einen Betrag von mindestens 41 052 Euro ergab.
aa) Für das Jahr 2007 wurden Betriebsausgaben in Höhe von 40 634 Euro zugrunde gelegt, wie im Beschluss des BewA vom 18.2.2005
(DÄ 2005, A-457) festgesetzt. Datengrundlage dieser Festsetzung war damit im Jahr 2007 weiterhin die im Mai 2002 erstellte
"Sonderauswertung für Psychotherapeuten zur Kostenstrukturanalyse 1999". Hieraus ergab sich als Durchschnitt der Betriebsausgaben
in der obersten Umsatzgrößenklasse in den alten Bundesländern ein Betrag in Höhe von 62 712 DM (32 064,14 Euro), der um den
Personalkostenanteil in Höhe von 12 042 DM (6157 Euro) bereinigt wurde. Normativ wurden Personalkosten in Höhe von 28 803
DM (14 727 Euro) aus einer im Jahr 2004 erschienenen Erhebung des Statistischen Bundesamtes zur "Kostenstruktur bei ausgewählten
Arzt-, Zahnarzt-, Tierarzt- und Heilpraktikerpraxen sowie Praxen von psychologischen Psychotherapeuten" im Jahr 2000 ermittelt.
Für das Jahr 2007 ist nach den Angaben der in den Verfahren zu den Az B 6 KA 36/16 R und B 6 KA 29/17 R (Urteile vom 28.6.2017) beigeladenen KÄBV im Beschluss vom 31.8.2011 keine Anpassung vorgenommen worden, weil im Herbst 2006
nur die Daten des ZI aus den Jahren 2002 bis 2004 bekannt gewesen seien. Hieraus habe sich eine minimale Abweichung des Betriebskostenbetrages
ergeben. Dieser habe in der höchsten Umsatzklasse mit einem Umsatz über 70 000 Euro bei 38 546 Euro gelegen und damit unter
dem für die Mindestpunktwertberechnung veranschlagten Wert von 40 634 Euro. Dabei sei der Personalkostenanteil der ZI-Studie
durch einen rechnerisch ermittelten Betrag der Jahresaufwendung für eine Halbtagskraft nach dem TVöD in Höhe von 16 323 Euro ersetzt worden. Diese Daten hätten zu einer Absenkung der Betriebskosten führen müssen, die noch
größer ausgefallen wäre, wenn man die Personalkosten des Statistischen Bundesamtes in Höhe von 14 727 Euro herangezogen hätte.
Neuere Daten seien Ende 2006 nicht verfügbar gewesen.
bb) Es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass der BewA die Festsetzung des Betriebskostenanteils für 2007 allein auf
der Grundlage der Daten vorgenommen hat, die vor dem Zeitraum vorlagen, für den die Festsetzung gelten soll. Der EBewA war
nicht verpflichtet, die Betriebskosten für das Jahr 2007 im Hinblick auf die im Herbst 2007 verfügbare Kostenstrukturanalyse
2005 für die Jahre 2003 bis 2005 oder im Hinblick auf andere später veröffentlichte Erhebungsergebnisse anzupassen. Die auf
die Rechtsprechung des Senats zurückgehende Modellberechnung als Grundlage der Prüfung, ob eine voll ausgelastete psychotherapeutische
Praxis Erträge aus vertragsärztlicher Tätigkeit in derselben Größenordnung wie andere vertragsärztliche Praxen erreichen kann,
ändert nichts an dem Grundsatz, dass (auch) die Grundlagen für die Honorierung psychotherapeutischer Praxen (Punktzahlen im
EBM-Ä, Punktwerte) zu Beginn des jeweiligen Abrechnungszeitraums feststehen müssen. Die Vorstellung, es müsse regelmäßig nach
Abschluss des jeweiligen Jahres nach Vorliegen aller Daten der Psychotherapeuten und der anderen Arztgruppen geprüft werden,
ob tatsächlich "Chancengleichheit" im Sinne der Rechtsprechung des Senats bestanden hat, trifft nicht zu. Soweit die Wendung
im Urteil des Senats vom 28.5.2008, der BewA habe "für die Zeiträume ab Quartal I/2007 anhand der damals zugänglichen bzw
der später zugänglich gewordenen Daten zu prüfen, ob, ab wann und in welchem Umfang der feste Betriebskostenbetrag angepasst
werden muss" (BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 39), dafür sprach, dass auch nach Ablauf des zu beurteilenden Zeitraums veröffentlichte Daten
zu berücksichtigen seien, stellt der Senat klar, dass dies nicht zu fordern ist.
