Krankenversicherungsbeitragshöhe
Berücksichtigung einer Unterhaltsabfindung nach Ehescheidung
Grenzziehung zwischen beitragspflichtigen und von der Beitragspflicht ausgenommenen Leistungen
Einnahme für den Lebensunterhalt
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung im Zeitraum 01.07.2016 bis 30.06.2017
im Hinblick auf eine der Klägerin gezahlte Unterhaltsabfindung nach Ehescheidung.
Die 1961 geborene Klägerin war bis 30.04.2016 familienversichert. Am 15.03.2015 nahm sie als Gesellschafterin einer Gesellschaft
bürgerlichen Rechts (GbR), die einen kleinen Spiele- und Geschenkeladen betreibt, eine selbstständige Tätigkeit mit einer
wöchentlichen Arbeitszeit von 19 Stunden auf. Aus dieser Tätigkeit wurde zunächst kein Gewinn erzielt. Nach Mitteilung der
Klägerin entnahm sie ab 01.05.2016 monatlich 800 EUR, ab 01.01.2017 monatlich 1.000 EUR aus der GbR.
Die Ehe der Klägerin wurde am 27.04.2016 nach 26jähriger Ehedauer geschieden (Amtsgericht B. C., 5 F 702/15, rechtskräftig seit 02.07.2016). Die Ehegatten verzichteten wechselseitig auf eventuelle Zugewinnausgleichsansprüche. Vereinbart
wurde ua weiter, dass die Klägerin als Abfindung auf den nachehelichen Unterhalt eine Zahlung iHv 45.000 EUR erhält. Die Unterhaltsabfindung
wurde vereinbarungsgemäß im Juli 2016 an die Klägerin in dieser Höhe ausgezahlt.
Mit Bescheid vom 14.10.2016 setzte die Beklagte zu 1) - auch im Namen der Beklagten zu 2) - die Beiträge zur Kranken- und
Pflegeversicherung für die Klägerin als freiwilliges Mitglied mit nebenberuflich selbstständiger Tätigkeit für die Zeit vom
01.05. bis 30.06.2016 nach der Mindestbemessungsgrenze von 968,33 EUR fest (insgesamt 168,01 EUR monatlich) und für die Zeit
ab 01.07.2016 nach der Beitragsbemessungsgrenze von 4.237,50 EUR (insgesamt 735,21 EUR monatlich). Die Berechnung der Beiträge
für die Krankenversicherung erfolgte unter Anwendung des ermäßigten Beitragssatzes (14 % im Jahr 2016). Der im Juli 2016 erhaltene
Abfindungsbetrag iHv 45.000 EUR sei in voller Höhe zur Beitragsberechnung heranzuziehen. Gemäß § 5 Abs 3 der Beitragsverfahrensgrundsätze
Selbstzahler (BVSzGs) seien einmalige beitragspflichtige Einnahmen, die nicht im Voraus zu erwarten seien, ohne Rücksicht
auf den Zeitpunkt ihrer Entstehung oder des Zuflusses dem jeweiligen Beitragsmonat mit 1/12 des zu erwartenden Betrags für
zwölf Monate zuzuordnen. Unter Anwendung dieser Regelung werde die Einmalzahlung für die Zeit vom 01.07.2016 bis 30.06.2017
mit monatlich 3.750 EUR beitragspflichtig. Die von der Klägerin gewünschte Verteilung der Unterhaltszahlung auf 120 Monate
komme nicht in Betracht. Die Krankenkassen folgten der Rechtsprechung des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen
(29.01.2015, L 1/4 KR 17/13) nicht. Da die Einkünfte der Klägerin insgesamt die Beitragsbemessungsgrenze überstiegen, erfolge
die Festsetzung in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze.
Mit ihrem Widerspruch vom 07.11.2016 führte die Klägerin aus, dass die Vorschriften der BVSzGs der gerichtlichen Kontrolle
unterlägen, so dass es nicht ausreiche, wenn die Krankenkassen sich weigerten, die Rechtsprechung anzuerkennen. Mit der Zahlung
der Abfindung seien die nachehelichen Unterhaltsansprüche vollständig abgegolten. Daher sei eine Umlegung auf zwölf Monate
nicht gerecht. Die Abfindung sei mit einem Versorgungsbezug oder einer Kapitalabfindung vergleichbar, so dass sie entsprechend
§ 5 Abs 4 BVSzGs auf 120 Monate umzulegen sei. Die Zuordnung auf zwölf Monate stelle die Klägerin unangemessen schlechter
gegenüber Personen, die ihren nachehelichen Unterhalt regelmäßig monatlich über einen längeren Zeitraum erhielten. Die Klägerin
zahlte die Beiträge in voller Höhe unter Vorbehalt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.03.2017 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Bei dem Urteil
des LSG Niedersachsen-Bremen vom 29.01.2015 (L 1/4 17/13) handele es sich um eine Einzelfallentscheidung, die auf den vorliegenden
Sachverhalt nicht anwendbar sei.
