Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II; Verwertbarkeit einer Lebensversicherung als anrechenbares Vermögen
Tatbestand
Der Kläger erhebt Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis 31. Januar 2010.
Der 1963 geborene, alleinstehende Kläger durchlief von März 1980 bis Juli 1983 eine Ausbildung zum Maschinenschlosser; seinem
Vorbringen zufolge konnte er nach der Bundeswehrzeit (Januar 1984 bis September 1985) wegen Knieproblemen nicht in seinen
Beruf zurückkehren. Als Grenzgänger war der Kläger in der Folgezeit nach seinen Angaben mehrere Jahre in der S. beruflich
tätig. Im Bundesgebiet rentenversicherungspflichtig beschäftigt war er sodann wieder im Januar 1990 sowie von Mitte März 1990
bis Mitte Oktober 1992, von Dezember 1992 bis Juli 1994 und von Januar bis April 1995. Dem Rentenversicherungsträger gemeldete
Zeiten der Arbeitslosigkeit bestanden Anfang Januar 1990, von Anfang Februar bis Mitte März 1990, von Mitte Oktober bis Ende
November 1992, von August bis Dezember 1994 sowie von Oktober 1997 bis Mitte Februar 2000. Während der letztgenannten Zeit
der Arbeitslosigkeit absolvierte der Kläger von Ende Juli 1998 bis Ende März 1999 eine von der Arbeitsverwaltung geförderte
Weiterbildung im IT-Bereich. Von Mitte Februar 2000 bis Ende November 2001 war der Kläger wiederum rentenversicherungspflichtig
beschäftigt. Ab Mitte Dezember 2001 bis Ende September 2003 stand er erneut im Bezug von Leistungen wegen Arbeitslosigkeit.
Von Oktober 2003 bis Mai 2007 war der Kläger im Rahmen einer sog. "Ich-AG" selbständig tätig und bezog von der Bundesagentur
für Arbeit bis Ende September 2006 einen Existenzgründungszuschuss. Nach nochmaliger Arbeitslosigkeit mit Leistungsbezug (Juni
2007) arbeitete der Kläger von Juli 2007 bis Juli 2008 rentenversicherungspflichtig als IT-Servicetechniker. Anschließend
bezog er von August 2008 bis Juni 2009 Arbeitslosengeld nach dem
Dritten Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III). Vom 1. Februar bis 31. Mai 2010 stand er in einem befristeten Beschäftigungsverhältnis im Bundesgebiet. Nach - dem Rentenversicherungsträger
gemeldeter - Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug (Juni und Juli 2010) nahm der Kläger noch im Jahr 2010 eine Beschäftigung
als IT-Administrator in der S. auf.
Der Kläger bewohnt seit 2007 eine Erdgeschosswohnung in A. (5 Räume, Wohnfläche 100 m2; bezugsfertig seit 1970), für die er ausweislich einer Bescheinigung der Vermieterin vom 24. Juni 2009 eine monatliche Kaltmiete
von 350,00 Euro sowie monatliche Nebenkostenvorauszahlungen von 150,00 Euro aufzuwenden hatte.
Im November 1985 (mit Änderung vom April 1987) hatte der Kläger mit der ÖVA einen Lebensversicherungsvertrag (Nr. 86688300000)
über eine Versicherung auf den Erlebensfall mit Leistungen bei Berufsunfähigkeit abgeschlossen, welcher später von der SV-Versicherung
übernommen wurde. Als Versicherungsleistungen vereinbart waren seiner- zeit - bei einem Vertragsbeginn vom 1. November 1985
sowie einem Vertragsablauf vom 31. Oktober 2022 - eine Kapitalleistung bei Vertragsablauf von 72.463,00 DM (= 37.050,00 Euro)
sowie eine Berufsunfähigkeitsrente von (vierteljährlich) 2.173,89 DM (= 1.111,50 Euro). Der Rückkaufswert der Lebensversicherung
betrug zum 30. Juni 2009 20.447,00 Euro; bis dahin hatte der Kläger insgesamt 20.637,41 Euro an Beiträgen (zuletzt monatlich
98,10 Euro) aufgewandt. Zum 1. November 2009 entnahm er dem Vertrag (im Wege des Teilrückkaufs) ein Guthaben von 10.300,00
Euro; dies führte dazu, dass sich die garantierte Versicherungssumme von 37.050,00 Euro auf 30.601,00 Euro und die versicherte
garantierte Berufsunfähigkeitsrente von vierteljährlich 1.111,50 Euro auf vierteljährlich 918,03 Euro reduzierte. Eine weitere
Lebensversicherung existierte bei der G. Nr. 2543604;. Aus den vom Kläger vorgelegten Kontoauszügen ergeben sich insoweit
für die Monate Januar bis Juni 2009 Beitragszahlungen in Höhe von monatlich 50,86 Euro; der Rückkaufswert dieser Lebensversicherung
belief sich zum 1. Oktober 2009 lediglich auf 17,00 Euro. Aus Lottogewinnen bei der L. waren dem Girokonto des Klägers bei
der Sparkasse R. (Nr. 7121734) am 5. Mai 2009 2.777,50 Euro und am 13. Juli 2009 4.758,20 Euro gutgeschrieben worden. Der
Kontostand des Girokontos belief sich am 16. Juni 2009 auf 2.772,84 Euro und am 13. Juli 2009 (unter Einschluss des ausgezahlten
Lottogewinns) auf 6.864,52 Euro.
