Aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen einen Bescheid über die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen aufgrund
einer Beschäftigung angeworbener Betreuungskräfte aus Polen und der Slowakei durch Vermittlung an Privathaushalte
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 25.10.2012
in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.04.2013 über die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Zeit
vom 01.02.2007 bis 30.09.2009.
Der Antragsteller hat zum 01.11.2005 ein Gewerbe für einen 24 h-Haushaltsservice angemeldet. Er bietet eine 24-h Dauerbetreuung
an und vermittelt dazu Betreuer aus Polen und der Slowakei, die im Haushalt eines Pflegebedürftigen wohnen und diesen versorgen.
Zu deren Aufgaben gehört nach einem Flyer des Antragstellers Kochen, Aufräumen, Reinigen, Kehrwoche, Wäschepflege, Einkaufen,
Bügeln, Hilfe bei der Nahrungsaufnahme, Unterstützung beim An- und Ausziehen, beim Toilettengang, bei Arztbesuchen, Erledigungen,
mobilisierenden Spaziergängen und Ausflügen. Hierfür schließt der Antragsteller mit dem Kunden einen Dienstleistungsvertrag;
der Kunde zahlt für 24 Stunden Dauerbetreuung 1.666 EUR monatlich an den Antragsteller zuzüglich einer einmaligen Vermittlungsprovision
iHv 714 EUR. Daneben schließt der Antragsteller auf maximal drei Monate befristete "Freie-Mitarbeiter-Verträge" mit der Person,
die beim Kunden eingesetzt werden soll und die hierfür monatlich idR 950 EUR erhält.
2009 nahm das Hauptzollamt H. Ermittlungen wegen des Verdachts der Schwarzarbeit gegen den Antragsteller auf. Die Staatsanwaltschaft
Stuttgart stellte mit Beschluss vom 26.05.2011 das Verfahren wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt nach
§
170 Abs
2 Strafprozessordnung ein, da ein Vorsatz dem Antragsteller nicht nachzuweisen sei.
Beim Antragsteller erfolgte für den Prüfzeitraum 01.01.2006 bis 31.12.2009 eine Betriebsprüfung nach § 28p Sozialgesetzbuch
Viertes Buch (
SGB IV), die zu keinen Beanstandungen führte. Hierüber erhielt der Antragsteller eine Prüfmitteilung vom 20.10.2010.
Am 22.02.2012 erfolgte nach Hinweis des Hauptzollamtes auf die durchgeführten Ermittlungen eine weitere Betriebsprüfung für
den Zeitraum 01.02.2007 bis 30.09.2009. Nach Anhörung mit Schreiben vom 24.02.2012 stellte die Antragsgegnerin mit Bescheid
vom 25.10.2012 fest, der Antragsteller habe im Prüfzeitraum vier polnische Arbeitnehmerinnen beschäftigt (C. P., I. Z., R.
S., St. Z.), bei denen es sich nicht um Selbstständige gehandelt habe. Für den Prüfzeitraum wurden insgesamt Sozialversicherungsbeiträge
und Umlagen iHv 8.560,63 EUR nachgefordert. Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein.
Am 03.01.2013 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Heilbronn (SG) einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Er macht geltend, die vier polnischen Haushaltshilfen seien selbstständig. Er habe
ein Gewerbe angemeldet und die Zulässigkeit der Vertragsgestaltung durch einen Rechtsanwalt (den vorliegend Bevollmächtigten)
prüfen lassen und eine Auskunft der Bundesagentur für Arbeit eingeholt.
