Überlanges Gerichtsverfahren; Entschädigungsklage; zweijährige Überlänge; Wiedergutmachung auf andere Weise; geringe Bedeutung
der Sache für den Kläger; Berechtigung des Jobcenters zur Veraktung von Kontoauszügen; Feststellung einer Überlänge ausreichend;
Erhöhung der Kostenquote
Tatbestand
Der Kläger verlangt erstinstanzlich vom beklagten Land Baden-Württemberg (vertreten durch die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart)
Schadensersatz wegen überlanger Dauer des Berufungsverfahrens beim Landessozialgericht Baden-Württemberg unter dem Aktenzeichen
L 9 AS 1590/13.
Der 1953 geborene, alleinstehende Kläger ist seit 24. Oktober 1997 arbeitslos und bezieht vom Jobcenter Landkreis K. seit
1. Januar 2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe des jeweiligen Regelbedarfs zuzüglich der Kosten für Unterkunft und Heizung.
Dem Entschädigungsklageverfahren liegt folgendes Ausgangsverfahren zugrunde: Nachdem das Jobcenter Landkreis K. (im Folgenden
Jobcenter) mit Bescheid vom 24. Juni 2011 dem Kläger Arbeitslosengeld II (Alg II) bewilligt hatte, teilte es ihm mit Schreiben
vom gleichen Datum mit, dass er vollständige Kontoauszüge seines Girokontos für den Zeitraum April bis Juli 2011 vorlegen
solle. Auf seine diesbezügliche Mitwirkungspflicht wurde er hingewiesen. Der Kläger antwortete darauf, dass er die angeforderten
Kontoauszüge zur Verfügung stellen werde, wenn das Jobcenter ihm die Löschung der bisher erhaltenen Kontoauszüge schriftlich
bestätige. Mit Schreiben vom 2. August 2011 teilte das Jobcenter ihm daraufhin mit, dass die bisher erhaltenen Kontoauszüge
aus Gründen der nachweislichen Aktenführung nicht gelöscht werden könnten. Gegen das Schreiben vom 2. August 2011 erhob der
Kläger Widerspruch; sein Wunsch nach Löschung der bisher eingereichten Kontoauszüge sei keine Verletzung seiner Mitwirkungspflicht
bei der Klärung der Anspruchsvoraussetzungen für Alg II.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. September 2011 wies das Jobcenter den Widerspruch zurück. Die Aufforderung, Kontoauszüge
für die letzten drei Monate vorzulegen, sei grundsätzlich nicht zu beanstanden.
Am 18. September 2011 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht K. (SG) unter dem Aktenzeichen S 5 AS 2584/11. Zugleich beantragte er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für die Klage. Er beantragte, das Jobcenter zur sofortigen
Zahlung der mit Bescheid vom 24. Juni 2011 bewilligten Leistungen in Höhe von 713,00 EUR monatlich ab 31. August 2011 zu verurteilen,
das Jobcenter zur sofortigen Zahlung der mit Bescheid vom 24. August 2011 zugesagten Nachzahlung in Höhe von 1.793,00 EUR
zu verurteilen und die Rechtswidrigkeit der Nichtzahlung der bewilligten Leistungen festzustellen. Mit Schreiben des SG vom 26. September 2011 wurde der Eingang der Klage bestätigt. Mit Schreiben gleichen Datums wurde das Jobcenter zur Klageerwiderung
unter Vorlage der Verwaltungsakten binnen vier Wochen nach Erhalt übersandt. Es wurde auch eine Stellungnahme zum PKH-Antrag
erbeten. Mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2011 teilte das Jobcenter mit, dass zwischenzeitlich der Nachzahlungsbetrag in Höhe
von 1.793,00 EUR zur Zahlung an den Kläger angewiesen worden sei. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem SG unter dem Aktenzeichen S 5 AS 2487/11 ER habe sich das Jobcenter im Übrigen zur Zahlung der Leistungen nach dem SGB II aufgrund des Bewilligungsbescheides vom 24. Juni 2011 verpflichtet. Ab September 2011 seien die Leistungen zur Zahlung angewiesen
worden. Die Klage dürfte sich damit erledigt haben. Mit Verfügung vom 18. Oktober 2011 wurde dem Kläger dieser Schriftsatz
zugeleitet. Mit Schreiben vom 14. November 2011 teilte der Kläger mit, die Klage habe sich nicht erledigt. Mit Verfügung vom
26. Juni 2012 bestimmte das SG Termin zur Erörterung des Sachverhalts auf den 25. Juli 2012. Mit Beschluss vom 11. Juli 2012 wurde dem Antragsteller PKH
ohne Ratenzahlung gewährt. Am 25. Juli 2012 fand der Erörterungstermin statt, welcher nicht nur das Ausgangsklageverfahren
S 5 AS 2584/11, sondern noch weitere Klageverfahren betraf. Im streitgegenständlichen Ausgangsverfahren wurde dem Kläger Rechtsanwalt E.
beigeordnet, welcher Akteneinsicht beantragte. Im auch betroffenen Klageverfahren Aktenzeichen S 5 AS 337/12 wies das Jobcenter darauf hin, dass die vom Kläger mit Schreiben vom 4. Januar 2012 vorgelegten Kontoauszüge vollständig
herausgegeben und insbesondere auch keine Kopien für die beim Jobcenter verbleibenden Akten gefertigt worden seien. Mit Verfügung
vom 9. August 2012 gewährte das SG Rechtsanwalt E. im Ausgangsklageverfahren Akteneinsicht mit der Bitte um Rückgabe binnen zwei Wochen. Mit Verfügung vom 18.
September 2012 wurde Rechtsanwalt E. auch Einsicht in die Gerichtsakten gewährt. Alle Akten reichte Rechtsanwalt E. am 9.