Bereits am 16. Juni 2009 hatte der Kläger beim Rechtsvorgänger des Beklagten, dem Job-Center Landkreis K. (i.F.: ebenfalls
Beklagter), zum 1. Juli 2009 die vorliegend streitgegenständlichen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem
SGB II beantragt. An Vermögen gab er unter dem 26. Juni 2009 ein Guthaben auf dem Girokonto bei der Sparkasse R. (Nr. 7121734) von
2.700,00 Euro, einen Kontostand von 0,00 Euro auf dem weiteren Konto bei der Sparkasse R. (Nr. 1012005417), Bargeld in Höhe
von 200,00 Euro sowie den Rückkaufswert der Lebensversicherung bei der SV-Versicherung an.
Der Beklagte errechnete darauf ein vorhandenes Vermögen von 23.219,84 Euro (Rückkaufswert der Lebensversicherung 20.447,00
Euro; Girokontoguthaben 2.772,84 Euro). Mit Bescheid vom 17. August 2009 lehnte er den Antrag ab, weil das zu berücksichtigende
Vermögen die Freibeträge von insgesamt 7.650,00 Euro übersteige und der Kläger damit nicht hilfebedürftig sei. Mit seinem
Widerspruch machte der Kläger unter Vorlage einer Bestätigung der SV-Versicherung vom 3. September 2009 geltend, die Auflösung
der dortigen Lebensversicherung sei unwirtschaftlich, weil bis zum 30. September 2009 bereits Beiträge in Höhe von 20.931,71
Euro gezahlt worden seien. Eine "Riester-Rente oder ähnliches" habe er nicht abgeschlossen, da er bereits eine kapitalbildende
Lebensversicherung gehabt habe, die seine "Alterssicherung" darstelle. Zu der Lebensversicherung bei der G. gab er auf Vorhalt
der aus den Kontoauszügen ersichtlichen Beitragszahlungen (Schreiben des Beklagten vom 26. August und 15. September 2009)
an, er habe diese Lebensversicherung bereits im Jahr 2007 gekündigt gehabt und jetzt abermals gekündigt. Mit Widerspruchsbescheid
vom 22. Oktober 2009 wurde der Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, der Rückkaufswert der Lebensversicherung bei
der SV-Versicherung übersteige den Freibetrag deutlich; die Verwertung der Lebensversicherung sei ferner nicht unwirtschaftlich
und dem Kläger zumutbar.
Deswegen hat der Kläger am 30. Oktober 2009 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Er hat geltend gemacht, wegen Ausbleibens des Arbeitslosengeldes II gezwungen gewesen zu sein, Mittel aus der Lebensversicherung
für seinen Lebensunterhalt zu entnehmen, sodass sich der Rückkaufwert aktuell nur noch auf etwa 10.000,00 Euro belaufe. Damit
liege eine "erhebliche Einflussnahme" des Beklagten auf seine Alterssicherung vor. Ab Oktober 2003 sei er mit einer Ich-AG
selbständig tätig sowie zuvor sieben Jahre in der S. beschäftigt gewesen und habe in diesen Zeiten keine Beiträge zur gesetzlichen
Rentenversicherung gezahlt; als ehemaliger Grenzgänger und später Selbständiger habe er "vorsorglich" eine kapitalbildende
Lebensversicherung abgeschlossen, die die "Ausfallzeiten" in der Rentenversicherung habe kompensieren sollen. Zum Zeitpunkt
des Vertragsabschlusses im Jahr 1985 hätten Kapitallebensversicherungen als die beste Möglichkeit gegolten, für das Alter
zusätzlich vorzusorgen; der Vorsorgecharakter werde schlussendlich auch dadurch deutlich, dass die Versicherung nicht nur
der Altersvorsorge, sondern auch der Absicherung gegen Berufsunfähigkeit habe dienen sollen. Auf die Absicherung durch die
Lebensversicherung habe er sich im Verlauf seines Erwerbslebens in der Hoffnung verlassen, durch diese Versicherung einen
unterdurchschnittlichen Verdienst, eine selbständige Tätigkeit oder auch Zeiten der Arbeitslosigkeit bewältigen zu können.
Die Verwertung der Lebensversicherung stelle für ihn eine besondere Härte im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II dar. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Mit Urteil vom 26. Oktober 2011 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Verwertung der Lebensversicherung
sei nicht nach § 12 Abs. 2 SGB II ausgeschlossen; ebenso wenig lägen die Voraussetzungen des Abs. 3 Satz 1 Nrn. 3 und 6 der Vorschrift vor. Ein Verlust von
weniger als 10 % der eingezahlten Beiträge sei grundsicherungsrechtlich hinzunehmen; ferner scheide eine besondere Härte aus,
weil der Kläger im streitbefangenen Zeitraum noch rund 20 Jahre vom regulären Rentenbezugsalter entfernt gewesen und eine
Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt - wie auch die seit Februar 2010 aufgenommene Erwerbstätigkeit belege - nicht ausgeschlossen
sei.
