Keine Sozialversicherungspflicht einer Altenpflegerin bei einer Tätigkeit für eine Sozialstation; Abgrenzung zwischen abhängiger
Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Tätigkeit der Klägerin als Pflegekraft für die Beigeladenen zu 1) im Rahmen einer
abhängigen Beschäftigung erfolgt.
Die 1970 geborene Klägerin wurde von 2006 bis 2009 zur Altenpflegerin ausgebildet, die zweite Hälfte der Ausbildung absolvierte
sie im Betrieb der Beigeladenen zu 1), ein Kranken-, Alten- und Familienpflegeverein. Zwischen 2009 und 2012 war die Klägerin
nicht für die Beigeladene zu 1) tätig.
Mit Bescheid vom 05.03.2013 (Bl 9 Verwaltungsakte) stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin als selbständig tätige Pflegeperson
versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung ist.
Ab April 2013 kam es zu einer Zusammenarbeit der Klägerin mit der Beigeladenen zu 1). Am 30.04.2013 beantragte die Beigeladene
zu 1) bei der Beklagten die Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Klägerin und legte die abgeschlossenen Kooperations-
und Dienstleistungsverträge vor (Bl 2/4 Verwaltungsakte). Vereinbart ist ua, dass die Klägerin die ganzheitliche fachliche
Versorgung von Patienten übernimmt, hierzu der Beigeladenen zu 1) ihre zeitlichen und fachlichen Kapazitäten benennt und die
Beigeladene zu 1) sodann der Klägerin Aufträge anbieten kann. Die Ausführung der Leistung wird mit "eigenständiger fachpflegerischer
gesundheitsberatender Professionalität" beschrieben. Als Vergütung sind 28 €/h vereinbart.
Nachdem die Beklagte bei der Beigeladenen zu 1) die Einreichung von Antragsvordrucken angefordert hatte und diese nicht vorgelegt
wurden, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 09.08.2013 das Statusfeststellungsverfahren ein (Bl 12 Verwaltungsakte).
Am 19.08.2013 beantragten die Klägerin und die Beigeladene zu 1) erneut die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen
Status der Klägerin. Auf dem dafür vorgesehenen Formular gab die Klägerin an, sie übe im Betrieb der Beigeladenen zu 1) Leistungen
der Krankenpflege nach dem
Fünften Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) und Pflegeleistungen nach dem
Elften Buch Sozialgesetzbuch (
SGB XI) aus. Sie sei bei der AOK freiwillig krankenversichert. Sie werde für die Beigeladene zu 1) insbesondere in Fällen der Urlaubs-
und Krankenvertretung tätig. Die Besuche seien entweder bei einer frühen Tour zwischen 7 und 11 Uhr oder bei einer späten
Tour zwischen 17 und 20 Uhr durchzuführen. Die Hausbesuche der Patienten erfolgten im gesamten Stadtgebiet von B.. Dabei fahre
sie mit ihrem Privat-Pkw zu den Patienten. Wenn es zu einem Einsatz komme, werde dieser im Dienstplan notiert. Die erbrachten
Leistungen würden auf einem Besuchsplan dokumentiert. Sie habe zu ihrer Tätigkeit einen eigenen Flyer mit Informationen. Im
Übrigen sei die Vergütung mit der Beigeladenen zu 1) frei vereinbart worden. Für Dienstkleidung erhalte sie keine Entschädigung.
Mit Schreiben vom 04.09.2013 (Bl 23 Verwaltungsakte) übersandte die Beklagte der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) jeweils
einen Fragebogen. Die Beigeladene zu 1) gab an (Bl 27 Verwaltungsakte), die Klägerin erbringe die Pflegeleistungen in der
häuslichen Umgebung der Patienten. Die Arbeitszeit richte sich nach der Tour, welche der Klägerin zugeteilt werde. Dabei teile
die Pflegedienstleitung der Sozialstation die Patienten einer bestimmten Tour zu. Die Klägerin trete gegenüber den Patienten
im Namen der Sozialstation auf. Da die Klägerin nur gelegentlich Pflegetouren übernehme, werde der schriftliche Behandlungsplan
für die Patienten in der Regel von der Fachkraft erstellt, die normalerweise die entsprechende Tour fahre. Die bisherigen
Einsätze hätten im Februar 2013 an 5 Tagen, im März 2013 an 6 Tagen, im April 2013 an 4 Tagen, im Mai 2013 an 0 Tagen, im
Juni 2013 an 5 Tagen, im Juli 2013 an 10 Tagen, im August 2013 an 8 Tagen und im September 2013 an 6 Tagen stattgefunden.
Vor einer Tour erhalte die Klägerin einen Einsatzplan mit den Namen der Patienten und den Leistungen, die bei jedem einzelnen
Patienten zu erbringen seien. Dabei würden die erbrachten sachlichen und pflegerischen Leistungen von allen Pflegekräften,
so auch von der Klägerin, in einer persönlichen Leistungskarte des Patienten erfasst und mit einem Handzeichen bestätigt.
