Anspruch auf Arbeitslosengeld II; Berücksichtigung von Einkommen; Sperrwirkung des Grundfreibetrags beim Bezug von Einkommen
und Kindergeld
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung und Erstattung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Zeitraum vom 01.10. bis 30.11.2008 in Höhe von 60,00 EUR streitig.
Die 1989 in Deutschland geborene Klägerin lebt mit ihrer 1947 im Iran geborenen Mutter zusammen in einer Wohnung in F ...
Sie bezogen bis 31.12.2004 Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Seit dem 01.01.2005 erhalten sie SGB-II-Leistungen vom Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgängerin (im Folgendem einheitlich als Beklagter bezeichnet). Mit Bescheid
vom 12.08.2008 bewilligte der Beklagte Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.09.2008 bis 28.02.2009 in Höhe von insgesamt 1.403,19 EUR (davon 666,61 EUR für die Klägerin; der
Anteil der Kosten für die Unterkunft und Heizung belief sich auf 385,61 EUR). Bei der Klägerin wurde Kindergeld (154,00 EUR)
- bereinigt um 30,00 EUR (Versicherungspauschale) - in Höhe von 124,00 EUR als Einkommen berücksichtigt.
Ab dem 09.09.2008 begann die Klägerin eine Tätigkeit als Übungsleiterin bei der Tanzsportgemeinschaft F. e.V. (im Folgenden
TSG F.). Den am 30.09.2008 durch sie unterzeichneten Übungsleitervertrag reichte sie am 21.10.2008 beim Beklagten ein (Bl. 250
der Verw.-Akte). Danach verpflichtete sich die Klägerin (Ziff. 1 des Vertrags) ab dem 09.09.2008 eine "freiberufliche Tätigkeit
als nebenberufliche, selbstständige Übungsleiterin" auszuüben und eine Kindertanzgruppe zu unterrichten. Das Übungsleiterhonorar
betrage 20,00 EUR pro Stunde, wobei sich das voraussichtliche Einkommen pro Monat auf ca. 80,00 EUR belaufe (Ziff. 2 des Vertrags).
Die Vereinbarung wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen (Ziff. 6 des Vertrags).
Mit Bescheid vom 20.11.2008 hob der Beklagte die Entscheidung vom 12.08.2008 für den Zeitraum vom 01.10. bis 30.11.2008 teilweise
in Höhe von 60,00 EUR auf. Die Klägerin habe während des genannten Zeitraums Einkommen aus ihrer Tätigkeit bei der TSG F. erzielt. Dadurch sei sie nicht in bisher festgestellter und bewilligter Höhe hilfebedürftig. Die Erzielung von Einkommen
habe zur Minderung ihres Anspruchs geführt. Rechtsgrundlage der Entscheidung sei § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Der Betrag in Höhe von 60,00 EUR sei daher gemäß § 50 SGB X zu erstatten.
Hiergegen legte die Klägerin am 16.12.2008 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, der angefochtene Bescheid entbehre
einer nachvollziehbaren Begründung und genüge insofern nicht den Anforderungen des § 35 SGB X. Soweit ersichtlich, seien die Freibeträge gemäß §§ 11, 30 SGB II nicht berücksichtigt. Ihr monatliches Einkommen betrage 80,00 EUR. Dazu komme noch das Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR.
Da der Freibetrag für Versicherungen bereits beim Kindergeld berücksichtigt worden sei, verbleibe ein pauschaler Freibetrag
von 70,00 EUR aus dem hinzugekommenen Erwerbseinkommen. Vom übersteigenden Betrag (10,00 EUR) sei ein Anteil von 80 % einzusetzen
und ein Anteil von 20 % freizulassen. Es ergebe sich bei einem Einkommen von 80,00 EUR pro Monat ein überzahlter Betrag von
8,00 EUR pro Monat. Ob es vor diesem Hintergrund sachgerecht sei, einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid zu erlassen, erscheine
im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz fraglich.