Hiergegen richtet sich die am 05.04.2017 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage. Zur Begründung wiederholt die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren.
Mit Bescheid vom 21.07.2017 hat die Beklagte zu 1) - auch im Namen der Beklagten zu 2) - die Beiträge ab 01.07.2017 wiederum
nach der Mindestbemessungsgrenze iHv monatlich insgesamt 174,04 EUR festgesetzt.
Mit Gerichtsbescheid vom 26.10.2017 hat das SG den angefochtenen Bescheid vom 14.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.03.2017 aufgehoben und die Beklagten
verurteilt, die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 01.07. bis 31.12.2016 auf der Grundlage eines
monatlichen Einkommens von 1.175 EUR und für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2017 auf der Grundlage eines monatlichen Einkommens
von 1.375 EUR neu festzusetzen. Neben dem Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit (800 EUR im 2. Halbjahr 2016 und 1.000 EUR
im 1. Halbjahr 2017) sei die Einnahme aus der Unterhaltsabfindung nur mit 1/120 iHv monatlich 375 EUR bei der Beitragsbemessung
zu berücksichtigen. Rechtsgrundlage für die Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder seien §
240 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) und §
57 Abs
4 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (
SGB XI). Das Nähere regelten die BVSzGs. Nach §
3 Abs 1 BVSzGs seien alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder werden könnten ohne
Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen. Einmalige beitragspflichtige Einnahmen, die nicht im Voraus zu
erwarten seien, seien nach § 5 Abs 3 BVSzGs ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt ihrer Entstehung oder des Zuflusses dem jeweiligen
Beitragsmonat mit 1/12 des zu erwartenden Betrags für zwölf Monate zuzuordnen. Die nicht in Form regelmäßig wiederkehrender
Leistungen gewährten Versorgungsbezüge aus einer befreienden Lebensversicherung sowie Leistungen von Versicherungsunternehmen,
die wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung gezahlt werden, seien vom
Zeitpunkt des auf die Auszahlung folgenden Monats dem jeweiligen Beitragsmonat mit 1/120 des Zahlbetrags der Leistung für
120 Monate zuzuordnen (§ 5 Abs 4 BVSzGs). Bei der an die Klägerin gezahlten Abfindung des nachehelichen Unterhalts handele
es sich nicht um eine einmalige Einnahme iSv § 5 Abs 3 BVSzGs. Die Abfindung auf nachehelichen Unterhalt sei als Einnahme
anzusehen, die zum Lebensunterhalt verbraucht werden könne. Sie sei zwar in einer Summe zugeflossen, jedoch sei sie nach ihrem
Zweck auf einen längeren Zeitraum von 10 Jahren mit 1/120 zu verteilen. Das SG schließe sich insoweit dem LSG Niedersachsen-Bremen an (29.01.2015, L 1/4 KR 17/13). Die Zahlung von 45.000 EUR ersetze den
Unterhaltsanspruch der Klägerin mehrerer Jahre angesichts der Ehedauer von 26 Jahren. Für diese Einnahme träfen die BVSzGs
keine passende Regelung. Die Beurteilung als einmalige Einnahme mit Zuordnung zu 1/12 für ein Jahr führe zu einer unangemessenen
Benachteiligung gegenüber Personen, die regelmäßig monatlich ihren Unterhalt erhielten sowie gegenüber Empfängern von Versorgungsbezügen.
Eine Verteilung auf 10 Jahre erscheine angemessen.
Gegen den ihnen am 06.11.2017 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Beklagten am 29.11.2017 Berufung eingelegt. Der Auffassung
des SG könne nicht gefolgt werden. Die Spezialregelung des §
229 Abs
1 Satz 3
SGB V, wonach eine Verteilung auf zehn Jahre erfolge, finde ausschließlich Anwendung auf Versorgungsbezüge, die als der Rente vergleichbare
Einnahmen definiert seien. Renten hätten zwar ebenso wie Unterhaltsleistungen eine Einkommens- oder Unterhaltsersatzfunktion,
seien aber insoweit spezieller, als sie das Erreichen einer Altersgrenze, den Eintritt verminderter Erwerbsfähigkeit oder
eine Hinterbliebeneneigenschaft voraussetzten. Auf die rechtskräftige Entscheidung des SG Aachen (23.09.2016, S 1 KR 32/16) werde hingewiesen. Dort werde überzeugend dargelegt, dass eine Aufteilung auf mehr als ein Jahr nicht in Betracht komme.
