Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen für die Beschäftigung der beigeladenen Versicherten
Rosemarie Ströhle (nachfolgend Versicherte) für den Zeitraum 1. April 1976 bis 25. Juni 1977.
Die am 1943 geborene Versicherte war nach Erwerb der mittleren Reife 1959 in näher bezeichneten Zeiträumen (Blatt 6 V-Akte)
in Teilzeit als kaufmännische Angestellte sowie im elterlichen Betrieb beschäftigt. Von 1972 bis 1976 studierte sie an einer
pädagogischen Hochschule und beendete ihr Studium mit Ablegen der Dienstprüfung am 25. Februar 1976. Mit Wirkung vom 1. April
1976 wurde sie sodann unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zur Realschullehreranwärterin ernannt. Nach Bestehen
der zweiten Prüfung für das Lehramt an Realschulen endete das Beamtenverhältnis auf Widerruf mit Ablauf des 25. Juni 1977.
Danach war die Versicherte vom 8. August 1977 bis 31. Juli 1980 beitragspflichtig als Lehrerin im Angestelltenverhältnis beschäftigt.
Mit Wirkung vom 1. August 1980 wurde die Versicherte unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Realschullehrerin
zur Anstellung ernannt. Mit Wirkung vom 9. Februar 1981 erfolgte die Ernennung zur Realschullehrerin und die Verleihung der
Eigenschaft einer Beamtin auf Lebenszeit. Mit Ablauf des 31. Juli 2008 wurde sie nach Erreichen der Altersgrenze kraft Gesetzes
in den Ruhestand versetzt. Seitdem erhält sie Versorgungsbezüge nach dem
Beamtenversorgungsgesetz.
Die Versicherte begehrte mit Schreiben vom 29. Mai 2010 bei der Beklagten die Klärung eines möglichen Anspruchs auf Rente
aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Hierbei nahm sie Bezug auf zurückgelegte Zeiten zwischen 1960 bis 1972 im elterlichen
Betrieb bzw. als kaufmännische Angestellte. Diesem Schreiben beigefügt war eine Berechnung und Festsetzung ihres Besoldungsdienstalters
nach dem Bundesbesoldungsgesetz, ausgestellt vom Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg am 5. März 1981 sowie ein "Werdegang des Beamten
und absetzbare Zeiten". Mit Schreiben vom 20. Juli 2010 überliess die Beklagte der Versicherten u.a. einen Antrag auf Versichertenrente;
der Antrag der Versicherten auf Regelaltersrente ging sodann am 24. August 2010 bei der Beklagten ein. Im Rahmen der Überprüfung
des Versichertenkontos der Versicherten stellte die Beklagte am 15. September 2010 fest, dass die Versichertenkonten zwar
aufgerechnet und verfilmt gewesen waren, die entsprechenden Entgelte aus den Versicherungskonten waren jedoch nicht in den
Versicherungszeiten gespeichert worden, weswegen die Wartezeit nicht erfüllt gewesen war und eine maschinelle Rentenauskunft
bzw. ein Aufklärungsschreiben zu §
115 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (§
SGB VI) nicht erfolgt war. Da somit bei rechtzeitiger Speicherung der vollständigen Versicherungskonten eine rechtzeitige Rentenantragstellung
gewährleistet gewesen wäre, sei im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ein Rentenbeginn zum 1. November 2008
anzuerkennen. Mit Bescheid vom 28. Januar 2011 gewährt die Beklagte der Beigeladenen Altersrente seit 1. November 2008.
Mit Schreiben vom 1. Oktober 2010 an den Kläger bat die Beklagte um die Prüfung der Frage einer Nachversicherung für den Zeitraum
1. April 1976 bis 25. Juni 1977. Dort wurde festgestellt, dass aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen die Durchführung der
Nachversicherung für diesen Zeitraum unterblieben war; mit Schreiben vom 13. Oktober 2010 erhob der Kläger die Einrede der
Verjährung.
Die Beklagte forderte den Kläger mit Bescheid vom 27. Oktober 2010 zur Überweisung der Nachversicherungsbeiträge für die Versicherte
für den Zeitraum 1. April 1976 bis 25. Juni 1977 gemäß §
233 Abs.
1 SGB VI i.V.m. § 9 Abs. 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) auf. Obwohl die Nachversicherungsvoraussetzungen am 25. Juni 1977 eingetreten seien, seien die Beiträge nicht gezahlt worden.
Die Erhebung der Verjährungseinrede verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben und stelle unter dem Gesichtspunkt der
Fürsorgepflicht aus dem Beamtenverhältnis eine unzulässige Rechtsausübung dar.