Während des Widerspruchsverfahrens hob der Beklagte die Bewilligungsentscheidung vom 12.08.2008 (betreffend die Leistungen
für Unterkunft und Heizung) für den Zeitraum vom 01.11.2008 bis 28.02.2009 teilweise in Höhe von 124,22 EUR auf (Bescheid
vom 26.02.2009). Zur Begründung wurde ausgeführt, während des genannten Zeitraums sei Einkommen aus einer Betriebskostenabrechnung
der F. Stadtbau GmbH erzielt worden. Gleichzeitig seien die monatlichen Vorauszahlungen für den genannten Zeitraum neu festgelegt
worden. Der genannte Betrag sei daher gemäß § 50 SGB X zu erstatten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2009 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 20.11.2008 zurück.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die mittlerweile volljährige Klägerin habe zum 09.09.2008 eine Tätigkeit
als Übungsleiterin bei der TSG F. mit einem monatlichen Einkommen von 80,00 EUR aufgenommen. Sie beziehe als Einkommen Kindergeld. Da sie nunmehr auch volljährig
geworden sei, sei bei ihr der Freibetrag für Versicherungen (sog. 30-Euro-Pauschale) berücksichtigt worden, sodass ursprünglich
124,00 EUR als Einkommen anzurechnen gewesen sei. Durch den Bezug von Einkommen als Übungsleiterin sei aber gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II (in der damaligen Fassung) der Grundfreibetrag von 100,00 EUR zu berücksichtigen, in dem jedoch bereits Freibeträge für Versicherungen
enthalten seien. Daraus ergebe sich folgende Anrechnung des Einkommens:
Kindergeld 154,00 EUR Einkommen Übungsleiterin 80,00 EUR abzüglich Versicherungspauschale 30,00 EUR Freibetrag 50,00 EUR anzurechnendes
Einkommen 154,00 EUR
Die anzurechnenden Einkommen minderten den Bedarf um 154,00 EUR, statt bisher um 124,00 EUR. Da die Klägerin nach der Bewilligung
von SGB-II-Leistungen Einkommen erzielt habe, das zur Minderung des Anspruchs geführt habe, sei die Bewilligungsentscheidung gemäß §
48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 SGB X i.V.m. §
330 Abs.
3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III) vom 01.10. bis 30.11.2008 teilweise aufzuheben. Gemäß § 50 Abs. 1 SGB X habe die Klägerin die bereits gezahlten Leistungen in Höhe von 60,00 EUR zu erstatten.
Hiergegen hat die Klägerin am 25.03.2009 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, sie besuche weiterhin die Schule (Gymnasium) und sei daneben geringfügig
als Übungsleiterin tätig. Sie habe in den Monaten Oktober und November 2008 ein Einkommen in Höhe von 80,00 EUR monatlich
(brutto wie netto) erzielt. Als Einkommen sei ihr Kindergeld abzüglich des Freibetrags für Versicherungen (30,00 EUR) zu berücksichtigen,
mithin 124,00 EUR. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit (80,00 EUR) sei um den Freibetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB X in Höhe von 70,00 EUR zu vermindern (100,00 EUR minus 30,00 EUR). Das den Freibetrag übersteigende Erwerbseinkommen betrage
10,00 EUR. Der Freibetrag aus § 30 SGB II (20 %) belaufe sich auf 2,00 EUR. Damit sei Einkommen in Höhe von insgesamt 132,00 EUR anspruchsmindernd zu berücksichtigen.
Daraus ergebe sich, dass sich ihr Anspruch für Oktober 2008 um 8,00 EUR und für den Monat November 2008 um weitere 8,00 EUR
vermindere. Der Aufhebungs- und Erstattungsscheid vom 20.11.2008 entspreche nicht dem Gebot der hinreichenden Bestimmtheit.
Mit Urteil vom 23.04.2012 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 20.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.03.2009 aufgehoben, soweit die
Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II in dem Zeitraum vom 01.10. bis 30.11.2008 in Höhe von mehr als insgesamt 20,00 EUR aufgehoben und die Erstattung in Höhe
von insgesamt mehr als 20,00 EUR verlangt werde. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen
ausgeführt, die Klägerin habe in den Monaten Oktober und November 2008 über insgesamt 234,00 EUR Einkommen verfügt (Kindergeld
154,00 EUR und Übungsleiterhonorar in Höhe von 80,00 EUR). Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II in der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Fassung (nunmehr § 11b Abs. 2 Satz 2 SGB II) sei bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig seien, anstelle der Beträge nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II ein Betrag von insgesamt 100,00 EUR monatlich abzusetzen. Daraus folge, dass die Versicherungspauschale in Höhe von 30,00
EUR nicht abzusetzen sei, sondern stattdessen nur der Absetzbetrag in Höhe von 100,00 EUR monatlich. Es ergebe sich somit
ein anzurechnendes Monatseinkommen in Höhe von 134,00 EUR (234,00 EUR minus 100,00 EUR Grundfreibetrag) und damit ein um 20,00
EUR niedrigeres anzurechnendes Einkommen als vom Beklagten mit 154,00 EUR angesetzt. Der vom Beklagten vorgenommenen Berechnung
des anzurechnenden Einkommens könne nicht gefolgt werden. Zum einen sei nicht ersichtlich, was für einen Freibetrag der Beklagte
mit 50,00 EUR angesetzt habe. Zum anderen sei die vom Beklagten vorgenommene Trennung des Einkommens in Kindergeld einerseits
und Übungsleiterhonorar andererseits gesetzlich nicht vorgesehen. Vielmehr setze § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der damals geltenden Fassung ebenso wie der nunmehr geltende § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II gerade die Bildung eines Gesamteinkommens voraus, ohne nach Kindergeld oder anderen Einkommen zu trennen. Denn das Gesetz
verwende den Begriff "Einkommen" in den jeweiligen Vorschriften ohne jede weitere Differenzierung. Es werde nicht nach verschiedenen
Einkommensarten unterschieden, sondern gerade im Gegenteil jede Einnahme in Geld oder Geldeswert als Einkommen betrachtet.