Gegen dieses den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 15. Dezember 2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 16. Januar
2012 (Montag) beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung. Zur Begründung hat der Kläger vorgebracht, er sei zum Zeitpunkt
der Antragstellung beim Beklagten und während des gesamten Verwaltungsverfahrens davon ausgegangen, dass die Lebensversicherung
auf Grund seiner früheren selbständigen Tätigkeit nicht verwertbar sei bzw. eine Pflicht zur Verwertung nicht bestanden habe.
Sein Leistungsantrag sei "ohne Beratung oder Hinweis auf die Problematik mit der Lebensversicherung" abgelehnt worden, sodass
er keine Chance gehabt habe, die Lebensversicherung bei der SV-Versicherung nach § 165 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) der Verwertung zu entziehen. Er habe, gerade weil die Lebensversicherung eine von der Gesellschaft und Rechtsordnung anerkannte
Form der Alterssicherung sei, geglaubt, nicht weiter aktiv werden zu müssen. Die Lebensversicherung bei der G. sei im Übrigen
bereits lange Zeit vor dem Antrag auf Leistungen nach dem SGB II "befristet stillgelegt" und das Guthaben schon etwa ein Jahr vor dem Leistungsantrag ausgezahlt worden. Die befristete Stilllegung
sei zu einem Zeitpunkt ausgelaufen, als er die vorstehenden Leistungen bereits beantragt gehabt habe; ihm sei sodann mangels
ausreichender Mittel zur Weiterführung der Versicherung nur die Kündigung geblieben. Der Abschluss der Lebensversicherung
bei der SV-Versicherung zum Zwecke der Altersvorsorge werde aus dem Gesamtzusammenhang deutlich; zum Zeitpunkt der Auszahlung
der Lebensversicherung werde er etwa 60 Jahre alt sein. Außerdem sei vom SG nicht beachtet worden, dass er seinen Berufsunfähigkeitsschutz auf Grund der gezwungenermaßen erfolgten Verwertung der Lebensversicherung
verloren oder sich dieser zumindest deutlich reduziert habe; denn in der gesetzlichen Rentenversicherung gebe es für ihn (Jahrgang
1963) keinen Berufsunfähigkeitsschutz mehr. Die Gutschrift über den Lottogewinn von 4.758,20 Euro habe er dem Beklagten noch
am 13. Juli 2009 gemeldet; diesen Betrag habe er für seinen laufenden Unterhalt und die sonstigen laufenden Kosten verwendet,
nachdem er vom Beklagten keine Zahlungen erhalten habe. Der Kläger hat den Versicherungsschein der ÖVA vom 27. Mai 1987 sowie
eine Bestätigung der SV-Versicherung vom 27. Juli 2012 zur garantierten Versicherungssumme und der garantierten Berufungsunfähigkeitsrente
nach Entnahme eines Guthabens von 10.300,00 Euro zum 1. November 2009 zu den Akten gereicht.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26. Oktober 2011 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom
17. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Oktober 2009 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Juli
2009 bis 31. Januar 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend. Die Lücken im Versicherungsverlauf des
Klägers seien nicht so gravierend, dass von einer besonderen Härte ausgegangen werden müsse. Die Gründe, die den Kläger bewogen
hätten, von einem Verwertungsausschluss abzusehen, erschienen nicht nachvollziehbar. Der Antrag des Klägers hätte im Übrigen
schon allein wegen des Lottogewinns abgelehnt werden müssen, denn auf Grund dieser einmaligen Einnahme sei er bis Dezember
2009 nicht hilfebedürftig gewesen.
Der Senat hat von der SV-Versicherung die Auskunft vom 17. April 2012 und von der Deutschen Rentenversicherung (Bereich Auslandsrenten)
die Auskunft vom 7. Mai 2012 nebst einem Versicherungsverlauf eingeholt.
Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß §
151 Abs.
1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§
143 SGG), weil die Berufungsausschlussgründe des §
144 Abs.
1 Satz 1
SGG nicht entgegenstehen. Bei überschlägiger Berechnung (vgl. hierzu Bundessozialgericht <BSG> SozR 4-4300 § 64 Nr. 1 <Rdnr.
13>) ist davon auszugehen, dass zu dem maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungseinlegung der Wert des Beschwerdegegenstandes mehr
als 750,00 Euro betragen hat (§
144 Abs.
1 Satz 1
SGG). Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
nach dem SGB II in der allein noch streitbefangenen Zeit vom 1. Juli 2009 bis 31. Januar 2010.
Das beklagte Jobcenter (§ 6d SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010
<BGBl. I S. 1112>) ist gemäß § 76 Abs. 3 Satz 1 SGB II mit Wirkung vom 1. Januar 2011 als Rechtsnachfolger an die Stelle des bisher beklagten Job-Centers getreten (vgl. BSGE 107,
217 = SozR 4-4200 § 26 Nr. 1 <jeweils Rdnr. 9>). Zutreffend hat deshalb bereits das SG das Rubrum von Amts wegen berichtigt.