Der Kläger hat am 18. November 2010 hiergegen beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, die Erhebung der Verjährungseinrede verstoße nicht gegen Treu und Glauben und
sei nicht rechtsmissbräuchlich. Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung könne nur gegenüber einem wirklich groben Verstoß
gegen Treu und Glauben durchgreifen. Das unabsichtliche Nichtdurchführen der Nachversicherung stelle keinen groben Verstoß
gegen Treu und Glauben dar. Bloßes Schweigen und Untätigkeit rechtfertige regelmäßig nicht das Unwerturteil einer mißbräuchlichen
Rechtsausübung. Die Treuwidrigkeit der Erhebung der Einrede der Verjährung folge auch nicht aus der Fürsorgepflicht des Dienstherren
seinem ehemaligen Beamten gegenüber. Die Versicherte beziehe seit 2008 Versorgungsbezüge vom Kläger. Eine höhere Rente würde
sich nicht zu ihren Gunsten auswirken, da die Versorgungsbezüge entsprechend zu kürzen seien. Die Nachversicherung würde vorliegend
alleine dem finanziellen Interesse der Beklagten dienen. Im Übrigen komme es für die Beurteilung der Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit
der Einrede der Verjährung nur auf Pflichtverletzungen im Rechtsverhältnis des Schuldners zum Gläubiger an. Welche Pflichten
dem Dienstherrn im Innenverhältnis gegenüber seinem Beamten in Ansehen der Versorgung oblägen und ob diese im Einzelfall verletzt
worden seien und zu welchen Folgen dies führe, sei nicht von Belang. Die Beklagte hätte bei eigenem pflichtgemäßem Verhalten
sämtliche relevanten Daten gehabt, um verjährungsunterbrechende Maßnahmen rechtzeitig vornehmen zu können. Zum Zeitpunkt der
Anfrage der Versicherten im Jahre 2010 seien der Beklagten Versicherungskonten bekannt gewesen; die Entgelte der entsprechenden
Versicherungskonten seien jedoch nicht in die Versicherungszeiten eingespeist gewesen. Bekannt gewesen seien der Beklagten
auch die nicht in den Versicherungszeiten gespeicherten Zeiten vom 1. April 1959 bis 15. März 1971. Wenn diese Zeiten pflichtgemäß
erfasst gewesen wären, hätte die Beklagte der Versicherten gemäß §
109 Abs.
1 Satz 2
SGB VI eine Rentenauskunft schicken müssen; die Versicherte habe das 54. Lebensjahr bereits zum 24. Oktober 1997 vollendet gehabt.
Spätestens zum damaligen Zeitpunkt hätte die Beklagte erkennen können, dass in den rentenrechtlichen Zeiten eine Lücke vom
1. Oktober 1972 bis 31. März 1976 bestehe. Mangels angegebener Zeiten sowie mangels Versenden einer Rentenauskunft sei es
zu keiner Kontenklärung gekommen; die mit Schreiben vom 30. August 2010 veranlasste Kontenklärung hätte bereits viel früher
erfolgen können und auch müssen. Die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 27. Juni 2012 - B 5 77/11 R - werde als Einzelfallentscheidung
gewertet. Es sei nicht nachvollziehbar, wie bei der 30-jährigen Verjährungsfrist des §
25 Abs.
1 Satz 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV), die gerade auch bei vorsätzlich vorenthaltenen Beiträgen eingreifen solle, die Anwendung des Rechtsinstituts von Treu und
Glauben mit der Begründung durchgreifen könne, die Pflicht zur rentenrechtlichen Nachversicherung sei verletzt worden. Diese
Pflichtverletzung sei der Vorschrift gerade immanent. Mit diesem Widerspruch setze sich das Bundessozialgericht (BSG) nicht auseinander.
Die Beklagte hat zur Klageerwiderung angeführt, dass die Berufung auf die Einrede der Verjährung gegen den Grundsatz von Treu
und Glauben gemäß §
242 des
Bürgerlichen Gesetzbuches (
BGB) verstoße. Nach der Entscheidung des BSG vom 27. Juni 2012 bestehe die Pflicht zur rechtzeitigen, also unverzüglichen Zahlung der Nachversicherungsbeiträge nicht
nur im Interesse des einzelnen Beschäftigten, sondern auch im Interesse der Solidargemeinschaft der Versicherten. Verletze
ein zumal wie hier öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber diese Beitragspflicht, sei ihm grundsätzlich und in aller Regel allein
wegen dieses Unterlassens die Verjährungseinrede verwehrt. Die Rechtsmissbräuchlichkeit der Erhebung der Einrede der Verjährung
könne auch ein unbeabsichtigtes Verhalten des Schuldners begründen, welches nach objektiven Maßstäben ausreichend Anlass gegeben
habe, von einer Geltendmachung des Anspruchs abzusehen und somit ursächlich für die Nichtgeltendmachung sei. Eine bloße Untätigkeit
sei nur dann als ursächlich zu betrachten, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln bestanden habe. Dies sei dem Kläger vorzuwerfen.
Der Kläger sei grundsätzlich mit Ausscheiden der Versicherten aus dem Dienst verpflichtet gewesen, die Nachversicherung durchzuführen.
Dieser Verpflichtung sei die Klägerin innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist nicht nachgekommen. Somit habe sie pflichtwidrig
verhindert, dass die Beklagte Kenntnis vom Eintritt des Nachversicherungsfalles erlange und Maßnahmen zur Verjährungsunterbrechung
ergreifen konnte.
