Streitgegenstand einer vorläufigen Leistungsbewilligung im sozialgerichtlichen Verfahren; Anspruch auf Arbeitslosengeld II;
Leistungsabsenkung bei einer Verletzung von Pflichten aus dem Eingliederungsvertrag
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über eine Absenkung der Regelleistung bzw. des Regelbedarfs nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) im Zeitraum 1. Dezember 2010 bis 28. Februar 2011.
Die 1965 geborene Klägerin bezieht nach dem Bezug von Arbeitslosengeld bis 30. November 2009 seit Dezember 2009 laufend Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Zuletzt erhielt sie mit Bescheid vom 20. Mai 2010 Leistungen für Juni bis November 2010 in Höhe von 804,53 € (359 € Regelleistung,
374,53 € Kosten der Unterkunft und Heizung [KdU], 71 € befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II). Nachdem die Klägerin eine ihr am 17. September 2010 vorgelegte Eingliederungsvereinbarung nicht unterzeichnete, erließ
der Beklagte am gleichen Tag eine Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt, welche u.a. die Verpflichtung der Klägerin
vorsah, ab 27. September 2010 an der Maßnahme "Aktivcenter" des Trägers SRH in Mannheim teilzunehmen. Diese Maßnahme umfasste
u.a. sozialpädagogische Begleitung, projektbezogene Arbeit, Bewerbungstraining, Berufsorientierung, Jobcoaching und betriebliche
Erprobung. Der Verwaltungsakt enthielt folgende Rechtsfolgenbelehrung: "Wenn Sie erstmals gegen die Eingliederungsbemühungen
verstoßen (siehe Nr. 2. Bemühungen), wird das Ihnen zustehende Arbeitslosengeld II um einen Betrag in Höhe von 30% der für
Sie maßgebenden Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 20 SGB II abgesenkt. ... Absenkung und Wegfall dauern drei Monate (Sanktionszeitraum) und beginnen mit dem Kalendermonat nach Zugang
des entsprechenden Bescheides. Während dieser Zeit besteht kein Anspruch auf ergänzende Hilfen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe). ..."
Die Klägerin nahm an der Maßnahme nicht teil. Ihren Widerspruch gegen den die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Bescheid
wies der Beklagte mit bestandskräftigem Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2010 zurück.
Mit Schreiben vom 6. Oktober 2010 hörte der Beklagte die Klägerin zu einem möglichen Eintritt einer Sanktion wegen Nichtteilnahme
an der Maßnahme an. Die Klägerin führte aus, sie habe keine Eingliederungsvereinbarung geschlossen und wolle auch keine, entsprechend
werde sie auch dem Inhalt nicht nachkommen. Mit Bescheid vom 8. November 2010 senkte der Beklagte das der Klägerin zustehende
Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 1. Dezember 2010 bis 28. Februar 2011 um 30 vom Hundert der zustehenden Regelleistung
- 107,70 € monatlich - unter gleichzeitigem Wegfall des befristeten Zuschlags nach Bezug von Arbeitslosengeld in Höhe von
36 € ab. Mit Bescheid vom 9. November 2010 bewilligte er Leistungen für Dezember 2010 bis einschließlich Februar 2011 in Höhe
von 625,83 € und für März bis Mai 2011 in Höhe von 733,53 €.
Den Widerspruch der Klägerin gegen den Sanktionsbescheid vom 8. November 2010 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom
16. Februar 2011 zurück. Bereits am 10. Februar 2011 beantragte die Klägerin beim Sozialgericht Mannheim (SG) vorläufigen Rechtsschutz (Az. S 10 AS 457/11 ER).
Am 24. Februar 2011 hat die Klägerin zum SG Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b SGB II könne nicht auf Eingliederungsbescheide angewendet werden, wie sich aus dem Wortlaut der Vorschrift ergebe. Als Sanktionsnorm
sei die Vorschrift eng auszulegen. Es liege auch keine Regelungslücke vor. Der Gesetzgeber habe angesichts der überwiegend
ablehnenden Haltung der Instanzgerichte bei zahlreichen Gesetzesänderungen die Möglichkeit gehabt, § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b SGB II um Eingliederungsbescheide zu ergänzen. Da dies (noch) nicht geschehen sei, müsse davon ausgegangen werden, dass eine Einbeziehung
von Eingliederungsbescheiden in das Sanktionssystem des § 31 SGB II nicht gewollt sei. Aus dem gleichen Grund sei auch eine auf § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c SGB II gestützte Sanktionierung rechtswidrig.