Oktober 2012 an das SG zurück und begründete die Klage. Mit Schreiben vom 19. November 2012 - eingegangen beim SG am 22. November 2012 - nahm das Jobcenter zu den Ausführungen des Rechtsanwalts Stellung. Mit Verfügung vom 22. November
2012 wurde Rechtsanwalt E. die Stellungnahme des Jobcenters zugesandt und um Mitteilung gebeten, mit welchen konkreten Klageanträgen
die Klage gegebenenfalls fortgeführt werde. Mit Schriftsatz vom 8. Januar 2013 teilte Rechtsanwalt E. mit, der Kläger sei
der Auffassung, dass sich auf den AS. 726 bis 729 der Verwaltungsakte Kontoauszüge befänden, die aus der Akte zu entfernen
seien. Mit Verfügung vom 9. Januar 2013 bat das SG das Jobcenter um Überlassung der Verwaltungsakten und bestimmte mit Verfügung vom 16. Januar 2013 Termin zur Erörterung des
Sachverhalts auf den 21. Februar 2013. Das Jobcenter teilte mit Schreiben vom 15. Januar 2013 mit, sämtliche Leistungsakten
seien mit Schreiben vom 29. Oktober 2012 dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zu dem Verfahren Aktenzeichen L 9 AS 3918/12 vorgelegt worden. Am 30. Januar 2013 gingen die beim Landessozialgericht Baden-Württemberg angeforderten Akten beim SG ein und am 31. Januar 2013 wurden Rechtsanwalt E. Kopien von Akten S. 726 bis 729 der Verwaltungsakten übermittelt. Mit Schreiben
vom 3. Februar 2013 teilte der Kläger mit, er habe Rechtsanwalt E. das Mandat entzogen. Die Kopien der Kontoauszüge würden
gleichwohl benötigt. Mit Verfügung vom 5. Februar 2013 veranlasste das SG die Übermittlung der Kopien an den Kläger. Am 21. Februar 2013 fand der Termin zur Erörterung des Sachverhalts im streitgegenständlichen
Ausgangsklageverfahren sowie in zwei weiteren Klageverfahren statt. Folglich der Niederschrift vom 21. Februar 2013 erklärte
die Bevollmächtigte des Jobcenters im streitgegenständlichen Ausgangsklageverfahren, dass die einzigen noch in den Akten befindlichen
Kontoauszüge aus den Jahren 2004 sowie 2010 und 2011 (Aktenseiten 726 bis 729) aus den Akten nach deren Rückerhalt vollständig
entfernt würden. Der Kläger beantragte daraufhin, in diesem Klageverfahren nunmehr festzustellen, dass die zur Einsicht vorgelegten
Kontoauszüge vom Beklagten nicht zu den Akten genommen werden dürften. Zum im Termin zur Erörterung des Sachverhalts auch
betroffenen Klageverfahren Aktenzeichen S 5 AS 337/12 erklärte die Bevollmächtigte des Jobcenters, dass sich zwischenzeitlich keinerlei Kopien der vom Kläger mit Schreiben vom
4. November 2012 übersandten Kontoauszüge nunmehr in den Akten befänden. Der Kläger erklärte dieses Klageverfahren daraufhin
für erledigt. Mit Gerichtsbescheid vom 14. März 2013 wurde die Klage im Ausgangsklageverfahren abgewiesen; die Zustellung
des Gerichtsbescheids an den Kläger erfolgte am 16. März 2013.
Mit Schreiben vom 9. April 2013 - eingegangen beim Landessozialgericht am 11. April 2013 - erhob der Kläger Berufung gegen
den Gerichtsbescheid vom 14. März 2013 und begehrte für das Berufungsverfahren PKH; das Berufungsverfahren wurde unter dem
Aktenzeichen L 9 AS 1590/13 geführt. Der Kläger beantragte die Aufhebung des Widerspruchsbescheids des Jobcenters vom 12. September 2011. Weiter begehrte
er die Feststellung, dass Kontoauszüge, die zur Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Alg II vorgelegt würden
und keine leistungsrelevanten Auffälligkeiten enthielten, gegen den Willen des Antragstellers nicht zu den Akten genommen
werden dürften sowie die Feststellung, dass die Sanktionierung bzw. Nichtauszahlung von Alg II wegen Nichteinwilligung in
die Speicherung solcher Kontoauszüge rechtswidrig sei. Mit Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 12. April 2013 wurde ein Berichterstatter
bestimmt, dem die Aufgaben nach §§
104,
106 bis
108 und
120 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) übertragen wurden. Mit richterlicher Verfügung vom 15. April 2013 wurde dem Kläger aufgegeben, seine persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse auf dem entsprechenden PKH-Vordruck darzulegen. Das Jobcenter wurde um Stellungnahme binnen vier Wochen gebeten.
Die Akte des erstinstanzlichen Verfahrens (S 5 AS 2584/11) wurde beim SG angefordert. Mit Schreiben vom 17. April 2013 beantragte das Jobcenter, die Berufung zurückzuweisen. Die Leistungsakten seien
dem Landessozialgericht bereits in einem anderen Verfahren vorgelegt worden. Mit richterlicher Verfügung vom 22. April 2013
wurde die Übersendung eines Doppels an den Kläger verfügt. Mit Schreiben vom 19. April 2013 - eingegangen beim Landessozialgericht
am 25. April 2013 - legte das SG einen Abdruck des angefochtenen Gerichtsbescheids und die Akten im Ausgangsklageverfahren sowie weitere SG-Akten vor.
Am 12. Juli 2016 ging das mit "Verzögerungsrüge" bezeichnete Schreiben des Klägers vom 9. Juli 2016 beim LSG ein. Seit der
Berufungserwiderung vom 17. April 2013 werde das Verfahren nun seit über drei Jahren liegen gelassen, obwohl es sich um eine
Rechtsfrage handele, die sich regelmäßig mit jedem Neuantrag auf Leistungen nach dem SGB II neu stelle. Mit Beschluss vom 20. Dezember 2016 wurde der PKH-Antrag für das Berufungsverfahren abgelehnt. Mit Verfügung
vom 21. Dezember 2016 wurde Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 24. Januar 2017 bestimmt. Mit Schreiben vom 19. Januar
2017 lehnte der Kläger den Senatsvorsitzenden und die beisitzenden Berufsrichter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Mit
Verfügung vom 23. Januar 2017 wurde der Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 21. Februar 2017 verlegt. Mit Beschluss
vom 26. Januar 2017 wurde das Befangenheitsgesuch des Klägers abgelehnt. Im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 21.
Februar 2017 verkündete der Senatsvorsitzende das die Berufung zurückweisende Urteil, welches dem Kläger am 28. Februar 2017
zugestellt wurde.
Am 20. Januar 2017 hat der Kläger beim LSG Klage auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer des Berufungsverfahrens
Aktenzeichen L 9 AS 1590/13, welches derzeit noch anhängig sei, erhoben. Zur Begründung macht er geltend, Ausgang des Verfahrens sei eine "Totalsanktionierung"
durch das Jobcenter Ende Juli 2011 gewesen mit der Begründung, er sei seiner Mitwirkungspflicht durch die Nichtvorlage seiner
Kontoauszüge nicht nachgekommen. Zuletzt habe er seine Kontoauszüge am 12. Januar 2011 eingereicht. Im Zusammenhang mit seinem
Weiterbewilligungsantrag vom 24. Juni 2011 sei er aufgefordert worden, Kontoauszüge von April bis Juli 2011 beim Jobcenter
einzureichen. Seine Bereitschaft dazu habe er unter der Bedingung erklärt, dass ihm die Löschung der bisher eingereichten
Kontoauszüge bestätigt werde. Hierauf habe das Jobcenter mit dem Einbehalt aller ihm bewilligten Leistungen ab August 2011
reagiert. Anfang August 2011 habe er persönlich beim Jobcenter vorgesprochen und die Kontoauszüge zur Einsichtnahme dabeigehabt.