Das SG hat mit Beschluss vom 20.03.2013 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid vom 25.10.2012
angeordnet, soweit mehr als 5.756,25 EUR an Beiträgen gefordert werden. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt. Zur Begründung
hat es im Wesentlichen ausgeführt, im Rahmen des §
86b Abs
1 Satz 1 Nr
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) sei unter Gegenüberstellung der Interessen des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung und dem öffentlichen Interesse
an der sofortigen Vollziehbarkeit eine Abwägungsentscheidung zu treffen. Ausschlaggebend seien dabei die Erfolgsaussichten
in der Hauptsache. Es bestünden keine Zweifel, dass die Antragsgegnerin zu Recht Beiträge für die Beschäftigung der Haushaltshilfen
R. S. und St. Z. für die Jahre 2008 und 2009 erhebe. Rechtsgrundlage sei § 28p
SGB IV, wonach die Rentenversicherungsträger bei den Arbeitgebern prüften, ob diese ihre Meldepflichten und sonstigen Pflichten
nach dem
SGB IV erfüllten und Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe erließen. Die vom Antragsteller beschäftigten
Personen seien abhängig beschäftigt und damit versicherungspflichtig. Die Vertragsgestaltung ergebe eine volle Eingliederung
der Haushaltshilfen in die Betriebsorganisation des Antragstellers, diese seien weisungsabhängig. Dies gelte unabhängig davon,
dass vor Ort der zu Pflegende im Einzelfall Weisungen erteilen könne, denn der Antragsteller habe die rechtliche Verantwortung
durch den zwischen ihm und dem Kunden geschlossenen Vertrag übernommen. Diese Verantwortung sichere der Antragsteller durch
den Vertrag mit den Haushaltshilfen ab. Ihnen obliege keine Möglichkeit, Art, Inhalt, Ausmaß, Zeit oder Ort der von ihnen
zu erbringenden Leistung auch nur annähernd eigenverantwortlich zu gestalten. Insgesamt belegten die Regelungen eine engmaschige
Kontrolle der Haushaltshilfen durch den Antragsteller, der nach den Angaben in seinem Flyer auch die Haushalte persönlich
aufsuche. Er setze die Haushaltshilfen lediglich zur Erfüllung der ihm gegenüber seinen Kunden bestehenden Verpflichtungen
ein. Damit habe die Antragsgegnerin zu Recht Beiträge für 2008 (1.876,54 EUR) und 2009 (3.879,71 EUR) erhoben. Insoweit sei
der Antrag abzulehnen. Bezüglich der Beiträge für das Jahr 2007 bestünden allerdings erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit
der Beitragsforderung, da die Beiträge nach §
25 Abs
1 SGB IV verjährt sein dürften. Eine Hemmung der Verjährung nach §
25 Abs
2 SGB IV sei nicht eingetreten, denn die Ermittlungen des Hauptzollamtes seien dem Antragsteller nicht bekannt gegeben worden. Zum
Zeitpunkt der Betriebsprüfung im Jahr 2012 seien die Beiträge für 2007 indes bereits verjährt gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2013 hat die Antragsgegnerin den Widerspruch zurückgewiesen. In der Rechtsmittelbelehrung
wird über die Möglichkeit der Klage zum SG Stuttgart belehrt.
Am 18.04.2013 hat der Antragsteller Beschwerde gegen den Beschluss des SG eingelegt. Er verweist darauf, dass für den Prüfzeitraum dem Antragsteller mit Schreiben vom 20.10.2010 bereits mitgeteilt
worden sei, dass sich keine Beanstandungen ergeben hätten. Hierauf habe der Antragsteller vertraut. Da der Widerspruchsbescheid
eine falsche Rechtsbehelfsbelehrung enthalte - örtlich zuständig sei nicht Stuttgart, sondern Heilbronn - betrage die Klagefrist
ein Jahr und sei daher noch nicht abgelaufen.
