Gründe:
I. Der Kläger begehrt vom Beklagten, einem örtlichen Träger der Sozialhilfe, ungekürzte Hilfe zum Lebensunterhalt für die
Zeit vom 21. August 1990 bis zum 17. Dezember 1990 in gesetzlicher Höhe.
Der geschiedene und alleinerziehende Kläger war mit seiner 1981 geborenen Tochter im Sommer 1989 in den Zuständigkeitsbereich
des Beklagten gezogen, nachdem er an seinem alten Wohnort die von ihm betriebene Gastwirtschaft hatte aufgeben müssen. Bis
einschließlich Juni 1990 lebte der Kläger mit seiner Tochter in der Wohnung von Frau M. Hilfe zum Lebensunterhalt erhielt
er zunächst nicht, weil der Beklagte vom Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft ausging. Nachdem der Kläger und seine Tochter
im Juli 1990 eine andere Wohnung bezogen hatten, bewilligte der Beklagte dem Kläger Hilfe zum Lebensunterhalt für Juli 1990,
hielt ihm jedoch unzureichende Bemühungen um Arbeit vor, bat für die Zukunft um den Nachweis weiterer Arbeitsbemühungen und
kündigte für den Fall, daß der Kläger dieser Aufforderung nicht nachkomme, eine Kürzung des Regelsatzes um 20 v.H. an.
Mit Bescheid vom 10. September 1990 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit ab 21. August 1990 Hilfe zum Lebensunterhalt
unter Kürzung des Regelsatzes um 20 v.H. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Bescheid vom 17. Dezember 1990
zurück: Dem Kläger könne nach § 18
BSHG eine Halbtagsbeschäftigung (7.00 bis 14.00 Uhr) zugemutet werden. Seit Oktober 1989 sei der Kläger mehrfach aufgefordert
worden, seine Arbeitskraft zur Bestreitung des Lebensunterhalts für sich und seine Tochter einzusetzen. Unter Aushändigung
einer Meldekarte für das Arbeitsamt sei er darauf hingewiesen worden, daß er seine Arbeitsbemühungen nicht nur schriftlich,
sondern durch tatsächliche Belege nachweisen müsse. Hierauf sei er nicht ausreichend eingegangen. Er habe lediglich mitgeteilt,
daß er sich beim Arbeitsamt gemeldet und sich in Tageszeitungen über Stellenangebote informiert habe. In nunmehr mindestens
zwölf Monaten habe er lediglich neun Firmen benannt, bei denen er sich beworben habe. Es sei deshalb davon auszugehen, daß
der Kläger sich nicht ausreichend um Arbeit bemühe und sich weigere, zumutbare Arbeit zu leisten. Der Tatbestand des § 25 Abs. 1
BSHG sei danach erfüllt.
Die auf ungekürzte Hilfe zum Lebensunterhalt gerichtete Klage des Klägers hat das Verwaltungsgericht abgewiesen, der Verwaltungsgerichtshof
hat ihr stattgegeben, im wesentlichen mit folgender Begründung:
Auf §
66 in Verbindung mit §§
60 ff.
SGB I könne die Kürzung des Regelsatzes nicht gestützt werden. Der Kläger habe es nicht grundsätzlich abgelehnt, den Beklagten
über seine Bemühungen, eine Halbtagsbeschäftigung zu finden, auf dem laufenden zu halten; er habe vielmehr seine Meldungen
beim Arbeitsamt nachgewiesen und mehrmals auch Belege für seine Arbeitsbemühungen vorgelegt, soweit diese Bemühungen überhaupt
durch Belege hätten dokumentiert werden können. Daß der Beklagte die Bemühungen selbst, soweit sie aus den Mitteilungen und
Belegen des Klägers ersichtlich seien, nicht für ausreichend halte, berühre allein die §§ 18, 25
BSHG. Als alleinerziehendem Vater sei dem Kläger nur eine Halbtagsbeschäftigung zuzumuten gewesen. Der Kläger habe sich nicht
geweigert, eine solche Tätigkeit zu übernehmen. Das Gesetz knüpfe eine Regelsatzkürzung auf der Grundlage von § 25 Abs. 1
BSHG an die "Weigerung", zumutbare Arbeit zu leisten, und nicht an "unzureichende Bemühungen". Auch wenn sich möglicherweise noch
intensivere Bemühungen um Arbeitssuche vorstellen ließen, erfülle das Verhalten des Klägers noch nicht den Tatbestand der
Weigerung. Auch für eine Gleichgültigkeit oder Nachlässigkeit bei der Arbeitssuche, aus welcher eine Weigerung im Sinne des
§ 25 Abs. 1
BSHG hervortrete, gebe der unstreitige Sachverhalt nicht genügend her. Im eigentlichen Sinne arbeitsunwillig habe sich der Kläger
nicht gezeigt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten, der die Verletzung von § 25 Abs. 1
BSHG rügt.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.