Das SG hat mit Beschluss vom 1. März 2011 die aufschiebenden Wirkung der Klage vom 24. Februar 2011 angeordnet (- S 10 AS 457/11 ER -). In Umsetzung dieses Beschlusses hat der Beklagte vorläufig bis zur endgültigen Entscheidung über die Absenkung mit
Bescheid vom 14. März 2011 Leistungen ohne Absenkung gewährt. Mit Änderungsbescheid vom 26. März 2011 hat er sodann die Erhöhung
des Regelbedarfs um 5 € und mit weiterem Änderungsbescheid vom 17. Mai 2011 die Änderung hinsichtlich des Abzugs der Warmwasserpauschale
sowie eine Mietänderung jeweils zum 1. Januar 2011 umgesetzt.
Das SG hat in der mündlichen Verhandlung am 22. Juni 2011 die damalige persönliche Ansprechpartnerin der Klägerin beim Beklagten,
S. G., als Zeugin vernommen und sodann durch Urteil vom gleichen Tag die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, Rechtsgrundlage für die Absenkung des Arbeitslosengelds II unter gleichzeitigem Wegfall des Zuschlags
sei § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c SGB II, da die Klägerin entgegen der sich aus der Eingliederungsvereinbarung vom 17. September 2010 ergebenden Verpflichtung nicht
an der Maßnahme "Aktivcenter" teilgenommen habe. Dem stehe nicht entgegen, dass diese Verpflichtung der Klägerin im Rahmen
einer durch Verwaltungsakt erlassenen Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II auferlegt worden sei. Es seien keine Gründe ersichtlich, warum der Verstoß gegen Pflichten aus einer Eingliederungsvereinbarung,
die durch Verwaltungsakt inhaltsgleich festgesetzt worden seien, nicht von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c SGB II erfasst sein sollten. Andernfalls würden Hilfebedürftige privilegiert, die den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung
verweigerten. In Anbetracht der Tatsache, dass Hilfebedürftige ohnehin keinen Anspruch auf Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung
hätten (unter Hinweis auf Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 13/09 R - SozR 4-4200 § 15 Nr. 1 = BSGE 104, 185), fehle es an Argumenten, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigten. Die Maßnahme sei der Klägerin auch zumutbar
gewesen, denn sie sei darauf gerichtet gewesen, die Chancen der Integration in den Arbeitsmarkt zu erhöhen. Einen wichtigen
Grund für ihr Verhalten habe die Klägerin nicht nachgewiesen. Auch der Widerspruch gegen den die Eingliederungsvereinbarung
ersetzenden Verwaltungsakt stelle keinen wichtigen Grund für die Nichtaufnahme der Maßnahme dar, denn dieser Widerspruch habe
keine aufschiebende Wirkung gehabt (§ 39 Nr. 1 SGB II a.F.). Selbst wenn man zugunsten der Klägerin davon ausginge, dass der Wortlaut des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c SGB II nicht die Verletzung von Pflichten aus einer Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II erfasse, könne die Absenkung jedenfalls auf § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b SGB II gestützt werden, der insoweit als Auffangtatbestand fungiere.
Gegen das ihren Bevollmächtigten am 26. Juli 2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 22. August 2011 eingelegte, vom SG zugelassene Berufung der Klägerin. Das SG habe mit seinem Beschluss vom 1. März 2011 - S 10 AS 457/11 ER - die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet und sich insoweit im Wesentlichen mit der Zumutbarkeit der Maßnahme befasst.
