Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II; Kein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II bei Eingliederungsleistungen zum betreuten Wohnen
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Betreuungsaufwand für den Zeitraum vom 08.05.2012 bis 30.04.2014. Die 1986 geborene Klägerin ist seit
längerer Zeit laufend im Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Sie hat einen Grad der Behinderung (GdB) von 60. Sie bewohnt seit dem 16.05.2012 eine Wohnung im Betreuten Wohnen für behinderte
Menschen in der W.straße in K., wofür laut Mietbescheinigung ein Mietzins inklusive Nebenkosten in Höhe von insgesamt 374,-
EUR zzgl. 19,- EUR für Strom anfällt. Seit dem 18.03.2013 ist sie bei der E. GmbH als Hauswirtschaftshilfe mit einem monatlich
schwankenden Einkommen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Die Stadt Karlsruhe, Sozial- und Jugendbehörde gewährt der
Klägerin vom 08.05.2012 bis 30.04.2014 Hilfe in Form von Übernahme der anfallenden Kosten für Betreutes Wohnen für behinderte
Menschen. Mit Bewilligungsbescheid vom 29.03.2012, abgeändert durch Bescheide vom 05.04.2012, 21.05.2012 und 03.12.12 gewährte
der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum April bis September 2012. Für die Zeit von Oktober 2012 bis März 2013 bewilligte der Beklagte ihr wiederum
Leistungen nach dem SGB II mit Bescheid vom 07.09.2012, abgeändert durch Bescheid vom 21.11.2012. Das nach erfolglosem Vorverfahren hiergegen angestrengte
Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Karlsruhe (Az.: S 11 AS 4418/12) endete durch gerichtlichen Vergleich am 19.08.2013. Im Rahmen dieses Klageverfahrens wurde der die Klägerin behandelnde
Internist Dr. K. als sachverständiger Zeuge befragt. Dieser gab in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 26.06.2013 an,
dass bei der Klägerin eine Nährstoffverarbeitungsstörung nicht wahrscheinlich sei. Es solle eine ausgewogene an "neuro"-Vitaminen
(B1, B6, B12) und Spurenelementen reiche Ernährung gewährleistet sein um nicht durch eine Mangelernährung die kognitiven Fähigkeiten
der Klägerin weiter zu verschlechtern. Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 18.02.2013 gewährte der Beklagte mit Bescheid
vom 21.02.2013 für den Zeitraum vom 01.04.2013 bis 30.09.2013 Leistungen in Höhe von insgesamt 420,73 EUR monatlich. Gegen
den Bescheid erhob die Klägerin, vertreten durch ihren Vater, Widerspruch. Im Bescheid fehlten die Diät, die doppelte Haushaltsführung
für die Eingliederungs-Reha-Maßnahme sowie ergänzende Leistungen. Im Folgenden ergingen die Änderungsbescheide vom 06.05.2013,
07.05.2013, 30.07.2013 und 25.09.2013, mit welchen der Beklagte jeweils das tatsächliche Einkommen der Klägerin für die einzelnen
Monate der Berechnung zu Grunde legte. Für April 2013 gewährte er Leistungen in Höhe von 679,93 EUR, für Mai 2013 in Höhe
von 362,85 EUR, Juni 2013 in Höhe von 115,42 EUR, Juli 2013 in Höhe von 283,44 EUR, August 2013 in Höhe von 188,95 EUR und
für den September 2013 in Höhe von 292,32 EUR. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2013 als
unbegründet zurück. Ein Mehrbedarf nach § 21 Absatz 4 SGB II komme nicht in Betracht, weil ein solcher lediglich Leistungen eines öffentlichen Trägers erfasse, die einen berufsbezogenen
Schwerpunkt hätten. Kosten für eine doppelte Haushaltsführung könnten nicht anerkannt werden. Kosten, die für das Vorhalten
eines Zimmers in der elterlichen Wohnung entstünden, seien keine Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU). Der Bedarf an Unterkunftskosten
sei in Höhe von 374,00 EUR anerkannt. Unter Berücksichtigung aller Frei- und Abzugsbeträge seien die Leistungen nach Erlass
der Änderungsbescheide zutreffend gewährt worden. Die Klägerin hat am 09.10.2013 Klage beim Sozialgericht (SG) Karlsruhe erhoben und für die Zeit vom 08.05.2012 bis 30.04.2014 einen Betreuungsaufwand für den notwendigen Lebensbedarf
geltend gemacht. Ein solcher entstehe in Höhe von 8.081,- EUR jährlich. Sie sei auf Grund ihrer psychischen Krankheit und
ihrer körperlichen, geistigen und seelischen Behinderung nicht in der Lage, ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise wahrzunehmen.