1.) Der Kläger hat in der streitbefangenen Zeit keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem
SGB II (vgl. § 19 SGB II in der Fassung des Fortentwicklungsgesetzes vom 20. Juli 2006 <BGBl. I S. 1706>). Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II (in der Fassung des Gesetzes vom 23. Dezember 2007 <BGBl. I S. 3254) ist neben dem Lebensalter (Nr. 1), der Erwerbsfähigkeit (Nr. 2) sowie dem gewöhnlichen Aufenthalt im Inland (Nr. 4) - all
das steht hier zu Recht nicht im Streit - Voraussetzung für eine Leistungsberechtigung die Hilfebedürftigkeit (Nr. 3). An
der Hilfebedürftigkeit des Klägers als grundlegender Leistungsvoraussetzung (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II) mangelt es indessen im vorliegend umstrittenen Zeitraum. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt
der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor
allem nicht (1.) durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, (2.) aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern
kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen
erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II in der Fassung des Fortentwicklungsgesetzes). Zur Prüfung der Hilfebedürftigkeit sind dem Bedarf die zu dessen Sicherung
zu berücksichtigenden und zur Verfügung stehenden Bedarfsdeckungsmöglichkeiten gegenüberzustellen.
Der Bedarf des alleinstehenden Klägers hat sich in der streitbefangenen Zeit vom 1. Juli 2009 bis 31. Januar 2010 aus der
Regelleistung in Höhe von 359,00 Euro (§ 20 Abs. 1 und 2 Satz 1 SGB II <in der Fassung des Fortentwicklungsgesetzes> i.V.m. der Bekanntmachung der Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung
vom 17. Juni 2009 <BGBl. I S. 1342> sowie den Kosten für die Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 2008 <BGBl. I S. 2917>) zusammengesetzt; diese Aufwendungen haben, legt man
zu Gunsten des Klägers die von ihm dem Beklagten am 2. Juli 2009 vorgelegte Bescheinigung seiner Vermieterin vom 24. Juni
2009 zugrunde, insgesamt monatlich 500,00 Euro betragen. Anhaltspunkte für Mehrbedarfe (§ 21 SGB II) sind nicht ersichtlich, sodass günstigenfalls von einem monatlichen Gesamtbedarf von 859,00 Euro auszugehen ist.
Vorliegend war beim Kläger Vermögen, aber auch Einkommen vorhanden, mit dem er seinen Bedarf in der streitbefangenen Zeit
decken konnte. Die Berücksichtigung von Einkommen ist in § 11 SGB II (in der hier maßgeblichen Fassung durch das Elterngeldgesetz vom 5. Dezember 2006 <BGBl. I S. 2748>), die Berücksichtigung
von Vermögen in § 12 SGB II (in der Fassung des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007 <BGBl. I S. 554>) - beide jeweils i.V.m. § 13 SGB II (in der Fassung des 7.
SGB III-Änderungsgesetzes vom 8. April 2008 <BGBl. I S. 681>) und der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) vom 17. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2942; in den Fassungen der Verordnungen vom 18. Dezember 2008 <BGBl. I S. 2780> und vom 23. Juli 2009 <BGBl. I S. 2340>) - geregelt.
Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert. Gemäß § 12 Abs. 1 SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen.
2.) Bereits die kapitalbildende Lebensversicherung des Klägers bei der SV-Versicherung hat zur Bedarfsdeckung in der Zeit
vom 1. Juli 2009 bis 31. Januar 2010 ausgereicht; deren Rückkaufswert als der vorliegend maßgebliche Verkehrswert im Sinne
von § 12 Abs. 4 Satz 1 SGB II, § 8 Alg II-V (vgl. dazu etwa BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012 - B 4 AS 29/12 R - <[...] Rdnr. 13>) hat zum Zeitpunkt der Antragstellung im Juni 2009 20.447,00 Euro betragen. Die Lebensversicherung war
auch verwertbar. Vermögen ist verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden können. Der Begriff
der Verwertbarkeit ist ein rein wirtschaftlicher und beurteilt sich sowohl nach den tatsächlichen als auch den rechtlichen
Verhältnissen (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BSG SozR 4-4200 § 12 Nr. 15 <Rdnrn. 17 f.>; BSG SozR 4-4200 § 12 Nr. 20 <Rdnr. 15>; BSGE 115, 148 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 23 <jeweils Rdnr. 22>). Tatsächlich nicht verwertbar sind danach Vermögensgegenstände, für die in
absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, etwa weil Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind oder weil
sie über den Marktwert hinaus belastet sind. Rechtlich nicht verwertbar ist ein Vermögensgegenstand, für den Verfügungsbeschränkungen
bestehen, deren Aufhebung der Inhaber nicht erreichen kann.
Tatsächliche oder rechtliche Hindernisse, die eine Verwertung der Lebensversicherung bei der SV-Versicherung schlechterdings
unmöglich gemacht hätten, liegen nicht vor. Der Kläger hat die Lebensversicherung, wie die am 1. November 2009 im Wege der
Vertragsänderung erfolgte Auszahlung eines Guthabens von 10.300,00 Euro durch die SV-Versicherung gezeigt hat, innerhalb von
rund viereinhalb Monaten nach der Beantragung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II verwerten können, und zwar durch teilweisen Rückkauf. Das belegt, dass von einer solchen kurzfristigen Verwertungsmöglichkeit
bereits im Rahmen der bei Antragstellung anzustellenden Prognose (vgl. etwa BSG SozR 4-4200 § 12 Nr. 19 <Rdnrn. 20 f.; BSGE 115, 148 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 23 <jeweils Rdnr. 32>) realistischerweise auszugehen war. Damit scheidet auch die Regelung des § 9 Abs. 4 SGB II aus, sodass eine darlehensweise Leistungsgewährung, die der Kläger im Übrigen so nie verlangt hat, nicht in Betracht kommt.