Eine Einsichtnahme sei seitens der Sachbearbeiterin nicht vorgenommen worden und er habe die Kontoauszüge wieder mitgenommen.
Er habe sich dann mit einem Eilantrag vom 2. August 2011 (Aktenzeichen: S 5 AS 2095/11 ER) an das SG gewandt; dieses Datum sehe er als den relevanten Beginn des bis heute anhängigen Gerichtsverfahrens. Den Eilantrag habe er
gleichzeitig als Widerspruch gegen den Bescheid des Jobcenters vom 2. August 2011 formuliert und gegen den daraufhin ergangenen
Widerspruchsbescheid vom 12. September 2011 habe er am 18. September 2011 beim SG Klage erhoben. Die Klageerwiderung des Jobcenters habe sich auf die Mitteilung über die Aufhebung der Sanktion beschränkt
und die Klage als erledigt betrachtet. Er habe auf die darüber hinausgehenden Klageanträge verwiesen. Im Termin zur Erörterung
des Sachverhalts am 25. Juli 2012 sei diskutiert worden, inwieweit er einen Anspruch darauf habe, dass die in den Leistungsakten
noch befindlichen Kopien seiner Kontoauszüge zu löschen bzw. aus den Akten zu entfernen seien. Sein Rechtsanwalt habe in diesem
Zusammenhang für eine weitere Begründung Akteneinsicht verlangt. Auch wenn das Jobcenter in dem weiteren Klageverfahren Aktenzeichen
S 5 AS 337/12 die von ihm am 4. Januar 2012 eingereichten Kontoauszüge mit Schreiben vom 12. März 2012 im Original an ihn zurückgegeben
habe, sei davon auszugehen, dass die Kontoauszüge als Kopie in den Akten verblieben seien, was sich aus einem handschriftlichen
Vermerk auf Aktenseite 803 der Verwaltungsakte ergebe. Das Jobcenter habe das SG somit getäuscht. Diese Täuschung habe es mit einem weiteren Schreiben vom 30. April 2012 wiederholt, in dem es mitgeteilt
habe, die Kontoauszüge seien lediglich eingesehen worden und nicht zur Leistungsakte genommen worden. Aus einem handschriftlichen
Vermerk vom selben Tag folge jedoch, dass die Kontoauszüge in Kopie nicht zur Leistungsakte, wohl aber zu einer Klageakte
genommen worden seien. Das Jobcenter arbeite mit einer Vielzahl unterschiedlich benannter Akten. Auf seinen diesbezüglichen
Einwand habe das Jobcenter mit Schreiben vom 14. Juni 2012 dem SG gegenüber erklärt, es seien keine Kopien der Kontoauszüge gemacht worden, sondern lediglich ein Aktenvermerk gefertigt geworden.
Kopien der Kontoauszüge von Oktober bis Dezember 2010, deren Löschung er im hier gegenständlichen Verfahren gefordert habe,
seien von ihm als Bl. 726 bis 729 in der eingesehenen Verwaltungsakte gefunden worden und am 5. Februar 2013 nach Aufforderung
durch den damaligen Bevollmächtigten vom SG als Kopie zugesandt worden. Im zweiten Erörterungstermin am 21. Februar 2013 sei protokolliert worden, dass die Bevollmächtigte
des Jobcenters erklärt habe, dass die einzig noch in den Akten befindlichen Kontoauszüge aus den Jahren 2004 sowie 2010 und
2011 aus den Akten nach deren Rückerhalt vollständig entfernt worden seien. Vor diesem Hintergrund sei in diesem Erörterungstermin
als sein Antrag aufgenommen worden, es sei nunmehr festzustellen, dass die zur Einsicht vorgelegten Kontoauszüge vom Jobcenter
nicht zu den Akten genommen werden dürften. Hierbei handele es sich um eine Formulierung, die ihm vom Richter in den Mund
gelegt worden sei. Gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid habe er am 11. April 2013 zusammen mit einem PKH-Antrag Berufung
eingereicht. Bis auf die Zusendung der kurzen Berufungserwiderung des Jobcenters vom 17. April 2013 sei die Sache beim LSG
liegengeblieben, bis er am 9. Juli 2016 eine Verzögerungsrüge erhoben habe. Daraufhin sei am 20. Dezember 2016 sein PKH-Antrag
abgelehnt worden. Das Verfahren sei beim LSG drei Jahre und acht Monate unbearbeitet liegengeblieben. Bislang dauere das Verfahren,
das nach Aussage des zuständigen Senats keine Schwierigkeiten aufweise, fünf Jahre und fünf Monate, wobei er fortdauernd durch
die Nichtentscheidung des Gerichts beschwert sei. Eine Entschädigung von 1.200,00 EUR pro Jahr unangemessener Verfahrensdauer,
wie es für den Regelfall vorgesehen sei, sei offensichtlich zu gering. Das Berufungsverfahren sei für die Dauer von 2 Jahren
und 7 Monaten unangemessen lang gewesen. Hinzu komme, dass im vorliegenden Fall in der ersten Instanz systematische Rechtsverweigerung
betrieben worden sei, die sich nun beim LSG fortsetze. Die ohne Urteil bewirkte Rückgabe einzelner Kontoauszüge sei keine
Rechtsgewährung, da das Jobcenter sich nach wie vor einreden könne, dazu ein Recht zu haben und die Kontoauszüge bei nächster
Gelegenheit wieder einbehalten werde.
Mit Beschluss vom 25. April 2017 hat der erkennende Senat dem Kläger PKH bewilligt. Mit Beschluss vom 17. Mai 2017 hat er
im Rahmen der bewilligten PKH Rechtsanwalt S. beigeordnet.