Zwischenzeitlich sei die Maßnahme beim Beklagten abgeschafft und auch in der aktuellen Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt
sei eine entsprechende Verpflichtung der Klägerin nicht enthalten. Zur Begründung der Berufung wird vorgetragen, das SG weiche von der landessozialgerichtlichen Rechtsprechung ab (insbesondere Landessozialgericht [LSG] Nordrhein-Westfalen, Beschluss
vom 8. Juli 2009 - L 19 B 140/09 AS ER -; Bayerisches LSG, Beschluss vom 18. Mai 2010 - L 11 AS 298/10 NZB -). Bei der Fülle von Meinungen und Entscheidungen zu der Rechtsproblematik, ob Pflichtverstöße gegen eine Eingliederungsvereinbarung
per Verwaltungsakt nicht von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c SGB II erfasst sein sollten, sei die Argumentation des SG, eine Beschränkung auf Eingliederungsvereinbarungen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II privilegiere die Hilfebedürftigen, soweit ersichtlich noch nicht vorgekommen. Von einer Gesetzeslücke bzw. einem Analogieverbot
werde ein Hilfebedürftiger nicht dadurch privilegiert, dass Unklarheiten zu seinen Lasten ausgelegt würden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 22. Juni 2011 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 8.
November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Februar 2011 und Abänderung des Bescheids vom 9. November 2010
zu verurteilen, der Klägerin für den Zeitraum 1. Dezember 2010 bis 28. Februar 2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
ohne Absenkung zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, das BSG habe mit Urteil vom 22. September 2009 (SozR 4-4200 § 15 Nr. 1 = BSGE 104, 185) entschieden, dass von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b SGB II auch Verstöße erfasst würden, deren Regelungen nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II durch Verwaltungsakt bekannt gegeben worden seien. Nach dem genannten Urteil handele es sich bei § 15 Abs. 1 SGB II um eine reine Verfahrensvorschrift, Eingliederungsvereinbarung und ersetzender Verwaltungsakt seien zwei gleichwertige Wege.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider
Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat nach erteiltem Einverständnis der Beteiligten gemäß §
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, hat überwiegend keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§
151 Abs.
1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft (§
143 SGG) und damit zulässig, da das SG die Berufung zugelassen hat. Der Senat ist hieran gebunden (§
144 Abs.
3 SGG). Die Berufung ist in der Sache jedoch überwiegend nicht begründet, denn der Klägerin stehen keine höheren als abgesenkte
Leistungen nach dem SGB II zu. Lediglich die bisher in der endgültigen Regelung noch nicht umgesetzte Erhöhung des Regelbedarfs um 5 €, der Wegfall
des Abzugs für die Warmwasserpauschale und eine Mietänderung sind für die Zeit vom 1. Januar bis 28. Februar 2011 noch zu
berücksichtigen.
Streitgegenstand sind die von der Klägerin begehrten Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. Dezember 2010 bis 28. Februar 2011. Insoweit ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits geklärt,
dass ein Sanktionsereignis bzw. ein Sanktionsbescheid gemäß § 31 SGB II keinen abtrennbaren Streitgegenstand darstellt, der isoliert von den übrigen Anspruchsvoraussetzungen nach dem SGB II überprüft werden kann (vgl. BSG SozR 4-4200 § 16 Nr. 4 = BSGE 102, 201; BSG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - B 14 AS 92/09 R - [juris]). Der Beklagte hat mit Bescheid vom 9. November 2010 für den hier streitigen Zeitraum Leistungen lediglich unter
Berücksichtigung der sich aus der Sanktion ergebenden Kürzung in Höhe von insgesamt 143,70 € monatlich bewilligt. Der Sanktionsbescheid
korrespondiert insoweit mit den Verfügungen des Bewilligungsbescheids, beide Bescheide bilden eine rechtliche Einheit (vgl.
BSG SozR 3-1300 § 104 Nr. 9; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 19 = BSGE 84, 270; BSG SozR 4-4300 § 144 Nr. 4 zur Sperrzeit im Arbeitsförderungsrecht). Da das SG den Bescheid vom 9. November 2010 nicht berücksichtigt hat, entscheidet der Senat hierüber erstinstanzlich auf Klage (vgl.
