Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Anspruch der Klägerin auf Kinderzuschlag in der Zeit vom 1.7.2014 bis 31.5.2016. Dabei ist
im Wesentlichen streitig, welche Kosten für das selbst bewohnte "Eigenheim" bei der Leistungsberechnung zu berücksichtigen
sind.
Die 1984 geborene Klägerin ist die kindergeldberechtigte Mutter von 2002, 2003, 2005, 2007 und 2009 geborenen Kindern. Der
1980 geborene Ehemann der Klägerin ist der Vater der ab 2003 geborenen Kinder.
Die Klägerin und ihr Ehemann kauften ausweislich des notariellen Kaufvertrags vom 23.7.2012 den Grundbesitz unter der im Rubrum
genannten Adresse bestehend aus einem Wohnhaus sowie Freifläche zu einem Kaufpreis iHv 50 000 EUR. Einen Kaufpreisanteil iHv
500 EUR bezahlten sie sofort. Der restliche Kaufpreises iHv 49 500 EUR wurde gestundet und ist in monatlichen, unmittelbar
aufeinanderfolgenden, gleichbleibenden Raten iHv 500 EUR ohne Beilage von Zinsen zur Zahlung fällig. Der gesamte, noch offene
Restkaufpreis ist ohne jegliche Kündigung in voller Höhe ua dann sofort zur Zahlung fällig, wenn die Erwerber mit drei fälligen
Raten in Verzug geraten. Im Falle der Rückabwicklung des Kaufvertrages sind die bereits gezahlten Kaufpreisraten als Miete
für die Überlassung des Vertragsobjekts anzusehen und vom Verkäufer nicht zu erstatten. Zwischen den Vertragsparteien besteht
bereits Einigung über den Eigentumsübergang auf die Klägerin und ihren Ehemann (Auflassung). Eine Eintragsbewilligung zum
Grundbuch darf erst dann erfolgen, wenn der Kaufpreis iHv 50 000 EUR vollständig gezahlt worden ist (vgl Bl 9 ff der SG-Akte).
Der Ehemann der Klägerin erzielt fortlaufend Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit an fünf Tagen pro Woche 29 km (einfach)
vom Wohnort der Familie entfernt mit monatlich wechselndem Einkommen (ca 1 900 EUR brutto bzw 1 600 EUR netto, vgl Einzelnachweise
Bl 350 ff der Beklagtenakte bzw Angaben der Klägerin im vorliegenden Verfahren, Bl 38 ff, 55 der Berufungsakte). Jeweils im
November bezog er ein 13. Monatsgehalt (Weihnachtsgeld), im April ein "variables Entgelt für Vorjahr" in unterschiedlicher
Höhe (vgl Bl 352 der Beklagtenakte). Er fährt mit dem Pkw zur Arbeit. Die Kosten für die Kfz-Haftpflicht betrugen in 2014
45,30 EUR monatlich und waren monatlich fällig (Bl 347 der Beklagtenakte). Er bediente eine geförderte Altersvorsorge iHv
10 EUR monatlich. Im März 2015 nahm auch die Klägerin selbst einen Minijob auf, aus dem ihr Einnahmen in unterschiedlicher
Höhe zuflossen (vgl Bl 42 ff der Berufungsakte). Für die 2002 geborene Tochter zahlte das Landratsamt B-Stadt Unterhaltsvorschuss
(Bl 358 der Beklagtenakte bzw Bl 38 ff der Berufungsakte).
Die Familie bezog im streitigen Zeitraum vom Landratsamt B-Stadt Wohngeld (zunächst iHv 292 EUR, im Oktober 2014 nicht, im
November 2014 iHv 390 EUR (inkl Nachzahlung) und ab Dezember 2014 iHv 195 EUR monatlich, vgl Bl 38 ff der Berufungsakte).