Der BewA darf grundsätzlich auf der Basis der vor Beginn des jeweiligen Jahres vorhandenen Daten beurteilen, ob die Vorgaben
geändert werden müssen. Verneint er das rechtsfehlerfrei, sind seine Vorgaben auch dann nicht zu beanstanden, wenn sich im
Laufe des Jahres Kostensteigerungen ergeben, die in der Bilanz des Jahres dazu führen können, dass die Zielvorgabe des Senats
nicht vollständig erreicht werden konnte. Es entspricht dem prognostischen Charakter der Beschlüsse des BewA nach §
85 Abs
4a Satz 1
SGB V aF und zu den Punktzahlen für die Leistungen des Kapitels 35.2 EBM-Ä aF, dass auch bei einer rückwirkenden Entscheidung grundsätzlich
allein die Daten berücksichtigt werden, die zu dem für eine prospektive Betrachtung maßgeblichen Zeitpunkt vorhanden waren.
Jede andere Beurteilung würde dazu führen, dass die Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen regelmäßig erst Jahre nach
Ablauf der zu vergütenden Zeiträume abgeschlossen werden könnte. Das entspräche nicht der Rechtsprechung des Senats, wonach
im Rahmen der Vergütung ambulanter vertragsärztlicher Leistungen möglichst Verwerfungen zu vermeiden sind, die dadurch entstehen,
dass die aktuelle Gesamtvergütung mit Zahlungen für Leistungen aus lange zurückliegenden Quartalen belastet wird. Grundsätzlich
haben sowohl die Vertragsärzte als auch die die Gesamtvergütung entrichtenden Krankenkassen einen Rechtsanspruch darauf, dass
die für ein bestimmtes Quartal geleistete Gesamtvergütung möglichst ungeschmälert für die Honorierung der in diesem Quartal
erbrachten Leistungen verwendet wird (BSG Urteil vom 10.5.2017 - B 6 KA 10/16 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Im Übrigen würde die endgültige Honorarverteilung abhängig von den Zeiträumen,
in denen das ZI und/oder das Statistische Bundesamt ihre Auswertungen von Erträgen und Kosten ärztlicher Praxen erstellen.
Wenn etwa die endgültigen Daten für 2007 aus Gründen, auf die die Vertragspartner der vertragsärztlichen Versorgung keinen
Einfluss haben, erst im Laufe des Jahres 2010 verfügbar sind, könnte, wenn allein diese Daten maßgeblich wären, erst im Jahr
2011 abschließend über die Höhe der Vergütung entschieden werden. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, dass der BewA sich
im Jahr 2011 für das Jahr 2007 nur auf die Daten gestützt hat, die 2006 vorgelegen haben. Die Strukturanalyse des ZI mit den
Ergebnissen der Jahre 2003 bis 2005 war aber erst im Herbst des Jahres 2007 verfügbar.
