Gründe:
I. Die 1924 geborene Klägerin ist pflegebedürftig im Sinne von § 69 Abs. 4 Satz 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 2 Satz 1 BSHG. Sie lebt in Haushaltsgemeinschaft mit ihrem Ehemann, der seinerseits pflegebedürftig ist.
Die Klägerin war Eigentümerin eines Wohnhauses, das sie im Jahre 1983 in zwei Eigentumswohnungen aufteilte. Eine dieser Wohnungen
übertrug sie im Jahre 1983 unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ihrer Tochter. Aufgrund notariellen Vertrags
vom 8. Januar 1986 übereignete sie ihr auch die andere Wohnung. Der Kaufpreis hierfür betrug 180.000 DM, der wie folgt zu
entrichten war: hinsichtlich eines Teilbetrages von 29.000 DM durch monatliche Ratenzahlungen in Höhe von 300 DM, hinsichtlich
eines weiteren Teilbetrags durch Übernahme von Grundpfandrechten und bis zur Höhe des Restkaufpreises von 77.234 DM durch
Erbringung von Hege und Pflege für die Klägerin mit einem Monatswert von 600 DM. Hierzu heißt es in § 5 Abs. 1 des Vertrages
u.a.:
"Der Erwerber verpflichtet sich gegenüber dem Eigentümer - wie dieses bereits jetzt und in der Vergangenheit geschehen ist
- diesen vollen Umfangs zu betreuen und zu pflegen. Der Eigentümer ist an den Rollstuhl gebunden. Insoweit bedarf der Eigentümer
übernormaler persönlicher Hilfe ... ."
Am 7. März 1986 beantragte die Klägerin bei der Stadt Bad S. Pflegegeld als Hilfe zur Pflege. Der Antrag wurde am 12. Mai
1986 an den beklagten Landkreis weitergereicht. Mit Bescheid vom 23. Oktober 1986 lehnte der Beklagte den Antrag ab.
Der Widerspruch der Klägerin und ihre auf Verpflichtung des Beklagten zur Bewilligung von Höchstpflegegeld für die Zeit vom
7. März bis 31. Dezember 1986 gerichtete Klage waren erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat die Klageabweisung im wesentlichen
folgendermaßen begründet:
Zwar habe die Klägerin die an die Art ihrer Behinderung anknüpfenden Voraussetzungen eines Pflegegeldes wegen Schwerstpflegebedürftigkeit
erfüllt. Wegen des Nachrangs von Sozialhilfe stehe ihr aber kein Pflegegeld zu. Dabei könne dahinstehen, ob ein Anspruch auf
ein Pflegegeld nicht schon ausscheide, wenn Pflege von nahestehenden Personen aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung ausgeübt
werde. Jedenfalls habe der Klägerin kein Pflegegeld zugestanden, weil es ihr in dem hier maßgeblichen Zeitraum zuzumuten gewesen
sei, die Mittel aus dem gemeinschaftlichen Einkommen ihrer Person und der ihres Ehemannes aufzubringen (darunter mindestens
1.176 DM als Wert des Sachbezuges Hege und Pflege seitens der Tochter gemäß notariellem Vertrag vom 8. Januar 1986). Bei dem
Sachbezug Hege und Pflege handele es sich um eine geldwerte Leistung, für die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 der Verordnung
zu § 76
BSHG der übliche Mittelpreis des Verbrauchsortes zugrunde zu legen sei. Vorliegend ließen sich Preise für die entgeltliche Durchführung
von Pflegeverrichtungen verläßlich ermitteln.
Die Klage sei daher abzuweisen, ohne daß es darauf ankomme, ob ein Hilfeanspruch der Klägerin für die Zeit vom 7. März bis
11. Mai 1986 nicht auch nach § 5
BSHG daran scheitere, daß der Beklagte als zuständiger Sozialhilfeträger erst am 12. Mai 1986 Kenntnis von dem Pflegegeldantrag
erhalten habe.
Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Klägerin wurde durch Beschluß des Oberverwaltungsgerichts gemäß Art. 2 § 5
Abs. 1 Satz 1 EntlG zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend einen Pflegegeldanspruch der Klägerin verneint,
weil sie über ausreichendes Einkommen verfüge.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts und Verfahrensfehler.
Der Beklagte tritt der Revision entgegen.
Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht unterstützt die Ansicht des Berufungsgerichts.
II. Die Revision ist teilweise begründet. Das Oberverwaltungsgericht hätte die Berufung der Klägerin nicht vollen Umfangs
zurückweisen dürfen, sondern der Klage im Sinne einer Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung teilweise stattgeben
müssen.
Das Berufungsgericht ist im Anschluß an die Begründung des erstinstanzlichen Urteils zur Feststellung eines oberhalb der Einkommensgrenze
des § 81 Abs. 2 Satz 1 BSHG in der hier maßgeblichen Fassung der Gesetze vom 21. Juni 1985 (BGBl I S. 1081) und vom 28. Oktober 1986 (BGBl I S. 1657) liegenden Einkommens der Klägerin gelangt, indem es u.a. einen Betrag von 1 176 DM als "Wert des Sachbezuges Hege und Pflege
... gemäß § 3 Ziff. 3 des notariellen Vertrages vom 8.1.1986" in die Einkommensberechnung nach § 76 Abs. 1
BSHG eingestellt hat. Dies verletzt Bundesrecht (§
137 Abs.
1 Nr.
1
VwGO).
Zwar bestimmt § 76 Abs. 1
BSHG, daß zum Einkommen - von hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen - alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert gehören. Doch
ist der Begriff des Einkommens in dieser Vorschrift an dem Bedarf zu orientieren, der mit seiner Hilfe gedeckt werden soll
(BVerwGE 90, 217 [219] m.w.N.). Der Bedarf, der durch das Pflegegeld nach § 69
BSHG gedeckt werden soll, ist nicht der unmittelbare Bedarf an Wartung und Pflege. Vielmehr soll das Pflegegeld dem Pflegebedürftigen
ermöglichen, die - grundsätzlich - unentgeltliche Pflegebereitschaft einer nahestehenden Person oder eines Nachbarn zu fördern
und zu erhalten und von dem Pflegebedürftigen nicht näher zu belegende Aufwendungen zur Sicherstellung seiner häuslichen Pflege
abzugelten (st.Rspr. des Senats, vgl. zuletzt BVerwGE 92, 220 [226 f.] m.w.N.). Bei der Prüfung eines Anspruchs auf Pflegegeld ist somit nach § 76 Abs. 1
BSHG nur solches Einkommen berücksichtigungsfähig, das der Hilfesuchende zur Deckung gerade dieses Bedarfs einsetzen kann. Diese
Voraussetzungen erfüllen aber weder ihm vertraglich geschuldete Pflegeleistungen noch auf Wartung und Pflege gerichtete vertragliche
Rechtsansprüche. Nimmt der Pflegebedürftige die ihm geschuldete Pflegeleistung in Anspruch, verbleibt ihm daraus kein für
den Pflegegeldbedarf einsetzbarer Geldeswert. Nimmt er sie nicht in Anspruch, fehlt ihm aber die Pflege, für deren Sicherstellung
das Pflegegeld bestimmt ist. Da der Anspruch auf Pflegegeld voraussetzt, daß der Pflegebedürftige der Wartung und Pflege dauernd
bedarf (§ 69 Abs. 3
BSHG), er also auf die Entgegennahme der Pflegeleistung angewiesen ist, steht ihm ein Geldeswert dieser Pflegeleistung nicht als
einsetzbares Einkommen für ein Pflegegeld zur Sicherstellung seiner Pflege zur Verfügung. Soweit dies in dem Urteil des Senats
vom 31. Januar 1968 (BVerwGE 29, 108) anders gesehen worden ist, wird daran nicht festgehalten.