Die Klägerin bezog ab Mai 2011 bis Juni 2014 vom Beklagten Kinderzuschlag für die ab 2003 geborenen Kinder iHv 340 EUR monatlich
(Bescheid vom 10.1.2014, Bl 303 der Beklagtenakte). Dabei wurden zuletzt ua die "Mietkaufraten" iHv 500 EUR monatlich als
Kosten für Unterkunft und Heizung in die Leistungsberechnung eingestellt. Im Juni 2014 beantragte die Klägerin die Fortzahlung
des Kinderzuschlags und gab an, dass die Familie in einem Eigenheim wohne. Hierzu vermerkte sie handschriftlich "Mietkauf"
und belegte eine monatliche Ratenzahlung iHv 500 EUR (Bl 359 der Beklagtenakte bzw Bl 38 ff der Berufungsakte). Weiter machte
die Klägerin Wohnnebenkosten (Kosten für Wasser, Abwasser, Müll, Schornsteinfeger, Gebäudeversicherung und Grundsteuer) sowie
Kosten für Heizung (Kosten für Holz und Briketts) geltend und bezifferte diese im laufenden Berufungsverfahren monatsbezogen
(vgl Bl 38 ff, 55 und 125 der Berufungsakte). Als weitere Kosten im Zusammenhang mit dem Haus machte die Klägerin Ausgaben
für Handwerkerleistungen (Sanitätsbereich, Fenster- und Rollos) im Januar 2015 iHv 1 280,48 EUR, im März 2015 iHv 1 301,93
EUR und im Oktober 2015 iHv 735,46 EUR geltend, die sie durch entsprechende Rechnungen belegte (vgl Bl 49, 126 ff und 204
f der Berufungsakte). Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin auf Kinderzuschlag ab 1.7.2014 ab. Nach den eingereichten
Unterlagen betrage das durchschnittliche Bruttoeinkommen 2 092,03 EUR. Damit werde zwar die Mindesteinkommensgrenze überschritten.
Der nach Abzug von Kindergeld und Einkommen der Kinder verbleibende Bedarf iHv 1 066,76 EUR könne allerdings aus dem nach
§ 11 SGB II zu berücksichtigenden (bereinigten Durchschnitts-) Einkommen iHv 1 534,94 EUR gedeckt werden. Dabei berücksichtigte die Beklagte
(durchschnittliche) monatliche Kosten der Unterkunft ohne die von der Klägerin nachgewiesenen "Raten für den Mietkauf des
Eigenheims" iHv 500 EUR monatlich (Bescheid vom 12.8.2014, Bl 375 der Beklagtenakte).
Mit ihrem hiergegen erhobenen Widerspruch ließ die Klägerin monieren, dass die in der Vergangenheit als Kosten für Unterkunft
berücksichtigten Raten für den Mietkauf nun nicht mehr als Kosten für Unterkunft berücksichtigt würden. Dies sei fehlerhaft.
Auch sei ein Grund für die Änderung der Verwaltungspraxis nicht nachvollziehbar. Die Rechtsbehelfsstelle der Beklagten wies
den Widerspruch als unbegründet zurück. Als Kosten für die Unterkunft könnten lediglich solche für selbstbeschafften Brennstoffe,
den Wasserverbrauch, die Kanalgebühren, die Müllabfuhr, den Schornsteinfeger, die Grundsteuer und die Gebäudeversicherung
berücksichtigt werden. Diese seien iHv (durchschnittlich) 178,24 EUR monatlich nachgewiesen. Tilgungsraten für die Anschaffung
von Wohneigentum könnten grundsätzlich nicht als Unterkunftskosten berücksichtigt werden. Die vom Bundessozialgericht entwickelten
Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Berücksichtigung von Tilgungsraten als Unterkunftskosten seien vorliegend nicht erfüllt,
da hier der Kaufvertrag erst am 23.7.2012 abgeschlossen und damit erst ein kleiner Teil der Ratenzahlung erfüllt worden sei.
Soweit die Tilgungsraten in der Vergangenheit als Unterkunftskosten bei der Leistungsberechnung berücksichtigt worden seien,
sei dies rechtswidrig gewesen. Ein Anspruch auf die Fortführung dieser rechtswidrigen Verwaltungspraxis bestehe nicht (Widerspruchsbescheid
vom 6.10.2014, Bl 383 der Beklagtenakte).