Ohnehin konnte der Kläger die Zeit bis zum 1. November 2009 durch den ihm im Juli 2009 zugeflossenen Lottogewinn in Höhe von
4.758,20 Euro "überbrücken" (vgl. hierzu nachstehend unter 3.).
a) Der Verkehrswert der Lebensversicherung hat die Freibetragsgrenzen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 4 SGB II bei Weitem überschritten; der Grundfreibetrag hat sich bei dem im März 1963 geborenen Kläger auf 6.900,00 Euro (150,00 Euro
x 46 Lebensjahre) und der Freibetrag für notwendige Anschaffungen auf 750,00 Euro, insgesamt also 7.650,00 Euro, belaufen.
Diese Freibeträge waren im Übrigen - ausgehend von dem Rückkaufswert der Lebensversicherung zum 30. Juni 2009 von 20.447,00
Euro - selbst dann nicht unterschritten, nachdem sich der Kläger von der SV-Versicherung zum 1. November 2009 ein Guthaben
von 10.300,00 Euro hatte auszahlen lassen. Eine Schonung der Lebensversicherung nach § 7 Abs. 1 Alg II-V war, was der Kläger auch selbst nicht geltend gemacht hat, nicht gegeben.
b) Die Lebensversicherung bei der SV-Versicherung war nicht mit dem die obengenannten Freibeträge überschießenden Anteil nach
§ 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II geschützt, denn um eine nach Bundesrecht (§
10a oder nach dem XI. Abschnitt des
Einkommensteuergesetzes; sog. "Riester-Anlageform") geförderte Anlageform oder einen sonstigen nach § 5 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifizierten Altersvorsorgevertrag hat es sich - was auch der Kläger nicht in Abrede stellt - gerade nicht gehandelt (vgl.
hierzu BSGE 100, 196 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 8 <Rdnr. 18>; BSG, Urteil vom 15. April 2008 - B 14/7b 52/06 R - <[...] Rdnr. 20>; BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012 a.a.O. <Rdnrn. 16 ff.>). Welche Gründe den Kläger dazu bewogen haben, sich nicht durch eine
entsprechende Zusatzaltersvorsorge abzusichern, ist unerheblich. Er kann jedenfalls nicht verlangen, dass das von ihm ab 1985
angesparte Vermögen aus der Lebensversicherung unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten mit den Sicherungsformen des § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II gleichgesetzt werde (vgl. BSGE 100, 196 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 8 <jeweils Rdnrn. 19 ff.>; BSG, Urteil vom 15. April 2008 a.a.O. <Rdnrn. 21 ff.>).
c) Auf eine Vermögensschonung nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II vermag sich der Kläger gleichfalls nicht zu berufen. Danach sind vom Vermögen abzusetzen geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge
dienen, soweit der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten
kann und der Wert der geldwerten Ansprüche 250,00 Euro je vollendetem Lebensjahr des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, höchstens
jeweils 16.500,00 Euro nicht übersteigt. Einen Verwertungsausschluss (bis 31. Dezember 2007 § 165 Abs. 3 VVG in der Fassung der Gesetze vom 24. Dezember 2003 <BGBl. I S. 2954> und vom 2. Dezember 2006 <BGBl. I S. 2742>; ab 1. Januar
2008 § 168 Abs. 3 VVG in der Fassung des Gesetzes vom 10. Dezember 2007 <BGBl. I S. 2833>) hat der Kläger indessen mit der SV-Versicherung nicht
vereinbart. Auf die Gründe, warum dies nicht geschehen ist, kommt es auch hier nicht an. Der Kläger kann ferner nicht so gestellt
werden, als ob er in der streitbefangenen Zeit einen Verwertungsausschluss vereinbart gehabt hätte, denn eine nachträgliche
Herstellung des Verwertungsausschlusses für abgelaufene Zeiträume ist - ungeachtet der Beratungspflichten des Grundsicherungsleistungsträgers
- nicht möglich (vgl. BSG SozR 4-1200 § 14 Nr. 10 <Rdnrn. 13 ff.>; BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012 a.a.O. <Rdnrn. 20 ff.>).
d) Ferner kommt ein Verwertungsschutz der Lebensversicherung des Klägers nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II nicht in Betracht. Nach dieser Bestimmung sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen als vom Inhaber für die Altersvorsorge
bestimmt bezeichnete Vermögensgegenstände in angemessenem Umfang, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige oder sein Partner
von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind. Der Kläger ist dem nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II privilegierten Personenkreis nicht unterfallen, weil er ausweislich der Auskunft der Deutschen Rentenversicherung vom 7.