Dies bedeutet indessen nicht, daß vertragliche Ansprüche auf Wartung und Pflege auf das Bestehen eines sozialhilferechtlichen
Pflegegeldanspruchs ohne Auswirkung bleiben müßten. Vertragliche Pflegeansprüche können vielmehr auf der Bedarfsseite berücksichtigt
werden. So hat der Senat bereits in dem genannten Urteil vom 31. Januar 1968 (aaO. S. 113) darauf hingewiesen, daß bei vertragsgemäßer
Wartung und Pflege der wirtschaftliche Aufwand zur Erhaltung der Pflegebereitschaft geringer ist als ohne vertragliche Verpflichtung
der Pflegeperson. Denn im Umfang vertraglich geschuldeter Pflege ist die Pflegebereitschaft, die dem Pflegegeld als wesentlicher
Bedarfsfaktor zugrunde liegt, bereits Bestandteil der vertraglichen Verpflichtung. Das rechtfertigt zwar mit Rücksicht darauf,
daß das Gesetz beim Pflegegeld von einem pauschalen Bedarf ausgeht und eine pauschale Leistung bestimmt hat (§ 69 Abs. 1 und
2, und 5Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 , nicht, im Falle vertraglich geschuldeter Pflege(bereitschaft), das Pflegegeld in fester Relation
oder fester Höhe mangels Bedarfs zu kürzen. Damit ist aber, wie sich dem Gesetz entnehmen läßt, eine den Umstand vertraglich
geschuldeter Pflege(bereitschaft) berücksichtigende Kürzung im Rahmen einer Pauschalregelung nicht ausgeschlossen.
Die gesetzliche Ermächtigung zur Leistungskürzung und das Ausmaß einer solchen Kürzungsmöglichkeit ergeben sich in Anknüpfung
an die Regelung, die das Gesetz in § 69 Abs. 5 Satz 2 BSHG getroffen hat. Danach kann (Ermessen) das Pflegegeld um bis zu 50 vom Hundert gekürzt werden, wenn daneben Leistungen nach
§ 69 Abs. 2 Satz 2 und 3
BSHG oder gleichartige Leistungen nach anderen Rechtsvorschriften gewährt werden. Miterfaßt ist danach die Leistung von Sozialhilfe
durch Übernahme von Pflegekosten, die infolge der Heranziehung einer besonderen Pflegekraft in Gestalt des für die Pflege
zu entrichtenden Entgeltes entstehen. Obwohl die Pflegeperson in diesem Fall zur Pflegeleistung vertraglich verpflichtet ist,
verbleiben dem Pflegebedürftigen vom Pflegegeld mindestens 50 vom Hundert und können ihm entsprechend der Zweckbestimmung
dieser Sozialleistung nach den Umständen des Einzelfalles darüber hinaus im Rahmen der Ermessensentscheidung des Sozialhilfeträgers
weitere Anteile des Pflegegeldes verbleiben. Diese Fallgestaltung unterscheidet sich von der Interessenlage her nicht von
den Gegebenheiten im Fall der Klägerin. Auch bei vertraglich geschuldeten Pflegeleistungen der hier vorliegenden Art können
deshalb der Umfang des Aufwandes zur Erhaltung der Pflegebereitschaft und damit die Höhe des dem Pflegebedürftigen im Einzelfall
zu belassenden Pflegegeldes nach den Wertungen des Gesetzgebers bestimmt werden, wie sie in der Regelung des § 69 Abs. 5 Satz 2 BSHG ihren Niederschlag gefunden haben.
Da nach den Berechnungen der Vorinstanzen ein Einkommenseinsatz zu Lasten der Klägerin nicht in Betracht kommt, wenn ihre
vertraglichen Pflegeansprüche auf der Einkommensseite unberücksichtigt bleiben, und da die Voraussetzungen eines Pflegegeldanspruchs
nach § 69 Abs. 4 Satz 2 BSHG im übrigen unstreitig erfüllt sind, steht der Klägerin das Höchstpflegegeld zu, über dessen etwaige Kürzung der Beklagte
allerdings entsprechend der Regelung des § 69 Abs. 5 Satz 2 BSHG noch zu befinden haben wird. Der Beklagte ist darum unter Aufhebung der entgegenstehenden Verwaltungs- und der vorinstanzlichen
Gerichtsentscheidungen zur Neubescheidung des Pflegegeldantrags der Klägerin zu verpflichten (§
144 Abs.
3 Satz 1 Nr.
1
VwGO).