BSG SozR 4100 § 119 Nr. 12 S. 53). Zu Recht verfolgt die Klägerin ihr Klageziel, wie sie im Berufungsverfahren zutreffend erkannt hat, mit der
kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß §
54 Abs.
4 SGG, denn das Begehren, für den hier streitigen Zeitraum höhere Leistungen zu erhalten, kann nicht allein mit der reinen Anfechtungsklage
gegen den Bescheid vom 8. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Februar 2011 erreicht werden.
Nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens ist dagegen der Ausführungsbescheid vom 14. März 2011 in der Gestalt der Änderungsbescheide
vom 26. März 2011 und 17. Mai 2011, mit welchem der Klägerin in Umsetzung des Beschlusses des SG vom 1. März 2011 - S 10 AS 457/11 ER - vorläufig Leistungen ohne Absenkung bewilligt worden sind. Derartige Ausführungsbescheide werden nach der Rechtsprechung
des BSG weder nach §
96 Abs.
1 SGG Gegenstand des Verfahrens, noch erledigen sie den ursprünglichen belastenden Bescheid gemäß § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch ([SGB X]; vgl. BSGE 9, 169 f.; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 27; BSG SozR 3-4300 § 193 Nr. 10). Dies gilt auch für die Änderungsbescheide vom 26. März 2011 und 17. Mai 2011; sie teilen das Schicksal des (Ausführungs)bescheids
vom 14. März 2011, den sie ersetzen. Mit dem das Verfahren abschließenden Urteil verlieren alle Ausführungsbescheide ihre
Wirkung (vgl. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 27).
Die Klägerin erfüllt als im streitigen Zeitraum 45-jährige, erwerbsfähige, hilfebedürftige Person mit gewöhnlichem Aufenthalt
in der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich die Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II.
Der Sanktionsbescheid vom 8. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Februar 2011 sowie der Bewilligungsbescheid
vom 9. November 2010 sind lediglich insoweit rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, als die Klägerin für
Januar und Februar 2011 insoweit Anspruch auf höhere Leistungen hat, als die Erhöhung des Regelbedarfs um 5 €, der Wegfall
des Abzugs der Warmwasserpauschale und eine Erhöhung der insgesamt geschuldeten Miete (inklusive Nebenkosten) um 12 € noch
zu berücksichtigen ist. Im Übrigen sind die Bescheide nicht zu beanstanden und die Berufung zurückzuweisen.
Der Sanktionsbescheid war inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 33 Abs. 1 SGB X). Das Bestimmtheitserfordernis - eine materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung - verlangt, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsaktes
nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten
eines verständigen Empfängers in die Lage versetzen muss, sein Verhalten daran auszurichten. Mithin muss aus dem Verfügungssatz
für die Beteiligten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde will. Insoweit kommt dem Verfügungssatz
des Verwaltungsakts Klarstellungsfunktion zu (vgl. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 46 S. 384 m.w.N.). Unbestimmt i.S.v. § 33 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt nur dann, wenn sein Verfügungssatz nach seinem Regelungsgehalt in sich nicht widerspruchsfrei ist
und der davon Betroffene bei Zugrundelegung der Verständnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers nicht in der Lage ist,
sein Verhalten daran auszurichten (vgl. BSG SozR 3-4100 § 242q Nr. 1; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 46). Nach diesen Maßstäben war der Sanktionsbescheid hinreichend bestimmt, denn die Klägerin konnte ihm ohne weiteres
die Höhe der monatlichen Kürzung des Arbeitslosengelds II sowie den Wegfall des Zuschlags nach Bezug von Arbeitslosengeld
im Zeitraum Dezember 2010 bis Februar 2011 entnehmen.
Maßgebend ist vorliegend gemäß § 77 Abs. 12 SGB II § 31 SGB II in der bis 31. März 2011 geltenden Fassung. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB II wird das Arbeitslosengeld II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 in einer ersten Stufe um 30 v.H. der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn der
erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, (Nr. 1 b) in der Eingliederungsvereinbarung
festgelegte Pflichten zu erfüllen, insbesondere in ausreichendem Umfang Eigenbemühungen nachzuweisen, oder (Nr. 1 c) eine
zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit, ein zumutbares Angebot nach § 15a oder eine sonstige in der Eingliederungsvereinbarung
vereinbarte Maßnahme aufzunehmen oder fortzuführen. Die in § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c SGB II geregelte Sanktionierung der Weigerung, eine sonstige in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarte Maßnahme aufzunehmen
oder fortzusetzen, überschneidet sich mit dem bereits in § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b SGB II erfassten Verstoß gegen die Eingliederungsvereinbarung und geht als speziellere Regelung vor (vgl. Berlit, LPK-SGB II, 3. Aufl., § 31 Rdnr. 32).
Bei beiden Varianten stellt sich indes die Frage, ob die Sanktionsregelungen auch auf einen Eingliederungsverwaltungsakt anzuwenden
sind. Insoweit teilt der Senat die Rechtsauffassung des SG. Die Eingliederungsvereinbarung, an die der Wortlaut des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b und 1 c SGB II anknüpft, ist in § 15 SGB II geregelt. Danach soll die Agentur für Arbeit im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger mit jedem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen
die für seine Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren (Eingliederungsvereinbarung, Satz 1 der Vorschrift). Nach
§ 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II sollen die in § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II vorgesehenen inhaltlichen Regelungen durch Verwaltungsakt erfolgen, wenn eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande kommt.
Das BSG hat hierzu ausgeführt, dass es sich bei § 15 Abs. 1 SGB II um eine reine Verfahrensvorschrift handele; der Grundsicherungsträger treffe eine nicht justiziable Opportunitätsentscheidung
darüber, welchen Verfahrensweg er zur Erfüllung des Ziels der Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wähle, ohne
dass dieser einen Rechtsverlust erleide. Nach Wortlaut, Gesetzesbegründung, systematischem Zusammenhang sowie Sinn und Zweck
von § 15 Abs. 1 SGB II seien der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung einerseits und der Erlass eines ersetzenden Verwaltungsakts zwei grundsätzlich
gleichwertige Wege. Dabei stehe dem Grundsicherungsträger die Alternative des Erlasses eines Verwaltungsakts schon dann zu,
wenn ihm dies als der besser geeignete Weg erscheine (vgl. BSG SozR 4-4200 § 15 Nr. 1 = BSGE 104, 185). Der Senat folgt diesen Ausführungen. Aus der Gleichstellung von Eingliederungsvereinbarung und -verwaltungsakt folgt jedoch,
dass dann auch die Sanktionsregelungen der Nrn. 1 b und 1 c in § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB II unabhängig davon greifen, ob eine Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II vorliegt - worauf sich der Wortlaut begrifflich bezieht - oder ein Eingliederungsverwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II (ebenso Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl., § 31 Rdnr. 28; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 15 Rdnr. 14; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Mai 2010 - L 12 AS 600/10 B ER -; a.A. Hessisches LSG, Beschluss vom 9. Februar 2007 - L 7 AS 288/06 ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 8. Juli 2009 - L 19 B 140/09 AS ER -; Bayerisches LSG, Beschluss vom 18. Mai 2010 - L 11 AS 298/10 NZB - [alle juris]; Rixen in Eicher/Spellbrink, aaO., § 31 Rdnr. 13a; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, § 31 Rdnr. 34). Denn wenn die Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt als gleichwertige Handlungsform neben dem öffentlich-rechtlichen
Vertrag gesehen wird, lässt sich nicht begründen, dass sich bei gleichwertigen Handlungsmöglichkeiten unterschiedliche Rechtsfolgen
ergäben und der Verstoß gegen eine Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt dann nicht sanktionierbar wäre (vgl. LSG
Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Mai 2010 - L 12 AS 600/10 B ER - [juris]). Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift auf Eingliederungsverwaltungsakte ist auch nicht dadurch ausgeschlossen,
dass es sich um eine Sanktion handelt, denn insoweit handelt es sich bei der Absenkung nicht um eine Kriminalstrafe, für die
das Verbot strafbegründender oder strafverschärfender Analogien (vgl. Bundesverfassungsgericht, NJW 2005, 642) zu beachten ist. Schließlich wird die hier vertretene Auffassung auch dadurch bestätigt, dass der Gesetzgeber inzwischen
klarstellend - so die Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 17/3404 S. 111) - geregelt hat, dass bei einem Verstoß gegen die
im Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II festgelegten Pflichten die gleichen Rechtsfolgen eintreten wie bei einem Verstoß gegen die in einer Eingliederungsvereinbarung
festgelegten Pflichten (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II in der ab 1. April 2011 geltenden Fassung - BGBl. 2011 I S. 453, neugefasst durch Bek. v. 13. Mai 2011 - BGBl. I S. 850).