Der Vertreter des öffentlichen Interesses bei den Gerichten der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit in Baden-Württemberg
ist mit dem Beklagten der Ansicht, daß die Kürzung der Hilfe zum Lebensunterhalt für den Kläger um 20 v.H. des Regelsatzes
im streitbefangenen Zeitraum rechtmäßig gewesen sei.
II. Die Revision ist nicht begründet. Daß das Berufungsgericht den Beklagten verpflichtet hat, dem Kläger für die Zeit vom
21. August 1990 bis zum 17. Dezember 1990 Hilfe zum Lebensunterhalt ungekürzt zu gewähren, steht mit Bundesrecht (§
137 Abs.
1 Nr.
1
VwGO) in Einklang, so daß die Revision zurückzuweisen ist (§
144 Abs.
2
VwGO).
Der Kläger hat seinen Rechtsanspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt in gesetzlicher Höhe im streitbefangenen Zeitraum nicht
nach § 25 Abs. 1
BSHG in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 20. Januar 1987 (BGBl I S. 401) verloren. Nach dieser Vorschrift hat keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt, wer sich weigert, zumutbare Arbeit zu
leisten. Ohne Verletzung von Bundesrecht ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, daß das Verhalten des Klägers die
Voraussetzungen dieser Vorschrift im Hinblick auf den hier zu beurteilenden Zeitraum nicht erfüllt.
Die Anwendung von § 25 Abs. 1
BSHG setzt, wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, zweierlei voraus: die Feststellung, welche Arbeit dem Hilfesuchenden
"zumutbar" ist, und die Feststellung, daß er sich "geweigert" hat, solche Arbeit zu leisten. Bei der Auslegung dieser unbestimmten
Rechtsbegriffe kommt Sinn und Zweck der Vorschrift in ihrer Verknüpfung mit den §§ 18 ff. BSHG entscheidende Bedeutung zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dient § 25 Abs. 1
BSHG dazu, Maßnahmen der in §§ 18 ff. BSHG geregelten Hilfe zur Arbeit zu unterstützen (vgl. BVerwGE 67, 1 [5 f.]; 68, 91 [93 ff.]). Wegen seiner Koppelung mit diesen Hilfenormen ist § 25 Abs. 1
BSHG selbst Hilfenorm. Sein Hilfezweck zeigt sich insbesondere darin, daß die Weigerung, zumutbare Arbeit zu leisten, nicht zur
Folge hat, daß der Hilfesuchende (Hilfeempfänger) aus der Betreuung des Sozialhilfeträgers entlassen wird, sondern lediglich
den Verlust des Rechtsanspruchs auf die Hilfe zum Lebensunterhalt nach sich zieht. Der Träger der Sozialhilfe wird bei der
Gestaltung der Hilfe und ihrer Anpassung an die Besonderheiten des Einzelfalles freier gestellt. Im Rahmen dieser Gestaltungsfreiheit
kann z.B. - mindestens zeitweise - die Kürzung der Hilfe (bis auf das Unerläßliche) als ein Mittel in Betracht kommen, den
Hilfesuchenden zur Arbeit anzuhalten, um ihn so letzten Endes auf den Weg zur Selbsthilfe zu führen (vgl. BVerwGE 67, 1 [6]; 68, 91 [94] jeweils m.w.N.).