Eingeschlossen in diese Verpflichtung ist auch die Zeit von der Antragstellung der Klägerin bei der Stadt Bad S. am 7. März
1986 bis zum 11. Mai 1986 als dem Tag vor Antragseingang bei dem Beklagten. Der Pflegegeldanspruch der Klägerin scheitert
insoweit nicht etwa daran, daß der auf diesen Anspruch gerichtete Antrag der Klägerin am 7. März 1986 nicht bei dem für die
Leistungsbewilligung zuständigen Beklagten gestellt worden ist. Offenbleiben kann dabei, ob die Stadt Bad S., an die sich
die Klägerin zuerst gewandt und die deren Pflegegeldantrag aufgenommen und sodann an den Beklagten weitergeleitet hatte, dabei
nach Landesrecht im Rahmen einer Heranziehung oder Beauftragung durch den Beklagten tätig geworden ist (vgl. BVerwGE 69, 5 [7]); die Entscheidung des Berufungsgerichts und die von den Vorinstanzen in Bezug genommenen Behördenakten enthalten dazu
keine verläßlichen Angaben. Denn jedenfalls kann sich die Klägerin für den genannten Zeitraum auf §
16 Abs.
2 Satz 2
SGB I berufen. Danach gilt der Antrag auf eine Sozialleistung, die von einem Antrag abhängig ist, als zu dem Zeitpunkt gestellt,
in dem er bei einer der in §
16 Abs.
2 Satz 1
SGB I genannten - für die Bearbeitung des Antrags unzuständigen - Stellen eingegangen ist. Zu diesen Stellen gehört die Stadt Bad
S.
Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht ein Sozialhilfeanspruch allerdings erst von dem Zeitpunkt
an, in dem dem örtlich und sachlich zuständigen Sozialhilfeträger bekannt wird, daß die Voraussetzungen für die Gewährung
von Sozialhilfe vorliegen (BVerwGE 66, 335), und ist im Sozialhilferecht die Fiktion des §
16 Abs.
2 Satz 2
SGB I nicht anwendbar (BVerwGE 69, 5). An dieser Rechtsprechung hält der Senat jedoch nach erneuter Prüfung nicht fest.
§
37
SGB I in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 4. November 1982 (BGBl I S. 1450) ordnet die Geltung auch des §
16 Abs.
2 Satz 2
SGB I für den Bereich der Sozialhilfe an; der Vorbehalt des Satzes 1 von §
37
SGB I gilt nach dessen Satz 2 u.a. nicht für §
16
SGB I, und zwar, weil Einschränkungen in §
37 Satz 2
SGB I insoweit nicht gemacht sind, für die Vorschrift insgesamt.
Wortlaut und Entstehungsgeschichte des §
16 Abs.
2 Satz 2
SGB I stehen einer Anwendung dieser Vorschrift auch im Sozialhilferecht ebensowenig entgegen wie die dieses Rechtsgebiet prägenden
Grundsätze.
§
16 Abs.
2 Satz 2
SGB I gilt seinem Wortlaut nach zwar nur für Sozialleistungen, die "von einem Antrag abhängig" sind. Dies schließt jedoch, anders
als dies das Bundesverwaltungsgericht bisher angenommen hat (BVerwGE 69, 5 [8 f.]), nicht zwingend aus, die Vorschrift auch im Bereich der Sozialhilfe anzuwenden. Sozialhilfe ist allerdings im engeren
Sinne nicht antragsabhängig, weil Kenntnis von der Hilfebedürftigkeit genügt (§ 5
BSHG). Hat der Sozialhilfeträger aber nicht schon anderweitig Kenntnis von der Bedürftigkeit, sondern erlangt er sie erst mit
dem Antrag des Hilfesuchenden, so ist die Sozialhilfe von diesem Antrag, wenngleich nur mittelbar wegen der mit ihm vermittelten
Kenntnis, abhängig. Diese Abhängigkeit im weiteren Sinne genügt für die Anwendbarkeit des §