Dieser begründet die Entschädigungsklage weiter damit, dass mindestens eine Entschädigung von 3000,- EUR wegen der überlangen
Verfahrensdauer zu gewähren sei. Bezüglich der Bedeutung der Sache für den Kläger werde von dem Beklagten übersehen, dass
es im Ausgangsverfahren für den Kläger sowohl um das Grundrecht der Informationellen Selbstbestimmung als auch um die Vermeidung
weiterer Sanktionsentscheidungen gegangen sei. Nicht ohne weiteres habe von einem rechtskonformen Vorgehen des Jobcenters
ausgegangen werden können. Die Annahme des "Ausgangsgerichts", das Jobcenter werde keine Kontoauszüge des Klägers mehr speichern,
sei widerlegt durch das Schreiben des Jobcenters vom 3. August 2017, wonach in der Leistungsakte des Klägers 3 Seiten mit
Kontoauszügen des Klägers abgeheftet seien.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger eine Entschädigung in Höhe von mindestens 3000,- EUR wegen überlanger Verfahrensdauer
des Klageverfahrens Aktenzeichen: S 5 AS 2584/11 und des Berufungsverfahrens Aktenzeichen: L 9 AS 1590/13 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, der Ausgangsrechtsstreit habe nicht unangemessen lange gedauert. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer
richte sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit des Verfahrens sowie nach dem Verhalten
der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Das Bundessozialgericht (BSG) gehe davon aus, dass grundsätzlich die Verfahrensdauer schon allein dann als insgesamt angemessen anzusehen sei, wenn eine
Gesamtverfahrensdauer, die zwölf Monate je Instanz übersteige, auf vertretbarer aktiver Verfahrensgestaltung des Gerichts
beruhe; zwölf Monate scheinbar fehlender Verfahrensförderung sei in der Regel von vornherein unschädlich. Die in Jahren und
Monaten zu bemessende Gesamtverfahrensdauer bis zum Eingang der Klage nebst PKH-Antrag habe unter Einbeziehung der Verfahren
des einstweiligen Rechtsschutzes fünf Jahre und sechs Monate betragen. In erster Instanz sei das Verfahren sehr zügig geführt
und abgeschlossen worden. die einzig nennenswerte (scheinbare) Lücke zwischen dem 16. November 2011 und dem 26. Juni 2012,
die nach der Zwölf-Monats-Regel des BSG ohnehin nicht erheblich wäre, habe das Gericht erkennbar auch genutzt, um nicht nur das Ausgangsverfahren, sondern auch eine
Reihe weiterer vom Kläger initiierter Verfahren einem baldigen Abschluss zuzuführen.
Das Berufungsverfahren sei bis Ende April 2013 sachgerecht gefördert worden. Hinsichtlich der dann aufgetretenen Zeit, für
die sich aus den Akten selbst eine Verfahrensförderung nicht ergebe, müsse zumindest die Zwölf-Monats-Regel des Bundessozialgerichts
in Ansatz gebracht werden. Was das Verhalten der Verfahrensbeteiligten angehe, sei ein nicht unerheblicher Teil der Dauer
des erstinstanzlichen Verfahrens ersichtlich auf das Verhalten des Klägers und seines zeitweiligen Prozessvertreters zurückzuführen.
Im Berufungsverfahren sei nennenswert allein die erkennbar wegen des Ablehnungsantrags des Klägers vom 19. Januar 2017 erforderliche
Terminsverlegung vom 24. Januar 2017 auf 21. Februar 2017 anzuführen, die eine entsprechende, auf dessen Verhalten zurückzuführende
Verfahrensverlängerung zur Folge gehabt habe und daher dem Beklagten nicht angelastet werden könne. Das Verfahren sei wohl
inhaltlich von durchschnittlicher Schwierigkeit gewesen. Die Bedeutung des Verfahrens müsse aus Sicht des Klägers - jedenfalls
nach dem zweiten Erörterungstermin am 21. Februar 2013 in erster Instanz - als deutlich unterdurchschnittlich bewertet werden.
Nach den dort von Seite des Jobcenters abgegebenen Erklärungen im Ausgangsverfahren und im Verfahren S 5 AS 337/12 sei davon auszugehen gewesen, dass das Jobcenter auch künftig Kopien von Kontoauszügen nicht zu den Leistungsakten nehmen
und/oder speichern werde. Zumindest das Berufungsgericht habe dies aus maßgeblicher ex-ante-Sicht annehmen dürfen. Auch die
Verzögerungsrüge des Klägers, wonach es sich um eine Rechtsfrage handele, die sich regelmäßig bei jedem Neuantrag auf Leistungen
nach dem SGB II neu stelle, lasse nicht erkennen, dass nach dem genannten Erörterungstermin diese Rechtsfrage vom Jobcenter zu seinem Nachteil
entschieden worden sei. Die untergeordnete Bedeutung zeige sich auch darin, dass es nicht um Leistungsansprüche als solche
gegangen sei. Soweit das Berufungsverfahren längere Zeiträume aufweise, in denen die Sache anscheinend nicht vorangebracht
worden sei, seien diese (scheinbaren) Lücken zumindest teilweise durch die zügige Verfahrensförderung in erster Instanz und
die Zwölf-Monats-Regel des BSG als ausgeglichen zu betrachten. Unter Einbeziehung schließlich der untergeordneten Bedeutung der Sache lasse sich eine unangemessene
Dauer des Gesamtverfahrens nicht feststellen. Im Übrigen sei auch die Vermutung des §
198 Abs.
2 Satz 1
Gerichtsverfassungsgesetz (
GVG) als widerlegt anzusehen. Irgendwelche Beeinträchtigungen als Folge der Dauer des Verfahrens habe der Kläger selbst nicht
behauptet. Daraus werde geschlossen, dass sich das beklagte Jobcenter an seine Zusage aus dem Termin vom 21. Februar 2013
gehalten habe. Die Dauer des Ausgangsverfahrens habe, selbst wenn man sie als unangemessen bewerten würde, nicht zu einem
allein in Rede stehenden immateriellen Nachteil für den Antragsteller geführt. Eine Klage unmittelbar auf Feststellung der
unangemessenen Dauer des Antragsverfahrens sei nicht möglich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte des Senats sowie die beigezogene Akte
des LSG Aktenzeichen: L 9 AS 1590/13 und die beigezogene Akten des SG Aktenzeichen: S 5 AS 2584/11 und S 5 AS 337/12 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg ist für die hier erhobene Klage zuständig (§
51 Abs.
1 Nr.
10, §
202 Satz 2
SGG i.V.m. den §§
198 ff.
GVG), da es sich bei dem Ausgangsverfahren um ein Verfahren aus dem Bereich der Sozialgerichtsbarkeit handelt.
Die Klage ist auch form- und fristgerecht (gemäß §
198 Abs.
5 Satz 2
GVG) innerhalb von sechs Monaten nach Erledigung des Berufungsverfahrens durch Zustellung des Urteils vom 21. Februar 2017 am
28. Februar 2017 erhoben worden; die Entschädigungsklage ist - was §
198 Abs.
5 Satz 2
GVG nicht widerspricht - schon vor Beendigung des Berufungsverfahrens am 20. Januar 2017 erhoben worden (vgl. Ott in Steibeiß-Winkelmann/Ott,
Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, §
198 GVG, Rdnr. 251). Es war auch mehr als sechs Monate zuvor - schriftlich am 12. Juli 2016 - eine wirksame Verzögerungsrüge gemäß
§
198 Abs.
3 GVG erhoben worden. Selbst wenn diese verspätet gewesen sein sollte, führt sie nicht die Ausschlusswirkung einer fehlenden oder
verfrühten Rüge herbei (Marx in Marx/Roderfeld, Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, 1. Aufl. 2013,
§
198 GVG Rdnr. 137).
Die hier gegebene allgemeine Leistungsklage (§
54 Abs.
5 SGG, vgl. hierzu BSG, Urteil vom 21. Februar 2013 - B 10 PG 1/12 KL - in Juris Rdnr. 15) ist auch im Übrigen zulässig.
II.