Mit Urteil vom 18. Dezember 2013 hat das SG den Bescheid vom 27. Oktober 2010 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Leistungsklage auf Aufhebung der Forderung
zur Nachversicherung sei zulässig; gemäß §
78 Abs.
1 Satz 2 Nr.
3 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) könne sie auch ohne Vorverfahren erhoben werden. Die Klage sei auch begründet. Der Beklagten stehe zwar ein Anspruch auf
Zahlung von Nachversicherungsbeiträge zu, den sie grundsätzlich auch durch Verwaltungsakt habe feststellen dürfen. Der Anspruch
sei jedoch verjährt. Der Kläger habe sich rechtsfehlerfrei auf den Eintritt der Verjährung berufen; der Grundsatz von Treu
und Glauben stehe dem nicht entgegen. Die Verjährung des Anspruchs auf Zahlung der Nachversicherungsbeiträge richte sich nach
§
25 SGB IV. Gemäß §
25 Abs.
1 Satz 1
SGB IV verjährten Ansprüche auf Beiträge (u.a. zur gesetzlichen Rentenversicherung) in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres,
in dem sie fällig geworden seien. Für Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge betrage die Verjährungsfrist 30 Jahre
(§
25 Abs.
1 Satz 2
SGB IV). Beide Verjährungsfristen seien bei Erlass des angefochtenen Bescheids vom 12. September 2008 abgelaufen gewesen. Der Kläger
habe sich aber gegen den von der Beklagten geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen mit Schreiben
vom 13. Oktober 2010 auf den Eintritt der Verjährung berufen, weswegen er die Zahlung verweigern dürfe. Die Erhebung dieser
Verjährungseinrede sei auch nicht wegen Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben unbeachtlich. Der Kläger habe die
Verjährungseinrede nicht wegen widersprüchlichen Verhaltens verwirkt. Solche die Verwirkung auslösenden Umstände lägen vor,
wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte,
dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut
habe, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand) und sich infolge dessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen
so eingerichtet habe (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein zumutbarer Nachteil
entstehen würde. Bloßes Nichtstun des Berechtigten reiche dabei nicht aus. Ein aktives - sei es ausdrückliches, sei es konkludentes
- Verhalten des Klägers, dass die Beklagte davon abgehalten habe könnte, Nachversicherungsbeiträge geltend zu machen, sei
nicht erkennbar. Es habe während des gesamten Zeitraums seit 1977 keinerlei Kontakt zwischen Kläger und Beklagter gegeben.
Dass der Kläger unmittelbar nach dem Ausscheiden der Versicherten auch in der regulären vierjährigen Verjährungsfrist danach
weder die Beklagte noch die Versicherten darüber unterrichtet habe, dass gar keine Nachversicherung durchgeführt und er auch
keinen Aufschubbescheid erteilt habe, führe nicht zu einer Verwirkung. Selbst wenn dieses Verhalten pflichtwidrig gewesen
sein sollte, handele es sich doch durchgängig um ein Nichtstun, nicht aber um ein aktives Verhalten, das auf der Gegenseite
einen Vertrauenstatbestand hätte hervorrufen können.
Der Kläger habe die Verjährungseinrede auch nicht wegen der Verletzung eigener Pflichten verloren. Eine Pflichtverletzung
des Klägers gegenüber der Beklagten mit einem ausreichenden Bezug zur Verjährung des Anspruchs sei nicht ersichtlich. Zwar
sei der Kläger auch gegenüber der Beklagten zur Durchführung der Nachversicherung verpflichtet gewesen; diese Pflicht habe
er - aus nicht mehr aufzuklärenden Gründen - objektiv verletzt. Diese Pflichtverletzung habe aber nur die Nachversicherung
selbst betroffen, also das Primärverhältnis zwischen den Beteiligten. Eine weitere Pflichtverletzung des Klägers auf Sekundärebene
läge nicht vor. Selbst wenn jedoch bei dieser Frage eine Pflichtverletzung gegenüber der nachzuversichernden Beschäftigten
ausreichen würde, um die Verjährungseinrede als treuwidrig erscheinen zu lassen, läge eine solche hier nicht vor. Da das Rechtsinstitut
Verjährung vor allem dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit diene, könne der Einwand unzulässiger Rechtsausübung der Verjährungseinrede
daher nur in Sonderfällen entgegengehalten werden. Eine restriktive Anwendung des §
242 BGB sei auch im Sozialversicherungsrecht geboten. So komme der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nur bei einem ersichtlich
groben Verstoß gegen Treu und Glauben in Betracht. So könne nach Auffassung dieser Kammer der mit dem Eintritt von Verjährung
geschaffene Rechtsfrieden im Hinblick auf den Grundsatz von Treu und Glauben von vornherein nur dann gebrochen werden, wenn
der Beitragsschuldner dem Gläubiger durch pflichtwidriges aktives Tun an der rechtzeitigen Geltendmachung des Anspruchs gehindert
habe oder er Rechtspflichten verletzt habe, die ihm gegenüber dem Gläubiger oblägen und die Pflichtverletzung außerdem in
einem inneren Sachzusammenhang mit der Verwirkung des Verjährungseinwandes stehe. Dabei könne es allein auf Pflichtverletzungen
im Rechtsverhältnis des Schuldners zum Gläubiger ankommen. Etwas anderes folge auch nicht aus der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 27. Juni 2012 - B 5 R 88/11 R - ). Denn der Kläger habe dargetan, dass der Eintritt der Verjährung nicht ausschließlich auf seinem Verhalten beruhe.