Mit Gerichtsbescheid vom 27.12.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Mit ihrer Klage könne sie den begehrten Betreuungsaufwand für die Zeit von 08.05.2012 bis 30.04.2014
nicht erreichen. Der streitgegenständliche Zeitraum umfasse ausweislich des Widerspruchsbescheids vorliegend lediglich den
Bewilligungsabschnitt vom 01.04.2013 bis 30.09.2013. Soweit die Klägerin Leistungen begehre, die über diesen Zeitraum hinausgehen,
sei die Klage bereits unzulässig. Soweit die Klägerin einen Betreuungsaufwand und damit einen Mehrbedarf nach § 21 Satz 4 SGB II geltend mache, stehe ihr ein solcher nicht zu. Vorliegend gewähre der zuständige Sozialhilfeträger Eingliederungsleistungen
zum betreuten Wohnen. Diese gehörten nicht zu den sonstigen Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes. Soweit die
Klägerin mit der Klage auch noch die Kosten für das Vorhalten des Zimmers in der elterlichen Wohnung geltend mache, so bestehe
ein solcher Anspruch ebenfalls nicht. Einzig in Betracht käme ein solcher Anspruch nach § 21 Absatz 6 SGB II. Die Voraussetzungen seien jedoch nicht erfüllt, da es sich vorliegend nicht um einen unabweisbaren Bedarf handele. Sinn
und Zweck der Eingliederungshilfe sei es gerade der Klägerin ein eigenständiges Wohnen zu ermöglichen. Sollte die Maßnahme
Erfolg haben, so benötige die Klägerin kein Zimmer in der elterlichen Wohnung mehr. Würde man von einem unabweisbaren Bedarf
ausgehen, würde man das Scheitern der Eingliederungsleistung voraussetzen. Mit Sinn und Zweck der Einführung des § 21 Absatz 6 SGB II wäre dies nicht zu vereinbaren. Sollte die Eingliederungsleistung zunächst tatsächlich scheitern, wäre zunächst über eine
Verlängerung der Maßnahme nachzudenken. Schließlich bestehe auch kein Anspruch auf ernährungsbedingten Mehrbedarf nach § 21 Absatz 5 SGB II. Unter Bezugnahme auf das Verfahren S 11 AS 4418/12 bestehe nach Aussage des behandelnden Internisten Dr. K., der in diesem Verfahren als sachverständiger Zeuge gehört worden
sei, kein ernährungsbedingter Mehrbedarf. Eine weitere Anspruchsgrundlage für die Gewährung eines Betreuungsaufwandes gegen
den Beklagten sei nicht ersichtlich. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 21.01.2014 beim Landesozialgericht (LSG)
Baden-Württemberg eingelegten Berufung. Sie hat ihren Vortrag aus dem erstinstanzlichen Verfahren wiederholt und erstmals
im Berufungsverfahren einen Schmerzensgeldanspruch geltend gemacht. Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid
des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27.12.2013 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheids des Beklagten vom 21.02.2013 in
den Fassungen der Änderungsbescheide vom 06.05.2013, 07.05.2013, 30.07.2013 und 25.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheids
vom 26.09.2013 den Beklagten zu verurteilen ihr für den Zeitraum 08.05.2012 bis 30.04.2014 Betreuungsaufwand in Höhe von 10.395,-
EUR sowie Schmerzensgeld zu zahlen. Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er hält seine Bescheide für rechtmäßig
und die angegriffene Entscheidung des SG für zutreffend. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die
Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte gemäß §
153 Abs.
1 in Verbindung mit §
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten sich damit einverstanden erklärt haben.
Die Berufung hat keinen Erfolg. Sie ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.
Soweit die Klägerin nunmehr erstmals in der Berufungsinstanz einen Schmerzensgeldanspruch geltend macht, stellt dies eine
Klageänderung im Sinne des §
99 SGG dar. Denn dieser Streitgegenstand hat mit den bisherigen Streitpunkten nichts zu tun. Nach §
99 Abs.
1 SGG ist eine solche Klageerweiterung nur zulässig, wenn entweder der jeweilige Beklagte einwilligt oder wenn die Klageänderung
sachdienlich ist. Hier hat der Beklagte in die gegen sie erweiterte Klage auf Schmerzensgeld nicht eingewilligt. Die Klageänderung
ist auch nicht sachdienlich. Das SGB II und überhaupt das Sozialrecht geben für das geltend gemachte Schmerzensgeld keine Anspruchsgrundlage. Es könnte sich allenfalls
um einen Anspruch auf Schadensersatz aus Amtshaftung - hierunter fällt auch Schmerzensgeld - nach Art.