Die Klage ist (teilweise) in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet. Der Kläger hat infolge unangemessener
Dauer des Ausgangsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erlitten.
Der Anspruch des Klägers ist nach §
198 GVG zu beurteilen. Nach §
198 Abs.
1 GVG wird, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, angemessen
entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der
Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
Gem. §
198 Abs.
2 GVG wird ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat.
Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere
Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1.200 EUR für jedes Jahr der Verzögerung. Ist
der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag
festsetzen.
Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter gem. §
198 Abs.
3 GVG nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge
kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen
wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere
Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden
sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden
hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das
Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.
Nach §
198 Abs.
4 GVG ist Wiedergutmachung auf andere Weise insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer
unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung
ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt
sind.
Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge
erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet,
oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch
nicht übertragbar (§
198 Abs.
5 GVG).
Gem. §
198 Abs.
6 GVG ist im Sinne dieser Vorschrift
1. ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens
auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das
Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2. ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane,
der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts
an einem Verfahren beteiligt sind.
Eine allgemein gültige Zeitvorgabe, wie lange ein (sozialgerichtliches) Verfahren, und zwar unabhängig davon, ob Hauptsache-
oder Eilverfahren, höchstens dauern darf, um nicht als unangemessen lang zu gelten, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Auch
sonst ist die generelle Festlegung, ab wann ein Verfahren unangemessen lange dauert - insbesondere als feste Jahresgrenze
- angesichts der Unterschiedlichkeit der Verfahren nicht möglich (BVerfG stattgebender Kammerbeschluss vom 20. Juli 2000 -
1 BvR 352/00 -, NJW 2001, 214; Scholz, Sozialgerichtsbarkeit 2012 Seite 19, 21; Roller DRiZ 2012 Heft 6 Beilage S. 7; so auch u.a. BGH Urteil vom 14. November 2013 - III ZR 376/12 - in juris Rn. 25, 26, 27)
Ob der Anspruch eines Verfahrensbeteiligten auf Entscheidung seines gerichtlichen Verfahrens in angemessener Zeit verletzt
wurde, ist vielmehr im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 Abs. 1 EMRK sowie des Bundesverfassungsgerichts zu Art.
19 Abs.
4, 20 Abs.
3 GG zu beurteilen (vgl. auch BT-Drs. 17/3802, S. 1, 15; BSG, Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/14 R, juris Rn. 30). Als Maßstab nennt §
198 Abs.
1 Satz 2
GVG die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens sowie das Verhalten der Verfahrensbeteiligten
und Dritter (vgl. insoweit auch EGMR, Urteil vom 24. Juni 2010, Beschwerde Nr. 21423/07, Rdnr. 32; Urteil vom 8. Juni 2006 Nr.75529/01 Rdnr. 128; Urteil vom 21.
April 2011 Nr. 41599/09 Rdnr. 42; BVerfG Beschluss vom 27. September 2011 - 1 BvR 232/11 - Rdnr. 16 in juris; BGH Urteil vom 14. November 2013 - III ZR 376/12 - Rdnr. 25 in juris; BFH Urteil vom 7. November 2013 - X K 13/12 - Rdnr. 56 und 69 in juris; Roller aaO S. 9; Scholz aaO S. 22; Roderfeld in Marx/Roderfeld, Rechtsschutz bei überlangen Gerichts
und Ermittlungsverfahren, Handkommentar, 2012, §
198 GVG Rdnr. 5, 8 ff.).
Ausgangspunkt und erster Schritt der Angemessenheitsprüfung bildet die in §§
198 Abs.
6 Nr.
1 GVG definierte Gesamtdauer des Gerichtsverfahrens von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss. Das Verwaltungs- bzw.
Widerspruchsverfahren ist dabei nicht zu berücksichtigen. Das hier zu beurteilende gerichtliche Klage- und Berufungsverfahren
hat von Erhebung der Klage am 18. September 2011 beim SG über die Zustellung des Gerichtsbescheids des SG am 16. März 2013, die Erhebung der Berufung beim LSG am 11. April 2013 und die Zustellung des Berufungsurteils des LSG vom
21. Februar 2017 am 28. Februar 2017 fünf Jahre und vier Kalendermonate gedauert. Das (Berufungs)-Verfahren wies damit eine
Überlänge auf. Der Kläger hat aber keinen Anspruch auf die begehrte Entschädigungszahlung, denn zur Wiedergutmachung des dadurch
eingetretenen immateriellen Schadens reicht die Feststellung der Überlänge aus.
Bei dem Verfahren handelt es sich um ein für den Kläger als von weit unter durchschnittlicher Bedeutung anzusehendes Verfahren
durchschnittlicher Komplexität und Schwierigkeit, in dessen Verlauf es im Berufungsverfahren zu Verzögerungen gekommen ist,
die dem beklagten Land zuzurechnen sind.
Die für die Verfahrensdauer bedeutsame Schwierigkeit und Komplexität des Verfahrens stuft der Senat als durchschnittlich ein.
Nachdem der Kläger ursprünglich mit seiner Klage das Ziel der Auszahlung des mit Bescheid vom 24. August 2011 bewilligten
Nachzahlungsbetrages in Höhe von 1.793,00 EUR und die Zahlung des mit Bewilligungsbescheid vom 24. Juni 2011 bewilligten Alg
II in Höhe von 713,00 EUR monatlich ab August 2011 begehrt hat und das Jobcenter bereits zu einem frühen Zeitpunkt im Klageverfahren,
nämlich bereits mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2011 mitgeteilt hat, dass zwischenzeitlich der Nachzahlungsbetrag in Höhe
von 1.793,00 EUR zur Zahlung an den Kläger angewiesen worden sei und dass man sich im Weiteren verpflichte, die Zahlung der
Leistungen nach dem SGB II aufgrund des Bewilligungsbescheides vom 24. Juni 2011 aufzunehmen, wobei die Leistungen ab September 2011 wieder zur Zahlung
angewiesen worden seien, "konzentrierte" sich das Begehren des Klägers im Klage- und Berufungsverfahren auf die Frage, ob
das Jobcenter berechtigt sei, vom Kläger vorgelegte Kontoauszüge in Kopie zur Verwaltungsakte zu nehmen. Diesbezüglich bestand
keine Notwendigkeit tatsächlicher Ermittlungen. Die "Eckpunkte" zur Frage der Zulässigkeit der (Sozial-)Datenspeicherung ergaben
sich bereits aus der im Berufungsurteil angeführten Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 31. März 2011 (Aktenzeichen:
L 15 SB 80/06).