Die Antragsgegnerin ist der Beschwerde entgegen getreten. Mit der Erteilung des Widerspruchsbescheids sei das Beschwerdeverfahren
unzulässig geworden, da es an einem Rechtsschutzbedürfnis fehle. Für den Fall der Klageerhebung wäre ein neuer Antrag auf
einstweiligen Rechtsschutz zu stellen, für den das Beschwerdegericht nicht zuständig wäre.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge
und die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die gemäß §
173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist gemäß §
172 Abs
3 Nr
1 SGG nicht ausgeschlossen und damit zulässig. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin unterbricht der Erlass des Widerspruchsbescheids
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs nicht, diese dauert vielmehr fort bis zur Bestandskraft des Widerspruchsbescheids
(Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 3. Aufl, RdNr 87; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl, §
86a RdNr 11). Dadurch wird sichergestellt, dass die aufschiebende Wirkung ununterbrochen bis zum Eintritt der Rechtskraft gilt,
ansonsten entstünde ein Rechtsschutzvakuum für die Zeit zwischen dem Erlass des Widerspruchsbescheids und dem Zeitpunkt der
Klageerhebung. Da der Widerspruchsbescheid vom 15.04.2013 eine falsche Rechtsbehelfsbelehrung enthält im Hinblick auf die
örtliche Zuständigkeit des SG, ist er noch nicht bestandskräftig geworden, denn es gilt die Jahresfrist des §
66 Abs
2 Satz 1
SGG. Der Antragsteller kann daher noch immer fristgerecht Klage erheben, so dass eine bestandskräftige Entscheidung in der Hauptsache,
die einem Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz entgegen stehen würde, nicht vorliegt.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Streitgegenstand ist allein noch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung bezüglich
der für die Jahre 2008 und 2009 geforderten Beiträge iHv 5.756,25 EUR. Hinsichtlich der Beiträge für das Jahr 2007 hat das
SG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet, die Antragsgegnerin hat keine Beschwerde eingelegt. Bezüglich der
Beiträge für 2008 und 2009 kann der Antragsteller indes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nicht verlangen.
Widerspruch und Anfechtungsklage haben nicht bereits kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung. Nach Abs 1 des mit Wirkung vom
02.01.2002 durch Art 1 Nr 35 des Sechsten Gesetzes zur Änderung des
Sozialgerichtsgesetzes (6. SGGÄndG) vom 17.08.2001 (BGBl I S 2144) eingefügten §
86a SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage zwar grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Nach §
86a Abs
2 Nr
1 SGG entfällt jedoch - wie vorliegend - die aufschiebende Wirkung bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten
sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten.
Zu Recht ist das SG davon ausgegangen, dass der Antrag des Antragstellers als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach §
86b Abs
1 Nr
2 SGG statthaft ist. Die Frage, ob die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage aufgrund von §
86b Abs
1 Nr
2 SGG anzuordnen ist, ist anhand einer Interessenabwägung zu beurteilen. Die öffentlichen Interessen am sofortigen Vollzug des
Verwaltungsaktes und die privaten Interessen an der Aussetzung der Vollziehung sind gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zu
beachten, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehung
des angefochtenen Bescheides Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt. Diese typisierend
zu Lasten des Einzelnen ausgestaltete Interessenabwägung kann aber auch im Einzelfall zugunsten des Betroffenen ausfallen.
Die konkreten gegeneinander abzuwägenden Interessen ergeben sich in der Regel aus den konkreten Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens,
dem konkreten Vollziehungsinteresse und der für die Dauer einer möglichen aufschiebenden Wirkung drohenden Rechtsbeeinträchtigung
(so auch Beschluss des Senats vom 06.05.2010, L 11 R 1806/10 ER-B). Dabei sind auch stets die Maßstäbe des §
86a Abs
3 Satz 2
SGG zu berücksichtigen. Demgemäß hat eine Aussetzung der Vollziehung zu erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit
des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch
überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei Beitragsstreitigkeiten ernstliche Zweifel in Sinne des §
86a Abs
3 Satz 2
SGG nur dann vorliegen, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen (Senatsbeschluss
vom 28.06.2010, L 11 R 1903/10 ER-B). Andernfalls wäre in Beitragsangelegenheiten angesichts der vielfach in vorläufigen Rechtsschutzverfahren noch ungeklärten
Verhältnisse eine Aussetzung der Vollziehung häufig durchsetzbar, was die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherungsträger
beeinträchtigen könnte (ebenso Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen 01.07.2004, L 5 B 2/04 KR ER mwN, [...]). Insoweit müssen erhebliche Gründe für ein Obsiegen in der Hauptsache sprechen, damit die in §