Die Beklagten beantragen (teilweise sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 26.10.2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Gerichtsbescheid sei nicht zu beanstanden. Die Beklagte setze sich mit den ausführlichen Entscheidungsgründen des LSG
Niedersachsen-Bremen nicht konstruktiv auseinander.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider
Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§
153 Abs
1,
124 Abs
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat Erfolg.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§
151 Abs
1 SGG) ist statthaft (§
143 SGG) und damit zulässig, in der Sache ist sie auch begründet. Der angefochtene Bescheid vom 14.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 09.03.2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beitragsfestsetzung ist nicht zu beanstanden.
Die Beklagte zu 1) hat zu Recht die gezahlte Unterhaltsabfindung monatlich zu 1/12 für ein Jahr bei der Beitragsbemessung
berücksichtigt. Der Gerichtsbescheid des SG vom 26.10.2017 ist daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Streitig ist allein der Zeitraum 01.07.2016 bis 30.06.2017. Hierauf hat die Klägerin ihre Klage ausdrücklich beschränkt, denn
die hier streitige Verbeitragung der Unterhaltsabfindung ist nur in diesem Zeitraum erfolgt. Nachfolgende Beitragsbescheide
sind daher nicht Gegenstand des Klage- bzw Berufungsverfahrens geworden.
Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung im streitigen Zeitraum 01.07.2016 bis 30.06.2017 sind unter Berücksichtigung
der Unterhaltsabfindung iHv 45.000 EUR monatlich zu 1/12 sowie der erzielten Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit von der
Beklagten zu 1) zutreffend unter Beachtung der Beitragsbemessungsgrenze festgesetzt worden. Die Klägerin ist als freiwilliges
Mitglied der Beklagten zu 1) beitragspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung (§
223 SGB V). Aus der freiwilligen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung folgt die versicherungspflichtige Mitgliedschaft
in der sozialen Pflegeversicherung (§
20 Abs
3 SGB XI) sowie die Pflicht, Beiträge zu entrichten (§
54 Abs
2 SGB XI).
Die Höhe der Beiträge richtet sich bei freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten nach §
240 SGB V (idF des Gesetzes vom 21.07.2014, BGBl I S 1133), der über §
57 Abs
4 Satz 1
SGB XI für die Berechnung der Beiträge zur Pflegeversicherung entsprechend gilt. Danach wird die Beitragsbemessung für freiwillige
Mitglieder einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung
die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitgliedes berücksichtigt (Abs 1). Es müssen mindestens die
Einnahmen des freiwilligen Mitgliedes berücksichtigt werden, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtigen Beschäftigten
der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind (Abs 2 Satz 1). Nach der Gesetzesbegründung zu § 240 aF ist bei der Beitragsgestaltung
die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds zu berücksichtigen, dh alle Einnahmen und Geldmittel, die das
Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte, sind ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung der Beitragsbemessung
zugrunde zu legen (BT-Drs 11/2237 S 252 zu § 249).