Die für die Beurteilung der Verfahrensdauer maßgebliche Bedeutung des Verfahrens ergibt sich zum einen aus der allgemeinen
Tragweite der Entscheidung für die materiellen und ideellen Interessen der Beteiligten. Zum anderen trägt zur Bedeutung der
Sache im Sinne von §
198 Abs.
1 Satz 2
GVG im Kontext des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz maßgeblich das Interesse des Betroffenen gerade an einer raschen Entscheidung
bei. Entscheidend ist deshalb auch, ob und wie sich der Zeitablauf nachteilig auf die Verfahrensposition des Klägers und das
geltend gemachte materielle Recht sowie möglicherweise auf seine weiteren geschützten Interessen auswirkt (BSG, Urteile vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 2/13 -, B 10 ÜG 9/13 R -, - B 10 ÜG 12/13 R -, jeweils zitiert nach Juris). Die
wirtschaftliche Bedeutung des gerichtlichen Ausgangsverfahrens, in der es (nur noch) um die Berechtigung des Jobcenters ging,
vom Kläger vorgelegte Kontoauszüge in Kopie zur Akte zu nehmen, war für den Kläger als weit unter durchschnittlich einzustufen.
Dies deshalb, weil das ursprünglich mit der Klage verfolgte wirtschaftliche bzw. finanzielle Interesse des Klägers an Auszahlung
des Nachzahlungsbetrages in Höhe von 1.793,00 EUR und der laufenden Auszahlung der bewilligten Leistungen in Höhe von 713,00
EUR monatlich das Jobcenter bereits in einem Zeitraum von weniger als vier Wochen, nämlich mit Schriftsatz vom 13. Oktober
2011 "erfüllt" war. Soweit sich das Rechtsschutzbegehren des Klägers im gerichtlichen Ausgangsverfahren sodann darauf "verengte",
feststellen zu lassen, ob das Jobcenter berechtigt sei, vom Kläger vorgelegte Kontoauszüge in Kopie zur Akte zu nehmen, verringerte
sich diesbezüglich die Bedeutung der Sache für den Kläger dadurch, dass das Jobcenter bereits im Termin zur Erörterung des
Sachverhalts am 25. Juli 2012 auf das Klageverfahren Aktenzeichen: S 5 AS 337/12 bezogen erklärte, dass die vom Kläger mit Schreiben vom 4. Januar 2012 vorgelegten Kontoauszüge vollständig herausgegeben
worden seien und insbesondere auch keine Kopien für die beim Jobcenter verbleibenden Akten gefertigt worden seien und weiterhin
dadurch, dass im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 21. Februar 2013 das Jobcenter bezogen auf das Klageausgangsverfahren
erklärte, die einzig noch in den Verwaltungsakten befindlichen Kontoauszüge aus den Jahren 2004 sowie 2010 und 2011 (Aktenseiten
726 bis 729) würden aus den Akten nach deren Rückerhalt vollständig entfernt werden. Damit hatte der Kläger diesbezüglich
sein Rechtsschutzziel erreicht, auch wenn er es aus für den Senat nicht nachvollziehbaren Gründen anders beurteilt. Den Vortrag
des Klägers diesbezüglich jedenfalls, die Erklärungen des Jobcenters seien nicht zutreffend, weil die Originalkontoauszüge
ihm zurückgegeben worden seien, jedoch Kopien in der Verwaltungsakte verblieben seien bzw. dass Kopien von Kontoauszügen zwar
nicht zur Verwaltungsakte, aber zu einer Klageakte genommen worden seien, kann der Senat sachlich nicht nachvollziehen. Eine
über den Kläger hinausgehende Bedeutung des Ausgangsverfahrens für die Allgemeinheit ist nicht ersichtlich.
Des Weiteren ist Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch, dass die unangemessene Verfahrensdauer durch staatliches
Fehlverhalten verursacht wurde, etwa organisatorisches Verschulden bei der ausreichenden personellen Ausstattung der Gerichte.
Das heißt auf der anderen Seite, Entschädigungsansprüche scheiden schon dann grundsätzlich aus, wenn und soweit die Verzögerung
des Verfahrens ausschließlich durch die Verfahrensbeteiligten selbst oder durch Dritte verursacht worden ist und das Gericht
keine Möglichkeit hatte, dem wirksam entgegenzusteuern.
Hier ist hinsichtlich des Verfahrensablaufs des Klageverfahrens festzuhalten, dass ein nicht unerheblicher Teil der Dauer
des Klageverfahrens - diese ist mit 17 Kalendermonaten sowieso als solche als angemessen zu betrachten - auf das Verhalten
des Klägers und seines damaligen Prozessbevollmächtigten zurückzuführen ist. Im Berufungsverfahren hingegen ist allein die
erkennbar wegen des Ablehnungsantrags des Klägers vom 19. Januar 2017 erforderliche Terminverlegung vom 24. Januar 2017 auf
den 21. Februar 2017 anzuführen, die eine entsprechende, auf das Verhalten des Klägers zurückzuführende Verfahrensverlängerung
(ein Monat) zur Folge hatte.
Schließlich kommt es - auch wenn dies in §
198 Abs.
1 Satz 2
GVG als Kriterium zur Bestimmung der Angemessenheit nicht ausdrücklich erwähnt wird - für eine Verletzung des Art. 6 EMRK durch den Beklagten wesentlich darauf an, ob ihm zurechenbare Verhaltensweisen des Gerichts zur Überlänge des Verfahrens
geführt haben. Maßgeblich sind dabei allein Verzögerungen, also sachlich nicht gerechtfertigte Zeiten des Verfahrens, insbesondere
aufgrund von Untätigkeit des Gerichts (BSG, Urteil vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 12/13 R -, veröffentlicht in Juris). Vor diesem Hintergrund sind die während des
Verfahrens aufgetretenen aktiven und inaktiven Zeiten der Bearbeitung konkret zu ermitteln. Kleinste relevante Zeiteinheit
ist im Geltungsbereich des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren
(ÜGG) dabei stets der Monat (BSG, Urteile vom 3. September 2014 - a.a.O. -) im Sinne des Kalendermonats (BSG, Urteil vom 12. Februar 2015 - B 10 ÜG 11/13 R -, veröffentlicht in Juris).
Gemessen daran gilt hier mit Blick auf das streitgegenständliche Ausgangsverfahren folgendes:
Inaktive Zeiten sind während des Klageverfahrens beim SG nicht festzustellen. Bezüglich des Berufungsverfahrens hat sich der Verfahrensablauf so dargestellt, dass unmittelbar nach
Erhebung der Berufung am 11. April 2013 mit Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 12. April 2013 ein Berichterstatter bestimmt
wurde und mit richterlicher Verfügung vom 15. April 2013 dem Kläger aufgegeben wurde, seine persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse wegen seines PKH-Antrages darzulegen. Mit gleichem Datum wurde das Jobcenter um Stellungnahme gebeten. Diese
ging am 22. April 2013 beim LSG ein. Am 25. April 2013 gingen die Akten des SG mit einem Abdruck des angefochtenen Gerichtsbescheids vom 14. März 2013 beim LSG ein. Aktive Zeiten der Bearbeitung des Berufungsverfahrens
sind dann erst wieder mit Erlass des Beschlusses des LSG vom 20. Dezember 2016 über die Ablehnung des PKH-Antrages des Klägers
festzustellen, nachdem am 12. Juli 2016 dessen Verzögerungsrüge beim LSG einging. Danach sind ausschließlich aktive Zeiten
der Bearbeitung des Berufungsverfahrens gegeben, welches mit Zustellung des Urteils des LSG am 28. Februar 2017 an den Kläger
beendet war. Eine gerichtliche Aktivität im Sinne der hierfür maßgeblichen Verfahrensförderung auch im Sinne einer inhaltlichen
Befassung mit Fragen des Verfahrens ist somit für einen Zeitraum von 43 Kalendermonaten nicht gegeben.