Mai 2012 nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (§§
6,
231 des
Sechsten Buches Sozialgesetzbuch <SGB VI>) befreit gewesen ist. Die Befreiung von der Versicherungspflicht nach den genannten Bestimmungen ist jedoch Voraussetzung
für den Privilegierungstatbestand des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II (vgl. <auch zum Verhältnis zur Versicherungsfreiheit von Selbständigen> BSGE 100, 196 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 8 <jeweils Rdnrn. 22 ff.>; BSG, Urteil vom 15. April 2008 a.a.O. <Rdnrn. 24 ff.>; BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012 a.a.O. <Rdnr. 24>). Das war beim Kläger indes zu keinem Zeitpunkt der Fall. Vielmehr unterlag
er während der Zeiten seiner abhängigen Beschäftigung im Bundesgebiet gegen Arbeitsentgelt der Versicherungspflicht nach §
1 Satz 1 Nr.
1 SGB VI (bis 31. Dezember 1991: § 1227 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der
Reichsversicherungsordnung <RVO>), während der Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld und Unterhaltsgeld (ab Oktober 1992) der Versicherungspflicht
nach §
3 Satz 1 Nr. 1
SGB VI und während der Zeit des dreijährigen Bezugs des Existenzgründungszuschusses (§ 421l
SGB III) der Versicherungspflicht nach §
2 Satz 1 Nr. 10
SGB VI (in der bis 31. März 2012 geltenden Fassung); für die Zeit von Januar 1984 bis September 1985 war eine Nachversicherung (§
1232
RVO) durchgeführt worden.
e) Die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 1 SGB II (offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung) sind gleichfalls nicht erfüllt. Nach der ständigen höchstrichterlichen
Rechtsprechung (vgl. etwa BSGE 100, 196 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 8 <jeweils Rdnrn. 34 ff.>; BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012 a.a.O. <Rdnr. 29>; BSGE 115, 148 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 23 <jeweils Rdnrn. 35 ff.>), welcher sich der Senat anschließt, liegt eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit
vor, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu verwertenden Vermögensgegenstandes
steht; umgekehrt ist eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Vermögensverwertung nicht gegeben, wenn das Ergebnis der
Verwertung vom wirklichen Wert nur geringfügig abweicht. Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Verwertung ist auf das ökonomische
Kalkül eines rational handelnden Marktteilnehmers abzustellen; mithin ist zu ermitteln, welchen Verkehrswert der Vermögensgegenstand
gegenwärtig auf dem Markt hat. Dieser gegenwärtige Verkaufspreis ist dem Substanzwert gegenüber zu stellen, wobei sich der
Substanzwert bei einem Lebensversicherungsvertrag aus den eingezahlten Beiträgen und der Verkehrswert aus dem Rückkaufswert
der Versicherung (einschließlich der Überschussanteile) ergibt. Für das Kriterium der "offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit"
maßgeblich abzustellen ist mithin auf die Verlustquote zwischen dem Substanzwert (= eingezahlte Beiträge) und dem Verkehrswert
der Lebensversicherung (= Rückkaufswert). Von einer Unzumutbarkeit der Verwertung ohne Ermittlung weiterer Umstände ist die
Rechtsprechung bei Verlustquoten von 48,2 % (BSGE 99, 77 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 5 <jeweils Rdnr. 23>), von 44,26 % (BSGE 115, 148 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 23 <jeweils Rdnr. 37>) sowie von 42,7 % und 26,9 % (BSG SozR 4-4200 § 12 Nr. 9 <Rdnr. 20>) ausgegangen, während eine Verlustquote von 12,9 % (BSGE 99, 77 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 5 <jeweils Rdnr. 23>), von 8,49 % (BSG, Urteil vom 15. April 2008 - B 14 AS 27/07 R - <[...] Rdnr. 43>) sowie von deutlich unter 10 % (BSG SozR 4-1200 § 14 Nr. 10 <Rdnr. 18>) als hinnehmbar betrachtet worden sind.
So liegt der Fall auch hier. Der Summe der vom Kläger in der Zeit vom 1. November 1985 bis 30. Juni 2009 zu seiner Lebensversicherung
bei der SV-Versicherung eingezahlten Beiträge von 20.637,41 Euro stand hier am 30. Juni 2009 ein Rückkaufswert von 20.447,00
Euro gegenüber; dies entspricht einer Verlustquote von weniger als 1 %. Die Verwertung der Lebensversicherung war dem Kläger
mithin bei der vorzunehmenden Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls wirtschaftlich zumutbar. Eine wesentliche Änderung
im Sinne des § 12 Abs. 4 Satz 3 SGB II hat sich auch nicht dadurch ergeben, dass sich der Kläger von der SV-Versicherung zum 1. November 2009 im Wege des Teilrückkaufs
einen Betrag von 10.300,00 Euro hat auszahlen lassen. Denn die vom Kläger auch nach der Antragstellung beim Beklagten weitergezahlten
Beiträge (Gesamtbeitragszahlung bis einschließlich September 2009 20.931,71 Euro) sind in dem Verhältnis reduziert anzusetzen,
in dem der Auszahlungsbetrag zu dem am 30. Juni 2009 von der SV-Versicherung errechneten Rückkaufswert von 20.447,00 Euro
steht (d.s. rund 50,37 %), sodass ab 1. November 2009 von einer auf diesen Prozentsatz geminderten Beitragszahlung auszugehen
ist (vgl. zu einer solchen Rechenoperation im Fall der Beleihung einer Lebensversicherung BSGE 100, 196 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 8 <jeweils Rdnr. 35>; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Auflage, § 12 Rdnr. 113). Dem um rund die Hälfte verringerten Verkehrswert der Lebensversicherung am genannten Stichtag stand demgemäß
eine ebenfalls auf fast die Hälfte geminderter Substanzwert (in Form der oben errechneten Beitragszahlung) gegenüber. Ohnehin
lag - wie oben unter a) bereits ausgeführt - eine Unterschreitung der Freibetragsgrenzen und damit auch eine Hilfebedürftigkeit
im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II auch nach der teilweisen Auszahlung des Guthabens am 1. November 2009 bei dem dann noch vorhandenen Verkehrswert der Lebensversicherung
nicht vor (vgl. dazu BSGE 100, 196 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 8 <jeweils Rdnr. 16>; Mecke in Eicher, a.a.O., Rdnr. 134).
