Keine Sozialversicherungspflicht bei einer Frachtführertätigkeit mit Erlaubnis für einen grenzüberschreitenden gewerblichen
Güterverkehr; Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger in der Zeit vom 01.01.2002 bis 31.12.2011 beim Kläger sozialversicherungspflichtig
beschäftigt war.
Der 1955 geborene Kläger ergänzte am 25.08.1994 sein schon bislang bestehendes Gewerbe um Transporte im genehmigungsfreien
Verkehr. Er ist seit 26.11.1999 im Besitz einer Lizenz für grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr (Gemeinschaftslizenz).
Ab 01.01.2002 übernahm er vom Beigeladenen, der als sog Sofa-Spediteur Frachtaufträge vermittelte, sehr häufig Frachtaufträge
von und zum Flughafen S.. Ein schriftlicher Vertrag wurde nicht geschlossen. Für die Ausführung benutzte er ausschließlich
sein eigenes Fahrzeug. Dabei bekam er jeweils am Abend des Vortages oder im Laufe des Vormittags Frachtaufträge mit einzelnen
oder auch mehreren Frachtstücken vom Beigeladenen angeboten. Im Auftrag war vorgegeben, ab wann das Frachtstück zur Abholung
beim Kunden oder am Flughafen bereitstand. Handelte es sich um eine Fahrt zum Flughafen, musste der Kläger die Fracht bis
18:00 Uhr am Flughafen abgeben. Der Kläger stellte mit den Aufträgen des Beigeladenen und gegebenenfalls Aufträgen anderer
Auftraggeber eine Tagestour für die Fahrt zum Flughafen zusammen. Er schloss eine eigene Frachtführerversicherung ab. Die
Vergütung erfolgte auf der Grundlage der Tarifliste des Beigeladenen, die vor Beginn des ersten Auftrags vom Kläger akzeptiert
worden war. Die Höhe der Vergütung richtete sich nach der Entfernung vom Flughafen (nach Zonen) und dem Gewicht des Frachtstücks.
Die Firma des Beigeladenen wurde zum 31.12.2011 aufgegeben. Laut Handelregisterauszug (AG Stuttgart, HRB ....) wurde zum 01.01.2012
die F. Transport GmbH gegründet, die fortan die Frachtaufträge vermittelte. Ab 2011 war die Ehefrau des Klägers bei ihm für
Buchhaltung und Schreibarbeiten als Arbeitnehmerin angestellt. Vorher arbeitete sie unentgeltlich im Betrieb mit.
Am 13.01.2009 beantragte der Beigeladene die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers. Mit Schreiben
vom 13.07.2009 hörte die Beklagte den Kläger und den Beigeladenen bezüglich einer beabsichtigten Feststellung über das Vorliegen
einer abhängigen Beschäftigung an. Mit Bescheid vom 05.08.2009 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Klägers als
Transportfahrer beim Beigeladenen seit dem 01.01.2002 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren erstellte die Sachbearbeiterin der Beklagten eine Entscheidungsvorlage, wonach sie
vorschlug, aufgrund des Vorliegens von selbstständiger Tätigkeit den Widersprüchen bei voller Kostentragung abzuhelfen. Ein
Vorgesetzter der Sachbearbeiterin lehnte die Abhilfe unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 11.03.2009, B 12 KR 21/07 R, ab. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.08.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass
Ort, Zeit, Art und Weise der Ausführung der Tätigkeiten des Klägers sich bereits aus dem übertragenen Auftrag ergeben hätten.
Ein Spielraum für eine im Wesentlichen freie Ausgestaltung der Tätigkeit sei nicht gegeben. Auch wenn eine Person, wie hier,
die Merkmale eines Frachtführers im Sinne des HGB aufweise, sei durch eine Gesamtwürdigung aller tatsächlichen Umstände zu ermitteln, ob gegebenenfalls nicht dennoch ein abhängiges
Beschäftigungsverhältnis vorliege.
Gegen die Entscheidung hat der Kläger am 10.08.2010 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Mit Bescheid vom 06.03.2013 hat die Beklagte den Bescheid vom 05.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 04.08.2010 dahingehend abgeändert, dass in der vom 01.01.2002 bis 31.12.2011 ausgeübten Beschäftigung als Transportfahrer
beim Beigeladenen Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung
sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe.
Mit Gerichtsbescheid vom 16.04.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Möglichkeit der Ablehnung von Aufträgen, der Einsatz eines
eigenen Fahrzeugs, für das ein Leasingvertrag vom Kläger abgeschlossen worden sei, und das Vorliegen einer eigenen Transport-
und Haftpflichtversicherung sowie die Gewerbeanmeldung für eine selbständige Tätigkeit sprechen würden. Für das Vorliegen
eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses spreche dagegen, dass die Tätigkeit des Klägers aufgrund von Verträgen und Vereinbarungen
des Beigeladenen mit seinen Kunden (Spediteuren am Flughafen) ausgeübt werde. Der Kläger selbst besorge sich dort keine Aufträge.