Auf der Grundlage dieses Normverständnisses sind die (sozialhilferechtlichen) Anforderungen an die Zumutbarkeit einer Arbeit
anhand der in § 18 Abs. 3
BSHG genannten Kriterien zu bestimmen, die den in § 18 Abs. 1
BSHG normierten Grundsatz, nach dem jeder Hilfesuchende seine Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts für sich und seine
unterhaltsberechtigten Angehörigen einzusetzen hat, einschränken (vgl. BVerwGE 67, 1 [6]; 68, 97 [99]; 92, 163 [165 f.]). Nach § 18 Abs. 3 Satz 2 BSHG darf einem Hilfesuchenden eine Arbeit vor allem nicht zugemutet werden, soweit dadurch die geordnete Erziehung eines Kindes
gefährdet würde. In Anwendung dieser Vorschrift ist dem alleinerziehenden Elternteil eines - wie hier der Tochter des Klägers
im maßgeblichen Zeitraum - neunjährigen Schulkindes in aller Regel nur eine Halbtagsarbeit zuzumuten, falls Betreuung und
Verpflegung des Kindes durch die Schule (z.B. Ganztagsschule) oder Dritte (z.B. Verwandte, Nachbarn) ausscheiden. Über die
konkrete Arbeitszeit entscheiden die Umstände des Einzelfalls. Das Berufungsgericht hat im Fall des Klägers wegen des Schulbesuchs
seiner Tochter eine Arbeitszeit am Vormittag, und zwar von 8.00 bis 12.00 Uhr, für angemessen gehalten und zur Begründung
angeführt, daß ein neun- bis zehnjähriges Schulkind noch nicht regelmäßig für sich selbst kochen könne und es ihm daher nicht
zuzumuten sei, noch bis in den Nachmittag hinein unbeaufsichtigt auf die Rückkehr eines Elternteils zu warten. Das ist revisionsrechtlich
nicht zu beanstanden.
Dem Berufungsgericht ist ferner darin zuzustimmen, daß der Kläger sich in dem hier für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen
Zeitraum nicht im Sinne von § 25 Abs. 1
BSHG "geweigert" hat, eine ihm nach dem Vorstehenden zumutbare Halbtagstätigkeit zu übernehmen.
Das Verständnis des § 25 Abs. 1
BSHG als Hilfenorm, deren Anwendung einen Hilfesuchenden zur Selbsthilfe durch Aufnahme von (zumutbarer) Arbeit motivieren soll,
bestimmt auch die Anforderungen, die im Rahmen dieser Vorschrift an die Weigerung, zumutbare Arbeit zu leisten, gestellt werden
müssen. Die anspruchsvernichtende Wirkung von § 25 Abs. 1
BSHG tritt deshalb nur ein, wenn ein Hilfesuchender (Hilfeempfänger) durch sein Verhalten zum Ausdruck bringt, daß ihm der Wille
zur Selbsthilfe durch Einsatz seiner Arbeitskraft fehlt. Fehlende (mangelnde) Arbeitsbereitschaft in diesem Sinne zeigt sich
insbesondere darin, daß es der Hilfesuchende unberechtigt - sei es ausdrücklich, sei es konkludent - ablehnt, eine ihm vom
Arbeitsamt, dem Sozialhilfeträger oder einem Dritten angebotene oder nachgewiesene (zumutbare) konkrete Erwerbstätigkeit aufzunehmen.
Auch die Ablehnung einer nach § 19
BSHG für den Hilfesuchenden geschaffenen Arbeitsgelegenheit fällt unter § 25 Abs. 1
BSHG (BVerwGE 67, 1 [4 ff.]; 68, 91 [93 f.]; vgl. nunmehr auch § 25 Abs. 1
BSHG in der Fassung von Art. 7 Nr. 11 Buchst. a des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms vom 23. Juni 1993, BGBl I S. 944).
Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, daß eine Weigerung im Verständnis des § 25 Abs. 1
BSHG sich auch darin ausdrücken kann, daß es ein Hilfesuchender ohne hinreichenden Grund unterläßt, sich um zumutbare Arbeit zu
bemühen. So verliert seinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt in der Regel, wer es ablehnt, sich beim Arbeitsamt als
arbeitssuchend zu melden, oder Vermittlungsversuche des Arbeitsamts vereitelt. Auch Gleichgültigkeit oder Nachlässigkeit bei
der Inanspruchnahme der Vermittlungsdienste des Arbeitsamts (z.B. unregelmäßige oder nur gelegentliche Vorsprachen im Amt,
fehlende häusliche Erreichbarkeit) können im Einzelfall ein Anzeichen für die Weigerung sein, zumutbare Arbeit zu leisten.
Eine Weigerung im Sinne von § 25 Abs. 1
BSHG kann schließlich auch darin liegen, daß ein Hilfesuchender, der sich beim Arbeitsamt als arbeitslos gemeldet hat und für
das Arbeitsamt erreichbar ist, es ablehnt, sich unabhängig von Bemühungen des Arbeitsamts selbst auf dem für ihn zugänglichen
Arbeitsmarkt einen Arbeitsplatz zu suchen. Die Mitwirkung bei der Arbeitsvermittlung durch das Arbeitsamt ist nur eine Möglichkeit,
sich Arbeit zu verschaffen. Weder § 18 Abs. 1 und 2
BSHG noch § 25 Abs. 1
BSHG kann die generelle Aussage entnommen werden, daß derjenige, der der Arbeitsvermittlung durch das Arbeitsamt zur Verfügung
steht, das ihm Zumutbare getan habe, um seine durch Arbeitslosigkeit entstandene Notlage zu überwinden. Die in § 18 Abs. 1
BSHG weit gefaßte Verpflichtung jedes Hilfesuchenden, seine Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts einzusetzen, und
der daran anknüpfende, § 25 Abs. 1
BSHG innewohnende Hilfezweck, der Leistungskürzungen ermöglicht, um das Selbsthilfestreben des Hilfesuchenden wiederherzustellen
und zu fördern, rechtfertigen daher nicht die Annahme, der Gesetzgeber habe die Weigerung, sich selbständig (unabhängig von
Bemühungen des Arbeitsamts) um eine zumutbare Erwerbstätigkeit zu bemühen, gänzlich oder für den Regelfall vom Anwendungsbereich
des § 25 Abs. 1
BSHG ausschließen wollen.
Die Anforderungen an die selbständige Arbeitssuche eines als arbeitslos gemeldeten Hilfesuchenden dürfen jedoch nicht überspannt
werden. Ob und in welcher Intensität eigene Bemühungen des Hilfesuchenden um eine Arbeitsstelle verlangt werden dürfen, hängt
ab von den Umständen des Einzelfalles, insbesondere von den persönlichen (z.B. familiären, gesundheitlichen) Verhältnissen
des Hilfesuchenden, seinen Arbeitsfähigkeiten und der Arbeitsmarktlage in dem Bereich, der dem Hilfesuchenden zugänglich ist
(vgl. § 3 Abs. 1
BSHG). Fehlende eigene Bemühungen um Arbeit können einem Hilfesuchenden, der die Dienste des Arbeitsamts regelmäßig in Anspruch
nimmt, nur dann nach § 25 Abs. 1
BSHG als anspruchsvernichtend entgegengehalten werden, wenn solche Arbeitsbemühungen dem Hilfesuchenden nach seinen persönlichen
und finanziellen Kräften zumutbar sind und nach der (örtlichen oder regionalen) Arbeitsmarktlage auch konkrete Erfolgsaussichten
besitzen. Vor der Aufforderung zur selbständigen Arbeitssuche hat der Sozialhilfeträger daher in jedem Fall zu prüfen, ob
der einzelne Hilfesuchende mit einem solchen Ansinnen nicht überfordert und damit dem Hilfezweck der §§ 18 ff., 25 Abs. 1
BSHG entgegengewirkt wird (vgl. auch Krahmer, LPK-BSHG, 4. Aufl. 1994, Rn. 6 zu § 18
BSHG). Bemüht ein Hilfesuchender sich nach einer solchen, in seinem Fall berechtigten Aufforderung ernsthaft und zielstrebig selbst
(neben dem Arbeitsamt) um Arbeit, kann von einer Weigerung im Sinne des § 25 Abs. 1
BSHG nicht gesprochen werden. Das gilt auch dann, wenn die eigene Arbeitssuche noch intensiver hätte ausfallen können.