86a Abs
2 Nr
1 SGG vorgenommene gesetzliche Risikoverteilung geändert werden kann.
Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Bescheid ist § 28p
SGB IV. Nach Abs 1 dieser Vorschrift prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten
und ihre sonstigen Pflichten nach dem
SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die
Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen mindestens alle vier Jahre. Die Prüfung soll in kürzeren Zeitabständen
erfolgen, wenn der Arbeitgeber dies verlangt. Die Einzugsstelle unterrichtet den für den Arbeitgeber zuständigen Träger der
Rentenversicherung, wenn sie eine alsbaldige Prüfung bei dem Arbeitgeber für erforderlich hält. Die Prüfung umfasst auch die
Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen
der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie
nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten §
28h Abs
2 SGB IV sowie § 93 in Verbindung mit § 89 Abs 5 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung
der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch,
§ 1 Satz 1 Nr 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, § 25 Abs 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen
einer abhängigen Beschäftigung ist §
7 Abs
1 Satz 1
SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4 - 2400 § 7 Nr 7, BSG 04.07.2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 8) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung
in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit
vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit
über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig
beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung
zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit BVerfG SozR 3 - 2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7).
Unter Beachtung dieser Vorschriften und Grundsätze bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen
Verwaltungsakts, soweit er hier streitig ist. Der Senat teilt die Auffassung des SG, dass die hier eingesetzten Haushaltshilfen beim Antragsteller abhängig beschäftigt sind. Insoweit hat das SG zutreffend darauf abgestellt, dass der Antragsteller die rechtliche Verantwortung für die zu erbringende Dienstleistung der
Haushaltshilfen gegenüber seinen Kunden trägt und sich zur Gewährleistung entsprechende Weisungsrechte durch die vertragliche
Gestaltung des jeweiligen "Freier-Mitarbeiter-Vertrags" gegenüber den Haushaltshilfen vorbehalten hat. So ist in § 3 des Vertrags
zur Arbeitszeit eine täglich 24-stündige Leistungserbringung entsprechend den Bedürfnissen des Kunden vorgesehen; auch Beginn
und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen richten sich nach den Bedürfnissen der zu betreuenden Person. Bei Verletzung
von Verschwiegenheitspflichten der Haushaltshilfe ist eine Vertragsstrafe von 5.000 EUR vorgesehen. In der Konkurrenzklausel
(§ 10) sind Abreden und direkte Absprachen zwischen Haushaltshilfe und Kunden ausdrücklich nicht erwünscht; bei Annahmen von
Aufträgen aufgrund von Kontakten, die sich durch den Einsatz ergeben, ist zugunsten des Antragsstellers eine Vertragsstrafe
von 10.000 EUR vorgesehen. Eine eigene unternehmerische Tätigkeit der Haushaltshilfen etwa verbunden mit Werbung ist insoweit
nicht möglich. Ein echtes unternehmerisches Risiko bestand auch nicht. Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines
Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr eines Verlustes eingesetzt wird,
der Erfolg des Einsatzes der Mittel also ungewiss ist (BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, [...]). Die Haushaltshilfen erhielten einen festen Monatslohn im Rahmen der befristeten Verträge. Die Gefahr, dass Kosten
für betriebliche Investitionen oder Arbeitnehmer anfallen oder früher getätigte Investitionen brach liegen (LSG Baden-Württemberg
02.09.2011, L 4 R 1036/10, [...]), bestand nicht. Es wurde keinerlei eigenes Kapital eingesetzt. Die Belastung mit Risiken gerade im Zusammenhang mit
der - hier im Vordergrund stehenden - Verwertung der Arbeitskraft spricht nur dann für Selbstständigkeit, wenn ihr auch eine
größere Freiheit bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft gegenüber steht
(vgl BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 mwN). Dies war hier aber nicht der Fall. Soweit vertraglich Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ausgeschlossen war (§
5), ist dies kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit, denn es handelt sich um eine typische Vertragsgestaltung, wenn
beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten. Insbesondere im Bereich der Scheinselbstständigkeit sollen insoweit
die Arbeitnehmerrechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Ansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und nicht zuletzt die Beitragszahlung zur Sozialversicherung umgangen werden; dem Arbeitnehmer werden so sämtliche Schutzmöglichkeiten
genommen, ohne dass dies im Ergebnis durch unternehmerische Rechte oder gar Gewinne kompensiert wird (vgl LSG Baden-Württemberg
19.10.2012, L 4 R 761/11, [...]). Auch auf die engmaschige Kontrolle durch den Antragsteller hat das SG zu Recht bereits hingewiesen. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss
verwiesen (§
142 Abs
2 Satz 3
SGG).