Vielmehr hätte die Beklagte selbst zu einem früheren Zeitpunkt eine umfassende Kontenprüfung und Feststellung der Versicherungszeiten
als Grundlage der Erstellung eines Versicherungsverlaufs durchführen müssen. Dabei wären ihr die fehlende Nachversicherung
für den streitgegenständlichen Zeitraum aufgefallen. Die Versicherte habe über den streitgegenständlichen Zeitraum hinaus
über weitere Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung verfügt. Der Beklagte habe keine Gründe anführen könne, weshalb
nicht bereits vor dem Schreiben der Beigeladenen vom 29. Mai 2010 wie vom Kläger dargestellt verfahren worden sei. Ein alleiniges
Verschulden des Klägers scheide damit aus.
Gründe für die Zulassung der Berufung bestünden nicht. Der Antrag auf Zulassung der Berufung sei der zutreffende Rechtsbehelf.
Der notwendige Streitwert für eine Berufung gemäß §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG sei nicht erreicht. Bei dem Streit um die Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen zwischen einem Bundesland und dem Rentenversicherungsträger
handele es sich um eine Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Auch wenn es sich
nicht um eine "typische" Erstattungsstreitigkeit im Sinne des §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG handele, sei bereits aus dem Normzweck heraus bei einer öffentlich - rechtlichen Streitigkeit zwischen zwei Körperschaften
des öffentlichen Rechts eine solche Streitwertbindung zu Grund zu legen. Gründe für die Zulassung der Berufung bestünden nicht.
Dem Urteil des SG war die Rechtsmittelbelehrung beigefügt, das den Beteiligten die Berufung gegen dieses Urteil nur zusteht, wenn sie nachträglich
zugelassen werde. Zu diesem Zweck könne die Nichtzulassung der Berufung mit der Beschwerde angefochten werden.
Die Beklagte hat zunächst gegen das ihr gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil des SG vom 18. Dezember 2013 am 20. März 2014 Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung beim Landessozialgericht erhoben.
Mit Schriftsatz vom 19. Juni 2014 - beim LSG eingegangen am 19. Juni 2014 - hat die Beklagte auch Berufung gegen das Urteil
des SG vom 18. Dezember 2013 erhoben.
Auf Hinweis des Senats mit Schreiben vom 9. Juli 2014, dass als gesetzlich vorgesehenes Rechtsmittel gegen das Urteil des
SG vom 18. Dezember 2013 die Berufung gegeben sei, hat die Beklagte mit Schreiben vom 21. Juli 2014 die Beschwerde gegen die
Nichtzulassung der Berufung zurückgenommen.
Zur Begründung der Berufung trägt sie vor, der Kläger dürfe sich nicht auf die Einrede der Verjährung berufen. Hierbei sei
dem BSG in seinem Urteil vom 27. Juni 2012 zu folgen. Danach stehe eine qualifizierte Untätigkeit einer Behörde einem eigenen positiven
Tun des Beitragsschuldners im Hinblick auf die Verwirkung der Einrede der Verjährung gleich. Dass die Beklagte ein Mitverschulden
an der verspäteten Forderung der Nachversicherungsbeiträge träfe, sei bei Berücksichtigung dieser Rechtsprechung des BSG nicht nachvollziehbar. Die Beigeladene habe - wozu sie nicht verpflichtet gewesen sei - die Beklagte erst im Jahre 2010 über
die nachversicherungspflichtige Dienstzeit informiert; zu diesem Zeitpunkt sei die Verjährungsfrist des §
25 Abs.
1 Satz 2
SGB IV bereits abgelaufen gewesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung führt er aus, das Urteil des SG sei zutreffend. Der Anspruch auf Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen sei verjährt und die Berufung auf den Eintritt der
Verjährung verstoße nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Das Urteil des SG stehe auch nicht im Widerspruch zur Entscheidung des BSG vom 27. Juni 2012. Schon der vorliegende Sachverhalt sei insofern nicht vergleichbar, als hier die Versicherte sowohl vor
als auch nach dem maßgeblichen Nachversicherungszeitraum gerade nicht versicherungsfrei beschäftigt gewesen sei. Vorliegend
sei auch nicht allein das Unterlassen des Klägers dafür ursächlich gewesen, dass die Beklagte von ihrem Anspruch keine Kenntnis
erlangt habe. Vielmehr sei es so gewesen, dass die Beklagte bei eigenem pflichtgemäßem Verhalten sämtliche relevanten Daten
gehabt hätte, um entsprechende verjährungsunterbrechende Maßnahmen vornehmen zu können. Hierzu werde auf den Schriftsatz vom
19. April 2013 verwiesen. Ein aktives Verhalten des Klägers, welches die Beklagte davon abgehalten hätte, die Geltendmachung
der Nachversicherungsbeiträge zu unterlassen, sei nicht erkennbar. Es fehle auch an der Verletzung eigener Pflichten des Kläger,
die einen ausreichenden Bezug zur Verjährung gehabt hätten. Vorliegend sei es durch das Unterlassen der Durchführung der Nachversicherung
lediglich zu einer Pflichtverletzung auf der Primärebene gekommen. Eine Pflichtverletzung auf der Sekundärebene liege nicht
vor.