Diese Leistungskarte werde am Monatsende von dem Patienten oder einem zeichnungsberechtigten Angehörigen unterschrieben. Die
Klägerin habe die Pflicht, die Pflegedokumente bei jedem Patienten zu führen. Ein Fahrtenbuch brauche die Klägerin für ihre
Einsätze nicht, da sie mit ihrem Privat-Pkw fahre und dafür keine Entschädigung erhalte. Die Klägerin nehme nicht an den Dienstbesprechungen
des Pflegeteams teil. Überdies erhalte sie von der Sozialstation kein Zeugnis über ihre Tätigkeit. Die von der Klägerin erbrachten
Leistungen würden von der Sozialstation mit den Kostenträgern abgerechnet. Die Klägerin benutze ihr eigenes Blutdruckmessgerät
und eigene Einmalhandschuhe. Als Vergütung erhalte sie einen Stundenlohn in Höhe von 28,00 € pro Stunde.
Die Klägerin teilte mit (Bl 43 Verwaltungsakte), sie trete als freiberufliche Altenpflegerin der Beigeladenen zu 1) auf. Sie
habe mehrere Auftraggeber und arbeite nur ca 5-10 Tage/Monat für die Beigeladene zu 1). Ein Auftrag komme zustande, indem
sie Mitte des Vormonats bei der Beigeladenen zu 1) anrufe und ihre freien Kapazitäten durchgebe. Die Beigeladene zu 1) könne
sie dann buchen. Jeder Mitarbeiter arbeite in seiner Tour. Wenn man Hilfe benötige, könne man jederzeit einen anderen Mitarbeiter
anrufen. Die festangestellten Pflegekräfte besäßen für solche Fälle ein MDA Gerät. Sie habe jedoch kein Gerät von der Sozialstation,
sondern benutze in solchen Fällen ihr privates Handy. Im Übrigen habe sie eigene Visitenkarten sowie einen Büroraum im eigenen
Haus. Des Weiteren betreibe sie eigenständig Werbung, so etwa auf Facebook. Sie sei bei der Berufsgenossenschaft angemeldet
und zahle jährlich ihren Beitrag. Die Pflegehilfsmittel wie Waschlotion und Körperlotion würden von den Patienten gestellt.
Sie bekomme von der Beigeladenen zu 1) lediglich eine Box. Darin enthalten sei ein Blutzuckermessgerät für Notfälle, ein Blutdruckmessgerät,
eine Taschenlampe und Händedesinfektionsmittel. Weitere Anschaffungen finanziere sie selbst, wie etwa Arbeitskleidung, Handy,
Arbeitszimmer, Büromaterial und Pkw. Wenn sie die Patienten fragten, warum sie nur tageweise arbeite, sage sie, dass sie freiberuflich
tätig sei.
Auf das Anhörungsschreiben der Beklagten vom 13.01.2014 (Bl 47/49 Verwaltungsakte), in welchem die Feststellung einer abhängigen
Beschäftigung und das Bestehen entsprechender Versicherungspflicht angekündigt wurde, bekräftigten die Klägerin und die Beigeladene
zu 1) nochmals, dass aus ihrer Sicht keine abhängige Beschäftigung vorliege.
Mit zwei Bescheiden vom 11.02.2014 (Bl 55/58 Verwaltungsakte) stellte Beklagte fest, dass die Tätigkeit der Klägerin für die
Beigeladene zu 1) im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt werde und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-
und Arbeitslosenversicherung bestehe. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche insbesondere, dass die Klägerin
in der häuslichen Umgebung des Pflegebedürftigen arbeite. Durch den Pflegeauftrag werde der Ort der Leistungserbringung vorgegeben.
Weiterhin bekomme die Klägerin von der Pflegedienstleitung des Auftraggebers eine Tour zugeteilt. Auf dieser Tour würden die
einzelnen zu erbringenden Leistungen vom Auftraggeber vorgegeben. Die fachliche Verantwortung für die Leistungserbringung
gegenüber den Patienten werde vom Auftraggeber getragen. Darüber hinaus werde die Arbeitsleistung nach einem festen Stundenlohn
vergütet. Die Klägerin rechne nicht selbst mit den Patienten bzw Krankenkassen ab und habe keinen Einfluss auf die Preisgestaltung.
Die Tätigkeit werde überdies persönlich ausgeübt. Im Falle einer Verhinderung stelle der Auftraggeber eine Ersatzkraft. Zuletzt
setze die Klägerin keine eigenen Arbeitsmittel in wesentlichem Umfang ein. Für eine selbstständige Tätigkeit spreche zwar,
dass die Klägerin auch für weitere Auftraggeber tätig sei und Aufträge ablehnen könne. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung
der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen jedoch die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.