Die vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen erlassenen einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder
der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst
zu entrichtenden Beiträge (BVSzGs) vom 27.10.2008 (in Kraft getreten am 01.01.2009, § 13 BVSzGs; hier anwendbar idF vom 10.12.2014)
gehen von diesen im Gesetz geregelten (§ 2 Abs 1 Satz 1 und 2 BVSzGs) und von der Rechtsprechung ausgefüllten (§ 3 Abs 1 BVSzGs)
Begriffen aus. Nach § 2 Abs 1 BVSzGs werden die Beiträge nach den beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds bemessen. Als
beitragspflichtige Einnahmen sind das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung,
der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder
verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen (§ 3 Abs 1 BVSzGs). Diese Regelungen übernehmen die von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) entwickelte Auslegung des §
240 Abs
1 Satz 2
SGB V (vgl BSG 23.09.1999, B 12 KR 12/98 R, SozR 3-2500 § 240 Nr 31 unter Verweis auf BT-Drucks 11/2237 S 225; BSG 22.03.2006, B 12 KR 8/05 R, juris-Rn 19). Eine solche Generalklausel genügt, um neben den im Gesetz genannten beitragspflichtigen Einnahmen der versicherungspflichtigen
Beschäftigten auch andere Einnahmen der Beitragsbemessung zugrunde zu legen, die bereits in der ständigen Rechtsprechung des
BSG als Einnahmen zum Lebensunterhalt anerkannt worden sind (BSG 22.03.2006, B 12 KR 8/05 R, juris-Rn 19). Erfasst werden auch die für die Beitragsbemessung nach §
240 Abs
2 Satz 1
SGB V zwingend heranzuziehenden Einnahmen des freiwilligen Mitglieds, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten
der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind (vgl BSG 21.09.2005, B 12 KR 12/04 R, juris-Rn 19). Die Krankenkasse hat zur Feststellung der Beitragspflicht vom Mitglied einen aktuellen Nachweis über die beitragspflichtigen
Einnahmen, die nicht von Dritten gemeldet werden, zu verlangen (§ 6 Abs 1 BVSzGs). Einmalige beitragspflichtige Einnahmen
sind ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt ihrer Entstehung oder des Zuflusses dem jeweiligen Beitragsmonat mit einem Zwölftel
des zu erwartenden Betrags für zwölf Monate zuzuordnen (§ 5 Abs 3 BVSzGs).
Die Regelungen der BVSzGs bieten ab 01.01.2009 grundsätzlich eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beitragsfestsetzung
gegenüber freiwillig Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (BSG 19.12.2012, B 12 KR 20/11 R, SozR 4-2500 § 240 Nr 17) und verstoßen auch nicht gegen Verfassungsrecht (vgl Senatsurteile vom 18.06.2013, L 11 KR 300/12; 14.05.2013, L 11 KR 1553/11).
Unter Zugrundelegung der genannten Maßstäbe ist die Abfindung auf nachehelichen Unterhalt als "Einnahme, die für den Lebensunterhalt
verbraucht wird oder verbraucht werden kann" (§
240 Abs
1 SGB V i.V.m. § 3 Abs 1 BVSzGs) beitragspflichtig. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG besteht die Beitragspflicht unabhängig davon, ob die Einnahmen dem Arbeitsentgelt vergleichbar sind oder nicht und grundsätzlich
auch unabhängig davon, ob mit einer Zuwendung ein bestimmter Zweck verfolgt wird oder nicht, da §
240 Abs
1 Satz 2
SGB V für die Beitragsbemessung an die "gesamte" wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds anknüpft (BSG 24.01.2007, B 12 KR 28/05 R, SozR 4-2500 § 240 Nr 9; BSG 18.12.2013, B 12 KR 3/12 R, SozR 4-2500 § 240 Nr 22 mwN; BSG 15.10.2014, B 12 KR 10/12 R, SozR 4-2500 § 240 Nr 24). Die Grenzziehung zwischen beitragspflichtigen und von der Beitragspflicht ausgenommenen Leistungen erfordert allerdings
regelmäßig eine wertende Entscheidung dazu, ob die Leistungen bei einer anzulegenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise zur
Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung stehen. Die Unterhaltsabfindung ist insoweit eine Einnahme, die zum Lebensunterhalt
verbraucht werden kann. Als Ersatz für laufende Unterhaltszahlungen (§
1585 Abs
2 Bürgerliches Gesetzbuch) dient sie gerade dazu, den Lebensunterhalt zu sichern.
Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung Leistungen von der Beitragsbemessung in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgenommen,
die im Hinblick auf ihre besondere Zweckbestimmung den Einnahmen zum Lebensunterhalt im dargestellten Sinne nicht zugeordnet
werden können (vgl BSG 21.12.2011, B 12 KR 22/09 R, BSGE 110, 62 = SozR 4-2500 § 240 Nr 16). Insoweit werden zwei Gruppen von Einnahmen von der Beitragspflicht ausgenommen. Das sind zum
einen (Sozial-)Leistungen, die der Kompensation eines bestehenden besonderen persönlichen Bedarfs dienen oder als "Hilfe in
besonderen Lebenslagen" nicht für den "allgemeinen" Lebensbedarf des Betroffenen bestimmt sind, sondern dem Betroffenen ungekürzt
erhalten bleiben sollen (zB BSG 23.11.1992, 12 RK 29/92, BSGE 71, 237 = SozR 3-2500 § 240 Nr 12 zur Hilfe in besonderen Lebenslagen nach dem BSHG; BSG 21.12.2011, aaO zum speziellen Pflegebedarf beim Aufenthalt in einer stationären Einrichtung). Zum anderen sind nicht zu
verbeitragen Geldleistungen des sozialen Entschädigungsrechts, die in Ansehung eines in der Verantwortung der staatlichen
Gemeinschaft erlittenen Sonderopfers gewährt werden und in nahezu der gesamten Rechtsordnung nicht als Einkommen gelten (BSG 24.01.2007, aaO zur BVG-Grundrente; BSG 03.07.2013, B 12 KR 27/12 R, BSGE 114, 83 = SozR 4-2500 § 240 Nr 18 zu SED-Opferpensionen). Zu diesen Fallgruppen gehört die gezahlte Unterhaltsabfindung ersichtlich
nicht. Die grundsätzliche Beitragspflicht der gezahlten Unterhaltsabfindung wird auch von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen.