Den vorgenannten Grundsätzen wird das angegriffene Urteil gerecht. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß der Kläger es
im Klagezeitraum weder grundsätzlich abgelehnt habe, sich beim Arbeitsamt arbeitssuchend zu melden, noch es gänzlich unterlassen
habe, dem Beklagten seine eigenen Arbeitsbemühungen nachzuweisen. Hierbei hat sich die Vorinstanz u.a. von den Angaben des
Klägers in mehreren Schreiben (seit Juni 1990) an den Beklagten leiten lassen sowie auf ein Ende Juli 1990 zwischen einem
Sachbearbeiter des Beklagten und dem zuständigen Arbeitsamt geführtes Ferngespräch gestützt, das die vom Kläger vorgebrachten
Schwierigkeiten, eine für ihn geeignete Halbtagsstelle zu finden, weitgehend bestätigt habe. Unter Zugrundelegung dieser Umstände
gelangt das Berufungsgericht zu der Auffassung, das Verhalten des Klägers erfülle, auch wenn sich möglicherweise intensivere
Bemühungen bei der Arbeitssuche noch vorstellen ließen, nicht den Tatbestand der Weigerung im Sinne von § 25 Abs. 1
BSHG. Dies alles beruht auf näher bezeichneten Tatsachen, an deren Feststellung und Würdigung der erkennende Senat gebunden ist.
Zulässige und begründete Revisionsrügen (§
137 Abs.
2
VwGO) hat der Beklagte hiergegen nicht vorgebracht.
Ohne Erfolg macht die Revision demgegenüber geltend, ein ausreichendes Maß an Arbeitsbemühungen des Klägers sei nach außen
objektiv nicht erkennbar gewesen, weil er im Laufe eines Jahres nur neun Firmen benannt habe, bei denen er sich beworben habe.
Diese auf ein Jahr bezogene Betrachtungsweise des Beklagten wird dem Hilfezweck des § 25 Abs. 1
BSHG nicht gerecht. Leistungskürzungen auf der Grundlage dieser Vorschrift sollen, wie dargelegt, das Selbsthilfestreben des Hilfesuchenden
wiederherstellen und fördern. Sie dürfen deshalb nur vorgenommen werden, wenn der Hilfesuchende sich gegenwärtig, d.h. im
Zeitpunkt einer beabsichtigten Kürzung, weigert, zumutbare Arbeit zu leisten. Leistungen dürfen überdies nur für die Dauer
dieser Weigerung gekürzt werden. Für Kürzungen der Hilfeleistung auf der Grundlage von § 25 Abs. 1
BSHG ist es hingegen nicht ausreichend, daß der Hilfesuchende zumutbare Arbeit während eines in der Vergangenheit liegenden, inzwischen
abgeschlossenen Zeitraums verweigert hat. Die Weigerung des Hilfesuchenden muß im Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialhilfeträgers
über eine Kürzung der Hilfe noch andauern. Ist dies nicht der Fall, würde eine Kürzung der Hilfe unter dem Gesichtspunkt der
Motivation zur Selbsthilfe ihren Zweck verfehlen. Entscheidungserheblich ist deshalb allein, ob der Kläger sich in den Wochen
und Monaten vor Erlaß des angefochtenen Bescheides sowie in dem nachfolgenden Zeitraum bis zum Erlaß des Widerspruchsbescheides
geweigert hat, zumutbare Arbeit zu leisten. Das ist nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz nicht der Fall. Dahinstehen
kann, ob der Kläger den Tatbestand des § 25 Abs. 1
BSHG in davorliegenden Zeiträumen erfüllt haben könnte.