Hiergegen erhob die Klägerin am 06.03.2013 Widerspruch. Sie arbeite pro Woche 40 bis 50 Stunden und betreue ständig 6 bis
8 pflegebedürftige Menschen in Eigenregie. Die Beigeladene zu 1) habe kein Dispositionsrecht, sondern umgekehrt werde sie,
die Klägerin, dann tätig, wenn und soweit sie freie Kapazitäten habe. Ihre möglichen Einsatzzeiten teile sie der Beigeladenen
zu 1) mit und diese habe sich danach zu richten. Für die Beigeladene zu 1) arbeite sie pro Woche maximal 10 Stunden. Sie stelle
ihre Arbeit bzw die Stunden bei der Beigeladenen zu 1) in Rechnung. Es bestehe kein Urlaubsanspruch oder ein sonstiger Anspruch
auf Sondervergünstigungen. Sie sei nach außen offenkundig selbstständig tätig. Überdies habe das Finanzamt im Rahmen der Prüfung
festgestellt, dass sie selbstständig sei. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass sie im Jahr 2013 einen Gesamtumsatz von 44.000,00
€ brutto erwirtschaftet habe. Von dem Gesamtumsatz seien lediglich 13.412,00 € auf die Beigeladene zu 1) entfallen. Gearbeitet
habe sie für die Beigeladene zu 1) 479 Stunden. Daneben habe sie noch für den Auftraggeber A. Pflegedienste in B. 137 Stunden
gearbeitet, für den Häuslichen Pflegedienst D. F. habe sie 800 Stunden gearbeitet, für die C. habe sie 65 Stunden gearbeitet,
für den ambulanten Pflegedienst R. S. (A.) in B. habe sie ca 115 Stunden gearbeitet und für den Pflegedienst in B. habe sie
57 Stunden gearbeitet. Die Beigeladene zu 1) stehe damit von der Wertigkeit an 2. und nicht an 1. Stelle. Des Weiteren müsse
die Beklagte die Besonderheiten des Pflegeberufes in den Blick nehmen. Es sei eine Selbstverständlichkeit, dass derartige
Arbeiten in der Umgebung des Pflegebedürftigen verrichtet würden. Aus der Natur der Sache ergebe sich weiterhin, dass Pflegedienstleistungen
nicht punktuell erbracht würden, sondern die Betreuung zu einer Tour zusammengefasst würde. Gerade zu Pflegende und ältere
Menschen legten Wert auf Rhythmus und Pünktlichkeit. Darüber hinaus sei es kein Kriterium, dass die Arbeitsleistung nach einem
festen Stundenlohn vergütet werde. Sämtliche Pflegeleistungen würden als zeitliche Dienstleistungen nach Stundensätzen honoriert.
Richtig sei, dass sie nicht mit den Patienten bzw Krankenkassen abrechne und keinen Einfluss auf die Preisgestaltung habe.
Aber auch die Sozialstation habe letztlich keinen Einfluss auf die Preisgestaltung. Insofern diktierten die Kassen die Preise.
Überdies sei sie nicht weisungsgebunden, da sie Patienten auch ablehnen könne. Im Übrigen lege sie in Absprache mit dem Auftraggeber
die Touren fest. Gebe es etwa Kollisionen mit anderen Auftraggebern oder habe sie sich entschlossen, Urlaub zu machen, sei
dies kein Problem. Schließlich sei sie infolge ihrer selbständigen Tätigkeit verpflichtet, ständig Fortbildungsmaßnahmen auf
eigene Kosten durchzuführen. 2013 seien es 3 bis 4 Fortbildungsmaßnahmen gewesen. So habe sie ua für ca 1.300,00 € in H. an
einer Weiterbildungsmaßnahme teilgenommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.07.2014 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück (Bl 87 Verwaltungsakte).
Allein der Wille der vertragschließenden Parteien bestimme nicht, ob eine Tätigkeit als Beschäftigung oder Selbstständigkeit
definiert werde. Für die Abgrenzungen seien in erster Linie die tatsächlichen Umstände der Leistungserbringung von Bedeutung.
Es sei zu berücksichtigen, dass die Abrechnung gegenüber dem Patienten ausschließlich durch den Auftraggeber erfolge. Soweit
der Klägerin keine fachlichen Weisungen erteilt werden könnten, sei dem zu entgegnen, dass die Tätigkeit von Arbeitnehmern
im Rahmen des Dienstverhältnisses ebenfalls in hohem Maße durch eigene Verantwortlichkeiten, Entscheidungsfreiheit sowie eigenständiges
Planen und Handeln gekennzeichnet sei. Im allgemeinen Geschäftsverkehr werde die Klägerin nicht als selbstständig Tätige wahrgenommen.