Von diesem Gesamteinkommen sei dann der Absetzbetrag abzuziehen. Für diese Sichtweise spreche auch die Formulierung des §
30 SGB II in der damals geltenden Fassung. Denn in dieser Norm werde ausdrücklich auf "Einkommen aus Erwerbstätigkeit" abgestellt und
damit eine Differenzierung nach einer bestimmten Einkommensart getroffen. Soweit die Klägerin im Klageverfahren ausgeführt
habe, dass die vorherige Bewilligung um 8,00 EUR monatlich zu vermindern sei, liege nur eine teilweise Anfechtung der Entscheidung
vor, sodass die Entscheidung teilweise bestandskräftig geworden sei und die Beteiligten in der Sache binde. Die Berufung sei
nicht zuzulassen, da keine Zulassungsgründe nach §
144 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) vorlägen. Das Urteil wurde dem Beklagten am 20.06.2012 mit Empfangsbekenntnis zugestellt.
Hiergegen hat der Beklagte am 18.07.2012 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Beschwerde eingelegt und die nachträgliche
Zulassung der Berufung beantragt (L 1 AS 3056/12 NZB). Mit Beschluss vom 12.11.2012 hat der Senat auf die Beschwerde des Beklagten die Berufung gegen das Urteil des SG zugelassen und das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt (L 1 AS 4723/12). Zur Begründung der Berufung führt der Beklagte aus, das Kindergeld sei nach Abzug der Versicherungspauschale von 30,00
EUR in Höhe von 124,00 EUR auf den Bedarf angerechnet worden. Nachdem die Klägerin aber Einkommen in Höhe von monatlich 80,00
EUR erzielt habe, seien die Freibeträge neu zu berechnen gewesen. Dies führe dazu, dass das Kindergeld in voller Höhe anzurechnen
sei, sodass in den hier streitigen Monaten eine Überzahlung in Höhe des bisherigen Abzugs von je 30,00 EUR entstanden sei.
Daraus ergebe sich die Gesamtforderung in Höhe von 60,00 EUR. Laut Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 27.09.2011 (B 4 AS 180/10 R) könnten auch bei sonstigen Einkommen die Absetzungen des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 bis 5 SGB II vorgenommen werden, jedoch könne nicht auf die Pauschale des § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II zurückgegriffen werden. Die Aufwendungen müssten vielmehr konkret entstanden sein. Als konkrete Aufwendungen seien hier entstanden:
Versicherungspauschale 30,00 EUR Werbungskostenpauschale 15,33 EUR Fahrtkosten (8 Einzelfahrten) 16,00 EUR Gesamt 61,33 EUR
Als Erwerbseinkommen habe 80,00 EUR zur Verfügung gestanden, die konkreten Aufwendungen seien durch dieses Einkommen also
gedeckt gewesen. Für das sonstige Einkommen aus Kindergeld bestünden keine weiteren absetzbaren Aufwendungen mehr, sodass
dieses nun in voller Höhe anzurechnen sei.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23.04.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung wird vorgetragen, das Ergebnis des SG Freiburg folge bereits aus § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II. Sie sei als erwerbsfähige Leistungsberechtigte erwerbstätig gewesen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes werde von ihrem Einkommen
statt der Beträge der Nrn. 1 bis 5 zwingend ein Betrag von 100,00 EUR abgesetzt. Das Gesetz sei insoweit eindeutig und sehe
keinerlei Ausnahmen vor. Der verbleibende Grundfreibetrag könne auf andere Einkommensarten angerechnet werden. Dies sei gesetzgeberisch
auch gewollt. Nur so sei erklärbar, dass der Gesetzgeber für die Erwerbstätigenfreibeträge in § 30 SGB II eine anderslautende Regelung getroffen habe. Dort sei die Absetzung ausdrücklich nur für Erwerbseinkommen vorgesehen. Sinn