f) Die Verwertung der Lebensversicherung bei der SV-Versicherung war darüber hinaus auch nicht auf Grund des Ausnahmetatbestandes
des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II (besondere Härte) ausgeschlossen. Erforderlich für eine besondere Härte sind außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls, die
nicht bereits in § 12 Abs. 2 und 3 SGB II als Privilegierungstatbestände erfasst sind und die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache
Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa
BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 4 <jeweils Rdnr. 37>; BSGE 100, 196 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 8 <jeweils Rdnr. 31>). Nach den Gesetzesmaterialien liegt ein Härtefall im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II etwa dann vor, wenn ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger kurz vor dem Rentenalter seine Ersparnisse für die Altersvorsorge
einsetzen muss, obwohl seine Rentenversicherung Lücken wegen selbständiger Tätigkeit aufweist (Bundestags-Drucksache 15/1749
S. 32). Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers im Beispielsfall ist mithin nicht allein der Verlust der Altersvorsorge und
dessen Zeitpunkt, sondern beides nur zusammen mit der Versorgungslücke geeignet, eine besondere Härte zu begründen (vgl. BSG a.a.O.); es muss also eine Kumulation von Härtegesichtspunkten vorliegen.
Derartige besondere Umstände des Einzelfalls sind hier nicht gegeben. Der in der streitbefangenen Zeit 46 Jahre alte Kläger
stand noch nicht kurz vor dem Rentenalter und damit nicht kurz vor dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben (vgl. hierzu etwa
BSG, Urteil vom 15. April 2008 - B 14/7b AS 52/06 R - <[...] Rdnr. 33>; BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012 a.a.O. <Rdnr. 27>; ferner Mecke, a.a.O., Rdnr. 124); er war sonach noch in der Lage, durch
Erwerbstätigkeit das bisher erreichte Altersvorsorgeniveau zu verbessern und weiter auszubauen. Das Erwerbsleben des Klägers
ist ferner nicht durch lange Zeiten der selbständigen Tätigkeit gekennzeichnet; selbst in der Zeit der Selbständigkeit mit
einer "Ich-AG" war er während der Zeit des Bezugs eines Existenzgründungszuschusses (Oktober 2003 bis September 2006) in der
gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig. Auch die wiederholten Zeiten der Arbeitslosigkeit stellen keine atypische
Erwerbsbiographie dar; denn damit wird ein Risiko verwirklicht, das grundsätzlich im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung
durch Berücksichtigung rentenrechtlich relevanter Zeiten - wie hier ausweislich des Versicherungsverlaufs vom 7. Mai 2012
auch geschehen - abgedeckt wird (BSG, Urteil vom 15. April 2008 - B 14 AS 27/07 R - <[...] Rdnr. 46>; BSG, Urteil vom 15. April 2008 - B 14/7b AS 52/06 R - <[...] Rdnr. 33>; BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012 a.a.O. <Rdnr. 27>); ein Mindestschutz ist ferner durch die gesetzlich vorgesehenen Freibeträge
(§ 12 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 4 SGB II) hergestellt. Auch der (teilweise) Verlust des Berufsunfähigkeitsschutzes stellt beim Kläger kein eine besondere Härte begründenden
Umstand dar; denn das Risiko der gesundheitsbedingten Erwerbsminderung wird ebenfalls grundsätzlich durch die gesetzliche
Rentenversicherung abgedeckt (BSG, Urteil vom 15. April 2008 - B 14/7b AS 52/06 R - <[...] Rdnr. 34>). Hieran ändert auch nichts, dass der Kläger (geb. 8. März 1963) im Fall einer Berufsunfähigkeit nicht
von der Übergangsregelung des §
240 SGB VI profitieren kann. Denn mit der Abschaffung des Berufsunfähigkeitsschutzes in der gesetzlichen Rentenversicherung durch das
Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827) hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er diesen Schutz nicht für unverzichtbar im Rahmen des beitragsfinanzierten
Systems der gesetzlichen Rentenversicherung gehalten hat; dies erlaubt den Schluss, dass ein privatrechtlicher Schutz gegen
Berufsunfähigkeit im steuerfinanzierten System der Grundsicherung für Arbeitsuchende ebenfalls nicht als unverzichtbar zu
erachten ist und deshalb eine besondere Härte nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II regelmäßig nicht zu begründen vermag (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27. August 2012 - L 19 AS 1847/11 - <[...] Rdnrn. 59 ff.>). Ohnehin hat der Kläger den privatrechtlichen Berufsunfähigkeitsschutz bei der SV-Versicherung durch
den Teilrückkauf am 1. November 2009 nicht vollständig verloren, denn er kann bei privatrechtlicher Berufsunfähigkeit (statt
der ursprünglich garantierten Berufsunfähigkeitsrente von vierteljährlich 1.111,50 Euro) vierteljährlich immer noch 918,03
Euro erwarten. Die vom Kläger angeführten Lücken in seinem Versicherungsverlauf (Oktober 1985 bis Dezember 1989 und Mai 1995
bis September 1997) beruhen, wie sich aus seinem eigenen Vortrag schließen lässt (vgl. etwa Schreiben vom 16. Mai, 13. Juli
und 5. Dezember 2010), jedenfalls zum großen Teil auf Beschäftigungen in der S. als Grenzgänger. Auch für diese Zeiten dürften
indes, wie auch die Ressortierung des Klägers bei dem "Bereich Auslandsrenten" der Deutschen Rentenversicherung als der für