Dies heißt jedoch nicht, dass in vorstehendem Umfang tatsächlich eine entschädigungsrelevante Verzögerung anzunehmen ist.
Denn die Bestimmung der maximal zulässigen, noch angemessenen Verfahrenslaufzeit kann jeweils nur aufgrund einer abschließenden
Gesamtbetrachtung und -würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalles insbesondere mit Blick auf die in §
198 Abs.
1 Satz 2
GVG benannten Kriterien erfolgen. Dabei führt die Feststellung längerer Zeiten fehlender Verfahrensförderung durch das Gericht
noch nicht zwangsläufig zu einer unangemessenen Verfahrensdauer. Denn es ist zu beachten, dass einem Rechtsschutzsuchenden
- je nach Bedeutung und Zeitabhängigkeit des Rechtsschutzziels sowie abhängig von der Schwierigkeit des Rechtsstreits und
von seinem eigenen Verhalten - gewisse Wartezeiten zuzumuten sind, da grundsätzlich jedem Gericht eine ausreichende Vorbereitungs-
und Bearbeitungszeit zur Verfügung stehen muss (BSG, Urteil vom 3. September 2014 - a.a.O. -). Allerdings muss die persönliche und sachliche Ausstattung der Sozialgerichte einerseits
so beschaffen sowie die gerichtsinterne Organisation der Geschäfte (Geschäftsverteilung etc.) andererseits so geregelt sein,
dass ein Richter oder Spruchkörper die inhaltliche Bearbeitung und Auseinandersetzung mit der Sache wegen anderweitig anhängiger
gegebenenfalls älterer und vorrangiger Verfahren im Regelfall nicht länger als zwölf Monate zurückzustellen braucht. Die systematische
Verfehlung dieses Ziels ist der Hauptgrund dafür, dass die für die Ausstattung der Gerichte zuständigen Gebietskörperschaften
Bund und Land mit den Kosten der Entschädigungszahlungen belastet werden, wenn Gerichtsverfahren eine angemessene Dauer überschreiten.
Vor diesem Hintergrund sind - vorbehaltlich besonderer Gesichtspunkte des Einzelfalls - in einem Klageverfahren Vorbereitungs-
und Bedenkzeiten im Umfang von bis zu zwölf Monaten je Instanz regelmäßig als angemessen anzusehen, selbst wenn sie nicht
durch konkrete Verfahrensförderungsschritte als begründet und gerechtfertigt angesehen werden können, und können in mehrere,
insgesamt zwölf Monate nicht übersteigende Abschnitte unterteilt sein. Angemessen bleibt die Gesamtverfahrensdauer regelmäßig
zudem dann, wenn sie zwölf Monate überschreitet, aber insoweit auf vertretbarer aktiver Verfahrensgestaltung des Gerichts
beruht oder durch Verhalten des Klägers oder Dritter verursacht wird, die das Gericht nicht zu vertreten hat (BSG, Urteile vom 3. September 2014 - a.a.O. -). Die genannten Orientierungswerte gelten allerdings nur, wenn sich nicht aus dem
Vortrag des Klägers oder aus den Akten besondere Umstände ergeben, die vor allem mit Blick auf die Kriterien des §
198 Abs.
1 Satz 2
GVG im Einzelfall zu einer anderen Bewertung führen (BSG, Urteil vom 3. September 2014 - a.a.O.).
Derartige Kriterien liegen nach Auffassung des Senats nach der Gesamtbewertung des vorliegenden gerichtlichen Ausgangsverfahrens
nicht vor. Es bleibt somit bei einer regelmäßig als angemessen anzusehenden Vorbereitungs- und Bedenkzeit von bis zu zwölf
Monaten. Unter Berücksichtigung dessen ist dann davon auszugehen, dass ausgehend von den festzustellenden 43 Kalendermonaten
als inaktive Zeiten des Berufungsverfahrens sodann noch diesbezüglich 31 Kalendermonate verbleiben. Auch wenn in der Rechtsprechung
zu §§
198 ff.
GVG anerkannt ist, dass eine zügige Förderung des Gerichtsverfahrens in einer Instanz gegebenenfalls vorliegende, eine nicht
angemessene Verfahrensdauer begründende inaktive Zeiten des gerichtlichen (Gesamt-)Verfahrens auszugleichen vermögen - hiervon
geht der Senat mit Blick auf das Betreiben des Klageverfahrens seitens des SG aus - und unter Berücksichtigung des schon dargestellten Umstandes, dass das gerichtliche Ausgangsverfahren für den Kläger
von deutlich unterdurchschnittlicher Bedeutung gewesen ist, verbleiben jedoch nach Auffassung des Senats gewisse Zeiten der
Inaktivität des Berufungsverfahrens, die eine nicht mehr angemessene Verfahrensdauer des gerichtlichen Ausgangsverfahrens
insgesamt begründen. Nach Überzeugung des Senats verbleibt eine entschädigungsrelevante Verzögerung des gerichtlichen Ausgangsverfahrens
von ca. zwei Jahren.
Grundlage eines Entschädigungsanspruchs für einen durch überlange Verfahrensdauer verursachten immateriellen Nachteil - ein
materieller Nachteil ist vorliegend nicht behauptet oder erkennbar - ist §
198 Abs.
1 Satz 1
GVG. Als derartige Folgen eines überlangen Verfahrens kommen neben der "seelischen Unbill" durch die lange Verfahrensdauer vor
allem körperliche Beeinträchtigungen oder Rufschädigungen in Betracht (vgl. Ott in Steinweiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz
bei überlangen Gerichtsverfahren, §
198 GVG Rdnr. 150; Roderfeld in Marx/Roderfeld, Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, §
198 GVG Rdnr. 79). Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird nach §
198 Abs.
2 Satz 1
GVG im Falle unangemessener Dauer vermutet. Dabei handelt es sich um eine widerlegliche gesetzliche Tatsachenvermutung im Sinne
von §
292 Satz 1
Zivilprozessordnung (
ZPO), die dem Betroffenen die Geltendmachung eines immateriellen Nachteils erleichtern soll, weil in diesem Bereich ein Beweis
oft nur schwierig oder gar nicht zu führen ist. Diese Vermutungsregel entspricht der Rechtsprechung des EGMR. Dieser nimmt eine starke, aber widerlegbare Vermutung dafür an, dass die überlange Verfahrensdauer einen Nichtvermögensschaden
verursacht hat. Er erkennt aber auch an, dass der Nichtvermögensschaden in bestimmten Fällen sehr gering sein oder gar nicht
entstehen kann. Vorliegend bestehen Umstände, die die gesetzliche Vermutung zu widerlegen geeignet erscheinen, nicht vor.