Mit ihrer am 13.10.2014 zum Sozialgericht erhobenen Klage ließ die Klägerin zunächst darauf hinweisen, dass die Jobcenter
H-Stadt, O-Stadt und P-Stadt ausweislich ihrer Dienstanweisungen Mietkaufraten bis zur Angemessenheitsgrenze als Kosten für
Unterkunft anerkennen. Sie habe Anspruch darauf, gleich behandelt zu werden, da die von ihr geschuldete "Mietkaufrate" zzgl
der Nebenkosten die vom zuständigen Jobcenter festgesetzte Mietobergrenze nicht übersteige. Die Klägerin und ihre Familie
bildeten nicht etwa aus Sozialleistungen Vermögen, sondern aus dem Erwerbseinkommen des Ehemanns der Klägerin. Weiter sei
zu berücksichtigen, dass die Klägerin und ihre Familie auf dem Wohnungsmarkt eine geeignete Wohnung nicht fänden. Auch würde
der Kaufvertrag gekündigt, wenn ein Rückstand von drei Mietkaufraten auflaufe. Damit seien die Mietkaufraten auch nach der
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als Unterkunftskosten zu berücksichtigen. Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen.
Die Voraussetzungen für die ausnahmsweise Übernahme von Tilgungsraten seien nicht erfüllt. Soweit die Tilgungsraten aber als
Kosten für Unterkunft und Heizung nicht berücksichtigt werden können, sei auch eine Kostensenkungsaufforderung entbehrlich.
Das Vertrauen der Klägerin in die Fortführung des rechtswidrigen Handelns der Beklagten sei nicht geschützt (Gerichtsbescheid
vom 29.4.2015 - S 4 BK 7/14, dem Klägervertreter laut Empfangsbekenntnis zugestellt am 4.5.2015).
Mit ihrer am 29.5.2015 beim Landessozialgericht eingelegten Berufung sucht die Klägerin weiter die Gewährung von Kinderzuschlag
unter Berücksichtigung der "Mietkaufraten" als Kosten für Unterkunft und Heizung zu erreichen. Sie habe auf die Fortzahlung
des seit langem bezogenen Kinderzuschlags vertraut und sei auf die Zahlung angewiesen. Die Beklagte sei über die tatsächlichen
Umstände des Grundstückskaufs von Anfang an informiert gewesen. Es bestehe Anspruch auf eine ordnungsgemäße Kostensenkungsaufforderung
durch die Beklagte (Bezug nehmend auf die Entscheidung des BSG vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R - RdNr 25). Wenn das BSG dort vertrete, dass Unterkunftskosten zu übernehmen seien, die aus rechtswidrigen Vereinbarungen resultierten, müsse dies
erst recht im vorliegenden Fall gelten. Auf Aufforderung des Gerichts stellte die Klägerin sämtliche Einnahmen sowie die Ausgaben
für die Unterkunft monatsbezogen für die Zeit von Juli 2014 bis April 2016 (Bl 38 ff sowie 55 der Gerichtsakte) dar.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Regensburg vom 29.4.2015 und des Bescheides vom 12.8.2014 idG des
Widerspruchsbescheides vom 6.10.2014 die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 1.7.2014 bis 31.5.2016 Kinderzuschlag
in gesetzlicher Höhe gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Juni 2016 stellte die Klägerin einen neuen Antrag auf Kinderzuschlag. Der gegen die erneute Ablehnung erhobene Widerspruch
ruht derzeit im Hinblick auf das vorliegende Verfahren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akte des Beklagten sowie die des Sozial- und Landessozialgerichts
verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist im tenorierten Umfang begründet.
1. Streitig ist der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 29.4.2015, mit dem die Klage gegen den Bescheid vom
12.8.2014 idG des Widerspruchsbescheides vom 6.10.2014 abgewiesen wurde bzw der Anspruch der Klägerin auf Kinderzuschlag nach
§ 6a
BKGG für den Zeitraum 1.7.2014 bis 31.5.2016.
2. Die Berufung ist bereits im Hinblick auf den streitigen Zeitraum von mehr als einem Jahr statthaft (§§
143,
144 Abs
1 S 2
SGG). Sie ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
3. Die Berufung ist im tenorierten Umfang begründet.
a. Die Klage ist statthaft als kombinierte Anfechungs- und Leistungsklage (§
54 Abs
1 S 1 und 4, §
56 SGG), die insbesondere fristgerecht nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhoben wurde.
b. Die Klage ist insoweit begründet, als die Klägerin in den Monaten Oktober und November 2014 sowie Januar, März, August,
September und Oktober 2015 Anspruch auf Kinderzuschlag im tenorierten Umfang hat. Zwar besteht kein Anspruch der Klägerin
auf Berücksichtigung der "Mietkaufraten" als Kosten für Unterkunft und Heizung. Allerdings errechnet sich in den genannten
Monaten unabhängig hiervon ein Leistungsanspruch aufgrund tatsächlich höherer Kosten für Unterkunft und Heizung, als bislang
von der Beklagten in die Berechnung eingestellt wurden.