Am 14. August 2014 ist die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert worden.
Die Beteiligten haben mit Schreiben vom 20. August, 28. August und 15. September 2014 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung
ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten sowie der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider
Rechtszüge, auf die Gerichtsakte des LSG - L 2 R 1365/14 NZB - und auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die nach den §§
143,
144,
151 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten nach den
§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig.
Die Berufung ist insbesondere fristgerecht eingelegt.
Gemäß §
66 Abs.
1 SGG beginnt die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf,
die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich
oder elektronisch belehrt worden ist. Ist die Belehrung unterblieben oder, was vorliegend gegeben ist, "unrichtig" erteilt,
so ist nach §
66 Abs.
2 Satz 1
SGG die Einlegung innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung der angegriffenen Entscheidung zulässig.
Unrichtig im Sinne des §
66 Abs.
2 Satz 1
SGG ist eine Rechtsbehelfsbelehrung, die nicht zutreffend über das Rechtsmittel belehrt, das von Gesetzes wegen gegeben ist.
Gemäß §
143 SGG ist gegen das Urteil des SG vom 18. Dezember 2013 die Berufung gegeben; unzutreffend ist deshalb die Belehrung im Urteil des SG insofern, als darüber belehrt worden ist, dass den Beteiligten die Berufung nur zusteht, wenn sie nachträglich zugelassen
wird und das für diesen Zweck die Nichtzulassung der Berufung mit der Beschwerde angefochten werden kann. Das SG hat irrtümlich darüber belehrt, dass gemäß §
145 Abs.
1 Satz 1
SGG die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht durch Beschwerde angefochten werden kann, weil es irrtümlich davon
ausgegangen ist, dass es im vorliegenden Rechtsstreit gemäß §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG um eine Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden geht und der Wert des
Beschwerdegegenstands 10.000,00 EUR nicht übersteigt. Bei dem Streit um die Durchführung der Nachversicherung zu Gunsten der
Beigeladenen handelt es sich jedoch nicht um eine Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen
Rechts oder Behörden. Bei §
144 Abs.
1 Nr.
2 SGG handelt es sich nicht - so wohl aber das SG in seinem Urteil - um eine allgemeine Bagatellgrenze für Streitigkeiten zwischen öffentlich-rechtlichen juristischen Personen.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat in seinem Urteil vom 24. Mai 2006 - B 3 KR 15/05 R - die Auffassung - dieser schließt sich der Senat an - vertreten, dass der Begriff "Erstattungsstreitigkeit" als Ausnahme
nicht weit, sondern eng auszulegen ist und daher nicht jeglichen Geldaustausch zwischen juristischen Personen des öffentlichen
Rechts oder Behörden umfasst, sondern nur Forderungen, die auf Erstattung von Kosten gerichtet sind. Es muss sich - so das
BSG - in jedem Fall um einen Streit handeln, in dem es um den Ausgleich von Kosten geht, die der Kläger gehabt hat. Hiervon ist
jedoch bei einem Streit um die Durchführung der Nachversicherung nicht auszugehen. Dieser ist kein Streit, der den wirtschaftlichen
Ausgleich zwischen Versicherungsträgern betrifft und sich damit befasst, den erstattungsberechtigten Leistungsträger so zu
stellen, wie er stehen würde, hätte er nicht gleistet. Im Hinblick auf die mit Bescheid vom 28. Januar 2011 der Beigeladenen
gewährten Regelaltersrente ab 1. November 2008 erbringt die Beklagte an die Beigeladene gerade keine Leistungen, die möglicherweise
vom Kläger zu erstatten wären, weil der der Beigeladenen gewährten Altersrente gerade die den Gegenstand des Nachversicherungsstreits
bildenden Beiträge nicht zu Grunde liegen.
II.
Die Berufung ist in der Sache auch begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht statt gegeben. Der Bescheid vom 27. Oktober 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in
seinen Rechten. Die Beklagte hat zu Recht Nachversicherungsbeiträge für die Nachversicherung der Beigeladenen für den Zeitraum
1. April 1976 bis 25. Juni 1977 erhoben. Die Einrede der Verjährung durch den Kläger ist rechtsmissbräuchlich und stellt eine
unzulässige Rechtsausübung dar.
Gemäß §
233 Abs.
1 Satz 1
SGB VI werden Personen, die vor dem 1. Januar 1992 aus einer Beschäftigung ausgeschieden sind, in der sie nach der jeweils geltenden,
den §§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 230 Abs. 1 Nr. 1 und 3 oder § 231 Abs. 1 Satz 1 sinngemäß entsprechenden Recht nicht
versicherungspflichtig, versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit waren, weiterhin nach den bisherigen Vorschriften
nachversichert, wenn sie ohne Anspruch oder Anwartschaft auf Versorgung aus der Beschäftigung ausgeschieden sind. §