Überdies sei ein gewichtiges Indiz für eine selbstständige Tätigkeit das mit dem Einsatz eigenen Kapitals verbundene erhebliche
Unternehmerrisiko. Die Klägerin setze die eigene Arbeitskraft jedoch nicht mit ungewissem Erfolg ein, da eine Vergütung nach
Abnahme der Arbeit erfolge. Es handele sich dabei um eine pauschale Vergütung von 28,00 € pro Stunde. Die Vergütung werde
damit erfolgsunabhängig bezahlt. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass auch Beschäftigte wie Außendienstmitarbeiter und Handelsreisende
ihr eigenes Kraftfahrzeug bei der Arbeitsausführung einsetzten. Das Risiko, für seine Arbeit kein Entgelt zu erhalten bzw
bei nicht zufriedenstellender Arbeit nicht weiterbeschäftigt bzw beauftragt zu werden, stelle kein unternehmerisches Risiko
im Sinne der Rechtsprechung dar. Die Klägerin könne zwar frei entscheiden, ob sie Aufträge annehme oder ablehne, bei Annahme
erfolge jedoch eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Hiergegen hat die Klägerin am 07.08.2014 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft. Die Beigeladene zu
1) habe die Betreuung der von ihr gepflegten Menschen in "Touren" organisiert. Diese Touren seien deshalb erforderlich, weil
die zu pflegenden Menschen an bestimmten Tagen zu bestimmten Zeiten aufgrund ihrer Erkrankungen bzw Pflegebedürftigkeit aufgesucht
werden müssten. Diese Organisation ergebe sich also aus der Notwendigkeit des Pflegeablaufs und liege in der Natur der Sache
der Pflege, spreche aber nicht für eine abhängige Beschäftigung. Insgesamt habe die Beigeladene zu 1) 9 Touren. Die Klägerin
übernehme in der Regel eine Tour pro Woche. Diese Tour übernehme sie für Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1), die in Urlaub
oder krank seien. Anders als die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) trete sie nicht in Dienstkleidung auf und benutze nicht
das Dienstfahrzeug der Beigeladenen zu 1), sondern trete in eigener Arbeitskleidung auf und benutze ihren privaten Pkw. Ihre
zeitlichen und fachlichen Kapazitäten biete sie nach eigenem Ermessen der Beigeladenen zu 1) an. Im Unterschied zum Mitarbeiter
der Beigeladenen zu 1) sei sie nicht verpflichtet, Wochenenddienste zu machen, Feiertagsdienste und sei auch insoweit nicht
in die Organisation der Beigeladenen zu 1) eingebunden. Sie nehme Urlaub, wann sie es wolle und sei auch insofern nicht an
Vorgaben gebunden. Sie erhalte keine fachlichen Weisungen von der Beigeladenen zu 1). Sofern die Beklagte die Auffassung vertrete,
dass hieraus keine selbständige Tätigkeit abgeleitet werden könne, so sei dies unzutreffend.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide Bezug genommen.
In der mündlichen Verhandlung vom 13.07.2015 hat das SG den Vorstandsvorsitzenden der Beigeladenen zu 1) als Zeugen befragt (Bl 50 SG-Akte) und mit Urteil vom 13.07.2015 die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben, da diese rechtswidrig seien und
die Klägerin in ihren Rechten verletzten. Die Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1) erfolge im Rahmen einer selbstständigen
Tätigkeit. Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung unterliege die Klägerin bei der Durchführung ihrer Tätigkeit
keinem Weisungsrecht der Beigeladenen zu 1) nach Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung der Tätigkeit. Sie unterliege auch
keinem solchen der von ihr Betreuten. Eine Tätigkeit im Bereich der Pflege sei ohne die Koordinierung von zeitlichen Eckdaten
nicht denkbar. Allein aufgrund der grundsätzlich vorgegebenen Methoden der Pflege bei der Durchführung der einzelnen Einsätze
könne nicht auf eine Weisungsgebundenheit und damit eine persönliche Abhängigkeit geschlossen werden. Inhaltliche Vorgaben,
wie die Pflegetätigkeiten durchzuführen sei, würden durch die Beigeladene zu 1) nicht gemacht, sondern ergäben sich jeweils
aus der Methode und den Standards des Pflegeberufes einerseits und aus den von den Kassen im Einzelfall übernommenen Leistungen
andererseits. Das Fehlen von Einzelanordnungen sei ein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit der Klägerin. Die Beweisaufnahme
habe ergeben, dass die Klägerin - anders als die fest angestellten Pflegekräfte - nicht zu über die unmittelbare Pflegetätigkeit
hinausgehenden Begleittätigkeiten verpflichtet werden könnte. So könne sie etwa von der Beigeladenen zu 1) nicht angewiesen
werden, Pflegehilfsmittel aufzuräumen oder Messgeräte zu warten. Eine Weisungsabhängigkeit ergebe sich schließlich auch nicht
aus der notwendigen Pflegedokumentation. Schließlich könne die Beigeladene zu 1) der Klägerin hinsichtlich der durchzuführenden
Einsätze keine einseitigen Zeitvorgaben erteilen. Unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Aufträge gebe die Klägerin jeweils
im Vormonat der Beigeladenen zu 1) ihre freien Kapazitäten durch. Erst auf dieser Grundlage komme es dann zu einer Auftragsanbahnung.
Gegen das ihr am 05.08.2015 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil des SG hat die Beklagte am 17.08.2015 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Es sei nicht nachvollziehbar,
wie das SG zu der Feststellung habe gelangen können, die Klägerin sei nicht in die betriebliche Organisation der Beigeladenen zu 1)
eingegliedert. Anders als für die Beigeladene zu 1) sei für die Klägerin weder vorgebracht noch nachgewiesen, dass sie in
ihrer Person als Pflegeeinrichtung zugelassen sei und ihrerseits einen Versorgungsvertrag besitze. Bereits hieraus ergebe
sich, dass sie zur Ausübung ihrer Tätigkeit auf die betriebliche Organisation der Beigeladenen zu 1) angewiesen sei. Es müsse
davon ausgegangen werden, dass sich die Beigeladene zu 1) der Klägerin bediene, um ihre vertraglichen Verpflichtungen im Rahmen
des
SGB V bzw
SGB XI gegenüber Dritten zu erfüllen, was nach Auffassung der Beklagten rechtlich zulässig allein im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung
möglich sei. Die Einhaltung und Umsetzung der maßgeblichen Bestimmungen sei nur dann möglich, wenn die Pflegeeinrichtung gegenüber
ihren Mitarbeitern Weisungsrechte ausübe, welche die Mitarbeit zwingend als abhängige Beschäftigung qualifizierten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 13.07.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf ihr bisheriges Vorbringen und die Entscheidungsgründe des SG-Urteils Bezug. Es sei zwar zutreffend, dass sie selbst nicht als Pflegeeinrichtung zugelassen sei bzw keinen Versorgungsvertrag
besitze. Die sei aber entgegen der Auffassung der Beklagten keine Voraussetzung für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit.