aa) Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Kinderzuschlag ist § 6a
BKGG (idF des Gesetzes vom 18.7.2014, BGBl I S 1 042). Danach erhalten Personen für in ihrem Haushalt lebende unverheiratete oder
nicht verpartnerte Kinder, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben einen Kinderzuschlag, wenn sie für diese Kinder
Anspruch auf Kindergeld haben, sie mit Ausnahme des Wohngeldes und des Kindergeldes über Einkommen im Sinne des § 11 Abs 1 S 1 des SGB II iHv 900 EUR verfügen, wobei Beträge nach § 11b SGB II nicht abzusetzen sind, sie mit Ausnahme des Wohngeldes über Einkommen und Vermögen iS der §§ 11 bis 12 SGB II verfügen, das höchstens dem nach Abs 4 S 1 für sie maßgebenden Betrag zzgl dem Gesamtkinderzuschlag nach Abs 2 entspricht und durch den Kinderzuschlag Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II vermieden wird (§ 6a Abs 1
BKGG).
bb) Die fünf Kinder der Klägerin hatten im streitigen Zeitraum das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet, waren unverheiratet
und lebten im Haushalt der Klägerin. Die Klägerin bezog für sie Kindergeld. Das Einkommen der Klägerin und ihres Ehemanns
überstieg 900 EUR monatlich, wobei gleichzeitig die Höchsteinkommensgrenze nach § 6a Abs 1 Nr 3 i.V.m. Abs 4 S 1
BKGG nicht überschritten wurde (vgl Bl 134 ff der Berufungsakte). Die Klägerin hatte schließlich im streitigen Zeitraum nicht
erklärt, Kinderzuschlag nicht geltend machen zu wollen (§ 6a Abs 5 S 1
BKGG).
cc) Die Klägerin erfüllt weiter die Voraussetzungen des § 6a Abs 1 Nr 4
BKGG, weil durch den Kinderzuschlag in den genannten Monaten Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II vermieden wird. Dabei ist ohne den tenorierten Kinderzuschlag jeweils von Hilfebedürftigkeit iS des § 9 SGB II auszugehen, da entgegen der zunächst von der Beklagten vorgenommenen Berechnung vom 2.8.2016 (vgl gesonderten Ordner zur
Berufungsakte) nicht die durchschnittlichen sondern die im jeweiligen Monat tatsächlich fälligen Kosten für Unterkunft (Betriebs-
und notwendige Reparaturkosten) und Heizung in die Leistungsberechnung (vgl Bl 133 ff der Berufungsakte) einzustellen sind.
(1.) Die insoweit in die Berechnung des Kinderzuschlags einzustellenden Kosten für Unterkunft und Heizung richten sich nach
dem SGB II (vgl BSG, Urteil vom 14.3.2012 - B 14 KG 1/11 R - RdNr 29).
(a) Danach ist zunächst der Ansatz der Beklagten und des Sozialgerichts, wonach die monatliche "Mietkaufrate" iHv 500 EUR
keine Kosten für Unterkunft und Heizung iS des § 22 SGB II sind, nicht zu beanstanden. Denn zu den anzuerkennenden Kosten für Unterkunft und Heizung iS des § 22 Abs 1 S 1 SGB II gehören nach gefestigter Rechtsprechung des BSG (vgl Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 42/13 R - RdNr 17 mit umfassenden weiteren Nachweisen zur BSG-Rspr) nicht Tilgungsraten. Die Leistungen nach dem SGB II seien auf die aktuelle Existenzsicherung beschränkt und sollten nicht der Vermögensbildung dienen (BSG, aaO).
(aa) Der Anwendung der vorstehenden Rechtsprechung auf die Berechnung des streitigen Anspruchs auf Kinderzuschlag stehen vorliegend
nicht die Besonderheiten des Kinderzuschlagrechts (vgl hierzu BSG, Urteil vom 14.3.2012 - B 14 KG 1/11 R - RdNr 22 ff) entgegen.