Er habe keine Mitarbeiter oder Hilfskräfte. Arbeitsbeginn und Arbeitsinhalt seien durch die Aufträge des Beigeladenen bestimmt.
Der Kläger habe vorgegebene Vordrucke, so genannte Auftragsbelege, vom Beigeladenen zu verwenden. Das Entgelt werde nicht
im Einzelfall verhandelt, denn es gebe eine einheitliche Vergütung aller Nachunternehmer über eine vorgegebene Liste des Beigeladenen.
Der Kläger sei tatsächlich in den Betrieb des Beigeladenen eingegliedert gewesen. Die Indizien einer abhängigen Beschäftigung
würden in der Gesamtwürdigung überwiegen.
Gegen den dem Klägerbevollmächtigten am 22.04.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 15.05.2013 Berufung zum Landessozialgericht
eingelegt. Der Berichterstatter hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 01.02.2016 erörtert.
Der Kläger ist der Ansicht, dass er die Tätigkeit als selbstständiger Unternehmer ausgeübt habe.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 16.04.2013 sowie den Bescheid vom 05.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 04.08.2010 und des Bescheides vom 06.03.2013 aufzuheben und festzustellen, dass er im Rahmen seiner Tätigkeit bei dem
Beigeladenen vom 01.01.2002 bis 31.12.2011 nicht der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung
unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider
Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die nach den §§
143,
144,
151 Abs
1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche
Verhandlung entscheidet, ist statthaft, zulässig und begründet.
Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid vom 05.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.08.2010
und des Bescheides vom 06.03.2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger übte seine Tätigkeit
für den eigeladenen vom 01.01.2002 bis 31.12.2011 im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit aus und unterlag deshalb nicht
der Versicherungspflicht aufgrund einer Beschäftigung in der Gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach
dem Recht der Arbeitsförderung.
Nach §
7a SGB IV in der hier anzuwendenden, seit 01.01.2009 geltenden Fassung des Art 1 Nr 1 des 2.
SGB IV ÄndG vom 21.12.2008 (BGBl I S 2933) können die Beteiligten - dies sind im vorliegenden Fall der Kläger und der Beigeladene
- schriftlich eine Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund (Beklagte) beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt,
es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren
zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet (Abs 1 Satz 1). Nach Abs 4 muss die Beklagte den Beteiligten mitteilen, welche
Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, die Tatsachen bezeichnen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und den Beteiligten
Gelegenheit geben, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern.
Die Beklagte hat auf den vom Beigeladenen gestellten Antrag als zuständige Behörde entschieden und dabei das gesetzlich vorgeschriebene
Verfahren eingehalten. Sie hat insbesondere nicht gegen die Anhörungspflicht nach §
7a Abs
4 SGB IV i.V.m. § 24 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) verstoßen. Sie hat vor Erlass des angefochtenen Bescheides die beabsichtigte Entscheidung und die entscheidungserheblichen
Tatsachen mitgeteilt. Der Kläger hatte (ebenso wie der Beigeladene) Gelegenheit, weitere Tatsachen und ergänzende rechtliche
Gesichtspunkte vorzubringen. Die Beklagte hat auch keine (unzulässige) Elementenfeststellung vorgenommen. Mit dem Bescheid
vom 06.03.2013 hat sie die Anforderungen an eine Statusfeststellung (auch hinsichtlich des Bestimmtheitsgrundsatzes) erfüllt,
die das BSG in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat (Urteil vom 11.03.2009, B 12 R 11/07 R, BSGE 103, 17; Urteil vom 04.06.2009, B 12 R 6/08 R). Sie hat ausdrücklich entschieden, dass für die Tätigkeit des Klägers beim Beigeladenen Versicherungspflicht in sämtlichen
Zeigen der Sozialversicherung besteht. Zutreffend hat die Beklagte auch den Zeitraum der Feststellung gewählt. Denn unter
Würdigung des gesamten Akteninhalt sowie nach Auswertung der Eintragungen im Handelsregister des Amtsgerichts Stuttgart, HRB
...., steht für den Senat fest, dass der Beigeladene seinen als Einzelfirma inhabergeführten Betrieb bezüglich der Vermittlung
von Frachtaufträgen (Sofa-Spediteur) erst zum 31.12.2011 aufgegeben hat. Denn die F. Transport GmbH, die fortan die Vermittlung
übernommen hat, wurde erst am 31.11.2011 gegründet.