16 Abs.
2 Satz 2
SGB I im Sozialhilferecht mit der Folge, daß der Antrag als schon in dem Zeitpunkt (bei der zuständigen Behörde) gestellt gilt,
in dem er bei der unzuständigen Behörde eingegangen ist. Denn der Zweck dieser Regelung, auf den auch ihr Wortsinn hinweist,
besteht darin, den Antragsteller, der sich an eine unzuständige Stelle wendet, davor zu bewahren, daß ihm durch die zeitliche
Verzögerung, mit der sein von dieser Stelle nach §
16 Abs.
2 Satz 1
SGB I an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleitender Antrag dort eingeht, materielle Nachteile entstehen. Auf diesen Normzweck
kann sich auch berufen, wer Sozialhilfe beantragt.
Dies hat allerdings nicht zur Konsequenz, daß Sozialhilfe schon einsetzt, sobald irgendeiner Behörde die Voraussetzungen für
die Hilfegewährung bekannt werden. Eine solche Konsequenz wäre in der Tat mit § 5
BSHG nicht vereinbar (vgl. BVerwGE 66, 335 [339]). Dementsprechend führt die Anwendung von §
16 Abs.
2 Satz 2
SGB I im Recht der Sozialhilfe nicht dazu, daß der Anspruch auf Tätigwerden des zuständigen Leistungsträgers schon zu dem Zeitpunkt
entsteht, in dem ein unzuständiger Leistungsträger - sei es auch infolge einer Antragstellung - Kenntnis von dem Sozialhilfefall
erlangt. Derartiges hat der Gesetzgeber mit der Schaffung des §
16 Abs.
2 Satz 2
SGB I nicht bewirken wollen. Er hat nämlich ausdrücklich hervorgehoben, daß die Vorschrift nur die Einhaltung eines Zeitablaufs
fingiere, nicht jedoch andere Voraussetzungen für Sozialleistungen wie etwa die Kenntnis des Leistungsträgers nach § 5
BSHG (BTDrucks 7/868 S. 26 zu § 16). Dementsprechend kann der Hilfesuchende, der Sozialhilfe bei einem unzuständigen Leistungsträger beantragt, nicht vom Zeitpunkt
der Antragstellung an erwarten, daß ihm geholfen werde (vgl. BVerwGE 90, 154 [160]), sondern erst vom Zeitpunkt der Kenntniserlangung durch den zuständigen Sozialhilfeträger an. Doch bleibt ihm sein
Sozialhilfeanspruch in dem Sinne ab Antragstellung erhalten, daß ihm Sozialhilfe, vom Zeitpunkt der Kenntniserlangung durch
den zuständigen Sozialhilfeträger aus gesehen, "rückwirkend" für die Zeit ab Antragseingang bei der unzuständigen Stelle bewilligt
werden kann. Denn nach §
16 Abs.
2 Satz 2
SGB I gilt der Antrag als zum Zeitpunkt dieses Antragseingangs gestellt und folglich auch die durch ihn vermittelte Kenntnis vom
Hilfefall als zu diesem Zeitpunkt erlangt. Diese Kenntnis, die über den sie vermittelnden Antrag zeitlich zurückfingiert wird,
ist nicht die die Handlungs- und Leistungspflicht der Behörde auslösende Kenntnis, die, wie schon ausgeführt, notwendigerweise
beim zuständigen Sozialhilfeträger tatsächlich vorhanden sein muß. Die allein die Einhaltung eines Zeitablaufs (BTDrucks aaO.)
betreffende Fiktion in bezug auf die (mittelbar über einen Antrag) erlangte Kenntnis bewirkt, daß in ihrer Folge Sozialhilfe
zwar erst ab tatsächlicher Kenntnis des zuständigen Trägers, aber rückwirkend auch für die Zeit davor ab Eingang des die Nachricht
der Bedürftigkeit tragenden Antrags bei einer der in §
16 Abs.
2 Satz 1
SGB I genannten Stellen gewährt werden kann.