Zwar hat das BSG darauf hingewiesen, dass § 6a
BKGG eine familienpolitische Leistung sei, die der Armutsbekämpfung von Familien mit Kindern dienen solle, und gerade keine Leistung
nach dem SGB II und in diesem Zusammenhang eine Absenkung der tatsächlichen auf die angemessenen Unterkunftskosten nach einem Kostensenkungsverfahren
(§ 22 Abs 1 S 1 und 3 SGB II) abgelehnt (BSG, aaO, RdNr 22). Dieser Entscheidung ist allerdings gerade nicht zu entnehmen, dass im Rahmen der Leistungsberechnung nach § 6a Abs 1 Nr 4
BKGG Kosten für Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen sind, die - wie Tilgungsleistungen - bei der unmittelbaren Anwendung
des § 22 Abs 1 S 1 SGB II nach der Rechtsprechung des BSG nicht als Unterkunftskosten zu berücksichtigen wären. Im Gegenteil: in der gleichen Entscheidung wird ausdrücklich darauf
hingewiesen, dass insoweit, also im Rahmen der Prüfung der Hilfebedürftigkeit nach § 6a Abs 1 Nr 4
BKGG i.V.m. § 9 SGB II eine Berechnung nach dem SGB II vorzunehmen ist (BSG, aaO, RdNr 29). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Regelungszweck des § 6a
BKGG. Ziel und Zweck des § 6a
BKGG ist es, Armut von Kindern zu vermindern und zu verhindern, dass Familien allein wegen der Unterhaltsbelastung Leistungen
nach dem SGB II beziehen müssen. Ergänzend hierzu soll ein Arbeitsanreiz durch eine gezielte Förderung einkommensschwacher Familien gesetzt
werden (BT-Drs 15/1516, S 2). Durch den Kinderzuschlag soll zusammen mit dem Kindergeld und dem auf Kinder entfallenden Wohngeldanteil
der durchschnittliche Bedarf von Kindern an Arbeitslosengeld II bzw Sozialgeld abgedeckt werden. Der Kinderzuschlag ist auf
das Arbeitslosengeld II abgestimmt und soll Arbeitsanreize verstärken (BT-Drs 15/1516, S 3). Damit zielt § 6a
BKGG - wie das SGB II - auf die Sicherung der aktuellen Existenz von (bestimmten) Kindern ab. Die Zielsetzung, die Vermögensbildung von (Familien
mit) Kindern zu fördern, lässt sich zumindest den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen. Sie ist auch anderweitig nicht ersichtlich.
Vielmehr findet sich die staatliche Wohnbauförderung grds außerhalb des Sozialrechts. Dient aber der Kinderzuschlag ebenso
wenig wie die Leistungen nach dem SGB II der Vermögensbildung, können auch hier Tilgungsleistungen nicht als Kosten für Unterkunft berücksichtigt werden (so iE wohl
auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 9.7.2014 - L 13 BK 20/09 - RdNr 34 ff zitiert nach [...]).
Hieran vermag auch der Einwand der Klägerin, die Vermögensbildung erfolge vorliegend nicht aus dem Kinderzuschlag sondern
aus dem Erwerbseinkommen (des Ehemanns), nichts ändern. Der damit verbundene Ansatz, dass die Eltern ihr Einkommen zunächst
für sich selbst inkl einer eigenen Vermögensbildung einsetzen dürfen, bevor sie es für die Existenzsicherung der mit ihnen
in Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder einsetzen müssen, findet grds weder in der Systematik des SGB II noch in der des
BKGG eine Grundlage (vgl § 9 Abs 2 S 2 SGB II, soweit keine Absetzung nach § 11b SGB II möglich ist).