Die Grundannahme der Beklagten, wonach ihre Tätigkeit rechtlich zulässig nur im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt
werden könne, sei unzutreffend.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie schließt sich den Ausführungen der Klägerin und des SG an.
In einem Erörterungstermin am 03.03.2016 wurde die Sach- und Rechtslage vom Berichterstatter mit den Beteiligten eingehend
erörtert.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die
beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§
153 Abs
1,
124 Abs
2 SGG ohne mündliche Verhandlung.
Die nach den §§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, in der Sache allerdings unbegründet. Der angefochtene
Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Das SG hat daher zu Recht den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 11.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
14.07.2014 aufgehoben und festgestellt, dass die Klägerin die Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) im Zeitraum ab 01.04.2013
selbständig ausübt und nicht wegen einer abhängigen Beschäftigung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung
und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
Die Beklagte hat in dem angefochtenen Bescheid nur das Bestehen von Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach
dem Recht der Arbeitsförderung wegen Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) festgestellt. Nicht
Gegenstand des Verfahrens ist der bestandskräftige Bescheid vom 05.03.2013, der durch den angefochtenen Bescheid nicht abgeändert
oder ersetzt worden ist und mit dem die Beklagte festgestellt hat, dass die Klägerin als selbständig tätige Pflegeperson versicherungspflichtig
in der gesetzlichen Rentenversicherung ist (vgl BSG 28.09.2011, B 12 R 17/09 R [...]; Senatsurteil vom 16.12.2014, L 11 R 3903/13, [...]).
Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig. Er ist nach erfolgter Anhörung der Beteiligten ergangen. Die Beklagte hat
zudem die Anforderungen an eine Statusfeststellung erfüllt, die das Bundessozialgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt
hat (BSG 11.03.2009, B 12 R 11/07 R, BSGE 103, 17 ff; BSG 04.06.2009, B 12 R 6/08 R, [...]), und nicht nur eine isolierte Entscheidung über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung "dem Grunde nach",
sondern auch über das Vorliegen von Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung getroffen.
Materiell ist der angefochtene Bescheid allerdings rechtswidrig, denn die Beklagte hat zu Unrecht eine Beschäftigung und eine
Versicherungspflicht der Klägerin in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung im Rahmen der Statusfeststellung
festgestellt.
Nach §
7a Abs
1 S. 1
SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach §
7a Abs
1 S 3
SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger
hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Die Beklagte
entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt (§
7a Abs
2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in den Absätzen 3 bis 5 geregelt. §
7a Abs
6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des
SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Abs 7 der
Vorschrift ordnet die aufschiebende Wirkung von Klage und Widerspruch bezüglich der Fälligkeit der Beiträge an (Satz 1). Mit
dem rückwirkend zum 01.01.1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999 (BGBl I, 2000, 2) eingeführten Anfrageverfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage erreicht werden;
zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (BT-Drucks 14/1855, 6).
Ein entsprechender Antrag auf Statusfeststellung ist von der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) am 19.08.2013 bei der Beklagten
gestellt worden. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder
die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen im streitgegenständlichen Zeitraum der Versicherungs- bzw
Beitragspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (§
1 S 1 Nr
1 SGB VI, §
25 Abs
1 SGB III). Nach §
7 Abs
1 S 1
SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis; gemäß §
7 Abs
1 S 2
SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation
des Weisungsgebers.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl BSG 20.03.2013, B 12 R 13/10 R, SozR 4-2400, §
7 SGB IV Nr 19; 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, BSGE 111, 257, SozR 4-2400 § 7 Nr 17 jeweils mwN) erfordert eine Beschäftigung, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig
ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert
ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit
kann eingeschränkt und zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige
Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeiten
über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig
beschäftigt ist oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung
und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen.
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen (BSG 20.03.2013, B 12 R 13/10 R, SozR 4-2400, §
7 SGB IV Nr 19; 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, BSGE 111, 257, SozR 4-2400 § 7 Nr 17; speziell zu Pflegekräften vgl Senatsurteil vom 23.04.2015, L 11 R 3224/14, Die Beiträge Beilage 2015, 390). Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im
Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt
sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden
ist. Ausgangspunkt für die Beurteilung ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von
ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich
getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich
gewollte Natur der Rechtsbeziehungen geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich
möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam
abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem
Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie
von der Vereinbarung abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung
so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 §
7 SGB IV Nr 17).
Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass die Klägerin bei der
Beigeladenen zu 1) Zeitraum keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausübt und daher keine Versicherungspflicht
in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.