Die Klägerin hat sich vorliegend geweigert, eine im Eingliederungsverwaltungsakt vorgesehene Maßnahme aufzunehmen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c SGB II). Weigern bedeutet regelmäßig die vorsätzliche, ausdrückliche oder stillschweigende, schriftlich, mündlich oder in anderer
Weise zum Ausdruck gebrachte fehlende Bereitschaft, sich an die durch das Gesetz auferlegte Pflicht zu halten. Die Aufnahme
der Tätigkeit kann mithin auch durch konkludentes Verhalten verweigert werden (vgl. BSG, Urteil vom 15. Dezember 2010, aaO.). Die Klägerin hat bereits mit Schreiben vom 18. Oktober 2010 unmissverständlich deutlich
gemacht, dass sie sich an die im Eingliederungsverwaltungsakt geregelten Inhalte nicht halten werde und entsprechend auch
der vorgesehenen Maßnahme nicht nachkomme. Damit liegt eine ausdrückliche Weigerung vor.
Auch wenn der Eingliederungsverwaltungsakt bestandskräftig geworden ist, muss seine Rechtmäßigkeit jedenfalls dann gemäß §
40 SGB II i.V.m. § 44 SGB X im Verfahren betreffend den Absenkungsbescheid mit geprüft werden, wenn sich der Hilfebedürftige gegen den Absenkungsbescheid
durch Vorbringen von Argumenten gegen die Rechtmäßigkeit des ersetzenden Verwaltungsakts wehrt (vgl. BSG zur Überprüfung des ersten Sperrzeitbescheids bei Streit um Erlöschen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld infolge einer zweiten
Sperrzeit - SozR 3-4100 § 119 Nr. 23). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor, denn die Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsakts
wurde in einem gesonderten Verwaltungsverfahren überprüft, welches mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2010 abgeschlossen
war. In der Folgezeit hat sich die Klägerin nur noch mit der rechtlichen Argumentation geäußert, dass die Verletzung von Pflichten
aus einem Eingliederungsverwaltungsakt keine Sanktion nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II auslösen könne. Ein - ggf. auch konkludent gestellter - Antrag nach § 44 SGB X kann daher nicht angenommen werden. Ob darüber hinaus stets bei einem bestandskräftigen Eingliederungsverwaltungsakt die
Rechtmäßigkeit der getroffenen Regelungen inzident zu überprüfen ist (so Berlit in LPK-SGB II, 4. Aufl., § 31 Rdnr. 19) kann hier dahin stehen, denn an der Rechtmäßigkeit des Eingliederungsbescheids bestehen keinerlei Zweifel. Die
geregelten Inhalte entsprechen § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II und sind sowohl hinsichtlich der vorgesehenen Leistungen als auch der durch die Klägerin zu erbringenden Bemühungen hinreichend
konkret (vgl. Sonnhoff in juris-PK, 3. Aufl. 2012, § 15 Rdnr. 51 ff.). Soweit der Klägerin kostenträchtige Eingliederungsbemühungen
aufgegeben werden, ist auch eine entsprechende Finanzierung durch den Beklagten vorgesehen (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 4. Aufl., § 15 Rdnr. 29).