Der Festsetzung von Beitragsnachforderungen für 2008 und 2009 steht auch nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin für den
Zeitraum 01.01.2006 bis 31.12.2009 bereits eine Betriebsprüfung durchgeführt und dem Antragsteller mit Schreiben vom 20.10.2010
mitgeteilt hat, es hätten sich keine Beanstandungen ergeben. Mit diesem Prüfbericht wird lediglich mitgeteilt, dass die stichprobenartige
Betriebsprüfung der vorgelegte Lohn- und Gehaltsunterlagen keine Feststellungen bzw Beanstandungen ergeben habe. Ein der Bestandskraft
fähiger Verfügungssatz dahin, dass der Antragsteller im Prüfzeitraum sämtliche nicht gesondert erwähnten Meldepflichten und
sonstigen Pflichten ordnungsgemäß erfüllt habe, lässt sich dem ausgehend vom objektiven Empfängerhorizont in keiner Weise
entnehmen (vgl LSG Nordrhein-Westfalen 10.05.2012, L 8 R 164/12 B ER, NZS 2012, 948). Es wird vielmehr sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Lohnsteueraußenprüfung im Prüfzeitraum nicht stattgefunden
habe und erfolgende Prüfungen der Finanzverwaltung sozialversicherungsrechtlich auszuwerten seien. Im Übrigen haben Betriebsprüfungen
unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und der Versicherten eine Kontrollfunktion, sie bezwecken grundsätzlich nicht,
den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm Entlastung zu erteilen (BSG 14.07.2004, B 12 KR 1/04 R, SozR 4-2500 § 22 Nr 2). Auch der Prüfbericht hat insoweit nicht die Funktion eines Entlastungsnachweises mit Außenwirkung. Arbeitgeber haben
das Recht, in Zweifelsfällen nach §
28h Abs
2 Satz 1
SGB IV rechtzeitig eine Entscheidung der Einzugsstelle durch Verwaltungsakt herbeizuführen, an den die Versicherungsträger gebunden
sind (BSG 29.07.2003, B 12 AL 1/02 R, SozR 4-2400 § 27 Nr 1).
Damit hat die Antragsgegnerin zu Recht Sozialversicherungsbeiträge für die Jahr 2008 und 2009 festgesetzt. Gegen die Höhe
der Beitragsforderung sind Bedenken nicht ersichtlich, hierzu hat der Antragsteller auch nichts vorgetragen.
Eine mit der Einziehung der Forderung von 5.756,25 EUR verbundene unbillige Härte ist nicht ersichtlich. Allein die mit der
Zahlung auf eine Beitragsforderung für sie verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte,
da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Aus demselben Grund begründet auch die Höhe
einer Beitragsforderung allein und keine unbillige Härte. Eine beachtliche Härte ist regelmäßig nur dann denkbar, wenn es
dem Beitragsschuldner gelänge, darzustellen, dass das Beitreiben der Forderung aktuell die Zerstörung seiner Lebensgrundlage
zur Folge hätte, die Durchsetzbarkeit der Forderung bei einem Abwarten der Hauptsache aber zumindest nicht weiter gefährdet
wäre als zur Zeit (LSG Nordrhein-Westfalen 06.12.2011- L 8 R 701/11 B ER, [...]). Derartiges ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird nach §
197a SGG i.V.m. §§ 63 Abs 1, 52 Abs 1 und 2 Gerichtskostengesetz (GKG) auf die Hälfte der streitigen Beitragsnachforderung festgesetzt. Dabei sind im Beschwerdeverfahren von der in erster Instanz
insgesamt streitigen Summe von 8.560,63 EUR nur 5.756,25 EUR streitig, so dass die Festsetzung in Höhe von 1/2 aus dieser
Summe, mithin 2.878,13 EUR erfolgt. Gleichzeitig wird die Streitwertfestsetzung erster Instanz (bisher: 2.140,15 EUR) von
Amts wegen geändert und auf 4.280,32 EUR (§ 63 Abs 3 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).