233 Abs.
1 Satz 1
SGB VI ist eine Übergangsregelung zu §
8 SGB VI. Sie beruht auf dem allgemeinen Grundsatz des Sozialversicherungsrechts, das die im Zeitpunkt des unversorgten Ausscheidens
aus dem versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnis geltenden Vorschriften maßgeblich dafür sind, ob damit eine Verpflichtung
zur Nachversicherung eingetreten ist (KassKomm-Gürtner, §
233 SGB VI Rdnr. 2 f.). Hinsichtlich der Durchführung der Nachversicherung ist das ab 1. Januar 1992 geltende Recht maßgeblich. Dies
betrifft die Berechnung, Zahlung und Tragung der Nachversicherungsbeiträge. Denn nach §
277 SGB VI richtet sich die Durchführung der Nachversicherung von Personen, die vor dem 1. Januar 1992 aus einer nachversicherungspflichtigen
Beschäftigung ausgeschieden sind oder ihren Anspruch auf Versorgung verloren haben und bis zum 31. Dezember 1991 nicht nachversichert
worden sind, nach den vom 1. Januar 1992 an geltenden Vorschriften, soweit nicht nach Vorschriften außerhalb des
SGB VI anstelle einer Zahlung von Beiträgen für die Nachversicherung eine Erstattung der Aufwendungen aus der Nachversicherung vorgesehen
ist (Satz 1).
Die beigeladene Versicherte übte vom 1. April 1976 bis 25. Juni 1977 eine versicherungsfreie Tätigkeit aus. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 AVG waren Beamte des Bundes, der Länder, der Gemeindeverbände, der Gemeinden, der Träger der Sozialversicherung usw. solang sie
lediglich für ihren Beruf ausgebildet werden, versicherungsfrei. Für den Fall des unversorgten Ausscheidens aus einer versicherungsfreien
Beschäftigung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 AVG bestimmt § 9 Abs. 1 AVG, dass die Personen für die Zeit, in der sie sonst in der Rentenversicherung der Angestellten versicherungspflichtig gewesen
wären, nachzuversichern sind. Die Beigeladene ist am 25. Juni 1977 unversorgt aus der versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnis
ausgeschieden, sodass die Versicherungsfreiheit beendet war und die Nachversicherung durchzuführen war.
Der Nachversicherungsfall ist am 26. Juni 1977 eingetreten, da ein Aufschubgrund nicht vorlag. Bei einem Ausscheiden aus der
versicherungspflichtigen Beschäftigung vor dem 1. Januar 1992 bleiben nach §
233 Abs.
1 SGB VI die Aufschubgründe des derzeitigen Rechts maßgebend (Fink in Hauck/Noftz
SGB VI K §
277 Rdnr. 10). Die Nachentrichtung von Beiträgen war u.a. nach § 125 Abs. 1 Buchstabe b AVG aufgeschoben, solange die versicherungsfreie Beschäftigung nur vorübergehend unterbrochen wird. Die Beigeladene ist zwar
mit Wirkung vom 1. August 1980 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Realschullehrerin zur Anstellung ernannt
worden; die Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit erfolgte mit Wirkung vom 9. Februar 1981. Dies reicht jedoch für die Annahme
einer vorübergehenden Unterbrechung nach § 125 Abs. 1 Buchstabe b AVG nicht aus. Voraussetzung hierfür ist, dass Arbeitgeber und Beschäftigter sich bereits zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus
dem Beamtenverhältnis rechtsverbindlich über die Fortsetzung der Beschäftigung verständigt haben (vgl. BSG, Urteil vom 27. April 1982, 1 RA 33/81, SozR 2200 § 1403 Nr. 4). Der vorübergehende Charakter muss mit großer Sicherheit feststehen (BSG, Urteil vom 30. Juni 1983, 11 RA 34/82, SozR 5750 Art. 2 § 3 Nr. 5). Der Tatbestand der vorübergehenden Unterbrechung einer versicherungsfreien Beschäftigung verlangt daher einen
objektivierten Rückkehrwillen des Beschäftigten sowie die Absicht des Dienstherren, das Beschäftigungsverhältnis nach der
Unterbrechung fortzusetzen. Die Unterbrechung einer versicherungsfreien Beschäftigung - wie hier - von mehr als zwei Jahren
kann nicht mehr als nur vorübergehend im Sinne des § 125 Abs. 1 Buchstabe b AVG angesehen werden, sodass in solchen Fällen ein Aufschub der Nachversicherung nicht in Betracht kommt (BSG, Urteil vom 11. September 1980 - 1 RA 81/79 -, SozR 2200 § 1403 Nr. 2). Eine bereits zum damaligen Zeitpunkt rechtsverbindliche Verständigung über die Fortsetzung der
Beschäftigung ist nicht dargelegt.
