Parallelentscheidung zu BSG B 8 SO 32/20 BH v. 31.03.2021
Gründe
I
Im Streit ist die Höhe von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach
dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für Juli 2019.
Der Kläger bezieht eine Altersrente von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Rheinland und erhält von der Beklagten seit
März 2016 laufend Grundsicherungsleistungen; ua bewilligte die Beklagte solche Leistungen für die Zeit vom 1.1.2019 bis zum
31.12.2019 (Bescheid vom 4.12.2018). Wegen der Rentenanpassung zum 1.7.2019, die zu einer Erhöhung der am Ende des Monats Juli 2019 ausgezahlten Altersrente
um 2,94 Euro führte, änderte die Beklagte die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen für die Zeit ab dem 1.7.2019 und bewilligte
um diesen Betrag niedrigere Grundsicherungsleistungen (Bescheid vom 21.6.2019; Widerspruchsbescheid der Städteregion Aachen vom 8.10.2019). Die Auszahlung der Leistungen in verminderter Höhe erfolgte für Juli am Ende des Monats Juni. Die Klage hat keinen Erfolg
gehabt (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts <SG> Aachen vom 13.11.2019; Urteil des LSG vom 29.6.2020). Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Berücksichtigung der höheren laufenden Rentenzahlung bereits
im Monat ihres tatsächlichen Zuflusses entspreche den geltenden gesetzlichen Regelungen; es sei wegen der Berücksichtigung
von laufenden Einnahmen nicht entscheidend, dass die Rente erst am Ende des Monats zufließe. Die ursprünglich begünstigende
abweichende Regelung des § 44 Abs 1 Satz 4 SGB XII (in der bis zum 31.12.2015 geltenden Fassung) habe der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Änderung des SGB XII und weiterer Vorschriften (vom 21.12.2015 - BGBl I 2557) aufgehoben. Eine temporäre Unterdeckung sei im Fall des Klägers jedenfalls nicht erkennbar, weil es sich um einen Betrag
handele, der unterhalb des Bedarfs für einen Kalendertag liege.
Der Kläger beantragt beim Bundessozialgericht (BSG) die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für die Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der
Revision im Urteil des LSG und die Beiordnung eines Rechtsanwalts.
II
Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung
hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§
73a Abs
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz <SGG> iVm §
114 Zivilprozessordnung <ZPO>); daran fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in §
160 Abs
2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§
73 Abs
4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Dies ist vorliegend
nicht der Fall.
Dem Rechtsstreit kommt nach Aktenlage keine grundsätzliche Bedeutung zu (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG). Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus
- aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig
ist. Das LSG hat zutreffend die Grundsätze der Berücksichtigung von laufenden Einnahmen bei der Berechnung von Grundsicherungsleistungen
auf Grundlage der Rechtsprechung des BSG zum sog Zuflussprinzip dargestellt. Es ist nicht erkennbar, dass sich vorliegend weitere, bislang nicht entschiedene Fragen
grundsätzlicher Bedeutung stellen. Anhaltspunkte dafür, dass eine Divergenzrüge (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) Aussicht auf Erfolg versprechen könnte, bestehen nach dem Vorstehenden ebenso wenig.
Es ist auch nicht erkennbar, dass ein zugelassener Rechtsanwalt mit Erfolg einen Verfahrensmangel (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) geltend machen könnte. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass das LSG in der Besetzung mit der vom Kläger zu Beginn
der mündlichen Verhandlung wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnten Richterin das gestellte Ablehnungsgesuch als offensichtlich
rechtsmissbräuchlich zurückgewiesen und sodann in der Sache verhandelt und entschieden hat. Diese Vorgehensweise war zulässig;
denn das vom Kläger angebrachte Gesuch, mit dem er sich auf die Behauptung der Voreingenommenheit der Richterin wegen einer
Parteizugehörigkeit beschränkt hat, war rechtsmissbräuchlich. Es handelte sich um eine pauschale Ablehnung der Richterin auf
Grundlage von Behauptungen ohne jeden sachlichen Kern. Damit konnte in der Besetzung mit der abgelehnten Richterin entschieden
werden (vgl BVerfGE 131, 239, 252 f; BVerfGK 5, 269, 280 f).
Mit der Ablehnung der PKH entfällt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts (§
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
121 ZPO).