Dem kann der Kläger auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass neue Daten bereits im September 2007 und damit vor Beginn des
hier streitgegenständlichen Quartals IV/2007 vorgelegen hätten. Mit der Berücksichtigung der im September 2007 vorliegenden
neuen Daten erst zu Beginn des Folgejahres hat der Bewertungsausschuss seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten (vgl
BSG Urteil vom 28.6.2017 - B 6 KA 36/16 R). Dass eine Unterschreitung der Vorgaben zum Mindestpunktwert für Psychotherapeuten in einem einzelnen Quartal schon aus
Gründen der Praktikabilität nicht zur Korrektur der Honorarverteilung verpflichten, hat der Senat bereits mit Urteil vom 25.8.1999
(B 6 KA 14/98 R - BSGE 84, 235 = SozR 3-2500 § 85 Nr 33, Juris RdNr 38) entschieden. Außerdem beziehen sich die statistischen Daten, die der BewA seiner
Beurteilung zugrunde gelegt hat, auf Kalenderjahre. Bezogen auf den hier maßgebenden Zeitraum ist zudem zu berücksichtigen,
dass einige der Kriterien zur Verteilung der Gesamtvergütung, die der BewA nach §
85 Abs
4a SGB V aF festzulegen hatte, ausdrücklich auf das Kalenderjahr bezogen waren. So hat der Bewertungsausschuss bezogen auf die Festlegung
der Vergütungsanteile für die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung nach §
85 Abs
4a Satz 3
SGB V aF Veränderungen in der Zahl der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte "in den Jahren nach 1996" zu berücksichtigen.
Ferner ist zu beachten, dass die Vergütung antrags- und genehmigungspflichtiger Leistungen für die Höhe der zu vereinbarenden
Gesamtvergütung Bedeutung hat (vgl BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, Juris RdNr 50). Der Verteilungsmaßstab, den die einzelnen KÄV auf der Grundlage der Vorgaben des
BewA beschließen, hat wiederum gemäß §
85 Abs
4 Satz 5
SGB V sicherzustellen, dass die Gesamtvergütung gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt wird. Weil die für die Gesamtheit der
zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen zu zahlende Gesamtvergütung (vgl §
85 Abs
2 Satz 1
SGB V) idR für ein Kalenderjahr vereinbart wird (zu der seit dem 1.1.2009 geltenden ausdrücklichen Vorgaben nach §
87a Abs
3 Satz 1
SGB V vgl BSGE 116, 280 = SozR 4-2500 §
87a Nr 2, RdNr 33) liegt eine Anpassung der Vorgaben zur Vergütung psychotherapeutischer Leistungen zum Beginn des folgenden
Kalenderjahres jedenfalls nahe. Auch zu einer rückwirkenden Änderung ist der Bewertungsausschuss nicht verpflichtet. In Bezug
auf eine Neuregelung der Vergütung von Laborleistungen und dem damit verbundenen Umsatzrückgang hat der Senat bereits ausgeführt,
dass der Normgeber an einer rückwirkenden Änderung zugunsten einzelner Arztgruppen sogar gehindert sein dürfte, wenn damit
Nachzahlungen aus den für das aktuelle Quartal gezahlten Gesamtvergütungen verbunden wären (BSGE 97, 170 = SozR 4-2500 § 87 Nr 13, RdNr 43).
Auf die Frage, ob der EBewA die Möglichkeit gehabt hätte, die ihm im Herbst 2007 vorliegenden Daten zur Entwicklung der Betriebskosten
psychotherapeutischer Praxen in den Jahren 2003 bis 2005 bereits zu einem früheren Zeitpunkt selbst zu ermitteln, kommt es
nicht an (vgl bereits BSG Urteile vom 28.6.2017 - B 6 KA 29/17 R - RdNr 46 zur Veröffentlichung für SozR vorgesehen und - B 6 KA 36/16 R - RdNr 55). Eine eigenständige Pflicht des EBewA als Normgeber zu Ermittlungen hat der Senat - wenngleich Ermittlungen bei
Rechtsnormen, denen Prognoseerwägungen zugrunde lägen, sinnvoll seien - grundsätzlich nicht angenommen, zugleich aber darauf
hingewiesen, dass unter bestimmten Voraussetzungen verstärkte Beobachtungs- und Reaktionspflichten bestehen (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 24 RdNr 24; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 44).