Die Zuordnung der beitragspflichtigen Einnahmen regelt § 5 BVSzGs. Diese sind nach Abs 1 grundsätzlich dem Monat der Mitgliedschaft,
für den Beiträge zu zahlen sind, zuzuordnen. Für laufende beitragspflichtige Einnahmen trifft Abs 2 eine Regelung, die Grundregel
für einmalige beitragspflichtige Einnahmen findet sich in Abs 3. Danach sind einmalige beitragspflichtige Einnahmen ohne Rücksicht
auf den Zeitpunkt ihrer Entstehung oder des Zuflusses dem jeweiligen Beitragsmonat mit einem Zwölftel des zu erwartenden Betrags
für zwölf Monate zuzuordnen. Einmalige beitragspflichtige Einnahmen, die nicht im Voraus zu erwarten sind, sind vom Zeitpunkt
ihres Zuflusses dem jeweiligen Beitragsmonat mit einem Zwölftel des Betrags für zwölf Monate zuzuordnen. Abweichende Regelungen
in den folgenden Absätzen bleiben unberührt.
Nach dem Wortlaut findet § 5 Abs 3 Satz 3 BVSzGs unmittelbar Anwendung, denn es handelt sich bei der Unterhaltsabfindung um
eine einmalige Einnahme, die nicht im Voraus zu erwarten war. Die Spezialregelungen in den nachfolgenden Absätzen sind nicht
einschlägig. Weder handelt es sich um Versorgungsbezüge oder Leistungen von Versicherungsunternehmen wegen Einschränkung der
Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung (Abs 4), noch um eine Abfindung wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses
(Abs 5) oder eine Nachzahlung von Renten oder Versorgungsbezügen (Abs 6) bzw Einnahmen aus Kapitalvermögen (Abs 7). Nach §
5 Abs 4 BVSzGs sind die in Form nicht regelmäßig wiederkehrender Leistungen gewährten Versorgungsbezüge, Leistungen aus einer
befreienden Lebensversicherung sowie Leistungen von Versicherungsunternehmen, die wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit
oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung gezahlt werden, vom Zeitpunkt des auf die Auszahlung folgenden Monats dem
jeweiligen Beitragsmonat mit einem 1/120 des Zahlbetrags der Leistung für 120 Monate zuzuordnen.
Zwar ersetzt die Unterhaltsabfindung nicht Unterhaltsansprüche nur für ein Jahr, sondern abhängig von der Ehedauer ggf für
mehrere Jahre (vgl OLG Oldenburg 18.02.2009, 4 UF 117/08 Rn 32: 10 Jahre nach 27-jähriger Ehe). § 5 Abs 3 BVSzGs regelt allerdings nur als Rechtsfolge die Zuordnung als beitragspflichtige
Einnahme zu monatlich 1/12 für ein Jahr. Es ist nicht Tatbestandsvoraussetzung für die Anwendbarkeit der Vorschrift, dass
die Einmalzahlung auch inhaltlich für einen kürzeren oder gerade den Jahreszeitraum vorgesehen ist. Soweit schon der Gesetzgeber
in §
229 Abs
1 Satz 3
SGB V für Versorgungsbezüge als Einmalzahlung eine besondere Zuordnung der Einnahmen auf 10 Jahre geregelt hat, folgen dem die
BVSzGs in § 5 Abs 4. Daraus und aus den weiteren Spezialregelungen in § 5 Abs 4 bis 7 BVSzGs lässt sich jedoch nicht folgern,
dass generell bei einmaligen beitragspflichtigen Einnahmen, die Ansprüche für einen längeren Zeitraum ersetzen, eine Verteilung
auf 10 Jahre erfolgen soll. Die Auslegung des § 5 BVSzGs sowohl nach Wortlaut als auch nach Systematik sowie Sinn und Zweck
ergibt somit, dass einmalige beitragspflichtige Einnahmen, die - wie hier - nicht von den Spezialregelungen des § 5 Abs 4
bis 7 BVSzGs umfasst sind, nach § 5 Abs 3 BVSzGs zu verbeitragen sind. Der Senat kann sich daher nicht der Auffassung des
LSG Niedersachsen-Bremen (29.01.2015, L 1/4 KR 17/13) anschließen, bei der Abfindung nachehelichen Unterhalts handele es sich
nicht um eine einmalige Einnahme iSv § 5 Abs 3 BVSzGs.