Die Nachversicherungsbeiträge sind allerdings verjährt. Dies gilt unabhängig davon, ob eine vierjährige- oder eine 30-jährige
Verjährungsfrist gilt (vgl. § 25
SGB VI). Da die Nachversicherungsbeiträge bereits am 26. Juni 1977 fällig wurden, war auch die 30-jährige Verjährungsfrist abgelaufen,
als die Beklagte mit Schreiben vom 1. Oktober 2010 ein Verwaltungsverfahren zur Prüfung der Nachversicherung einleitete. Trotz
Verjährung ist der Kläger hinsichtlich der Nachversicherungsbeiträge nicht zur Leistungsverweigerung berechtigt. Die Erhebung
der Einrede der Verjährung durch den Kläger ist nach der Rechtsauffassung des Senats rechtsmissbräuchlich und stellt eine
unzulässige Rechtsausübung dar (zum Folgenden: BSG vom 27. Juni 2012 - B 5 R 88/11 R, m.w.N., veröffentlicht in [...] sowie LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 5. November 2013 - L 11 R 5180/12 - ). Das Rechtsinstitut der unzulässigen Rechtsausübung wegen Rechtsmissbrauchs ist eine aus dem Grundsatz von Treu und Glauben
im Sinne des §
242 BGB abgeleitete, der gesamten Rechtsordnung immanente Schranke, die auch im Bereich des Sozialrechts zu beachten ist. Regelmäßige
Voraussetzung für den Einwand unzulässiger Rechtsausübung ist, dass der Schuldner eine Tätigkeit entfaltet und Maßnahmen trifft,
die den Gläubiger veranlassen, verjährungsunterbrechende Schritte zu unterlassen, sei es auch nur, weil ihm in Folge eines
solchen Tuns Ansprüche unbekannt geblieben sind. Grundsätzlich hat allein der Nachversicherungsschuldner es in der Hand, ob
der Nachversicherungsgläubiger überhaupt von seinem Anspruch erfährt. Auch Sinn und Zweck der Nachversicherung sowie der systematische
Zusammenhang zwischen der Nachversicherung, den Tatbeständen der Versicherungsfreiheit oder der Befreiung von der Versicherungspflicht
begründen die Pflicht des Nachversicherungsschuldners, Nachversicherungsbeiträge rechtzeitig und zügig zu zahlen. Einer aktiven
Pflichtverletzung des Schuldners der Nachversicherungsbeiträge bedarf es nicht (vgl. BSG, a.a.O.). Auch der Nachversicherungsschuldner, dessen pflichtwidriges Unterlassen den Rentenversicherungsträger von der Geltendmachung
seines Beitragsanspruchs abgehalten hat, handelt grundsätzlich rechtsmissbräuchlich, wenn er sich dennoch auf Verjährung beruft.
Ein entsprechender Sachverhalt liegt hier vor. Allein der Kläger hat durch sein objektiv gesetzwidriges Verhalten bewirkt,
dass der Beklagten ihre Beitragsansprüche unbekannt geblieben sind und in Folge dieser Unkenntnis nicht rechtzeitig verjährungsunterbrechende
Maßnahmen eingeleitet hat. Da demnach das eigene pflichtwidrige Verhalten der Klägerin dafür ursächlich ist, dass die Verjährungsfrist
die Ansprüche der Beklagten abgelaufen ist, kann sich der Kläger nach Treu und Glauben auf den Ablauf der Verjährungsfrist
nicht berufen, weil dies mit seinem eigenen Verhalten nicht in Einklang stehen würde. Bei dieser Sach- und Rechtslage kommt
es auf ein Verschulden des Klägers nicht an.
Daran ändert sich nichts dadurch, dass der Beklagten - dies ist unstreitig - zum Zeitpunkt vor der Anfrage der Beigeladenen
im Jahre 2010 Versicherungskonten bekannt waren, die Entgelte der entsprechenden Versicherungskonten jedoch nicht in die Versicherungszeiten
eingespeist waren, wobei auch bereits in den Versicherungszeiten nichtgespeicherte Rentenzeiten vom 1. April 1959 bis 15.
März 1971 der Beklagten bekannt waren. Der Kläger vertritt hierzu die Auffassung, dass, wenn die Beklagte diese Zeiten pflichtgemäß
erfasst hätte, sie der Beigeladenen gemäß §
109 Abs.
1 Satz 2
SGB VI ( in der am 1. August 1996 in Kraft getretenen und bis 31. Dezember 2001 gültigen Fassung) eine Rentenauskunft hätte schicken
müssen, wobei diesbezüglich diese das 54. Lebensjahr bereits zum 24. Oktober 1997 vollendet hatte. Der Kläger ist der Auffassung,
dass spätestens zum damaligen Zeitpunkt die Beklagte hätte erkennen können, dass in den rentenrechtlichen Zeiten eine Lücke
vom 1. Oktober 1972 bis 31. März 1976 bestand. Mangels eingegebener Zeiten sowie mangels Versenden einer Rentenauskunft sei
es erst 2010 zur Kontenklärung gekommen. Bei entsprechendem pflichtgemäßem Verhalten der Beklagten selbst wäre es bereits
früher zu einer Kontenklärung gekommen und davon ausgehend hätte die Beklagte entsprechend früher verjährungsunterbrechende
Maßnahmen vornehmen können. In diesem Zusammenhang ist jedoch der Kläger darauf zu verweisen, dass allein maßgeblich die Verjährungsfrist