(bb) Bei der von der Klägerin und ihrem Ehemann geschuldeten "Mietkaufrate" iHv 500 EUR monatlich handelt es sich um eine
Tilgungsleistung iS der og Rechtsprechung. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin und ihr Ehemann bereits Eigentümer
des von ihnen bewohnten Heims geworden sind. Maßgeblich ist vielmehr, ob die von der Klägerin und ihrem Ehemann entrichteten
Zahlungen an die Eigentümerin des Grundstücks wie die Tilgung eines Darlehens zur Wohnraumfinanzierung oder einer Kaufpreisschuld
zu werten sind oder ob sie einer (Miet-) Zahlung für die Wohnraumgebrauchsüberlassung gleichen (BSG, Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 42/13 R - RdNr 18). Dies beurteilt sich allein danach, wie der zugrunde liegende Vertrag konkret ausgestaltet ist und nicht, wie
er auch hätte ausgestaltet werden können (vgl BSG, Urteil vom 22.8.2012 - B 14 AS 1/12 R - RdNr 21).
Nach dem von der Klägerin und ihrem Ehemann abgeschlossenen notariellen Kaufvertrag werden mit den monatlichen Ratenzahlungen
an die Verkäuferin/Grundstückeigentümerin Zahlungen auf den Grundstückskaufpreis vorgenommen (vgl IV. Kaufpreis, Ziff 3: Der
Restkaufpreis iHv 49 500 EUR ( ...) ist in monatlichen unmittelbar aufeinanderfolgenden, gleichbleibenden Raten von 500 EUR
zu zahlen). Insoweit handelt es sich auch nicht um einen (klassischen) Mietkauf, bei dem der Mieter berechtigt ist, die gemietete
Sache innerhalb einer bestimmten Frist zu einem vorher vereinbarten Preis käuflich zu Eigentum zu erwerben, wobei die Miete
ganz oder teilw auf den Kaufpreis angerechnet wird (vgl I. Saenger in: Erman,
BGB, 14. Aufl 2014, §
506 BGB RdNr 12 mwN). Damit kommt es schließlich nicht darauf an, ob Mietkaufzahlungen in diesem Sinne als Kosten der Unterkunft
iS des § 22 SGB II zu berücksichtigen wären. Im Ergebnis bilden die Klägerin und ihre Ehemann damit mit jeder Ratenzahlung ein Stück Vermögen
in Form von Grundeigentum, da sie nach Zahlung aller Raten einen Anspruch auf Eintragungsbewilligung im Grundbuch haben (vgl
notarieller Kaufvertrag, III. Auflassung, Vormerkung, Ziffer 1). Hieran ändert auch der Hinweis der Klägerin nichts, dass
für den Fall einer Rückabwicklung des Kaufvertrages zB wegen Ratenzahlungsverzugs, die von ihnen getätigten Kaufpreisraten
nicht erstattet würden. Denn ungeachtet dessen handelte es sich im streitigen Zeitraum bei den im Streit stehenden "Mietkaufraten"
nach der insoweit allein maßgebenden Vertragsgestaltung nach dem eindeutigen Vertragswortlaut um Zahlungen auf den Kaufpreis
des Grundstücks.
(cc) Anhaltspunkte dafür, dass eine ausnahmsweise Berücksichtigung der Kaufpreisraten als Kosten für Unterkunft nach der Rechtsprechung
des BSG in Betracht kommen könnte, sind nicht ersichtlich. Insoweit kann auf die Ausführungen der angegriffenen Entscheidung des
Sozialgerichts verwiesen werden.
(dd) Handelt es sich aber bei den streitigen Ratenzahlungen nicht um Kosten für Unterkunft, scheidet bereits aus diesem Grund
die Durchführung eines Kostensenkungsverfahrens aus. Dieses sieht § 22 Abs 1 S 3 SGB II nämlich nur für unangemessene Unterkunftskosten vor. Darüber hinaus wurde bereits darauf hingewiesen, dass unabhängig davon
im Rahmen des § 6a
BKGG ein Kostensenkungsverfahren nicht möglich ist (BSG, Urteil vom 14.3.2012 - B 14 KG 1/11 R).