und Zweck der Einführung des Grundfreibetrags sprächen zudem für die wortlautgetreue Auslegung des § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II. Der Anreiz, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, solle dadurch geschaffen werden, dass Erwerbseinkommen bis zu 100,00 EUR
erzielt werden könne, ohne dass es zu einer Kürzung von Leistungen komme. Vorliegend komme es aber gerade durch die Aufnahme
einer Erwerbstätigkeit mit einem Einkommen von unter 100,00 EUR zu einer Kürzung der Leistung. Dies sei gesetzgeberisch nicht
gewollt und führe auch zu einer nicht zu rechtfertigenden Schlechterstellung derjenigen, die neben Erwerbseinkommen über weiteres
Einkommen verfügten. Das BSG habe schließlich in der genannten Entscheidung vom 27.09.2011 keine Aussage getroffen, ob ein verbleibender Grundfreibetrag
auf andere Einkommensarten anzurechnen sei.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Hinsichtlich der weiteren
Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie
auf die von dem Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die vom Senat mit Beschluss vom 12.11.2012 (L 1 AS 3056/12 NZB) zugelassene Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht den Bescheid vom 20.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.03.2009 (§
95 SGG) insoweit aufgehoben, als darin die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Klägerin für den Zeitraum vom 01.10. bis 30.11.2008 in Höhe von mehr als 20,00 EUR aufgehoben und die Erstattung
in Höhe von insgesamt mehr als 20,00 EUR gefordert wird. Denn im streitgegenständlichen Zeitraum sind vom Kindergeld monatlich
nur 134,00 EUR (und nicht wie vom Beklagten angenommen 154,00 EUR) bei der Klägerin als Einkommen bedarfsmindernd anzurechnen.
Die Erstattungspflicht der Klägerin beläuft sich auf insgesamt 20,00 EUR.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 20.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 11.03.2009, soweit der Beklagte mit diesem die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Klägerin
für die Monate Oktober und November 2008 in Höhe von insgesamt 60,00 EUR aufgehoben und von ihr die Erstattung dieses Betrags
gefordert hat. Hiergegen wendet sich die Klägerin zu Recht mit der isolierten Anfechtungsklage (§
54 SGG). Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 26.02.2009, mit dem die Bewilligungsentscheidung vom 12.08.2008 ab dem 01.11.2008
(bis 28.02.2009) teilweise aufgehoben wurde, ist nicht gemäß §
86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens geworden. Denn obwohl der Erstattungszeitraum auch den hier streitigen Monat November 2008 betrifft,
wurde die Bewilligungsentscheidung vom 12.08.2008 nur im Hinblick auf die - hier nicht streitgegenständlichen - Leistungen
für Unterkunft und Heizung teilweise aufgehoben.
Die Leistungsbewilligung vom 12.08.2008 für die Monate Oktober und November 2008 ist in Bezug auf die Regelleistung gemäß
§ 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X wegen einer wesentlichen Änderung der rechtlichen Verhältnisse teilweise rechtswidrig geworden. Denn ab diesem Zeitpunkt
war aufgrund der freiberuflichen Tätigkeit der Klägerin als Tanzlehrerin für den Verein TSG F. und wegen des hieraus erzielten Einkommens in Höhe von jeweils 80,00 EUR pro Monat das als Einkommen zu berücksichtigende
Kindergeld in Höhe von 134,00 EUR statt bisher in Höhe von 124,00 EUR bedarfsmindernd anzurechnen. Rechtsgrundlage für den
Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 20.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.03.2009 ist § 40 SGB II, § 48 Abs. 1 SGB X, § 50 Abs. 1, 3 SGB X und §