Die Entscheidung der Beklagten ist aber inhaltlich unrichtig. Der Kläger unterlag in seiner Fahrertätigkeit für den Beigeladenen
nicht der Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Sozialversicherung. Denn er war als selbstständiger Unternehmer tätig.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterlagen im streitgegenständlichen Zeitraum in der Kranken-, Pflege-,
Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§
5 Abs
1 Nr
1 SGB V, §
20 Abs
1 Satz 2 Nr
1 SGB XI, §
1 Satz 1 Nr
1 SGB VI, §
25 Abs
1 SGB III). Nach §
7 Abs
1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung
des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in
einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich
bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein.
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen
Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und
Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten
Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Zur Feststellung des Gesamtbilds
kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu. Ausgangspunkt
für die Beurteilung ist demnach zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen
Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (Senatsurteil vom 18.07.2013, L 11 R 1083/12). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig
ist (zum Ganzen BSG 29.08.2012, B 12 R 25/10 R, BSGE 111,257 mwN).
Nach den genannten Grundsätzen überwiegen zur Überzeugung des Senats in der Zusammenschau aller Aspekte die Einzelaspekte,
die für eine selbstständige Frachtführertätigkeit sprechen.
Ein schriftlicher Vertrag über die Tätigkeit des Klägers liegt nicht vor. Nach den Feststellungen des Senats auf der Grundlage
der Akten und insbesondere des Vorbringens der Beteiligten übernahm der Kläger ab 01.01.2002 vom Beigeladenen, der als Spediteur
Frachtaufträge (insbesondere Luftfracht) vermittelte, fast täglich Frachtaufträge von und zum Flughafen Stuttgart. Für die
Ausführung benutzte er ausschließlich sein eigenes Fahrzeug, das von ihm geleast worden war. Dabei bekam er jeweils am Abend
des Vortages oder im Laufe des Vormittags für den laufenden Tag Frachtaufträge mit einzelnen oder auch mehreren Frachtstücken
vom Beigeladenen angeboten. Im Auftrag war vorgegeben, ab wann das Frachtstück zur Abholung beim Kunden oder am Flughafen
bereitstand. Handelte es sich um eine Fahrt zum Flughafen, musste der Kläger die Fracht bis 18:00 Uhr am Flughafen abgeben.
Der Kläger stellte mit den Aufträgen des Beigeladenen und gegebenenfalls Aufträgen anderer Auftraggeber eine Tagestour für
die Fahrt zum Flughafen zusammen. Täglich war aufgrund der Fahrstrecke von ca 500 km nur eine Tour möglich. Der Kläger haftete
gegenüber dem Beigeladenen und gegenüber dem Kunden (§ 437 HGB) für einen Schaden am Frachtgut und schloss deshalb eine eigene Frachtführerversicherung ab. Die Vergütung des Klägers erfolgte
auf der Grundlage der Tarifliste des Beigeladenen, die vor Beginn des ersten Auftrags vom Kläger akzeptiert worden war. Die
Höhe der Vergütung richtete sich nach der Entfernung vom Flughafen (nach Zonen) und dem Gewicht des Frachtstücks. Der Kläger
ist seit 26.11.1999 im Besitz einer Lizenz für grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr (Gemeinschaftslizenz).
Ab 2011 war die Ehefrau des Klägers bei ihm für Buchhaltung und Schreibarbeiten als Arbeitnehmerin angestellt. Vorher arbeitete
sie unentgeltlich im Betrieb mit.
Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der Tätigkeit des Klägers um eine Frachtführertätigkeit im Sinne der §§ 407 ff HGB. Der Kläger unterlag weder einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Beigeladenen noch
war er in den Betrieb des Beigeladenen eingegliedert. Vielmehr waren die konkreten Zeiten, zu denen das Frachtgut bei den
Kunden abgeholt bzw dem Kunden zugestellt werden musste, bereits im vom Beigeladenen dem Kläger angebotenen Frachtauftrag
selbst festgelegt. Umstände, die bereits im Voraus vertraglich festgelegt sind, begründen aber idR kein Weisungsrecht des
Auftraggebers (vgl Senatsurteil vom 29.09.2015, L 11 R 3559/14 mwN). Übernahm der Kläger einen solchen Frachtauftrag oder auch mehrere davon, wenn eine Kombination aufgrund der Größe des
Autos und des Gewichts möglich war, war er bezüglich der Fahrtroute, der tatsächlichen Durchführung, der eventuellen Kombination
mit anderen Aufträgen anderer Auftraggeber und der konkreten Zeitplanung völlig frei.