34 Grundgesetz (
GG) i.V.m. §
839 Bürgerliches Gesetzbuch handeln. Dafür ist die Sozialgerichtsbarkeit indessen nicht zuständig, sondern der Zivilrechtsweg gegeben (Art.
34 Satz 3
GG). Eine Rechtswegverweisung kommt aber schon deshalb nicht in Betracht, weil die Frage der zulässigen Klageänderung vor der
Frage nach der Zulässigkeit des Rechtsweges zu prüfen ist (Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Beschluss vom 09.03.1971 - I WB 61.70 - BVerwGE 43, 193; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 06.10.1999 - L 3 AL 453/97 - Juris; vgl. auch Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 22.11.2012 - B 3 P 2/12 B - Juris). Im Übrigen ist eine Teilverweisung oder eine Verweisung hinsichtlich einzelner Anspruchsgrundlagen gar nicht möglich
(BSG, Beschlüsse vom 13.06.2013 - B 13 R 454/12 B - und vom 31.10.2012 - B 13 R 437/11 B - beide Juris).
Die Berufung ist im Übrigen statthaft, da Berufungsausschließungsgründe insoweit nicht eingreifen, und auch zulässig; insbesondere
wurden die maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§
151 Abs.
1 SGG) beachtet.
Streitgegenstand ist das Begehren der Klägerin auf höhere Leistungen für den Zeitraum 08.05.2012 bis 30.04.2014. Dieses ist
für den Zeitraum 01.04.2013 bis 30.09.2013 als Anfechtungs- und Leistungsklage in Bezug auf den streitgegenständlichen Bewilligungsbescheid
des Beklagten vom 21.02.2013 in den Fassungen der Änderungsbescheide vom 06.05.2013, 07.05.2013, 30.07.2013 und 25.09.2013
in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 26.09.2013 zwar zulässig, aber unbegründet. Soweit die Klägerin höhere Leistungen
begehrt, die über diesen Zeitraum hinausgehen (08.05.2012 bis 31.03.2013 und 01.10.2013 bis 30.04.2014), hat das SG die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen.
Die Klägerin ist dem Grunde nach leistungsberechtigt. Gemäß § 19 S. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten
für Unterkunft und Heizung. Erwerbsfähige Hilfebedürftige sind nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2. erwerbsfähig sind, 3.
hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden
Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit
oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere
von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
Der Klägerin gehört nach ihrem Alter grundsätzlich zu dem Kreis der Leistungsberechtigten, hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt
im Bundesgebiet und ist auch erwerbsfähig.
Bei der Berechnung des Leistungsanspruchs der Klägerin ist neben der Regelleistung kein Mehrbedarf zu berücksichtigen. Zur
Klarstellung ist darauf hinzuweisen, dass die Berücksichtigung des Betreuungsaufwandes bei der Veranlagung zur Einkommensteuer
noch nichts über die Berücksichtigungsfähigkeit dieser Aufwendungen im Rahmen des Leistungsbezuges nach dem SGB II aussagt. Maßgebend für die Frage der Berücksichtigung weiteren Betreuungsaufwandes ist allein das SGB II. Ein Mehrbedarf "wegen Behinderung" nach § 21 Abs. 4 SGB II ist vorliegend nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift erhalten erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige einen Mehrbedarf,
denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach §
33 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IX) sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) erbracht werden, in Höhe von 35 vom Hundert der nach § 20 SGB II maßgebenden Regelleistung.
Nach dem Wortlaut setzt die Gewährung eines Mehrbedarfs nicht nur eine Behinderung voraus, so dass es sich nicht um einen
Mehrbedarf "wegen Behinderung" handelt. Vielmehr erfordert die Berücksichtigung eines Mehrbedarfs neben der Behinderung die
Erbringung weiterer Hilfen wie etwa den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Nach dem insgesamt klaren Wortlaut ("erbracht
werden") genügt es nicht, dass gegebenenfalls ein Anspruch auf weitere Teilhabeleistungen besteht (vgl. BSG, Urteil vom 26.06.2008 - B 11b AS 19/07 R - m.w.N., Juris). Nach dem BSG werden Leistungen nach § 21 Abs. 4 SGB II gegenüber den Leistungen der Teilhabe nur nachrangig erbracht. Nur bei einer Teilnahme an einer Maßnahme kann typisiert vorausgesetzt
werden, dass ein Mehraufwand eintritt, der durch Einstellung eines Mehrbedarfs in die Berechnung des Gesamtbedarfs auszugleichen
ist (vgl. auch BSG, Urteil vom 22.03.2010 - B 4 AS 59/09 R - Juris). Nur die tatsächliche Teilnahme an einer regelförmigen besonderen Maßnahme, die grundsätzlich geeignet ist, einen
Mehrbedarf beim Betroffenen auszulösen, rechtfertigt einen solchen Ausgleich. Die Formulierung in Satz 2 des § 21 Abs. 4 SGB II "Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen" zeigt auf, dass sich die Leistungserbringung innerhalb eines
organisatorischen Rahmens vollziehen muss, der eine Bezeichnung als Maßnahme rechtfertigt.
Ferner handelt es sich bei den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 21 Abs. 4 SGB II i.V.m. §
33 SGB IX um Leistungen zur beruflichen Rehabilitation. Sie umfassen direkte berufsbezogene und das Arbeitsleben betreffende Eingliederungsmaßnahmen,
zu denen insbesondere Hilfen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes einschließlich Leistungen zur Beratung und
Vermittlung, Trainingsmaßnahmen, Mobilitätshilfen, Berufsvorbereitungsmaßnahmen, Leistungen der beruflichen Anpassung und
Weiterbildung und der beruflichen Ausbildung gehören. Erfordernis für die Bewilligung eines Mehrbedarfs ist, dass es sich
um eine Maßnahme handelt, deren Ziel es ist, die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend
ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben
möglichst auf Dauer zu sichern (§
33 Abs.
1 SGB IX). Auch von dem Begriff der sonstigen Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben i.S.d. § 21 Abs. 4 SGB II werden nur solche Leistungen eines öffentlichen Trägers erfasst, die einen berufsbezogenen Schwerpunkt haben. Leistungen,
die vorwiegend der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft dienen (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. §
55 Abs.
2 Nr.
6 SGB IX), wie z.B. Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten, sind keine berufsbezogenen, das Arbeitsleben
betreffenden Eingliederungsmaßnahmen und stellen keine sonstigen Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben
dar (vgl. Behrend in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 21 Rn. 49 ff).
Vorliegend gewährt der zuständige Sozialhilfeträger Eingliederungsleistungen zum betreuten Wohnen. Diese gehören zur Teilhabe
am Leben in der Gemeinschaft und nicht zu den sonstigen Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes. Die Klägerin
hat in dem streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum auch keine Eingliederungshilfen nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1-3 SGB XII erhalten. Nach alledem liegen die Voraussetzungen für einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II nicht vor.
Einen darüber hinausgehenden allgemeinen Mehrbedarf für behinderte Menschen sehen die Vorschriften des SGB II für erwerbsfähige Hilfebedürftige nicht vor. Die für nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige bestehende Vorschrift des § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 SGB II bzw. § 30 Abs. 1 SGB XII kann nicht analog für erwerbsfähige SGB II-Hilfebedürftige angewendet werden (BSG, Urteil vom 18.02.2010 - B 4 AS 29/09 R - Juris). Es fehlt eine planwidrige Regelungslücke, da es der gesetzgeberischen Intention entsprach, erwerbsfähigen Hilfebedürftigen
einen Mehrbedarf allein wegen ihrer Schwerbehinderteneigenschaft und der Zuerkennung des Merkzeichens "G" nicht zugänglich
zu machen. Es handelt sich auch ausweislich der Gesetzesmotive um eine planmäßige allein auf die Erwerbsunfähigen bezogene
Regelung (vgl. BSG a.a.O. m.w.N.). In der Begrenzung dieses Mehrbedarfs auf erwerbsunfähige Hilfebedürftige kann auch kein Verstoß gegen Art.
3 GG gesehen werden. Die "Erwerbszentrierung" und die Möglichkeiten der erweiterten Förderung (Eingliederungsleistungen usw.)
von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen stellt eine hinreichende sachliche Rechtfertigung für die Differenzierung dar.
Hinsichtlich der geltend gemachten Kosten für das Vorhalten eines Zimmers für die Klägerin in der elterlichen Wohnung hat
das SG die Übernahme dieser Kosten im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Da es sich dem Grunde nach um die Geltendmachung weiterer Unterkunftskosten handelt, kommt nach Auffassung des Senats als
Anspruchsgrundlage allein § 22 SGB II in Betracht. Die Kosten des vorgehaltenen Zimmers in der elterlichen Wohnung sind als Kosten der Unterkunft nicht zu berücksichtigen.
Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II werden angemessene Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe nur für eine einzige Unterkunft anerkannt, selbst wenn der Hilfebedürftige
über mehrere Unterkünfte verfügen kann. Abzustellen ist dann auf die vorrangig tatsächlich genutzte Unterkunft (vgl. Thüringer
LSG, Beschluss vom 15.04.2008 - L 9 AS 1438/07 ER - m.w.N., Juris). Dies ist im Falle der Klägerin im Betreuten Wohnen für behinderte Menschen in der Weinbrennerstraße
in Karlsruhe. Hierfür werden vom Beklagten die Kosten der Unterkunft auch übernommen. Es liegt auch kein Sachverhalt vor,
der es gebietet, eine Ausnahme von diesem Regelfall zu machen. Ein solcher Ausnahmefall kann angenommen werden, wenn bei einem
notwendigen Wohnungswechsel die Mietzeiträume wegen der Kündigungsfristen oder notwendiger Renovierungsarbeiten nicht nahtlos
aufeinander abgestimmt werden können, so dass doppelte Mietaufwendungen (sog. Überschneidungskosten) nicht zumutbar abgewendet
werden können (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.06.2006 - L 10 B 488/06 AS ER - Juris). Ein solcher Fall liegt ersichtlich nicht vor.
Entgegen der Auffassung des SG ist § 21 Abs. 6 SGB II vorliegend nicht einschlägig. Gemäß § 21 Abs. 6 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige einen Mehrbedarf, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer laufender, nicht nur einmaliger,
besonderer Bedarf besteht (Satz 1). Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch Zuwendungen Dritter sowie
unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Hilfebedürftigen gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem
durchschnittlichen Bedarf abweicht (Satz 2). Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten durch diese Regelung die Vorgaben des
Bundesverfassungsgerichts aus der Entscheidung vom 09.02.2010 - 1 BvL 1, 3, 4/09 - (BVerfGE 125, 175) im Hinblick auf eine Härtefallregelung für abweichende Bedarfe umgesetzt werden (BT-Drucks. 17/1465 S. 8).
Zur Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach § 21 Abs. 6 SGB II wäre ein unabweisbarer laufender Bedarf erforderlich, der wegen einer atypischen Sachlage über den Durchschnittsbedarf hinausgeht
bzw. wegen der Atypik vom Regelbedarf nach § 20 SGB II nicht umfasst ist (vgl. zum wachstumsbedingten Bedarf: BSG, Urteil vom 23.03.2010 - B 14 AS 81/08 R - SozR 4-4200 § 20 Nr. 8). Die Atypik kann sich auch daraus ergeben, dass der Bedarf an sich zwar mit der Regelleistung
erfasst ist, dieser aber aufgrund besonderer Lebensumstände im atypischen Umfang anfällt (BSG, Urteil vom 19.08.2010 - B 14 AS 13/10 R - SozR 4-3500 § 73 Nr. 3). Demgegenüber soll die Härteklausel nicht dazu dienen, einen für unzureichend erachteten Regelbedarf
generell aufzustocken, weshalb ein Mehrbedarfsanspruch entsprechend dann ausscheidet, wenn er nach Art und Umfang typischerweise
bei Leistungsberechtigten nach dem SGB II auftritt. Anknüpfungspunkt des Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 6 SGB II ist daher ein Bedarf der nach der Gesetzessystematik der Regelleistung nach § 20 SGB II zuzuordnen wäre. Die geltend gemachten "Vorhaltekosten" stellen jedoch Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II dar, so dass eine Übernahme nach § 21 Abs. 6 SGB II bereits von vornherein ausscheidet.
Bei der Klägerin ist kein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung zu berücksichtigen. Nach § 21 Abs. 5 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf
in angemessener Höhe. Nach den vorliegenden Unterlagen und der sachverständigen Zeugenaussage des behandelnden Internisten
im Verfahren S 11 AS 4418/12 vor dem SG liegt bei der Klägerin keine Erkrankung vor, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedarf. Da die
Klägerin im Berufungsverfahren diesbezüglich keine neuen Sachargumente vorgetragen hat, sieht der Senat gem. §
153 Abs.
2 SGG im Übrigen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist insoweit auf die zutreffenden Gründe des
angefochtenen Gerichtsbescheids des SG vom 27.12.2013.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass die Rechtsverfolgung der Klägerin
insgesamt ohne Erfolg geblieben ist und der Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.
Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 Nr.
1 und
2 SGG) liegen nicht vor.