330 Abs.
3 SGB III.
Der formellen Rechtmäßigkeit der angefochtenen Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung des Beklagten steht nicht entgegen,
dass die Klägerin nach § 24 Abs. 1 SGB X im Hinblick auf den eingreifenden Verwaltungsakt von dem Beklagten vor Erlass der streitigen Entscheidung anzuhören gewesen
wäre. Denn die fehlende Anhörung ist durch das durchgeführte Widerspruchsverfahren nach § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X geheilt worden (vgl. BSG, Urteil vom 22.08.2012 - B 14 AS 165/11 R = SozR 4-1300 § 50 Nr. 3 Rdnr. 13). Die Möglichkeit einer Heilung einer unterlassenen Anhörung bei Durchführung eines Widerspruchsverfahrens
erfordert, dass den Beteiligten schon in dem angefochtenen Verwaltungsakt oder auf andere Weise im Laufe des Widerspruchsverfahrens
alle entscheidungserheblichen Tatsachen zur Kenntnis gebracht wurden, sodass er sich zu ihnen sachgerecht äußern konnte (BSG, Urteil vom 26.09.1999 - 4 RK 4/91 = BSGE 69, 247, 251 ff.; vom 12.12.2001 - B 6 KA 3/01 R = BSGE 89, 90, 93). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, da der Beklagte im angefochtenen Bescheid hinreichend deutlich zum Ausdruck
gebracht hat, weshalb er davon ausgeht, dass der Anspruch auf die Regelleistung im streitigen Zeitraum vom 01.10. bis 30.11.2008
gemindert ist. Er hat diesbezüglich ausgeführt, dass die Klägerin in diesem Zeitraum Einkommen aus ihrer Tätigkeit bei der
TSG F. erzielt habe, sodass das Einkommen zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt habe. Im Widerspruchsbescheid
vom 11.03.2009 hat der Beklagte zudem die seiner Meinung nach zugrunde zu legenden Rechenschritte im Hinblick auf das anzurechnende
Einkommen detailliert dargelegt, sodass auch kein Verstoß gegen § 33 Abs. 1 SGB X vorliegt (vgl. hierzu allgemein BSG, Urteil vom 16.05.2012 - B 4 AS 154/11 R = SozR 4-1300 § 33 Nr. 1).
Der angefochtene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ist jedoch teilweise materiell rechtswidrig. Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der (aufgrund von Art. 1 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl. I, 2954) vom 01.01.2005 bis heute
geltenden Fassung gilt für das Verfahren nach dem SGB II das SGB X. Zudem sind die Vorschriften des
SGB III, u.a. über die Aufhebung von Verwaltungsakten, entsprechend anwendbar (§ 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung; §
330 Abs.
1,
2,
3 Satz 1 und
4 SGB III). Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 48 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen,
die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts
Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Als Zeitpunkt
der Änderung der Verhältnisse gilt nach Satz 3 der Regelung in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden
Zeitraum aufgrund der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraums. Wegen § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. §
330 Abs.
3 Satz 1
SGB III ist diese Rechtsfolge zwingend.
Die Voraussetzungen für eine teilweise Aufhebung des Bewilligungsbescheids vom 12.08.2008 für den Zeitraum vom 01.10. bis
30.11.2008 sind erfüllt, allerdings nur in Höhe von insgesamt 20,00 EUR.
Eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse ist dadurch eingetreten, dass die Klägerin ab dem 09.09.2008 eine freiberufliche
Tätigkeit als Übungsleiterin für den Verein TSG F. ausgeübt hat. Der Senat stützt sich hierbei zum einen auf den Übungsleitervertrag, den die Klägerin am 30.09.2008 unterschrieben
hat, und zum anderen auf die eigenen Angaben der Klägerin. Danach hat sie während des gesamten Verfahrens bestätigt, dass
die Regelung von Ziff. 2 des Übungsleitervertrags insoweit umgesetzt wurde, dass sie für die Monate Oktober und November 2008
Einkommen in Höhe von insgesamt 80,00 EUR für ihre Übungsleitertätigkeit erzielt hat. Die Klägerin verfügte mithin in den
Monaten Oktober und November 2008 über jeweils 80,00 EUR Erwerbseinkommen und jeweils 154,00 EUR Kindergeld.
Bei beiden Einnahmen handelt es sich um Einkommen im Sinne des § 11 SGB II (in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung [aF]). Nach § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II aF ist das Kindergeld dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen, soweit es bei diesem zur Sicherung des Lebensunterhalts
- wie vorliegend - benötigt wird (zur insoweit vom Einkommenssteuergesetz abweichenden Zuordnung des Kindergeldes als Einkommen
des Kindes BSG, Urteil vom 13.05.2009 - B 4 AS 39/08 R = SozR 4-4200 § 11 Nr. 23 Rdnr. 17). Die genannten Einkommen sind grundsätzlich im vorliegenden Fall geeignet, die Hilfebedürftigkeit
der Klägerin gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 9 SGB II zu mindern, indem Einkommen in Höhe von monatlich 134,00 EUR (zur Berechnung weiter unten) bedarfsmindernd angerechnet wird.
Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II aF sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schäden an Leben sowie an Körper oder
Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Dass vorliegend ein tatsächlicher Zufluss von Einnahmen in Höhe von 154,00 EUR (Kindergeld) und 80,00 EUR (Einkommen für
die Tätigkeit als Übungsleiterin) in den Monaten Oktober und November 2008 an die Klägerin geflossen sind, ist zwischen den
Beteiligten - wie bereits dargelegt - unstreitig.
Vorliegend ist das Einkommen der Klägerin jedoch nach § 11 Abs. 2 SGB II aF i.V.m. der hier anzuwendenden und ab 01.01.2008 geltenden Alg II-V zu bereinigen.
Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II aF sind vom Einkommen u.a. abzusetzen 1. auf das Einkommen entrichtete Steuern, 2. Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung
einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung, 3. Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen
Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind; hierzu gehören Beiträge
a) zur Vorsorge für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit für Personen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung
nicht versicherungspflichtig sind, b) zur Altersvorsorge von Personen, die von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen
Rentenversicherung befreit sind, soweit die Beiträge nicht nach § 26 SGB II bezuschusst werden, 4. geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommenssteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbetrag nach § 86 des Einkommenssteuergesetzes nicht überschreiten,
5. sie mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben [ ...].
Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II aF (nunmehr § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II) ist bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, anstelle der Beträge nach Satz 1 Nr. 3 bis 5 ein Betrag
von insgesamt 100,00 EUR monatlich abzusetzen. Beträgt das monatliche Einkommen mehr als 400,00 EUR, gilt Satz 2 nicht, wenn
der erwerbsfähige Hilfebedürftige nachweist, dass die Summe der Beträge nach Satz 1 Nr. 3 bis 5 den Betrag von 100,00 EUR übersteigt (§ 11 Abs. 2 Satz 3 SGB II aF).
Der Beklagte hat in seiner Bewilligungsentscheidung vom 12.08.2008 bei dem für die (zum damaligen Zeitpunkt bereits volljährigen)
Klägerin gezahlten Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR zunächst zutreffend die Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR
(§ 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II aF i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr.1 Alg II-V) in Abzug gebracht und 124,00 EUR bedarfsmindernd angerechnet. Die durch die Erzielung von Erwerbseinkommen ab Oktober 2008
erforderliche Neuberechnung der Freibeträge wurde jedoch vom Beklagten nicht zutreffend durchgeführt. Auch der Rechenweg des
SG überzeugt nicht. Für die Neuberechnung der Freibeträge ist davon auszugehen, dass das Gesetz weder die Bildung - so jedoch
das SG - eines Gesamteinkommens zulässt, noch den Abzug einer Gesamtpauschale (§ 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II aF). Der Grundfreibetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II aF führt lediglich innerhalb der Einkommensart "Einkommen aus Erwerbstätigkeit" im Hinblick auf die allgemeinen Absetzmöglichkeiten
des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II aF zu einer absoluten Sperrwirkung, nicht jedoch im Hinblick auf andere Einkommensarten (hier: Kindergeld). Dort führt die
Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II aF lediglich zu einer relativen Sperrwirkung insofern, als Aufwendungen nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 SGB II aF vom anderen Einkommen (hier: Kindergeld) nur dann noch zusätzlich abgesetzt werden können, soweit sie nicht durch den
Grundfreibetrag bereits abgedeckt, d.h. nicht in die 100-EUR-Pauschale eingeflossen sind. Hierzu im Einzelnen:
Der Grundfreibetrag bei Erwerbstätigkeit wurde zum 01.10.2005 durch das Freibetragsneuregelungsgesetz vom 18.08.2005 (BGBl.
I, 2407) in § 11 Abs. 2 Sätze 2 und 3 SGBII aF eingeführt. Mit seiner Einführung sollten die Hinzuverdienstmöglichkeiten der
Bezieher von Arbeitslosengeld II deutlich erhöht werden (vgl. BT-Drucks. 15/5446, Seite 4). Nach dem eindeutigen Wortlaut
des § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II aF knüpft der Freibetrag an Einkommen, das aus der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gezogen wird. Nur in diesem Fall führt
er zu einer (absoluten) Sperrwirkung im Hinblick auf die ansonsten für die konkret in Frage stehende Erwerbstätigkeit anzuwendenden
Absetzmöglichkeiten nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II aF. Daraus folgt, dass bei Einkommen, das nicht aus einer Erwerbstätigkeit stammt, nicht auf die Pauschale nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II aF zurückgegriffen werden kann, sondern die Aufwendungen (bei der anderen Einkommensart) konkret entstanden sein müssen (so
ausdrücklich BSG, Urteil vom 27.09.2011 - B 4 AS 180/10 R = SozR 4-4200 § 11 Nr. 40 Rdnr. 28). Daraus folgt aber auch, dass es keinen Automatismus dahingehend gibt, dass - wenn
Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt wird - nur noch die Absetzmöglichkeit nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II aF besteht und bei anderen (zeitgleichen) Einkommensarten (wie z.B. Kindergeld) weitere Absetzmöglichkeiten (im Sinne von
§ 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 SGB II aF) ausgeschlossen sind. Wie bereits dargelegt, geht weder § 11 SGB II aF noch § 30 SGB II aF von einem Gesamteinkommen aus. Hiergegen spricht auch insbesondere die im Hinblick auf Einkommen aus Erwerbstätigkeit
differenzierte Regelung des § 30 SGB II aF. Wäre ein Gesamteinkommen zu bilden, wäre es nicht nachvollziehbar, dass der Gesetzgeber in § 30 SGB II aF weitere Erwerbstätigenfreibeträge gesondert normiert hätte. Schließlich geht auch das BSG davon aus, dass die "Absetz- und Freibeträge" des § 11 Abs. 2 SGB II aF von der "jeweiligen" Einnahme (vor der Gegenüberstellung von jeweiliger Einnahme und Bedarf) abzuziehen sind (BSG, a.a.O., Rdnr. 14).
Allerdings besteht ein gewisses Spannungsverhältnis dahingehend, dass es nicht gerechtfertigt erscheint, bei mehreren Einkunftsarten
Absetzmöglichkeiten für gleiche Belastungen zu berücksichtigen (Vermeidung von Doppelberücksichtigungen, etwa der Versicherungspauschale).
Dieses Spannungsverhältnis ist nach Ansicht des Senats dahingehend aufzulösen, dass die verschiedenen Einkünfte nach ihren
Einkunftsarten zunächst - im Hinblick auf die gesetzlich normierten Absetzmöglichkeiten - isoliert betrachtet werden. Konkret
heißt dies, dass zunächst der Grundfreibetrag des § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II aF auf das tatsächlich erzielte Erwerbseinkommen anzurechnen ist. Führt dies - wie im vorliegenden Fall - dazu, dass der
Grundfreibetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II aF nicht vollständig aufgebraucht wird, so besteht jedoch kein Automatismus dahingehend, dass dieser Restbetrag automatisch
bei einer anderen Einkommensart (hier: Kindergeld) abgezogen wird. Vielmehr führt die Nichtausschöpfung des Grundfreibetrags
zu einer relativen Sperrwirkung dahingehend, dass bei der anderen Einkommensart (hier: Kindergeld) die dort entstandenen Aufwendungen
im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 SGB II aF nur insoweit zu berücksichtigen sind, als diese Aufwendungen nicht bereits in die 100-Euro-Pauschale eingeflossen sind.
Hierdurch kann vermieden werden, dass die Versicherungspauschale mehrmals berücksichtigt wird (so im Ergebnis wohl auch die
überwiegende Meinung im Schrifttum, wobei die Auffassungen teilweise divergieren: Schmidt in Oestreicher, Kommentar zum SGB II, § 11 Rdnr. 111 a.E. Stand Oktober 2010; Striebinger in Gagel, Kommentar zum SGBIII/SGBII, § 11b SGB II Rdnr. 46, Stand April 2012; Hasske in Estelmann, Kommentar zum SGB II, § 11 Rdnr. 99, Stand April 2008; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB II, § 11 Rdnr. 547, Stand Juli 2010; Mecke in Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, 2. Aufl. 2008, § 11 Rdnr. 97). Dieses Ergebnis führt auch dazu, dass die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben (§
11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II aF) nur von dem Einkommen, mit dem sie verbunden sind, abgesetzt werden können. Dies kann dann (anders als beim Kindergeld,
bei dem derartige Aufwendungen nicht anfallen) von Bedeutung sein, wenn beispielsweise Einkommen aus Verpachtung vorhanden
ist, dessen Erwirtschaftung mit den entsprechenden notwendigen Ausgaben verbunden ist. Würde der Grundfreibetrag des § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II aF auch für diese Einkommensart gelten (im Sinne einer absoluten Sperrwirkung), könnten derartige Ausgaben jedoch nicht mehr
geltend gemacht werden (vgl. zu diesem Beispiel Hasske, a.a.O.). Damit ginge jedoch die Anreizfunktion des Grundfreibetrags
nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II aF vollständig verloren, was der Intention des Gesetzgebers widerspräche, die Hinzuverdienstmöglichkeiten der Bezieher von
Leistungen nach dem SGB II zu erhöhen.