Die Tätigkeit als Altenpflegerin kann grundsätzlich sowohl als Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses
ausgeübt werden (vgl zum Intensivpfleger Senatsurteil vom 23.04.2015, L 11 R 3224/14, Die Beiträge Beilage 2015, 390 unter Hinweis auf BSG 28.09.2011, B 12 R 17/09 R, [...]; vgl zum Familienhelfer BSG 25.04.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15). Der Vertrag zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) ist über eine freie Mitarbeit geschlossen worden und
sieht vor, dass die Klägerin bei der Gestaltung ihrer Tätigkeit, insbesondere im Hinblick auf Zeit, Ort, Art und Dauer, frei
und berechtigt ist, Aufträge abzulehnen. Die Klägerin kann - und tut dies auch tatsächlich - zudem für andere Auftraggeber
tätig werden. Es ist einvernehmlich zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) eine Tätigkeit als freie Mitarbeiterin
auf der Basis eines Stundenhonorars von 28 € gewollt und keine feste Anstellung. Vereinbart war somit eine selbständige Tätigkeit.
Der Senat ist davon überzeugt, dass das Vertragsverhältnis entsprechend der Vereinbarung gelebt wird. Die Klägerin unterliegt
keinem Weisungsrecht der Beigeladenen zu 1). Es sind keine festen Arbeitszeiten vereinbart, sondern die Klägerin teilt der
Beigeladenen zu 1) mit, ob und wann sie Touren übernehmen kann und stellt dann die erbrachte Stundenzahl in Rechnung. Es besteht
keine ständige Dienstbereitschaftspflicht für die Klägerin und es werden der Klägerin von der Beigeladenen zu 1) keine festen
Arbeitszeiten oder Touren/Schichten ohne vorherige Absprache und gegen ihren Willen zugewiesen, vielmehr bestimmt die Klägerin
selbst, an welchen Tagen sie Touren übernehmen kann. Unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Aufträge gibt sie jeweils im Vormonat
der Beigeladenen zu 1) ihre freien Kapazitäten durch. Erst auf dieser Grundlage kommt es dann zu einer Auftragsanbahnung.
Die Klägerin hat damit maßgeblichen Einfluss auf die jeweiligen Einsatzzeiten. Sie ist dann zwar zeitlich an die vorgegebenen
Dienst-/Tourenpläne gebunden. Die Vorgabe solcher Pläne stellt aber nur einen äußeren Rahmen dar, der allein eine Weisungsunterworfenheit
und damit eine abhängige Beschäftigung nicht zwingend zur Folge hat (vgl Senatsurteil vom 23.04.2015, L 11 KR 3224/14; Hessisches LSG 06.04.2005, L 8/14 KR 30/04). Maßgeblich ist darauf abzustellen, ob innerhalb der Vorgabe eines äußeren Rahmens weitere Weisungen erfolgten.
Solche Weisungen werden nach den übereinstimmenden und für den Senat glaubhaften und nachvollziehbaren Angaben der Klägerin
und der Beigeladenen zu 1) nicht erteilt. Darüber hinaus kann die Klägerin auch relativ kurzfristig einzelne Einsätze absagen,
etwa wenn die "Chemie" zwischen ihr und dem zu betreuenden Patienten nicht stimmt.
Dem Umstand, dass vorliegend ein gewisser organisatorischer Rahmen, eine Früh- und eine Spättour, besteht, kommt danach keine
entscheidende Bedeutung zu, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Jede Tätigkeit im Bereich der Pflege bedarf der Koordinierung mittels zeitlicher Eckdaten. Allein
aufgrund der grundsätzlich vorgegebenen Methoden der Pflege kann bei der Durchführung der einzelnen Einsätze nicht auf eine
Weisungsgebundenheit und damit eine persönliche Abhängigkeit geschlossen werden kann (BSG 28.09.2011, B 12 R 17/09 R). Einzelanweisungen iS von inhaltliche Vorgaben, wie die Pflegetätigkeiten durchzuführen sei, werden durch die Beigeladene
zu 1) nicht gemacht, sondern ergeben sich jeweils aus der Methode und den Standards des Pflegeberufes einerseits und aus den
von den Kassen im Einzelfall übernommenen Leistungen bzw dem ärztlichen Behandlungsplan andererseits, ohne dass deshalb -
entgegen der Auffassung der Beklagten - die rechtliche Beziehung zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) durch das
Leistungserbringerrecht im Sinne allein zulässiger Beschäftigung vorbestimmt ist (vgl hierzu BSG 24.03.2016, B 12 KR 20/14 R, Terminbericht Nr. 12/16, abrufbar unter www.bundessozialgericht.de). So ist etwa auch für das
SGB V in der Rechtsprechung des BSG anerkannt, dass es die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und einem zugelassenen Heilmittelerbringer ermöglichen, für
die Leistungserbringung freie Mitarbeiter einzusetzen (BSG 29.11.1995, 3 RK 33/94, SozR 3-2500 § 124 Nr 1).
Bei der Absolvierung der jeweiligen Touren unterliegt die Klägerin keiner Kontrolle durch Beigeladene zu 1) die im Sinne von
Einzelanordnungen. Dass sie ggf mit anderen Pflegekräften der Beigeladenen zu 1) in der Weise zusammenarbeitete, dass sie
an deren Tätigkeiten anknüpfte bzw als Urlaubs- oder Krankheitsvertretung in laufende Pflegefälle eintrat, führt nicht dazu,
dass sie damit schon in die Betriebsstruktur der Beigeladenen zu 1) eingegliedert war, denn es handelt sich dabei um in der
Pflege übliche und notwendige Vorgehensweisen der Abstimmung, in denen sich noch keine Weisungen der Beigeladenen zu 1) und
keine Eingliederung der Klägerin in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1) wiederspiegeln (vgl Senatsurteil vom 23.04.2015,
L 11 R 3224/14).