Zur Überzeugung des Senats ist jedoch eine Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß §
198 Abs.
4 GVG durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war, ausreichend (§
198 Abs.
2 Satz 2
GVG). Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 und Art. 41 EMRK kommt eine derartige Kompensation eines Nichtvermögensschadens nur ausnahmsweise in Betracht. Dies kann der Fall sein, wenn
das zu beurteilende Verfahren sich durch eine oder mehrere entschädigungsrelevante Besonderheiten in tatsächlicher oder rechtlicher
Hinsicht von vergleichbaren Fällen abhebt (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 2015 - B 10 ÜG 11/13 R -, veröffentlicht in Juris). Ausreichen kann eine schlichte Feststellung der
unangemessenen Dauer danach beispielsweise in Verfahren, die für den Entschädigungskläger keine besondere Bedeutung hatten
oder in denen er durch sein Verhalten erheblich zur Verzögerung beigetragen hat (BT-Drs. 17/3802, S. 20).
In Würdigung der das gerichtliche Ausgangsverfahren prägenden Fallumstände hat der Senat die Überzeugung gewonnen, dass dem
Kläger durch die unangemessene Dauer des Ausgangsverfahrens ein sehr geringer ausgleichspflichtiger immaterieller Schaden
entstanden ist. Dabei stellt der Senat darauf ab, dass das Ausgangsverfahren für den Kläger von sehr geringer Bedeutung gewesen
ist. Nachdem sein finanzielles Interesse am gerichtlichen Verfahren nicht einmal ein Monat nach Klageerhebung seitens des
Jobcenters als erfüllt anzusehen war, ging es dem Kläger (nur noch) um die Feststellung der Nichtberechtigung des Jobcenters,
Kopien seiner vorgelegten Kontoauszüge (dauerhaft) zur Verwaltungsakte zu nehmen. Diesbezüglich hatte das Jobcenter jedoch
schon im Klageverfahren in den beiden durchgeführten Terminen zur Erörterung des Sachverhalts klargestellt, dass sich keine
Kontoauszüge (im Original oder als Kopie) in den Verwaltungsakten befinden bzw. diese nach Rückgabe seitens des SG aus den Verwaltungsakten entfernt werden würden. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass das Jobcenter diesbezüglich falsche
Angaben gemacht hat - so aber der Kläger - sieht der Senat nicht. Die durch keine Tatsachen belegte Befürchtung des Klägers,
das Jobcenter könnte sich künftig bei weiteren Bewilligungsanträgen auf Alg II wieder so verhalten, war sachlich - jedenfalls
bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens - nicht begründet. Da schon während des Klageverfahrens durch entsprechende Erklärungen
des Jobcenters ein Zustand herbeigeführt war, der dem (objektiven) Rechtsschutzziel des Klägers entsprach, mindert dies um
so mehr die Bedeutung des Berufungsverfahrens für den Kläger. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass der Kläger im laufenden
Weiterbewilligungsverfahren seitens des Jobcenters Landkreis K. mit Schreiben vom 3. August 2017 die Mitteilung erhalten hat,
dass 3 Seiten Kopien von Kontoauszügen zu den Akten genommen worden sind. Abgesehen davon, dass dieser (neue) Sachverhalt
deutlich nach dem Ende des Berufungsverfahrens liegt, folgt aus dem Schreiben des Jobcenters nicht, dass sich dieses in Verletzung
des Informationellen Selbstbestimmungsrechts des Klägers rechtswidrig verhält. Auch der Kläger war nämlich im Ausgangsverfahren
der Auffassung, dass nur nicht leistungsrelevante, von ihm vorgelegte Unterlagen nicht dauerhaft Aktenbestandteil sein dürfen.
Ob dies mit Blick auf das Schreiben des Jobcenters vom 3. August 2017 so ist, ist dem Schreiben nicht zu entnehmen. Konkrete,
psychische oder physische Beeinträchtigungen durch die Verfahrensdauer des Ausgangsverfahrens hat der Kläger nicht geltend
gemacht.
Der Senat hält es daher im Ergebnis für angemessen, den vom Kläger erlittenen immateriellen Schaden mit einer Feststellung
gemäß §
198 Abs.
4 Satz 1
GVG zu entschädigen. Weil es hierfür nicht notwendig eines Antrags bedarf (§
198 Abs.
4 Satz 2
GVG), hat das Entschädigungsgericht grundsätzlich von Amts wegen zu prüfen, ob es diese Feststellung trifft. Bei diesem Ausspruch
handelt es sich, wie systematisch aus §
198 Abs.
4 Satz 1
GVG zu folgern ist, um eine Form der "Wiedergutmachung auf andere Weise", die "neben die Entschädigung" treten kann.
Die weitergehende Klage war daher abzuweisen.
Der Kläger hat nur einen Teil der Verfahrenskosten zu tragen (§
197a SGG i.V.m. §
155 Abs.
1 VwGO). Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig
zu teilen. Abweichend von dem wenig präzisen §
193 SGG knüpft die
VwGO in den §§
154 Abs.
1 und
2,
155 Abs.1 Satz 1 und 3, Abs.
2 VwGO stärker an den Ausgang des Rechtsstreits an (Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte,
SGG, §
197a Rdnr. 8). Daher ist zu gewichten, in welchem Verhältnis die begehrte Entschädigung in Geld wegen der überlangen Verfahrensdauer
zu der erfolgten "Entschädigung" durch die (bloße) Feststellung der Überlänge des Verfahrens steht. Die Feststellung bringt
schon zum Ausdruck, dass die Sache von geringer Bedeutung ist. Dafür wäre die Hälfte der Kosten auch schon zu viel. Es wird
lediglich dem Interesse des Klägers an einer gewissen Genugtuung Rechnung getragen. Hierfür ist ein Drittel der Kosten angemessen.
Damit ergibt sich insgesamt eine Kostenentscheidung dahingehend, dass der Beklagte ein Drittel der Kosten des Verfahrens und
der Kläger zwei Drittel der Kosten des Verfahrens zu tragen hat.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§
160 SGG).
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §
197 a Abs.
1 Satz 1
SGG i. V. m. §
63 Abs.
2 Satz 1, § 52 Abs. 1 und Abs. 3, § 47 Abs. 1 GKG.