Erfolglos bleiben muß auch das Vorbringen der Revision, die vom Kläger vorgelegten, nach Auffassung des Beklagten "mehr als
dürftigen" Bewerbungsschreiben seien objektiv mangelhaft, sie enthielten noch nicht einmal ein Minimum an Informationen für
einen potentiellen Arbeitgeber. Das Berufungsgericht hat den Bewerbungsschreiben des Klägers nicht entnommen, daß der Kläger
seine Arbeitsbereitschaft nur vorgetäuscht hat oder gar ein Arbeitsangebot vereiteln wollte. Insoweit beschränkt sich das
Revisionsvorbringen auf Angriffe gegen die Richtigkeit der vorinstanzlichen Sachverhaltswürdigung, ohne revisionsrechtlich
beachtliche Fehler der Beweiswürdigung aufzuzeigen. Denn die Revision legt nicht dar, daß das Berufungsgericht bei der Würdigung
der Bewerbungsschreiben allgemeine Auslegungsgrundsätze, die gesetzlichen Beweisregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze
außer acht gelassen habe (vgl. BVerwGE 47, 330 [361]; 61, 176 [188]; 81, 74 [76]).
Der Vorinstanz ist schließlich auch darin zuzustimmen, daß die Kürzung der Regelsatzleistungen für den Kläger nicht auf §
66 Abs.
1 in Verbindung mit §§
60 ff.
SGB I gestützt werden kann. §
66 Abs.
1
SGB I ermächtigt den Sozialleistungsträger - soweit die Voraussetzungen einer beantragten Sozialleistung nicht nachgewiesen sind
-, die Leistung ganz oder teilweise zu versagen, wenn der Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten nach den §§
60 bis
62,
65
SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert. Die Versagung oder Kürzung der Leistung
stellt danach die Sanktion für eine Verletzung von Mitwirkungspflichten des Antragstellers dar. §
66 Abs.
1
SGB I regelt damit einen eigenständigen Versagungsgrund bei Nichterfüllung von Verfahrenspflichten (vgl. BVerwGE 71, 8 [9 f.]).
Von den in §§
60 bis
62
SGB I geregelten Pflichten zur Mitwirkung des Leistungsberechtigten im Verwaltungsverfahren zu unterscheiden ist die in § 2 Abs. 1, § 18
BSHG normierte Pflicht des Hilfesuchenden, seine Arbeitskraft zur Beschaffung seines Lebensunterhalts einzusetzen und sich im
Fall der Arbeitslosigkeit um Arbeit zu bemühen. Auf die sozialhilferechtliche Pflicht zur Selbsthilfe durch Arbeit findet
§
66 Abs.
1
SGB I schon nach seinem Wortlaut, aber auch nach seinem Zweck, den Hilfesuchenden zur Mitwirkung an der Aufklärung des entscheidungserheblichen
Sachverhalts anzuhalten, keine Anwendung. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, besitzen §
66 Abs.
1
SGB I und § 25 Abs. 1
BSHG getrennte Anwendungsbereiche. Vorliegend ist der Beklagte davon ausgegangen, daß der Kläger seine Arbeitsbemühungen nicht
ausreichend nachgewiesen habe, und auf dieser Grundlage zu der materiellrechtlichen Überzeugung gelangt, der Kläger erfülle
den Weigerungstatbestand des § 25 Abs. 1
BSHG. Bei dieser Rechtsauffassung hat ein dem Kläger zuzurechnender Aufklärungsmangel, der Anlaß für eine Sanktion nach §
66 Abs.
1
SGB I hätte sein können, nicht bestanden.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
154 Abs.
2
VwGO, die Gerichtskostenfreiheit aus §
188 Satz 2
VwGO.