Die Beweisaufnahme vor dem SG hat ergeben, dass die Klägerin - anders als die bei der Beigeladenen zu 1) fest angestellten Pflegekräfte - nicht zu über
die unmittelbare Pflegetätigkeit hinausgehenden Begleittätigkeiten verpflichtet werden kann. So kann sie etwa von der Beigeladenen
zu 1) nicht angewiesen werden, Pflegehilfsmittel aufzuräumen oder Messgeräte zu warten. Eine Weisungsabhängigkeit ergibt sich
schließlich auch nicht aus der notwendigen Pflegedokumentation. Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, kann aus einer "geminderten Autonomie" bei der Durchführung nicht zwingend auf eine Weisungsgebundenheit
und damit auf eine persönliche Abhängigkeit geschlossen werden (BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, Die Beiträge Beilage 2008, 333). Die Dokumentation der zu erbringenden Leistung ergibt sich nach aus den Besonderheiten
des Pflegeberufes und ist nicht zuletzt als Leistungsnachweis gegenüber dem jeweiligen Leistungsträger im Außenverhältnis
erforderlich. Die erforderlichen Pflegehilfsmittel werden aufgrund ärztlicher Verordnung von der Pflege- oder Krankenkasse
bereitgestellt und befinden sich vor Ort beim Patienten.
Die Klägerin ist auch nicht arbeitnehmertypisch in eine von der Beigeladenen zu 1) vorgegebene betriebliche Ordnung eingegliedert.
Für die Beurteilung, ob die Klägerin in eine von anderer Seite vorgegebene Arbeitsorganisation eingegliedert war, muss auf
die Verhältnisse abgestellt werden, die nach Annahme des jeweiligen "Einsatzauftrags" im Hinblick allein hierauf bestanden
(vgl Senatsurteil vom 23.04.2015, L 11 R 3224/14). Eine Eingliederung in den Betriebsablauf folgt nicht daraus, dass die Betreuung der Patienten in deren häuslichen Umgebung
stattgefunden hat. Vielmehr ist die Betreuung nach dem allgemeinen Leitbild ausgestaltet, Patienten ein möglichst langes Verweilen
in der häuslichen Umgebung zu ermöglichen und erfolgt daher vor Ort. Für eine räumliche Eingliederung in den Betrieb der Beigeladenen
zu 1) könnte allenfalls eine Tätigkeit der Klägerin in den Räumlichkeiten der Pflegestation sprechen. Eine findet jedoch nicht
statt.
Auch aufgrund ihrer Eigenschaft als "Teil einer Kette" von Pflegepersonen in der Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1)
folgt nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, nicht zwingend der Schluss, dass diese auch in den Betrieb eingegliedert ist. Entscheidend
ist vielmehr, dass die Klägerin von der Beigeladenen zu 1) nicht zu beliebigen Tätigkeiten herangezogen werden kann. So ist
die Klägerin nicht gehalten, über die Pflegearbeiten hinausgehende administrative oder organisatorische Tätigkeiten zu übernehmen.
Die Klägerin ist - anders als die fest angestellten Pflegekräfte - nicht verpflichtet, bestimmte Einsätze zu übernehmen, kann
die vorgeschlagenen Termine ablehnen und ist nicht verpflichtet, eine bestimmte Anzahl von Diensten zu absolvieren. Auch muss
die Klägerin keine nächtlichen Bereitschaftsdienste ableisten. Sie nimmt nicht an Dienstbesprechungen des Pflegeteams teil.
Die Behandlungspläne werden ausschließlich von den fest angestellten Pflegekräften entworfen. Die Klägerin muss ferner nicht
an Dienst- bzw Teambesprechungen oder auf Verlangen der Beigeladenen zu 1) an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen. Sie hält
sich nicht in den Betriebsräumen der Beigeladenen zu 1) auf, hat kein Büro und keinen Arbeitsplatz, sondern die Pflege erfolgt
in den Räumlichkeiten des Patienten.
Im Rahmen ihrer Tätigkeit tritt die Klägerin nach außen nicht als fest angestellte Pflegekraft der Beigeladenen zu 1) auf.
In diesem Zusammenhang hat die Beweisaufnahme vor dem SG ergeben, dass die Klägerin bei der Arbeit ein grünes Poloshirt trägt. Im Gegensatz hierzu sind die fest angestellten Pflegekräfte
der Beigeladenen zu 1) verpflichtet, bei der Arbeit weiße Dienstkleidung mit dem Aufdruck des Logos der Beigeladenen zu 1)
zu tragen. Der Eindruck der freien Mitarbeit wird dadurch verstärkt, dass die Klägerin die Touren mit ihrem Privat-Pkw abfährt,
der mit aufgeklebten Schriftzügen ihrer geschäftlichen Kontaktdaten versehen ist. Weiterhin setzt die Klägerin neben den von
der Beigeladenen zu 1) zur Verfügung gestellten Messgeräten bei der Durchführung der Pflegetätigkeit auch eigene sächliche
Mittel ein. So benutzt sie bei der Arbeit ihre eigenen Einmalhandschuhe. Im Gegensatz zu den fest angestellten Pflegekräften
verfügt die Klägerin nicht über ein von der Beigeladenen zu 1) gestelltes MDA Gerät, sondern verwendet für die Kommunikation
im Falle einer Notsituation ihr privates Mobiltelefon.