Für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit spricht entscheidend der Umstand, dass der Kläger die Fahrten mit seinem eigenen
Fahrzeug durchführte, er auch bei einer Tour zum oder vom Flughafen mehrere Aufträge mehrerer Auftragnehmer zusammenfassen
konnte und auch zusammenfasste, soweit dies zeitlich und gewichtsmäßig möglich war, und für die ordnungsgemäße Ablieferung
der Fracht gem § 437 HGB selbst haftete (vgl zu einem ähnlich gelagerten Fall auch Senatsurteil vom 05.11.2013, L 11 R 4053/12). Zudem konnte er Aufträge jederzeit ablehnen. Der Kläger war im Besitz einer Gemeinschaftslizenz für den grenzüberschreitenden
gewerblichen Güterkraftverkehr, so dass er jedenfalls aus Rechtsgründen nicht an einer selbstständige Tätigkeit gehindert
war. Dieser Umstand ist nach den eigenen Beurteilungskriterien der Beklagten zum Frachtführer/Unterfrachtführer (Bl 120 Verwaltungsakte)
als Indiz für das Vorleigen einer selbständigen Tätigkeit zu werten. Anders als die Beklagte meint, ist der Sachverhalt, der
dem Urteil des BSG vom 11.03.2009 (B 12 KR 21/07 R) zu Grunde liegt, mit dem hier vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Im Gegensatz zum dortigen Fall eines Paketzustellers
mit einem definierten Zustellbezirk und engen Zeitvorgaben auch untertags sowie zwischenzeitlichen Weisungen bezüglich der
Abholung von Waren bei Kunden ist der Kläger hier in seiner Tätigkeit keinen engeren Bindungen unterworfen, als jenen, die
bereits nach dem HGB gesetzlich vorgesehen sind.
Der Kläger trug auch ein erhebliches Unternehmerrisiko. Entscheidend für das Vorliegen eines unternehmerischen Risikos ist
insoweit, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft mit der Gefahr des finanziellen Verlusts oder der Möglichkeit eines
Gewinns eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes sächlicher oder persönlicher Mittel also ungewiss ist (vgl LSG Sachsen 04.03.2014,
L 5 R 425/12 unter Hinweis auf BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R). So liegt der Fall hier. Der Kläger ist bzgl seiner Transporttätigkeiten mit laufenden Fixkosten belastet (ua Leasingsgebühren
für das Fahrzeug, Versicherungsbeiträge für Frachtführer-Versicherung, Beiträge zur Berufsgenossenschaft, Finanzierung der
Schulungen für die Luftfrachtsicherheit, ab 2011 Arbeitsentgelt für seine bei ihm entgeltlich beschäftigte Ehefrau). Es besteht
demnach grundsätzlich die Gefahr des finanziellen Verlustes und nicht nur das Risiko der fehlenden Einkommenserzielung. Auf
der anderen Seite war es dem Kläger möglich, geschickt verschiedene Aufträge vom Beigeladenen oder auch anderen Auftraggebern
zu kombinieren, um sein Kraftfahrzeug gewinnbringend auszulasten. Dabei übersieht der Senat nicht, dass zu Beginn der Tätigkeit
fast ausschließlich Aufträge vom Beigeladenen übernommen worden sind, denn auch dann gelten diese Grundsätze.
Zudem spricht die konkrete Vergütung für ein relevantes Unternehmerrisiko und daher für eine selbstständige Tätigkeit. Denn
die Vergütung erfolgte je Frachtstück, wobei für die Höhe der Vergütung die Entfernung des Kunden (Spedition) vom Flughafen
S. und das Gewicht des Frachtstücks entscheidend war. Dem Kläger war es deshalb möglich, durch eine geschickte Kombination
von Aufträgen die Gesamtvergütung pro Tour und damit den Umsatz selbst zu beeinflussen. Auf der anderen Seite trug er auch
das Risiko, bei nur wenigen (oder sogar nur einem) leichten oder einem sperrigen Frachtstück keine weiteren Aufträge kombinieren
zu können und deshalb für eine Tour auch nur eine geringere Vergütung bei gleichbleibenden fixen und variablen Kosten zu erhalten.
Die Verwendung der vom Beigeladenen vorgegebenen Tarifliste spricht nicht gegen eine selbstständige Tätigkeit, da die Verwendung
von AGB auch zwischen selbstständigen Unternehmern üblich ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Der Kläger ist Versicherter iSd §
183 SGG. Zum Kreis der Versicherten iSd §
183 SGG gehören alle Personen, deren Versicherteneigenschaft ein Versicherungsträger festgestellt hat, also auch Personen, die sich
mit Rechtsbehelfen gegen eine solche Feststellung wenden (BSG 05.10.2006, B 10 LW 5/05 R, SozR 4-1500 § 83 Nr 4; Sächsisches LSG 14.07.2011, L 7 KR 199/09 B, [...]).
Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs
2 Nrn 1 und 2
SGG) liegen nicht vor.