Es bestehen auch keine Bedenken gegen die Zumutbarkeit der Maßnahme. Grundsätzlich ist der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen
jede Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit zumutbar (§ 10 Abs. 1, 3 SGB II), insbesondere kann sie sich nicht darauf berufen, dass sie nicht ihrer früheren beruflichen Tätigkeit oder ihrer Ausbildung
entspricht (§ 10 Abs. 2, 3 SGB II). Soweit die Klägerin der Maßnahme generell die Geeignetheit abspricht, kann dem nicht gefolgt werden, denn durch die Maßnahme
sollten langzeitarbeitslose erwerbsfähige Hilfebedürftige durch intensive sozialpädagogische Begleitung aktiviert und an den
Beschäftigungsmarkt herangeführt werden. Angesichts der bereits seit Dezember 2008 bestehenden Arbeitslosigkeit der Klägerin
kann die Einschätzung der in der mündlichen Verhandlung vor dem SG als Zeugin hierzu vernommenen persönlichen Ansprechpartnerin, die die spezielle Maßnahme auch wegen der gebotenen Möglichkeit
eines betrieblichen Praktikums für besonders sinnvoll erachtete, ohne weiteres nachvollzogen werden.
Die der Klägerin angebotene Maßnahme war mit einer ordnungsgemäßen Rechtsfolgenbelehrung versehen. Nach der Rechtsprechung
des BSG setzt die Festsetzung von Sanktionen nach § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB II voraus, dass der Hilfebedürftige über die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung konkret, verständlich, richtig und vollständig
belehrt worden ist. Dabei muss die Belehrung zeitnah im Zusammenhang mit dem jeweils geforderten Verhalten erfolgen und dem
Hilfebedürftigen in verständlicher Form erläutern, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen sich aus der Weigerung
des geforderten Verhaltens für ihn ergeben, wenn für diese kein wichtiger Grund vorliegt (vgl. SozR 4-4200 § 31 Nr. 5 m.w.N.
= BSGE 105, 297). Diesen Ausführungen genügt die im Eingliederungsverwaltungsakt enthaltene Rechtsfolgenbelehrung. Sie bezieht sich ausdrücklich
auf die konkreten Rechtsfolgen bei Verstoß gegen die auferlegten Verpflichtungen. Die Klägerin konnte somit ohne weiteres
die Konsequenzen der Verweigerung der Teilnahme an der Maßnahme erkennen.
Wichtige Gründe für die Weigerung der Teilnahme an der Maßnahme liegen nicht vor. Insoweit weist der Senat zur Vermeidung
von Wiederholungen die Berufung aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils zurück (§
153 Abs.
2 SGG). Anhaltspunkte für weitere berechtigte Interessen der Klägerin in Abwägung mit entgegen stehenden Belangen der Allgemeinheit
ergeben sich über die bereits vom SG angesprochenen Punkte hinaus nicht.
Soweit über den hier nicht zu beanstandenden Eintritt einer Sanktion noch zu prüfen ist, ob die Klägerin ihr Klageziel auf
höhere Leistungen nicht auf andere Weise erreichen kann (vgl. BSG, Urteil vom 15. Dezember 2010, aaO.), ergibt diese Prüfung - wie oben ausgeführt - dass der Klägerin lediglich für den Zeitraum
1. Januar bis 28. Februar 2011 höhere als die mit Bescheid vom 9. November 2011 bewilligten Leistungen zustanden. Insoweit
hat der Beklagte für diese beiden Monate die Sanktion neu zu berechnen unter Berücksichtigung des Regelbedarfs in Höhe von
364 €, ohne Abzug einer Warmwasserpauschale und unter Berücksichtigung der gestiegenen KdU, wie dies im Rahmen der Ausführungsbescheide
bereits geschehen war. Anspruch auf weitere Leistungen, insbesondere für Mehrbedarfe i.S.v. § 21 SGB II hatte die Klägerin im hier streitigen Zeitraum nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Im Hinblick auf den geringen Grad des Obsiegens der Klägerin hält der Senat eine Kostenquotelung nicht für angemessen.
Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG) liegen nicht vor. Da die hier streitige Rechtsfrage außer Kraft getretenes Recht betrifft und nicht ersichtlich ist, dass
insoweit noch eine Vielzahl von Fällen zu entscheiden wäre (vgl. BSG SozR 1500 § 160a Nr. 19), vermag der Senat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zu erkennen.