d) Der Beschluss vom 31.8.2008 ist jedoch deshalb rechtswidrig, weil die Annahme des EBewA, dass aus den für das Jahr 2007
vorliegenden Daten auf eine Verringerung der Betriebskosten geschlossen werden könne und deshalb kein Anlass zu einer Anhebung
der Ver- gütung der psychotherapeutischen Leistungen bestünde, nicht zutreffend war. Aufgrund der Veränderungen, die aus der
im Herbst 2006 vorliegenden Kostenstrukturanalyse mit Daten der Jahre 2002 bis 2004 ersichtlich waren, war die Vorgabe eines
Betriebskostenbetrages von weiterhin 40 634 Euro bereits im Jahr 2007 nicht mehr rechtmäßig (vgl bereits die Urteile des Senats
vom 28.6.2017 - B 6 KA 29/17 R - RdNr 47, zur Veröffentlichung für SozR vorgesehen und - B 6 KA 36/16 R - RdNr 56). Aus den Daten des ZI ergaben sich Praxiskosten von 41 052 Euro, davon für die höchste Umsatzklasse Personalkosten
in Höhe von 18 829 Euro.
Soweit der EBewA davon ausgegangen ist, dass der sich aus der Erhebung für die Jahre 2002 bis 2004 ergebende Betriebskostenbetrag
in der höchsten Umsatzklasse mit einem Umsatz über 70 000 Euro bei 38 546 Euro und damit unter dem für die Mindestpunktwertberechnung
veranschlagten Wert von 40 634 Euro gelegen habe, beruht dies auf einer unzulässigen Berechnungsweise. Der EBewA hat bei dieser
Berechnung ausgehend von Betriebskosten von insgesamt 41 052 Euro die empirisch ermittelten Personalkosten in Höhe von 18
829 Euro abgezogen und durch einen niedrigeren normativen Personalkostenansatz in Höhe von 16 323 Euro ersetzt. Der Kläger
macht zutreffend geltend, dass dies nicht mit der Modellrechnung des Senats vereinbar ist, der der EBewA mit seinem Regelungskonzept
grundsätzlich gefolgt ist. Die Modifikation der empirisch erhobenen Betriebskostendaten des ZI in Bezug auf die ermittelten
Personalkosten und deren Erhöhung auf einen normativ ermittelten Wert hat der Senat mit der Begründung für rechtmäßig gehalten,
dass ansonsten die für erforderlich gehaltene Berücksichtigung der Aufwendungen für eine Halbtagskraft nicht realisiert werden
könne (BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 36). Der umgekehrte Weg einer Modifizierung der empirisch ermittelten Betriebskosten dahingehend,
dass niedrigere als die empirisch ermittelten Personalkosten zum Ansatz kommen, ist nicht zulässig. Das gilt auch dann, wenn
die normativen Werte für die Beschäftigung einer Halbtagskraft ausreichend wären. Der Betriebskostenansatz soll die Kosten
einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis abbilden, sodass sich derartige Kürzungen verbieten. Eine "Korrektur"
der empirisch ermittelten Personalkosten zu Lasten des Punktwertes für die psychotherapeutischen Leistungen ist nicht statthaft.
Der BewA wird daher auf der Grundlage der ZI-Kostenstrukturanalyse für die Jahre 2002 bis 2004 den Betriebskostenanteil für
2007 neu zu bestimmen haben. Die Beklagte hat sodann erneut über den Honoraranspruch des Klägers zu entscheiden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§
154 ff
VwGO und berücksichtigt, dass der Kläger allein bezogen auf einen von mehreren geltend gemachten Aspekten Erfolg gehabt hat, der
bei der Neubescheidung zu berücksichtigen sein wird. Danach haben der Kläger und die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits
je zur Hälfte zu tragen (§
154 Abs
1, §
155 Abs
1 VwGO).