des §
25 Abs.
1 Satz 1
SGB IV von vier Jahren ist. Die Verjährungsfrist von 30 Jahren gemäß §
25 Abs.
1 Satz 2
SGB IV wäre nämlich nur bei vorsätzlichem Nichtdurchführen der Nachversicherung seitens des Klägers einschlägig. Der Kläger selbst
hat aber mehrfach vorgetragen, dass dem Unterlassen kein vorsätzliches "Handeln" des Klägers zu Grunde lag; hierfür gibt es
auch keinerlei sonstige Anhaltspunkte. Der Eintritt der Verjährung ausgehend von der hier einschlägigen vierjährigen Verjährungsfrist
war aber bereits mit Ablauf des 31. Dezember 1981 gegeben. Selbst der Kläger behauptet jedoch nicht - hierfür ist auch sonst
nichts ersichtlich - dass die Beklagte bei pflichtgemäßer Speicherung der Daten aus den Versicherungskonten in den Versicherungszeiten
der Beigeladenen gegenüber bis zum 31. Dezember 1981 eine Rentenauskunft hätte erteilen müssen - hierfür gab es keine gesetzliche
Grundlage, da nach § 104 Abs. 4 AVG eine Rentenauskunft erst mit Vollendung des 55. Lebensjahres zu erteilen war - oder das auf Grund sonstiger Umstände eine
Kontenklärung bis zum 31. Dezember 1981 hätte vorgenommen werden können oder gar müssen. Ein somit gegebenenfalls eigenes
pflichtwidriges Verhalten der Beklagten war somit nicht ursächlich dafür, dass die vierjährige Verjährungsfrist für die Ansprüche
bei der Beklagten abgelaufen ist. Diesbezüglich hat sich allein das pflichtwidrige Verhalten - Unterlassen der Durchführung
der Nachversicherung - des Klägers ausgewirkt.
Die Tatsache, dass der nachzuversichernde Zeitraum bei der beamtenrechtlichen Altersversorgung der Beigeladenen als ruhegehaltsfähige
Dienstzeit berücksichtigt wird und dieser daher nach derzeitigem Stand durch das Unterlassen des Klägers keine Nachteile entstehen,
vermag eine Ausnahme vom Grundsatz der Rechtsmissbräuchlichkeit des Unterlassens nicht zu begründen. Dadurch ist auch der
einmal eingetretene Nachversicherungsfall nicht nachträglich wieder beseitigt worden. Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 27. Juni 2012 (B 5 R 88/11 R, a.a.O.) zwar ausgeführt, dass es der Zweck der Verjährung, Rechtsfrieden und Rechtssicherheit des Rechtsverkehrs, gebiete,
bei der Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit strenge Maßstäbe anzulegen und der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nur
gegenüber einem wirklich groben Verstoß gegen Treu und Glauben durchgreifen zu lassen sei. Bei der Beurteilung des Verhaltens
des Nachversicherungsschuldners müssten auch Sinn und Zweck der Nachversicherung sowie der systematische Zusammenhang zwischen
der Nachversicherung und den Tatbeständen der Versicherungsfreiheit bzw. der Befreiung von der Versicherungspflicht beachtet
werden. Erst mit der wirksamen Zahlung der Nachversicherungsbeiträge erwerbe der zuvor versicherungsfrei Beschäftigte den
Versichertenstatus und damit den Versicherungsschutz. Danach wäre die Beigeladene im vorliegenden Fall nicht schutzbedürftig,
da ihr der nachzuversichernde Zeitraum im Rahmen der beamtenrechtlichen Altersversorgung anerkannt wird. Der Schutz des Versicherten
ist jedoch nach den Ausführungen des BSG nicht alleiniger Sinn und Zweck der Nachversicherung. Die Nachversicherung dient zudem in dem im Umlageverfahren finanzierten
System der gesetzlichen Rentenversicherung dazu, die Solidarlast zu tragen. Die Pflicht zur rechtzeitigen, also unverzüglichen
Zahlung der Nachversicherungsbeiträge besteht demnach nicht nur im Interesse des einzelnen Beschäftigten, sondern auch im
Interesse der Solidargemeinschaft der Versicherten. Verletzt ein - zumal öffentlich - rechtlicher Arbeitgeber - diese Beitragspflicht,
ist ihm grundsätzlich und in aller Regel allein wegen dieses Unterlassens die Verjährungseinrede verwehrt. Die Tatsache, dass
die Nachversicherung nicht zum Schutz des Versicherten erforderlich ist, begründet danach keine Ausnahme von der grundsätzlichen
Rechtsmissbräuchlichkeit des Unterlassens.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a Abs. 1 Satz 1
SGG, 154 Abs.
2 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO). Gerichtskosten sind nach § 2 Abs. 5 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) vom Kläger allerdings nicht zu erheben, da er nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GKG von der Zahlung der Kosten befreit ist. Die Kosten der Beigeladenen hat der Kläger nicht zu tragen, da die Beigeladene keinen
Antrag gestellt hat und somit kein Kostenrisiko eingegangen ist.
Die Festsetzung des Streitwerts i. H. v. 5.000,00 EUR jeweils für das Klage- und das Berufungsverfahren beruht auf §
197a Abs.
1 SGG sowie §§
1 Abs.
2 Nr.
3, 63 Abs. 1 Satz 1, 6 Abs. 1 Nr. 4, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Da der Kläger seitens der Beklagten unwidersprochen vorgetragen hat, dass die Höhe der Nachversicherungsbeiträge nicht
berechenbar ist, war auf den "Auffangstreitwert" von 5.000,00 EUR zurückzugreifen.