Als untergesetzliche Rechtsnormen unterliegen die BVSzGs der gerichtlichen Überprüfung. Anhaltspunkte dafür, dass der Spitzenverband
Bund der Krankenkassen mit der Regelung in §
5 Abs 3 Satz 3 BVSzGs die Grenzen seiner ihm durch §
240 Abs
1 Satz 1
SGB V eingeräumten Regelungsbefugnis überschreitet, sieht der Senat nicht. Eine abweichende gesetzliche Zuordnung für die beitragsrechtliche
Berücksichtigung von Unterhaltsabfindungen ist nicht geregelt. Die Verbeitragung von Unterhaltsabfindungen nach Maßgabe des
§ 5 Abs 3 Satz 3 BVSzGs unter Aufteilung auf ein Jahr begegnet auch unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten keinen Bedenken.
Art
3 Abs
1 Grundgesetz (
GG) ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen
beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen
können (st Rspr BVerfG 07.10.1980, 1 BvL 50/79 ua, BVerfGE 55, 72; BVerfG 27.02.2007, 1 BvL 10/00, BVerfGE 117, 272=SozR 4-2600 § 58 Nr 7). Umgekehrt verbietet Art
3 Abs
1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit
einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung als sachwidrig
erscheinen lassen. Das BVerfG legt je nach dem Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlichen Prüfungsmaßstab
an (zusammenfassend BVerfG 26.01.1993, 1 BvL 38/92 ua, BVerfGE 88, 87, 96 f). Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen,
ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen
seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfG 08.06.2004, 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412 zum Teilkindergeld für Grenzgänger). Dabei sind Praktikabilität und Einfachheit des Rechts als hochrangige Ziele zu berücksichtigen
(BVerfG 07.12.1999, 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297).
Bezogen auf Versicherte mit laufenden Unterhaltsansprüchen liegt schon kein vergleichbarer Sachverhalt vor, denn eine laufende
Zahlung prägt die Einkommenssituation in völlig anderer Weise als eine einmalige Zahlung. Zudem ist schon zweifelhaft, ob
die Gruppe der Versicherten, die eine Unterhaltsabfindung erhalten, überhaupt als homogene Gruppe angesehen werden kann, denn
eine Unterhaltsabfindung kann Unterhaltszahlungen auch für deutlich kürzere Zeiträume ersetzen als bei der hier vorliegenden
Ehedauer von 26 Jahren. Insoweit ist auch eine Vergleichbarkeit mit den Beziehern von Versorgungsbezügen oder Rentenabfindungen
aus privaten Verträgen zur Alterssicherung nicht gegeben. Bei einer Unterhaltsabfindung für nur einen kürzeren Zeitraum mit
voraussichtlichen Unterhaltsansprüchen wäre es geradezu sachwidrig, eine Gleichbehandlung mit Kapitalauszahlungen von Versorgungsbezügen
vorzusehen.
Ganz davon abgesehen, erscheint schon die Prämisse der Klägerin, dass grundsätzlich eine Benachteiligung der Versicherten
in der Verbeitragung der Unterhaltsabfindung innerhalb eines Jahres zu je 1/12 liegt, unzutreffend. Es hängt stets von den
Einkommensverhältnissen insgesamt ab, inwieweit sich eine Verbeitragung innerhalb eines Jahres im Vergleich zur Aufteilung
auf einen Zeitraum von 10 Jahren für den Versicherten als günstig oder nachteilig erweist. Hat ein Versicherter im maßgebenden
Jahr der Verbeitragung ohnehin schon sehr hohe Einkünfte oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze, fällt überhaupt kein zusätzlicher
Beitrag an, während sich die Einkommensentwicklung über die Dauer von 10 Jahren durchaus anders darstellen kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG).