Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 1991 ihre Freistellung von der Pflicht, die als Darlehen
erhaltenen Mittel nach dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz zurückzuzahlen.
Mit ihrem Freistellungsantrag gab die Klägerin ein monatliches Bruttoeinkommen von 2000 DM sowie den Bezug von Kindergeld
in Höhe von 150 DM monatlich an. Daneben erhalte sie für ihre beiden, 1983 und 1985 geborenen Kinder von deren Vater, ihrem
geschiedenen Ehemann, monatliche Unterhaltsleistungen von 730 DM. Antrag und Widerspruch der Klägerin blieben beim Bundesverwaltungsamt
erfolglos. Bei einem monatlichen Einkommen von 1574,43 DM sei die Freibetragsgrenze nach § 18 a Abs. 1 BAFöG (1210 DM für
die Klägerin zuzüglich 90 DM für ihre beiden Kinder [820 DM abzüglich des Unterhalts von 730 DM]) von 1300 DM um 274,43 DM
überschritten.
Das Verwaltungsgericht hat die Bescheide aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Klägerin für das Jahr 1991 von der
Rückzahlung freizustellen. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Die tragenden Erwägungen des Berufungsurteils
sind die folgenden:
Aus Sinn und Zweck des § 18 BAFöG ergebe sich, daß die Unterhaltsleistungen für die Kinder der Klägerin kein Einkommen im
Sinne des § 18 a Abs. 1 Satz 3 BAFöG darstellten. § 18 a Abs. 1 BAFöG gehe davon aus, daß dem Darlehensnehmer ein bestimmter
Betrag zur Verfügung stehen und er erst oberhalb dieses Betrages rückzahlungspflichtig sein solle. Dieser Betrag sei um die
Freibeträge nach § 18 a Abs. 1 Satz 3 BAFöG erhöht, um den Aufwendungen für Unterhaltsleistungen an Ehegatten und Kinder Rechnung
zu tragen. Solche Unterhaltsleistungen seien dann aber auch nicht als gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 3 BAFöG die Freibeträge des
§ 18 a Abs. 1 Satz 2 BAFöG minderndes Einkommen der Ehegatten und Kinder anzusehen; andernfalls würden diese Freibeträge praktisch
leerlaufen. Dies gelte sowohl für Barunterhalt als auch für Naturalunterhalt.
Der Einkommensbegriff in § 18 a und § 21 Abs. 3 Satz 1 BAFöG erfasse zwar außer Geld- auch Sachleistungen; denn "tatsächliche
Leistung von Beträgen" im Sinne des § 21 Abs. 3 Satz 1 BAFöG enthalte keine Beschränkung auf Geldleistungen. Die Ermittlung
der Höhe des von jedem Ehegatten in einer intakten Ehe erbrachten Kindesunterhalts begegne aber im Hinblick auf die hälftige
Unterhaltsverpflichtung beider Elternteile erheblichen praktischen Schwierigkeiten und sei im Rahmen einer Massenverwaltung
wie der Darlehensrückzahlung durch das Bundesverwaltungsamt überhaupt nicht möglich. Deshalb gehe der gesetzgeberische Wille
dahin, Unterhaltsleistungen des Ehegatten des Darlehensnehmers für das Kind generell nicht als Einkommen im Sinne des § 18
a Abs. 1 Satz 3 BAFöG anzusehen. Dann gebiete es aber das Gleichbehandlungsgebot des Art.
3
GG, entsprechend zu verfahren, wenn Unterhaltsleistungen als monatliche Geldrente vom getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten
oder vom Vater eines nichtehelichen Kindes erbracht würden. Die Schwierigkeiten im praktischen Verwaltungsvollzug rechtfertigten
eine unterschiedliche Behandlung von Bar- und Naturalunterhalt bei ihrer Anrechnung als Einkommen nicht.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten. Sie ist der Auffassung, daß die Auslegung des Berufungsgerichts
mit dem Wortlaut der §§ 18 a Abs. 1, 21 Abs. 3 BAFöG nicht zu vereinbaren sei. Der Einkommensbegriff des § 21 BAFöG gelte
uneingeschränkt auch für § 18 a BAFöG. Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Wille des Gesetzgebers dahin gehe, Unterhaltsleistungen
von geschiedenen Vätern ehelicher Kinder beim Einkommen dieser Kinder nicht zu berücksichtigen. Der Wortlaut des Gesetzes
belege vielmehr, daß der Gesetzgeber solche Einschränkungen nicht gewollt habe. Beim Freistellungsverfahren bestehe im Unterschied
zum Bewilligungsverfahren nicht die Gefahr einer doppelten Anrechnung von Unterhaltsleistungen, weil das Einkommen für Eltern
und Ehegatten hier grundsätzlich keine Rolle spiele. Dann sei die umfassende Anrechnung von Unterhaltsleistungen nur konsequent.
Schließlich dürfe auch der tatsächliche Unterschied zwischen einem Darlehensnehmer, der Unterhaltsleistungen für sein Kind
ausschließlich aus seinem Einkommen erbringe, und demjenigen, der zusätzlich Unterhaltsleistungen für sein Kind von einem
Dritten erhalte, nicht außer acht gelassen werden. Im ersten Fall schmälerten die Unterhaltsleistungen für das Kind das dem
Darlehensnehmer Verbleibende, im zweiten Fall gelte das für die Leistungen des Dritten nicht.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.
II.
Die zulässige Revision ist unbegründet.
Das Berufungsgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Freistellung für das Jahr 1991 aus § 18 a BAFöG hergeleitet.
Insoweit kommt es, wie das Berufungsurteil zutreffend ausführt, darauf an, ob die in Form einer Geldrente von monatlich 730
DM erbrachten Unterhaltsleistungen des geschiedenen Ehemannes der Klägerin "Einkommen" ihrer Kinder im Sinne des § 18 a Abs.
1 Satz 3 BAFöG waren und deshalb den Schonbetrag des § 18 a Abs. 1 Satz 2 Buchstabe a BAFöG minderten. Daß dies zu verneinen
ist, legt das Berufungsgericht seiner Entscheidung zu Recht zugrunde.
Der Begriff des Einkommens im Sinne des Bundesausbildungsförderungsgesetzes ist in § 21 BAFöG geregelt. Gemäß Abs. 1 Satz
1 dieser Vorschrift gilt als Einkommen - vorbehaltlich unter anderem der Absätze 3 und 4 - die Summe der positiven Einkünfte
im Sinne des §
2 Abs.
1 und
2
EStG. Vorrangig ist insoweit also §
21 Abs.
3 und
4 BAFöG. Gemäß § 21 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BAFöG gelten als Einkommen in Höhe der tatsächlich geleisteten Beträge sonstige Einnahmen,
die zur Deckung des Lebensbedarfs bestimmt sind, mit Ausnahme der Unterhaltsleistungen der Eltern des Auszubildenden und seines
Ehegatten, soweit sie der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft in einer Rechtsverordnung bezeichnet hat. Somit sind
Unterhaltsleistungen von Eltern und Ehegatten des Auszubildenden anrechnungsfrei und richtet sich die Anrechnung sonstiger
Unterhaltsleistungen nach der Verordnung zur Bezeichnung der als Einkommen geltenden sonstigen Einnahmen nach §
21 Abs.
3 Nr.
4 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (
BAföG-EinkommensV) in der hier anzuwendenden Fassung vom 5. April 1988 (BGBl I S. 505). §
2 Nr. 4
BAföG-EinkommensV F. 1988 bezeichnet als Einnahmen, die zur Deckung des Lebensbedarfs bestimmt sind, auch Leistungen, die in Erfüllung
einer gesetzlichen Unterhaltspflicht erbracht werden, mit Ausnahme der Leistungen der Eltern des Auszubildenden und seines
Ehegatten. Danach wären auch die Unterhaltsleistungen, die der "geschiedene Vater" ehelicher Kinder einer Darlehensnehmerin
in Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht für diese Kinder erbringt, als anrechenbares Einkommen der Kinder anzusehen.
Das Berufungsgericht hat jedoch aus Sinn und Zweck des § 18 a BAFöG in Verbindung mit dem aus Art.
3 Abs.
1
GG folgenden Gleichbehandlungsgebot zu Recht hergeleitet, daß insoweit eine gegenüber dem Wortlaut einschränkende Auslegung
des Einkommensbegriffs im
Bundesausbildungsförderungsgesetz geboten ist. Dies ergibt sich aus der Wechselbeziehung, in der §
21 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 mit Abs. 4 Nr. 4 BAFöG steht, wonach solche Einnahmen, deren Zweckbestimmung einer Anrechnung auf den
Bedarf entgegensteht, nicht als Einkommen gelten, auch wenn sie an sich unter das Einkommen im Sinne der Absätze 1 bis 3 fallen
(vgl. Humborg, in: Rothe/Blanke BAFöG, 5. Aufl. [Stand Oktober 1994], § 21 Rn. 25.1). Bei beiden Vorschriften hatte der Gesetzgeber,
wie ihr Wortlaut erkennen läßt, nur Einnahmen vor Augen, die zur Deckung des Bedarfs des Auszubildenden im Sinne des § 11
BAFöG bestimmt sind. § 18 a BAFöG dient jedoch nicht der Sicherstellung dieses Bedarfs, sondern dem gesetzgeberischen Ziel,
den Darlehensnehmer nach seiner Ausbildung nur in zumutbarem Maß entsprechend seinen finanziellen Möglichkeiten mit der Rückzahlung
zu belasten (vgl. Sandvoß, in: Rothe/Blanke, a.a.O., § 18 a Rn. 1.1). Diese unterschiedliche Zielsetzung rechtfertigt es,
die Regelung des § 21 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 4 Nr. 4 BAFöG im Rahmen des § 18 a BAFöG nur modifiziert anzuwenden. Danach
können Einnahmen des Darlehensnehmers, seines Ehegatten oder seines Kindes, deren Zweckbestimmung einer Anrechnung auf die
Schonbeträge des § 18 a Abs. 1 BAFöG entgegensteht, im Rahmen des § 18 a BAFöG nicht als Einkommen gelten. Dazu gehören, wie
das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, insbesondere Einnahmen des Ehegatten oder des Kindes aus Unterhaltsleistungen
des Darlehensnehmers selbst, da diese Leistungen dem Darlehensnehmer durch die Schonbeträge gerade (weiterhin) ermöglicht
werden sollen. Im Hinblick auf die vom Oberverwaltungsgericht ebenso zutreffend hervorgehobenen praktischen Schwierigkeiten,
im Rahmen einer Massenverwaltung, wie sie die Abwicklung der Darlehensrückzahlung durch das Bundesverwaltungsamt darstellt,
die Höhe des Wertes der Unterhaltsleistungen in einer intakten Ehe und Familie getrennt für jeden Ehegatten zu ermitteln,
erscheint es gleichermaßen ausgeschlossen, innerhalb einer intakten Ehe und Familie erbrachte Unterhaltsleistungen des Ehegatten
für den Darlehensnehmer oder dessen Kind auf die Schonbeträge des § 18 a Abs. 1 BAFöG anzurechnen. Dann aber verbietet es das aus Art.
3 Abs.
1
GG folgende und für eheliche Kinder geschiedener Eltern durch Art.
6 Abs.
1
GG verstärkte Gleichbehandlungsgebot, Unterhaltsleistungen des geschiedenen Ehegatten für Kinder der Darlehensnehmerin anders
zu behandeln und damit die aus Darlehensnehmerin und Kindern bestehende "Restfamilie" schlechter zu stellen als sie stehen
würde, wenn die Ehe noch Bestand hätte und der Ehemann der Darlehensnehmerin seine Leistungen in der Ehe erbrächte.
Dem kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, daß die Klägerin, weil sie nicht berücksichtigungsfähige Unterhaltsleistungen
von dritter Seite erhält, damit bessersteht, als ein Darlehensnehmer, der sein Kind allein aus eigenen Mitteln unterhält.
Die darin liegende Ungleichheit hat ihren sachlichen Grund im Bestehen und in der Durchsetzung eines Unterhaltsanspruchs,
der aus den oben dargelegten Erwägungen nicht auf den Schonbetrag des § 18 a Abs. 1 Satz 2 BAFöG angerechnet werden kann.
Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen gemäß §
154 Abs.
2
VwGO der Beklagten zur Last. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus §
188 Satz 2
VwGO.