Der Grundsatz "Keine Sozialhilfe für die Vergangenheit" zwingt zu keinem anderen Ergebnis. Denn dieser Grundsatz gilt, was
in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu §
16 Abs.
2 Satz 2
SGB I (vgl. BVerwGE 69, 5 [7 f.]) nicht ausreichend berücksichtigt worden ist, nicht ausnahmslos (s. zuletzt BVerwGE 96, 152 [155]). Als ein Ausnahmegrund ist die Effektivität der gesetzlichen Gewährung des Rechtsanspruchs des Hilfebedürftigen auf
Fürsorgeleistungen anerkannt (BVerwGE 96, 152 [155] m.w.N.). Ihm kommt Bedeutung auch für das Verständnis des §
16 Abs.
2 Satz 2
SGB I zu (vgl. auch §
2 Abs.
2 Halbsatz 2
SGB I). Denn es verstärkt die materielle Gewährleistung von Sozialhilfeansprüchen, wenn der Bereich der Sozialhilfe von der Geltung
jener Vorschrift nicht ausgenommen wird: Der Hilfesuchende wird von dem Risiko eines faktischen Anspruchsverlustes entlastet,
der, wenn §
16 Abs.
2 Satz 2
SGB I nicht eingreifen würde, dadurch einträte, daß der Hilfesuchende sich an eine unzuständige Stelle wendet. Da der einzelne
mit seinem Begehren nach Sozialleistungen nicht an Zuständigkeitsabgrenzungen innerhalb der gegliederten Sozialverwaltung
scheitern darf (BTDrucks 7/868 S. 25 zu § 16), ist diese Entlastung auch für die Wirksamkeit der materiellen Gewährleistung
von Sozialhilfeansprüchen geboten. Das zeigt sich auch darin, daß Verzögerungen bei der Antragsweiterleitung innerhalb der
Verwaltung bis zum Eingang beim zuständigen Leistungsträger zu Lasten des Hilfebedürftigen gingen, wenn er Sozialhilfe erst
ab dem Zeitpunkt beanspruchen könnte, in dem der zuständige Sozialhilfeträger Kenntnis von dem Sozialhilfefall erlangt hat.
Damit würde ein Antragsteller im Bereich der Sozialhilfe schlechter gestellt als jemand, der sonstige Sozialleistungen beantragt.
Der Zweck des § 5
BSHG, der einen Antrag des Hilfesuchenden nicht verlangt, sondern die Kenntnis des Sozialhilfeträgers vom Hilfebedarf genügen
läßt, besteht aber gerade darin, die auf Sozialhilfe angewiesenen, öffentlicher Fürsorge und Betreuung bedürftigen Personen
gegenüber Beziehern antragsabhängiger Leistungen durch einen erleichterten Leistungszugang zu begünstigen. Erst recht dürfen
diesem Personenkreis darum - ungeachtet der Wesensverschiedenheit des Sozialhilferechts von anderen sozialleistungsrechtlichen
Materien (vgl. z.B. BVerwGE 66, 335 [340]) und ungeachtet des Unterschiedes zwischen den Regeln, nach denen die jeweiligen Sozialleistungen zu gewähren sind
(vgl. BVerwGE 69, 5 [10]) - keine verfahrensmäßigen oder materiellen Vorteile vorenthalten bleiben, die mit der Antragstellung in anderen Sozialleistungsbereichen
verbunden sind.
Die Antragstellung bei einer unzuständigen Stelle darf der Klägerin nach alledem nicht schaden. Pflegegeld steht ihr daher
ab dem 7. März 1986 (Antragstellung bei der Stadt Bad S.) zu. Da es in Anbetracht der vertraglichen Ansprüche auf Wartung
und Pflege aber, wie ausgeführt, gekürzt werden kann, hat das Verpflichtungsbegehren nur im Umfang einer neuen Entscheidung
durch den Beklagten Erfolg.
Den von der Revision erhobenen weiteren, insbesondere das Verfahren betreffenden Rügen braucht der Senat nicht nachzugehen,
da die Klägerin mit ihnen keine für sie günstigere Entscheidung erreichen könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
155 Abs.
1 Satz 1
VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus §
188 Satz 2
VwGO.