die S. zuständigen Verbindungsstelle (§
128 Abs.
3 SGB VI) zeigt, Beiträge zum s. Rentenversicherungsträger gezahlt worden sein. Eine besondere Härte mit Bezug auf die Verwertung
der Lebensversicherung des Klägers bei der SV-Versicherung lässt sich sonach bei der erforderlichen kumulativen Betrachtung
aller Umstände des Einzelfalls nicht begründen. Deshalb kann dahinstehen, ob diese Lebensversicherung, die knapp sechs Monate
vor der Vollendung des 60. Lebensjahres durch den Kläger zur Auszahlung fällig wird, überhaupt zu dessen Altersvorsorge bestimmt
war (vgl. hierzu etwa BSGE 100, 196 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 8 <jeweils Rdnr. 32>).
2.) Nach allem hat schon in Anbetracht des beim Kläger vorhandenen, die Freibetragsgrenzen deutlich übersteigenden Vermögens
in Form der Lebensversicherung bei der SV-Versicherung, welchem der grundsicherungsrechtliche Bedarf (siehe hierzu oben unter
1.) gegenüberzustellen ist, während des gesamten streitbefangenen Zeitraums eine Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II nicht bestanden. Auf den Bestand der Lebensversicherung bei der G. kommt es deshalb nicht mehr an, ebenso wenig wie darauf,
ob beim Kläger in der unter den Beteiligten umstrittenen Zeit sonstige verwertbare Vermögensgegenstände vorhanden waren. Jedenfalls
stand dem Kläger neben dem Vermögen aus der Lebensversicherung bei der SV-Versicherung auch der nach der Antragstellung am
13. Juli 2009 auf seinem Girokonto gutgeschriebene Lottogewinn über 4.758,20 Euro zur Verfügung, welcher ausgereicht hat,
seinen Bedarf - ungeachtet der verwertbaren Lebensversicherung bei der SV-Versicherung - über mindestens vier Monate (Juli
bis Oktober 2009) zu decken. Bei dem Lottogewinn handelt es sich um Einkommen, und zwar eine einmalige Einnahme (vgl. hierzu
auch LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 23. Februar 2011 - L 2 AS 187/08 - <[...]>). Hinsichtlich der Einkommensanrechnung heranzuziehen ist deshalb die in der streitbefangenen Zeit geltende Bestimmung
des § 2 Abs. 3 Alg II-V; hiernach sind einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Einmalige Einnahmen sind, soweit
nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem
angemessenen Teilbetrag zu berücksichtigen (§ 2 Abs. 3 Satz 3 Alg II-V). Die Länge des Verteilzeitraums war unter der Geltung der vorgenannten Bestimmung nicht geregelt (BSG SozR 4-4200 § 11 Nr. 63 <Rdnr. 36>). Vielmehr war der nach § 2 Abs. 3 Satz 3 Alg II-V einzelfallbezogen zu bestimmende Zeitraum der Verteilung als unbestimmter Rechtsbegriff ausfüllungsbedürftig und unterlag
uneingeschränkter richterlicher Kontrolle; als zulässige Sachgesichtspunkte für die Angemessenheit der Verteilung, die Belassung
eines (geringfügigen) Anspruchs auf SGB II-Leistungen bei der Anrechnung und die zeitliche Dauer des Verteilzeitraums hat die höchstrichterliche Rechtsprechung beispielsweise
die Höhe der einmaligen Einnahme, den möglichen Bewilligungszeitraum sowie den Umstand erachtet, ob der Hilfebedürftige durch
die Höhe des festgesetzten monatlichen Betrags seinen Krankenversicherungsschutz behalten kann (vgl. BSGE 114, 188 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 62 <jeweils Rdnr. 22>). Ein derartiger Regelfall mit dem Erfordernis zur Aufteilung nach § 2 Abs. 3 Satz 3 Alg II-V ist vorliegend indessen nicht gegeben, weil der Kläger schon wegen des vorhandenen verwertbaren Vermögens aus der Lebensversicherung
bei der SV-Versicherung nicht hilfebedürftig war. Mit dem Lottogewinn konnte der Kläger, auch nach Abzug der Versicherungspauschale
(§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V), in jedem Fall die (kurze) Zeit bis zur (Teil-)Auszahlung des Guthabens aus der Lebensversicherung überbrücken. Es wären
sogar noch ausreichend Mittel für die Herstellung des Krankenversicherungsschutzes übrig geblieben, etwa durch eine freiwillige
Weiterversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung, denn der Kläger war ausweislich des zu den Verwaltungsakten gelangten
Bewilligungsbescheids der Agentur für Arbeit K. vom 15. August 2008 während des Bezugs von Arbeitslosengeld bis 30. Juni 2009
in der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung versichert gewesen.
4.) Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
5.) Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG) liegen nicht vor.