Ohne Aussagekraft hinsichtlich der Abgrenzung abhängiger Beschäftigung von selbstständiger Tätigkeit ist hingegen die Gewerbeanmeldung
der Klägerin. Sie kann nicht als wesentliches Indiz für selbstständige Tätigkeit herangezogen werden, denn eine Überprüfung
durch das Gewerbeaufsichtsamt hinsichtlich des Vorliegens einer Beschäftigung findet nicht statt. Die Anmeldung eines Gewerbes
und die Vergütung in Form von Rechnungen setzen eine selbstständige Tätigkeit voraus, begründen aber für sich allein keine
solche (Senatsurteil vom 19.07.2012, L 11 R 1789/12 ER-B). Gleiches gilt dafür, dass keine arbeitnehmertypischen Schutzrechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder bezahlter
Urlaub vereinbart waren. Solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn die Beteiligten eine selbstständige
freie Mitarbeit wollten.
Weiterhin ist die Tatsache, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum auch für andere Auftraggeber tätig war, zwar kein ausschlaggebendes
Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit. Denn auch ein abhängig Beschäftigter kann für mehrere Auftraggeber (abhängig)
beschäftigt sein. Es spricht aber eher für eine selbstständige Tätigkeit, wenn - wie hier - mehrere Auftraggeber im Bereich
der Haupttätigkeit (Pflege) vorhanden sind (vgl Senatsurteil vom 16.12.2014, L 11 R 2387/13).
Die Klägerin trägt schließlich - wenn auch nur in eher geringem Maße - ein für Selbständigkeit sprechendes Unternehmerrisiko.
Nach den vom Bundessozialgericht entwickelten Grundsätzen (BSG 28.09.2011 aaO) ist maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit
der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist.
Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis für eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere
Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen. Eine Entlohnung
nach Zeitaufwand spricht zwar für eine abhängige Beschäftigung, wenn dies zur Folge hat, dass dadurch die Vergütung des Mitarbeiters
vom Unternehmensrisiko des Auftraggebers entkoppelt wird (vgl Senatsurteile vom 23.04.2015, L 11 R 3224/14; 16.12.2014, L 11 R 3903/13). Auch die Art der Entlohnung ist jedoch nur ein Indiz, dem im vorliegenden Fall kein großes Gewicht und demzufolge im Rahmen
der vorzunehmenden Gesamtabwägung auch keine entscheidende Bedeutung zukommt, weil die Entlohnung nach Zeitaufwand im Pflegebereich
gängiger Praxis entspricht. Überdies hängt die für die jeweilige Pflegeeinheit benötigte Arbeitszeit maßgeblich von den im
Einzelfall gewährten Leistungen durch die zuständigen Kassen ab. Die Klägerin setzt Arbeitszeit (Hin- und Rückfahrt) und Kapital
(Reisekosten) mit dem Risiko ein, dieses nicht bzw nicht voll umfänglich vergütet zu erhalten, wenn zB erst nach der Anreise
zu ihrem Einsatzort in B. festgestellt wird, dass die "Chemie" zwischen ihr und dem Patienten nicht stimmt und sie den Auftrag
abgelehnt oder vorzeitig abgebrochen hat. In gleicher Weise trägt sie das Risiko, dass sie den Einsatz nicht in vollem Umfang
ausführen kann, wenn der jeweilige Patient während eines Einsatzes in ein Krankenhaus oder Heim verlegt wird. Weiterhin ist
zu berücksichtigen, dass die Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) keine garantierte Mindestarbeitszeit abzuleisten hat. So
schwanken die Einsatzzeiten für die Beigeladenen zu 1) nach den übereinstimmenden Angaben der Klägerin und des Zeugen N vor
dem SG stark zwischen 0 und 40 Stunden im Monat. Um die Risiken eines Verdienstausfalls abzufedern, hat die Klägerin Eigenvorsorge
getroffen und sich bei der Vermittlungsfirma für qualifizierte Mitarbeiter im Gesundheitswesen "C.-C." angemeldet, damit sie
im Falle stark rückläufiger Aufträge auf die (entgeltlichen) Dienste der Firma zurückgreifen kann. Dem vorliegenden Unternehmerrisiko
stand auch eine größere Freiheit und Flexibilität bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des einzelnen Einsatzes
gegenüber. Die Klägerin ist nicht wie ein klassischer Arbeitnehmer gehalten, Arbeitsanweisungen zur Vermeidung vertraglicher
Sanktionen und/oder von Schadensersatzansprüchen Folge zu leisten, sondern kann den Einsatz ihrer Arbeitskraft entsprechend
ihren Bedürfnissen sehr weitreichend selbst steuern. Sie kann die Einsätze ohne Begründung und auch ohne Folgen für spätere
Einsatzoptionen vorzeitig abbrechen.
Nach alledem überwiegen die Umstände, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen gegenüber denjenigen, für die Annahme
einer abhängigen Beschäftigung.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 Abs
2 Nr
1 und
2 SGG).