(b) Aus der vorliegend vorzunehmenden Anwendung des § 22 Abs 1 S 1 SGB II ergibt sich hingegen auch, dass die Kosten für Unterkunft und Heizung entsprechend ihrer tatsächlichen Fälligkeit/Bezahlung
bei der Leistungsberechnung einzustellen sind (vgl zu den Betriebskosten BSG, Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - RdNr 36; Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 58 und 62; zu Nachforderungen BSG, Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R sowie zu (einmaligen) Heizkosten BSG, Beschluss vom 16.5.2007 - B 7b AS 40/06 R RdNr 9 ff, insbesondere RdNr 12, Luik aaO, RdNr 66; zu § 6a
BKGG Sächsische LSG, Urteil vom 11.8.2016 - L 3 BK 14/13).
aa) Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass überwiegend ein ungedeckter Bedarf nicht besteht, in einzelnen Monaten hingegen,
in denen die Kosten für Unterkunft und Heizung insbesondere aufgrund der Anschaffung von Brennstoffen oder der Fälligkeit
von Kosten für notwendige Reparaturen, ein ungedeckter Bedarf entsteht, und Hilfebedürftigkeit iS des § 9 SGB II durch den streitigen Kinderzuschlag vermieden werden kann.
bb) So hatte die Bedarfsgemeinschaft der Klägerin im Oktober 2014 tatsächliche Kosten für Heizung iHv 450 EUR (vgl Bl 55 der
Berufungsakte), im November 2014 Kosten für Grundsteuer iHv 8,17 EUR, iHv 66,34 EUR für Gebäudebrandversicherung, iHv 45,80
EUR für Müllgebühren, iHv 149 EUR für Niederschlagsabwasser sowie für Wasser iHv 213 EUR, insgesamt also iHv 482,21 EUR, im
Januar 2015 iHv 26,74 EUR für den Kaminkehrer und iHv 1 280,48 EUR für die Reparaturen von Fenstern und Außen-Rollos, im März
2015 für Niederschlagsabwasser iHv 17 EUR, für Wasser iHv 50 EUR, für Kanal iHv 115 EUR sowie iHv Reparaturen im Sanitärbereich
iHv 1 301,93 EUR, insgesamt also iHv 1 483,93 EUR, im September 2015 iHv 600 EUR für Brennholz sowie im Oktober 2015 für Abfallgebühren
iHv 40,80 EUR, für Gebäudebrandversicherung iHv 67,47 EUR, iHv 450 EUR für Brennmittel sowie für Reparaturkosten für Außenrollos
iHv 735,46 EUR, insgesamt also iHv 1 293,73 EUR (vgl hierzu die Angaben der Klägerin Bl 39 ff der Berufungsakte).
cc) Diese Kosten sind auf der Grundlage des § 22 Abs 1 S 1 SGB II als Betriebskosten bzw hinsichtlich der Reparaturkosten nach § 22 Abs 2 S 1 SGB II als Unterkunftsbedarf zu berücksichtigen.
(1.) Nach § 22 Abs 2 S 1 SGB II sind auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum iS des § 12 Abs 3
S 1 Nr 4 als Bedarf für die Unterkunft anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden
elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind.
(2.) Der Klägerin sind in den Monaten Januar, März und August 2015 die durch Rechnungen (vgl Bl 126 ff der Berufungsakte)
belegten Reparaturkosten tatsächlich entstanden. Die für die Reparatur undichter Abwasserleitungen sowie den tropfenden Waschmaschinenanschluss
im Keller entstandenen Kosten (vgl Stellungnahme des Klägervertreter vom 22.2.2017, Bl 204 f der Berufungsakte) waren für
die ordnungsgemäße Bewohnbarkeit der Unterkunft genauso notwendig wie die Reparatur undichter Fenster bzw des defekten Außenrollos.
Es ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, dass durch die Maßnahmen ein Wohnstandard erhalten oder geschaffen
wurde, der einen einfachen, ein menschenwürdiges Leben sicherstellenden Ausstattungsstandard übersteigt, oder dass die Maßnahmen
hätten zeitlich weiter aufgeschoben werden können.
Die Maßnahmen waren auch angemessen iS des § 22 Abs 1 S 1 SGB II, da sie - auch zusammen mit den laufenden Unterkunftskosten, wie sie von der Klägerin angegeben wurden (Nutzungsgebühren,
Gebäudeversicherungen, vgl Bl 39 ff der Berufungsakte) - hinter den angemessenen Kosten (Bruttokaltmiete) einer entsprechenden
Mietwohnung (erheblich) zurückblieben. Ausweislich der vorliegenden Unterlagen entstanden der Klägerin in der Zeit von Januar
bis Dezember 2015 inkl der Reparaturkosten in den Monaten Januar, März und August zu berücksichtigende Unterkunftskosten iHv
4 808,12 EUR, von März 2015 bis Feburar 2016 inkl der Reparaturkosten im März und August 2015 zu berücksichtigende Unterkunftskosten
iHv 3 371,06 EUR und von August 2015 bis Juli 2016 inkl der Reparaturkosten im August 2015 zu berücksichtigende Unterkunftskosten
iHv 2 037,35 EUR. Diese Kosten blieben weit hinter den für einen Sieben-Personen-Haushalt im Landkreis B-Stadt angemessenen
jährlichen Unterkunftskosten für eine Mietwohnung (Bruttokaltmiete) iHv 8 904 EUR (§ 12 WoGG ohne "Sicherheitszuschlag", ausgehend von der für den Landkreis B-Stadt geltenden Mietenstufe I - 600 EUR für einen Fünf-Personen-Haushalt
zzgl jeweils 71 EUR für zwei weitere Personen - 742 EUR x 12 Monate) zurück.
dd) Auf dieser Grundlage errechnet sich ein Anspruch der Klägerin auf Kinderzuschlag im Oktober und November 2014 iHv jeweils
400 EUR, im Januar und März 2015 iHv jeweils 510 EUR, im August 2015 iHv 515 EUR, im September 2015 iHv 320 EUR und im Oktober
2015 iHv 375, wobei hinsichtlich der einzelnen Berechnungsschritte auf die Berechnungen der Beklagten vom 21.2.2017 (Bl 135
ff der Berufungsakte) verwiesen wird, die auf Grundlage des Vorgaben des Senats erfolgten, hier nachvollzogen wurden und Grund
zur Beanstandung nicht ergaben. Insoweit waren der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg und die angegriffenen Entscheidungen
des Beklagten abzuändern.
c) Im Übrigen errechnet sich auf der Grundlage der Angaben der Klägerin (Bl 39 ff der Berufungsakte) und der vorstehenden
Ausführungen ein Anspruch auf Kinderzuschlag nicht. Insoweit wird ergänzend auf die Berechnungen der Beklagten vom 2.8.2016
(vgl Aktenordner zur Berufungsakte) verwiesen, die hier nachvollzogen wurden und Grund zur Beanstandung nicht ergaben. Insoweit
war die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
d) Die Klägerin kann einen (weitergehenden) Anspruch auch aus Art
3 GG nicht herleiten. Dabei kann dahinstehen, ob die von ihr zitierten Dienstanweisungen verschiedener Jobcenter auf die streitigen
Ratenzahlungen überhaupt oder nur auf die klassischen Mietkäufe anzuwenden sind. Denn wie die vorstehenden Darlegungen zeigen,
kommt in der vorliegend maßgebenden Konstellation eine (rechtmäßige) Übernahme der monatlichen Raten als Kosten für Unterkunft
iS des § 22 Abs 1 SGB II gerade nicht in Betracht. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht besteht aber nicht (vgl BSG, Urteil vom 10.4.2008 - B 3 P 4/07 R - RdNr 20 zitiert nach [...]).
e) Die Klägerin kann ihren Anspruch auf Fortzahlung des Kinderzuschlags auch nicht auf Vertrauensschutz stützen, weil die
Beklagte die Ratenzahlungen in der Vergangenheit bei ihrer Leistungsberechnung (fehlerhaft) berücksichtigte. Denn die früheren,
insoweit rechtswidrig begünstigenden Bewilligungen von Kinderzuschlag schaffen keinen Vertrauenstatbestand dahingehend, dass
an der rechtswidrigen Praxis in Zukunft festgehalten wird (vgl BSG, Urteil vom 11.12.2014 - B 11 AL 3/14 R - RdNr 20).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Sache selbst.
5. Gründe, die Revision zuzulassen (§
160 Abs
2 SGG), sind nicht ersichtlich. Der Senat geht insbesondere davon aus, dass die Frage, ob Tilgungsraten im Rahmen der Anwendung
des § 6a
BKGG als Unterkunftskosten anzuerkennen sind, aufgrund der bereits vorliegenden BSG-Rechtsprechung, die vorstehend in Bezug genommen wurde, als geklärt angesehen werden kann, so dass der Sache keine grds Bedeutung
iS §
160 Abs
2 Nr
1 SGG zukommt.