Die vom Senat zugrunde gelegte Berechnungsmethode verhindert zudem Systembrüche, da die gesetzliche Systematik der Absetzmöglichkeiten
für jede Einkommensart getrennt berücksichtigt wird, wobei Doppelberücksichtigungen (Versicherungspauschale) zu vermeiden
sind. Denn nach der insoweit eindeutigen gesetzlichen Regelung tritt an die Stelle der Beträge nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II aF der Grundfreibetrag von 100,00 EUR. Es ist daher nicht möglich, den nur teilweise realisierten Grundfreibetrag bei weiterem
Einkommen, das nicht aus Erwerbstätigkeit erzielt wird, zu berücksichtigen (so aber wohl das Berechnungsbeispiel der Bundesagentur
für Arbeit in ihren Hinweisen zu § 11, 11a, 11b (Fassung vom 20.09.2012), Seite 45 f. - abrufbar unter http://www.arbeitsagentur.de).
Vielmehr sind - wie bereits dargelegt - bei den anderen Einkommen, soweit es sich nicht um Einkommen aus Erwerbstätigkeit
handelt, die Absetzmöglichkeiten des §11 Abs. 1 Satz 1 SGB II aF isoliert zu prüfen, wobei durch die relative Sperrwirkung des § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II aF eine Doppelberücksichtigung von Absetzmöglichkeiten (z.B. Versicherungspauschale) vermieden wird.
Auf den vorliegenden Fall angewendet bedeutet dies, dass das Erwerbseinkommen der Klägerin in den Monaten Oktober und November
2008 in Höhe von jeweils 80,00 EUR aufgrund der Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II aF anrechnungsfrei bleibt. Im Hinblick auf das weitere Einkommen (Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR) kommt vorliegend nur
die Absetzmöglichkeit nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II aF i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alg II-V (Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR) in Betracht. Die relative Sperrwirkung des § 11b Abs. 2 Satz 2 SGB II aF führt jedoch dazu, dass die Versicherungspauschale im vorliegenden Fall auf 20,00 EUR (der Teil, der durch den Grundfreibetrag,
in dem bereits die Versicherungspauschale enthalten ist, noch nicht ausgeschöpft wurde) begrenzt ist. Daraus folgt, dass das
Kindergeld in den Monaten Oktober und November 2008 jeweils in Höhe von 134,00 EUR bedarfsmindernd bei der Klägerin als Einkommen
anzurechnen ist. Daraus folgt weiter, dass der Bewilligungsbescheid vom 12.08.2008, bei dem (bedarfsmindernd) Einkommen in
Höhe von 124,00 EUR berücksichtigt wurde, im Hinblick auf die Regelleistung nur in Höhe von monatlich 10,00 EUR (insgesamt
20,00 EUR) aufgehoben werden kann.
Soweit der Klägervertreter im Klageverfahren noch die Auffassung vertreten hat, dass vorliegend auch ein Freibetrag aus §
30 SGB II (in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung; aF) zu berücksichtigen sei, weist der Senat darauf hin, dass diese Norm vorliegend
nicht einschlägig ist, da die Klägerin im streitigen Zeitraum kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit in Höhe von mehr als 100,00
EUR erzielt hat. Nur wenn das Erwerbseinkommen monatlich 100,00 EUR übersteigt, kann jedoch ein zusätzlicher Freibetrag nach
§ 30 Satz 2 SGB II aF berücksichtigt werden. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Die Klägerin hat somit den bereits erhaltenen Betrag von insgesamt 20,00 EUR zu erstatten. Denn nach § 50 Abs. 1 SGB X gilt: Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten (Abs. 1). Des Weiteren regelt § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X, dass die zu erstattende Leistung durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen ist. Die Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind für die Monate Oktober und November 2008 erfüllt, weil von dem Beklagten an die Klägerin die umstrittenen 20,00 EUR
geleistet wurden und für diese Leistung aufgrund der zugleich angeordneten Aufhebung (vgl. § 50 Abs. 3 Satz 2 SGB X) kein Rechtsgrund mehr besteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision wird zugelassen. Der Frage, ob der Grundfreibetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II aF eine absolute oder nur eine relative Sperrwirkung für andere Einkommensarten hat und damit zusammenhängend, ob und gegebenenfalls
wie sich ein (teilweiser) ungenutzter Freibetrag auf andere Einkommensarten auswirkt, kommt grundsätzliche Bedeutung zu (§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG).