Ermittlung der MdE in der gesetzlichen Unfallversicherung bei beruflicher Lärmschwerhörigkeit
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger wegen einer als Berufskrankheit (BK) anerkannten Lärmschwerhörigkeit
Ansprüche auf Rente und Hörgeräteversorgung hat.
Der Kläger ist am 29.1.1970 geboren. Im August 1985 begann seine Ausbildung zum Kraftfahrzeugmechaniker; er arbeitete bis
Juli 1989 in diesem Beruf. Für diesen Zeitraum stellte die zuständige Berufsgenossenschaft Metall Süd eine Lärmbelastung (Beurteilungspegel)
zwischen 85 und 89 dB(A) fest (Schreiben vom 23.10.2006- Bl. 49 Verwaltungsakte -VA-). Von August 1989 bis Oktober 1993 war
der Kläger als Maschinenarbeiter bei der Firma S. AG (Büromöbelhersteller) in W. beschäftigt, hierfür ermittelte der technische
Aufsichtsdienst (TAD) der für dieses Unternehmen zuständigen Beklagten einen Beurteilungspegel von > 85 bis max. 91 dB(A).
Von November 1993 bis Juli 1997 arbeitete der Kläger u.a. als Staplerfahrer im Lager bei der Firma SLG K. GmbH in B., für
die die Beigeladene der zuständige Träger der gesetzlichen Unfallversicherung ist. Der Beurteilungspegel dort ist zwischen
den Beteiligten umstritten. Nach Juli 1997 war der Kläger während der Arbeitslosigkeit bzw. später Umschulung und Tätigkeiten
als LKW-Fahrer und in der Lagerlogistik bei verschiedenen Speditionsunternehmen keiner lärmbelastenden Tätigkeit ausgesetzt
(siehe Fragebogen Bl. 20/22 VA).
Im Juli 2006 zeigte der HNO-Arzt Dr. K., W., den Verdacht auf eine Berufskrankheit in Form einer Lärmschwerhörigkeit an. Die
Beklagte nahm Ermittlungen zur beruflichen und medizinischen Vorgeschichte auf. In diesem Zusammenhang wurden insbesondere
die Berufsgenossenschaft Metall Süd sowie die Beigeladene um Arbeitsplatzanalysen gebeten. Der Beigeladenen wurde zu diesem
Zweck eine Planskizze sowie eine Arbeitsplatzbeschreibung ihres Mitgliedsunternehmens SLG K. GmbH/B. vom 28.11.2006 vorgelegt.
Darin wurde ausgeführt, dass der Kläger in den auf der Skizze gelb eingefärbten Bereichen als Lagerarbeiter tätig gewesen
sei. In regelmäßigen Abständen habe sein Weg am Standort der rot markierten Granulatmühle vorbeigeführt, bei der im Februar
1998 der Schalldruck mit Spitzenwerten bis 98 dB(A) gemessen worden sei. Erst daraufhin sei ein Schutztor montiert worden,
der Kläger sei somit der Lärmbelastung immer beim Passieren des Betriebsraumes ausgesetzt gewesen. Nach Aussage seiner Kollegen
könne dies bis zu 15 Mal pro Arbeitsschicht der Fall gewesen sein, allerdings habe es auch Tage gegeben, an denen er die Granulatmühle
nicht passiert habe. Die Beklagte zog auf den Hinweis des Klägers, wonach er an Vorsorgeuntersuchungen des Gehörs während
der Tätigkeit bei der Fa. S. AG teilgenommen habe, weitere ärztliche Unterlagen bei. Die Audiogramme vom 15.3.1990 und vom
12.10.1992 des Arbeitsmediziners Dr. H. (Bl.44ff. VA) zeigten beidseits eine annähernd symmetrische Senkenbildung bei 3-4
kHz mit Maximum bei 45 dB (beidseitiger Hörverlust von 10%). Die Beklagte ermittelte hieraus nach dem Königsteiner Merkblatt
eine MdE von Null v.H.
Der TAD der Beigeladenen nahm in einer Stellungnahme vom 13.2.2007 zur Lärmbelastung bei der Firma SLG Stellung und führte
u.a. aus, dass der Kläger für den innerbetrieblichen Materialtransport mittels zweier Elektrostapler und eines hauptsächlich
im Freien eingesetzten Dieselgabelstaplers zuständig gewesen sei. Dabei sei er zum einen dem Lärm der Spritzgießmaschinen
ausgesetzt gewesen, dieser habe laut Messungen aus dem Jahr 1995 Pegel von 75 bis 79 dB(A) erreicht. Ca. 15 Mal pro Schicht
habe der Kläger den Mahlraum passiert, dort sei ein Pegel von 93 dB(A) gemessen worden, bei Betrieb der zweiten dort befindlichen
Nomax-Mühle könne der Pegel auch um 5 dB(A) höher gelegen haben. Der Mahlraum sei mit einer Schiebtüre versehen gewesen, die
mehr oder weniger häufig geschlossen war. Die Mühlen seien maximal 4 bis 5 Stunden pro Tag in Betrieb gewesen. Da der Kläger
sich nicht direkt an den Mühlen aufgehalten habe, müsse von einem maximalen Pegel von 90 dB(A) ausgegangen werden, dem der
Kläger ca. 15 Mal pro Schicht 15 bis 30 Sekunden lang ausgesetzt gewesen sei, zusammenfassend somit einer Lärmexposition von
ca. 90 dB(A) von acht Minuten. Dies ergebe einen auf den ganzen Arbeitstag gemittelten Beurteilungspegel, der jedenfalls deutlich
unterhalb von 85 dB(A) liege.
In einer Stellungnahme vom 28.2.2007 führte der Beratungsarzt der Beklagten, Dr. Reich, Stuttgart, aus: Der Kläger sei von
1985 bis 1993 gegenüber relativ geringen Lärmpegeln zwischen 85 und 89 dB(A) exponiert gewesen. Maßgeblich sei daher das Tonaudiogramm
vom 12.10.1992 mit einer symmetrischen kleinen Hochtonsenke. Diese entspreche einem Hörverlust von beidseits 10% bzw. einer
nicht messbaren Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE). Die erhebliche spätere Zunahme der Schwerhörigkeit nach dem Ende der
Lärmexposition 1993 bis zum Jahr 2006 (Tonaudiogramm vom 22.6.2006: Hörverlust rechts 40%, links 30%) sei mangels gefährdender
Lärmarbeit nicht lärmbedingt.
Mit Bescheid vom 13.3.2007 anerkannte die Beklagte die Hörstörung des Klägers teilweise als Berufskrankheit nach Nr. 2301
der Anlage 1 zur
Berufskrankheitenverordnung (
BKV) sowie eine beginnende Hochtoninnenohrschwerhörigkeit beidseits als Berufskrankheitenfolge. Nicht als Berufskrankheitenfolge
anerkannt wurde der darüber hinausgehende Anteil der Schwerhörigkeit nach Beendigung der Lärmbelastung im Oktober 1993. Die
Beklagte lehnte außerdem einen Anspruch auf Rente sowie eine Hörgeräteversorgung ab.
Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 30.3.2007 Widerspruch. Zur Begründung trug er vor, dass er bei der Firma SLG
K., also auch im Zeitraum nach 1993 eine lärmbelastende Tätigkeit ausgeübt habe. Entgegen den Angaben der Firma SLG Kunststoffe
GmbH sei dort zunächst lediglich ein kleiner Elektrostapler vorhanden gewesen, der nur im Notfall habe benutzt werden dürfen.
In der Regel sei der vorhandene Nissan-Dieselstapler verwendet worden. Auf dieser Maschine habe er täglich mehr als 4 Stunden
gearbeitet. Erst ca. 6 Monate vor seinem Ausscheiden sei ein großer Elektrostapler angeschafft worden. Der Mahlraum habe sich
unmittelbar neben seinem Lagerbüro befunden, einem nicht isolierten Verschlag aus Spanplatten. Er habe daher praktisch immer
im Lärmbereich gearbeitet.
Am 31.5.2007 nahm der TAD der Beigeladenen hierzu nach Gesprächen mit dem Kläger, dem Betriebsleiter des Mitgliedsunternehmens
einem früheren Kollegen sowie selbst durchgeführten Messungen am 25.5.2007 erneut Stellung. In der zusammenfassenden Beurteilung
hieß es, für den Fahrer eines Nissan-Dieselstaplers sei von einem Lärmpegel zwischen 84 und 85 dB(A) auszugehen. Für eine
worst-case-Berechnung werde von einer täglichen Fahrzeit von 182 Minuten und einem Lärmpegel von 85 dB(A) ausgegangen. Die
Mühlen im Mahlraum seien nicht vom Kläger bedient worden; sie seien an 4 Tagen/Woche in Betrieb gewesen, insbesondere sei
meist nur eine Mühle in Betrieb gewesen. Ein Lärmpegel von 90 dB(A) durch den Lärm aus dem Mahlraum könne zugrundegelegt werden
für die Vorbeifahrten am Mahlraum, insgesamt 8,5 Minuten pro Tag, den Mahlguttransport vom Mahlraum zum Mahlgutlager (2,5
Minuten täglich) sowie das ebenfalls dem Kläger obliegende Verpacken der produzierten Teile ("Wickeln", 45 Minuten täglich).
Ansonsten habe eine gefährdende Lärmeinwirkung von mindestens 85 dB(A) nicht bestanden. Es ergebe sich insgesamt ein maximaler
Beurteilungspegel von 84 dB(A).
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.8.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, da sich die der ursprünglichen Entscheidung
zugrunde liegenden Tatsachen bestätigt hätten.
Am 24.9.2007 hat der Kläger hiergegen Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und hat zur Begründung auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren Bezug genommen. Er sei auch in seinem Büro bei
der Forma SLG K. GmbH regelmäßig gefährdendem Lärm ausgesetzt gewesen, was von der Beklagten und der Beigeladenen verkannt
werde.
Das SG hat mit Beschluss vom 5.6.2008 die Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie (jetzt: Berufsgenossenschaft Rohstoffe und
chemische Industrie) zum Verfahren beigeladen. Auf Veranlassung des SG hat die Beigeladene weitere Stellungnahmen ihres TAD nach Anhörung vom Kläger benannter Zeugen vorgelegt (18.7.2008, 17.2.2009,
21.4.2009). Darin wird schlussendlich ein maximaler Beurteilungspegel von 83 dB(A) ermittelt. Der Arbeitsplatz des Klägers
(Lagerbüro) habe sich auf der dem Mahlraum gegenüberliegenden Seite des Transportganges befunden und er sei zum Mahlraum hin
mit einer Betonwand, an den anderen drei Seiten in Holzständerbauweise (Vierkanthölzer, beidseits mit Spanplatten beplankt)
abgetrennt gewesen. Der Mahlraum selbst sei mit einer einfach beplankten Holzständerwand abgetrennt gewesen. Selbst bei maximalem
Lärmpegel im Mahlraum und dort geöffneter Tür sei wegen der durch die Wände bedingten Schalldämmung im Lagerbüro nicht mehr
von einer relevanten Lärmbelastung auszugehen.
Das SG hat sodann Beweis durch die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Dipl. Ing. (FH) F. vom 30.4.2010
zur Frage der Lärmbelastung des Klägers bei der Firma SLG erhoben. Der Sachverständige hat im Gutachten vom 30.4.2010 ausgeführt,
dass im Rahmen der Tätigkeit des Klägers bei der Firma SLG Kunststoffe GmbH eine Schädigung des Gehörs nicht zu erwarten gewesen
sei; einzige Unsicherheit seien fehlende Daten über möglicherweise anteilig unbewertete Schallspitzen (impulshaltiger Schallanteil
> 140 dB).
Der TAD der Beigeladenen hat hierauf in einer weiteren Stellungnahme vom 1.7.2010 ergänzend mitgeteilt, dass sich weder aus
vorliegenden Messdaten 1995 noch bei den durchgeführten Messungen am 25.5.2007 Anhaltspunkte für die von Herrn F. genannten
Spitzen ergeben hätten.
Das SG hat sodann Dipl. Ing. (FH) F. in der mündlichen Verhandlung vom 13.7.2010 gehört und den Sachverhalt eingehend unter Beteiligung
des Klägers erörtert.
Mit Urteil vom 13.7.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Lediglich ein kleiner Teil der beim Kläger insgesamt vorliegenden Gehörstörung - entsprechend einer
beginnenden Hochtoninnenohrschwerhörigkeit - sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch die Lärmexposition im Zusammenhang
mit den versicherten Tätigkeiten verursacht worden. Dieser Teil für sich genommen rechtfertige weder eine rentenberechtigende
MdE noch die Erforderlichkeit einer Hörgeräteversorgung. Wesentliche Grundlage der Schlussfolgerungen des Dr. R. sei das Tonaudiogramm
vom 12.10.1993 (richtig 12.10.1992), an dessen inhaltlicher Richtigkeit zu zweifeln das Gericht keinen Anlass habe. Das vor
Ende der Tätigkeiten, welche potentiell gehörgefährdende Lärmexpositionen beinhaltet hätten und vor der Beschäftigungsaufnahme
des Klägers bei der Firma SLG K. GmbH erstellte Tonaudiogramm dokumentiere denjenigen Schaden des Gehörs, der als mit hinreichender
Wahrscheinlichkeit beruflich bedingt und damit als Grundlage für Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung herangezogen
werden könne. Eine Schwerhörigkeit nach dem Ende der Lärmexposition schreite lediglich altersentsprechend fort, weshalb die
erst 2006 festgestellte, darüber wesentlich hinausgehende Verschlimmerung andere Ursachen als Berufslärm habe: dies sei beim
Kläger der Fall. Es könne nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass der Kläger - wie von ihm behauptet
- auch während seiner Tätigkeit bei der SLG Kunststoffe GmbH von November 1993 an in relevantem Maße lärmexponiert gewesen
sei. Dies sei vielmehr eher unwahrscheinlich. Als gehörschädigend sei dabei ein dauernder Lärmpegel von 90 dB(A) oder mehr
anzusehen, bei einem Wert zwischen 85 dB(A) und unter 90 dB(A) komme eine Lärmschädigung bei langjähriger Exposition oder
außergewöhnlich großer individueller Empfindlichkeit in Betracht. Bei einer Exposition unter 85 dB(A) sei eine Lärmschwerhörigkeit
ausgeschlossen, es sei denn, der Geräuschpegel enthalte stark hochfrequente Anteile. Der gerichtliche Sachverständige F. habe
die in mehreren Stellungnahmen begründete Annahme des TAD der Beigeladenen bestätigt, wonach der Beurteilungspegel für die
Tätigkeit des Klägers bei ihrem Mitgliedsunternehmen bei maximal 83 bis 84 dB(A) gelegen habe. Gegen eine relevante Lärmexposition
während der Tätigkeit für die SLG Kunststoffe GmbH spreche schließlich mit erheblichem Gewicht auch, dass die zwischen den
Tonaudiogrammen von 1993 (richtig 1992) und 2006 festzustellende dramatische Zunahme der Schwerhörigkeit kaum mit Wahrscheinlichkeit
auf die lediglich gut dreieinhalb Jahre lange Tätigkeit bei der SLG Kunststoffe GmbH zurückgeführt werden kann, nachdem andererseits
die vorangegangenen Jahre mit lärmbelastender Arbeit lediglich zu einem ganz geringfügigen Gehörverlust geführt haben, wie
im Tonaudiogramm vom Oktober 1993 (richtig 1992) dokumentiert.
Am 25.10.2010 hat der Kläger vor dem SG Berufung gegen das ihm am 25.9.2010 zugestellte Urteil des SG zum Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, die Lärmmessungen und Berechnungen durch die Technischen
Aufsichtsdienste seien keine geeignete Grundlage für die Feststellungen des SG. Der Zeitraum der durchgeführten Lärmmessungen sei zu gering gewesen, weshalb die Ergebnisse nicht repräsentativ seien. Es
fehlten überdies Vergleichs-Kontroll-Messungen. Verfahrensfehlerhaft habe das SG darauf verzichtet, ein weiteres lärmtechnisches Gutachten einzuholen und vor Ort nochmals Schallmessungen durchzuführen.
Die Arbeitsbedingungen des Klägers bei der Firma SLG Kunststoffe seien unzutreffend beschrieben und gewürdigt worden. Der
Kläger habe täglich vier Stunden mit einem Diesel-Gabelstapler fahren müssen und sei dem erheblichen Lärm einer Granulatmühle
ausgesetzt gewesen. Die diesbezüglich vom TAD ermittelten Durchschnittswerte seien zu niedrig. Das SG hätte außerdem ärztlich abklären müssen, ob beim Kläger eine besondere individuelle Lärmempfindlichkeit vorliege.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 13. Juli 2010 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 13. März 2007 in der Fassung
des. Widerspruchsbescheids vom 24. August 2007 abzuändern, festzustellen, dass die bei ihm bestehende Schwerhörigkeit insgesamt
eine Folge der anerkannten Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage 1 zur
BKV ist und die Beklagte, hilfsweise die Beigeladene zu verurteilen, ihm wegen dieser Berufskrankheit eine Rente nach einer MdE
von mindestens 20 v.H. sowie eine Hörgeräteversorgung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Beigeladene hat eine weitere Stellungnahme ihres TAD vom 11.3.2011
vorgelegt.
Der Senat hat Beweis durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Chefarzt der Hals-Nasen-Ohren-Klinik am
Diakonissenkrankenhaus K., Prof. Dr. St., erhoben. Im Gutachten vom 31.10.2011 beschrieb der Sachverständige eine beidseitige,
symmetrische, hochtonbedingte Innenohrschwerhörigkeit mit einem Hörverlust von beidseits 20%, zusätzlich eine mit Sicherheit
nicht berufslärmbedingte Schallleitungsschwerhörigkeit rechts, durch die sich der rechtsseitige Hörverlust auf 40% erhöhe.
Tonschwellenaudiometrisch bestehe beim Kläger eine symmetrische Innenohrleistung mit Normalgehör im Tieftonbereich und Schrägabfall
zu den Frequenzen 3 und 4 kHz, einer maximalen Hörminderung von 40 dB beidseits bei 3 und 4 kHz und Wiederanstieg zu den höheren
Frequenzen. Zusätzlich liege am rechten Ohr eine Schallleitungsschwerhörigkeit von 10 dB vor. Das Vorhandensein einer Schallleitungsschwerhörigkeit
rechts werde unterstrichen durch die Lateralisation im Weberschen Versuch nach rechts; da die Schallleitungskomponente weniger
als 26 dB betrage, sei der Rinnesche Versuch beidseits positiv. Die Ursache der Schallleitungsschwerhörigkeit sei in einer
krankhaften Veränderung des Trommelfells oder des Mittelohres zu suchen. Schallleitungsschwerhörigkeiten würden nie durch
Lärmeinwirkungen verursacht. Im Bereich der 4-kHz-Senke der Innenohrleistung liege eine Haarzellschädigung vor (Schädigung
der Hörsinneszellen des Innenohres), wie sie bei einer exogen verursachten Schädigung des Innenohres, also beispielsweise
einer Lärmschwerhörigkeit, zu fordern sei.
Das Ausmaß des Innenohrhörverlustes, errechnet aus dem Tonschwellenaudiogramm nach den Richtlinien von Röser (1980), betrage
am rechten Ohr 15%, am linken Ohr 20%. Errechne man den Hörverlust aus dem Sprachaudiogramm nach den Richtlinien von Boenninghaus
und Röser, so ergebe sich am rechten Ohr ein Hörverlust von 30%, am linken Ohr ein Hörverlust von 20%. Unter Zugrundelegung
des gewichteten Gesamtwortverstehens nach Feldmann errechne sich der Hörverlust rechts auf 40%, links auf 20%. Bei diesem
Berechnungsmodus gehe in den rechtsseitigen Hörverlust die Schallleitungsschwerhörigkeit von 10 dB mit ein. Da aber bei der
Fragestellung einer Lärmschwerhörigkeit nur die Innenohrkomponente einer Schwerhörigkeit relevant sei, müsse der Lärmschwerhörigkeitsanteil
von 10 dB am rechten Ohr heraus gerechnet werden. Statt eines 50%igen Viersilberverständnisses bei 30 dB ergebe sich dadurch
ein 50%iges Viersilberverstehen bei 20 dB. Auch am rechten Ohr ergebe sich sowohl unter Zugrundelegen des gewichteten wie
unter Zugrundelegen des ungewichteten Gesamtwortverstehens ein Hörverlust von 20%. Von den audiometrischen Aspekten erfülle
der beim Kläger vorliegende beidseitige Hörverlust die Anforderungen, die erfüllt sein müssten, um eine Innenohrschwerhörigkeit
als lärmbedingt anzuerkennen: Es bestehe eine symmetrische Innenohrschwerhörigkeit mit Senkenbildung bei 3 und 4 kHz und anschließendem
Wiederanstieg zu den hohen Frequenzen mit positivem Recruitmentphänomen im Bereich des Innenohrabfalles. Die Auffassung der
Beigeladenen, dass die Hörverluste im Mittelton- und Tieftonbereich nicht beruflich verursacht seien, habe sich insofern erledigt,
als bei der jetzigen gutachtlichen Untersuchung gar keine Hörverluste im Mittel- und Tieftonbereich mehr feststellbar gewesen
seien.
Da strittig sei, ob Lärmeinwirkungen bei der Tätigkeit in der Firma SLG Kunststoff zur Entstehung dieser Schwerhörigkeit beigetragen
hätten, wäre es hilfreich, wenn man rekonstruieren könnte, ob nach Beendigung dieser Tätigkeit 1997 die Hörminderung weiter
fortgeschritten oder konstant geblieben sei. Die Audiogramme vom 15.3.1990 und vom 12.10.1992 würden beidseits eine annähernd
symmetrische Senkenbildung bei 3-4 kHz mit Maximum bei 45 dB zeigen, wobei das Hörvermögen bei 2 kHz besser sei als bei der
jetzigen gutachtlichen Untersuchung, wodurch sich rechnerisch in den damaligen Audiogrammen ein beidseitiger Hörverlust von
10% ergebe. Wenn der Kläger mit ausreichender Wahrscheinlichkeit nach dem 12.10.1992 einem potentiell gehörschädigendem Berufslärm
ausreichend lange ausgesetzt gewesen wäre, würde man die gesamte jetzt vorliegende Innenohrschwerhörigkeit als Folge einer
Berufskrankheit nach Nr. 2301 anerkennen müssen. Da eine Lärmschwerhörigkeit nach Beendigung der Lärmexposition nicht fortschreite,
hätte ein Fortschreiten der Schwerhörigkeit zwischen 1997 und dem Zeitpunkt der jetzigen gutachtlichen Untersuchung 2011 die
Schlussfolgerung erlaubt, dass eine lärmunabhängige endogene Komponente an der Entstehung dieser Schwerhörigkeit mitgewirkt
habe; zwischen 1997 und 2006 würden aber keine audiometrischen Untersuchungsergebnisse vorliegen. Außerdem sei davon ausgehen,
dass das Tonschwellenaudiogramm des Herrn Dr. K. aus 2006 nicht die Präzision aufweise, die nötig wäre, um es zu Vergleichszwecken
heranzuziehen oder es zur Grundlage einer Entscheidung in einer gutachtlichen Frage zu machen.
Obwohl die Ermittlungen und Berechnungen zur Lärmexposition bei der Fa. SLG sehr umfangreich seien, würden noch Fragen oder
Unsicherheiten verbleiben, schon deswegen, weil inzwischen starke bauliche Veränderungen vorgenommen worden und Messungen
an den Originalarbeitsplätzen nicht mehr möglich seien; mithin auch durch ein erneutes lärmmesstechnisches Gutachten bestenfalls
nur eine teilweise Klärung möglich sei.
Mangels Hinweisen auf eine exogene außerberufliche Schädigung der Innenohrstrukturen des Klägers oder auf eine erbliche Belastung
spreche einiges dafür, dass die nicht sehr ausgeprägte Verschlechterung des Innenohrhörvermögens zwischen 1992 und 2011 auf
die nachgewiesene potentiell gehörschädigende Lärmbelastung an seiner Arbeitsstelle bei der Fa. S. AG zwischen Oktober 1992
und Oktober 1993 und auf eine nicht auszuschließende Lärmexposition bei der Fa. SLG K. zurückzuführen sei. Die zusätzliche
Schallleitungsschwerhörigkeit rechts sei lärmunabhängig und bei der MdE-Beurteilung nicht zu berücksichtigen. Es sei vorstellbar,
dass diese Schallleitungskomponente der Schwerhörigkeit erst in jüngerer Zeit aufgetreten sei und den Kläger im Jahr 2005,
lange nach Beendigung seiner Lärmtätigkeit, veranlasst habe, HNO-ärztliche Behandlung aufzusuchen. Der durch die beidseitige
Innenohrschwerhörigkeit verursachte Hörverlust betrage beidseits 20%, dies entspreche einer annähernd geringgradigen Schwerhörigkeit.
Die MdE auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für eine Schwerhörigkeit dieses Ausmaßes betrage 10%, eine Stütz-MdE bestehe nicht.
Eine beidseitige Hörgeräteversorgung sei indiziert. Falls die beidseitige Innenohrschwerhörigkeit als lärmbedingt beruflich
verursacht anerkannt werde, sei diese Hörgeräteversorgung zu Lasten der zuständigen Berufsgenossenschaft durchzuführen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die jeweiligen Verwaltungsakten
der Beklagten und der Beigeladenen sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
I. Die form- und fristgerecht erhobene sowie statthafte (§§143, 144 Abs.
1,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG-) Berufung des Klägers ist zulässig. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gern. §
54 Abs.
4 SGG statthaft.
II. Die Berufung ist aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, da die angefochtenen Bescheide der Beklagten rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten
verletzen. Es besteht weder gegen die Beklagte, noch gegen die Beigeladene Anspruch auf Rente oder auf Versorgung mit Hörgeräten
zu Lasten der gesetzlichen Unfallversicherung.
Gemäß §
56 Abs.
1 Satz 1 des
Siebten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB VII) haben Versicherte Anspruch auf Rente, deren Erwerbsfähigkeit in Folge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem
Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Unter den Voraussetzungen der Sätze 2 und 3 des §
56 Abs.
1 SGB VII kann Anspruch auf Rente bestehen, wenn in Folge mehrerer Versicherungsfälle jeweils eine MdE von wenigstens 10 v.H. besteht
und die v.H.-Sätze gemeinsam wenigstens die Zahl 20 erreichen (sog Stützrente). Versicherungsfälle sind gemäß §
7 Abs.
1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind gemäß §
8 Abs.
1 SGB VII Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach den §§
2,
3 oder 6 begründenden Tätigkeit, wobei Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu
einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen, sind (§
8 Abs.
1 Satz 2
SGB VII). Berufskrankheiten sind nach §
9 Abs.
1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet
und die Versicherte in Folge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit erleiden. Nach §
9 Abs.
1 Satz 2
SGB VII wird die Bundesregierung ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die
nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen
durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind.
Der Kläger leidet, wie die Beklagte in ihrem Bescheid vom 13.3.2007 festgestellt hat, an einer Berufskrankheit (BK) 2301.
Er war während seiner versicherten beruflichen Tätigkeit zwischen August 1985 und Oktober 1993 Lärm ausgesetzt. Die BK nach
Nr. 2301 der Anlage zur
BKV (Lärmschwerhörigkeit) bezeichnet die durch Dauerlärm am Arbeitsplatz hervorgerufene Schwerhörigkeit. Als gehörschädigend
wird eine Lärmeinwirkung von mehr als 85 dB(A) als äquivalenter Dauerschallpegel bei einem 8-Stunden-Tagen über viele Arbeitsjahre
angesehen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., 2010, S. 328). Der Versicherungsfall
einer BK 2301 ist bereits dann eingetreten, wenn eine - wie vorliegend geringe - lärmbedingte Hörstörung messbar ist, auch
ohne dass eine MdE vorliegt (vgl. Merkblatt zur Lärmschwerhörigkeit, Bekanntmachung des BMAS vom 1.7.2008, GMBl. 798 ff.).
Die haftungsbegründende Kausalität zwischen berufsbedingter Erkrankung und den vorliegend streitigen BK-Folgen, die ggf. zu
Versicherungsansprüchen führt, ist keine Voraussetzung des Versicherungsfalles (BSG v. 2.4.2009 - B 2 U 9/08 R - BSGE 103, 59 - RdNr 10, 12; Becker, P., SGb 2010, 131, 133).
Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, bestehen keine Anhaltspunkte für einen sogenannten Stützrententatbestand, weshalb für den geltend
gemachten Rentenanspruch die 20 v.H.-Grenze maßgeblich ist.
Zur Überzeugung des Senats liegt beim Kläger keine MdE in rentenberechtigendem Grad vor. Maßgeblich für die Beurteilung sind
die Tonaudiogramme vom 15.3.1990 und vom 12.10.1992.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden
verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§
56 Abs.
2 Satz 1
SGB VII). Die Bemessung des Grades der MdE wird ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG eine Tatsachenfeststellung, die das Gericht gemäß §
128 Abs.
1 Satz 1
SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (vgl. etwa BSG v. 2.11.1999 - B 2 U 49/98 R = SozR 3-2200 § 581 Nr. 6). Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso
wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder
seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten.
Durch einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und den Einwirkungen wird noch keine Haftung begründet,
weil Einwirkungen durch die versicherte Tätigkeit angesichts ihrer zahlreichen möglichen Erscheinungsformen und ihres unterschiedlichen
Ausmaßes nicht zwangsläufig schädigend sind (BSG v. 2.4.2009 - B 2 U 9/08 R - BSGE 103, 59 = SozR 4-2700 § 9 Nr. 14). Für die haftungsbegründende Kausalität zwischen Einwirkungen und Erkrankung ist ein Ursachenzusammenhang
zwischen dem durch den Versicherungsfall erlittenen Körperschaden und den für die MdE und die Erforderlichkeit einer Hörgeräteversorgung
maßgeblichen Gesundheitsstörungen erforderlich. Es gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung (BSG v. 2.4.2009 - B 2 U 9/08 R - BSGE 103, 59 = SozR 4-2700 § 9 Nr. 14 = juris RdNr. 26 m.w.N.). Nach dieser Theorie ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht
hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Wegen der Unbegrenztheit dieses Ursachenbegriffs
ist in einer zweiten Prüfungsstufe nach der vom Bundessozialgericht entwickelten Theorie von der wesentlichen Bedingung die
Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen
der Erfolg zugerechnet wird, und für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Danach sind nur solche Ursachen kausal und
rechtserheblich, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache
wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum
Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer
Ursache sind die vom BSG herausgearbeiteten Grundsätze maßgeblich (vgl. BSG 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Kriterien für die Wesentlichkeit der nach der Bedingungstheorie als Ursache festgestellten versicherten
Einwirkungen sind, wenn andere festgestellte konkurrierende Ursachen in Betracht kommen, Art und Ausmaß der Einwirkungen,
die konkurrierenden Ursachen, das Krankheitsbild sowie die gesamte Krankengeschichte, so dass letztlich in der Regel eine
Gesamtbetrachtung anzustellen ist (BSG v. 27.6.2006 - B 2 U 13/05 R = SozR 4-2700 § 9 Nr. 9 und v. 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R = BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Erforderlich ist jeweils eine einzelfallbezogene positive Feststellung sowohl der Verursachung
nach der Bedingungstheorie als auch der wesentlichen Verursachung der vorliegenden Erkrankung durch die versicherten Einwirkungen.
Während die anspruchsbegründenden Tatsachen - z.B. die Gesundheitsstörungen selbst, die der Schätzung der MdE oder dem Hörgerätebedarf
zugrunde liegen - voll bewiesen sein müssen, müssen die Ursachenzusammenhänge lediglich hinreichend wahrscheinlich sein. In
diesem Sinne hinreichend wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, für die nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen
Gesichtspunkte des Einzelfalles und aufgrund der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr spricht als
dagegen. Kann eine anspruchsbegründende Tatsache oder ein Ursachenzusammenhang nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten
nicht mit dem danach erforderlichen Grad an Gewissheit festgestellt oder der Sachverhalt insoweit nicht aufgeklärt werden,
so geht dies nach dem im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Grundsatz von der objektiven Beweislast zu Lasten
desjenigen, der seinen Anspruch auf die nicht erweisliche Tatsache stützt (vgl. etwa BSG v. 20.1.1987 - 2 RU 27/86, - BSGE 61, 127 = SozR 2200 § 548 Nr. 84).
Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige
und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in
welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten gerade durch Folgen einer Berufskrankheit oder eines
Arbeitsunfalles beeinträchtigt sind. Daneben sind die von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen
Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze bei der Beurteilung der MdE zu beachten. Sie sind zwar nicht für die Entscheidung
im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen
der täglichen Praxis (BSG v. 5.9.2006 - B 2 U 25/05 R = SozR 4-2700 § 56 Nr. 2). Die Bewertung von Hörverlusten richtet sich im Wesentlichen nach dem sog. "Königsteiner Merkblatt"
(Empfehlungen des HVBG für die Begutachtung der beruflichen Lärmschwerhörigkeit, 4. A. 1996, zukünftig "Königsteiner Empfehlung"; vgl. BSG v. 15.12.1982 - 2 RU 55/81; 21.7.1989 - 2 BU 22/89 und 2.5.2001 - B 2 U 24/00 R, jeweils in juris; vgl. auch Keller, Erfahrungen mit antizipierten Sachverständigengutachten im Berufskrankheitenrecht, MedSach
2006, 128, 130).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Senat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass lediglich ein kleiner
Teil der beim Kläger insgesamt vorliegenden Gehörstörung - entsprechend einer beginnenden Hochtoninnenohrschwerhörigkeit -
mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch die Lärmexposition im Zusammenhang mit den versicherten Tätigkeiten verursacht
wurde und dieser Teil für sich genommen weder eine MdE in rentenberechtigendem Grad noch die Erforderlichkeit einer Hörgeräteversorgung
rechtfertigt. Der Senat schließt sich ausdrücklich den zutreffenden Ausführungen des SG an. Eine Schwerhörigkeit schreitet nach dem Ende der Lärmexposition, die vorliegend mangels anderem Beweis auf Oktober 1993
zu datieren ist, lediglich altersentsprechend fort; die darüber hinausgehende wesentliche Verschlimmerung, wegen derer der
Kläger erst ab 2005/2006 hno-ärztliche Hilfe in Anspruch nahm, muss andere Ursachen als Berufslärm haben (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin,
aaO., S. 331).
Seine Überzeugung stützt der erkennende Senat auf die plausible beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. R. vom 28.2.2007,
welche er im Wege des Urkundenbeweises verwertet und zur Entscheidungsgrundlage macht. Wesentliche Grundlage der Schlussfolgerungen
des Dr. R. sind die beiden Tonaudiogramme vom 15.3.1990 und 12.10.1992 mit identischen Befunden, an dessen inhaltlicher Richtigkeit
zu zweifeln der Senat keinen Anlass hat. Das erste Tonaudiogramm wurde nach 4,5 Jahren versicherter Tätigkeit erstellt, das
zweite kurz vor Ende derjenigen Tätigkeiten des Klägers, die unstreitig potentiell gehörgefährdende Lärmexpositionen beinhalteten
und ein Jahr vor der Beschäftigungsaufnahme des Klägers bei der SLG Kunststoffe GmbH. Hieraus ergibt sich zunächst, dass der
Kläger bereits im Alter von Anfang 20 eine minimale Hochtonsenke hatte, die sich über einen Zeitraum von weiteren 2,5 Jahren
potentiell lärmbelastender Tätigkeit nicht veränderte. Der Sachverständige Prof. Dr. St. hat ebenso wie Dr. R. aus den Audiogrammen
von 1990 und 1992 einen beidseitigen Hörverlust von zehn v.H. geschlussfolgert und die sich hieraus ergebende MdE-Einschätzung
Dr. R. (Null v.H.) insoweit bestätigt.
Für den Zeitraum ab November 1993 ist eine relevante gehörgefährdende Lärmarbeit nicht nachgewiesen, weshalb nur der am 12.10.1992
dokumentierte Schaden des Gehörs als beruflich bedingt und damit als Grundlage für Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung
herangezogen werden kann. Erst 2005/2006 bestand für den Kläger Veranlassung, einen HNO-Arzt aufzusuchen und wurde eine Versorgung
mit Hörgeraten ärztlich befürwortet.
Es kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass der Kläger - wie von ihm behauptet - auch während
seiner Tätigkeit bei der SLG K. GmbH von November 1993 an in relevantem Maße lärmexponiert war. Dies ist zur Überzeugung des
Senats vielmehr eher unwahrscheinlich. Als gehörschädigend ist dabei ein dauernder Lärmpegel von 90 dB(A) oder mehr anzusehen,
bei einem Wert zwischen 85 dB(A) und unter 90 dB(A) kommt eine Lärmschädigung in seltenen Fällen, bei langjähriger Exposition
oder außergewöhnlich großer individueller Empfindlichkeit in Betracht (vgl. Römer in: Hauck/Noftz,
SGB VII, Anhang zu K §
9, BK 2301 RdNr 8). Bei einer Exposition unter 85 dB(A) ist eine Lärmschwerhörigkeit in der Regel ausgeschlossen, es sei denn,
der Geräuschpegel enthält stark hochfrequente Anteile (Schönberger/Mehrtens/Valentin, aaO., S. 329), oder es liegt eine außergewöhnlich
große individuelle Empfindlichkeit vor, was aber vorliegend nach den gutachterlichen Feststellungen Prof. Dr. St.s nicht der
Fall ist.
Die in mehreren Stellungnahmen begründete Annahme des TAD der Beigeladenen, wonach der Beurteilungspegel für die Tätigkeit
des Klägers bei ihrer Mitgliedsunternehmen bei maximal 83 dB(A) lag, wurde von dem vom SG gehörten gerichtlichen Sachverständigen F. bestätigt. Der Senat macht sich das Ergebnis der Beweisaufnahme des SG nach eigener Prüfung zu eigen. Die Ausführungen des TAD der Beigeladenen sind für den Senat überzeugend. Weitere Ermittlungen
waren nicht erforderlich, weshalb auch dem Antrag des Klägers auf Einholung eines weiteren lärmtechnischen Gutachtens mit
weiteren Kontroll-Vergleichs-Messungen von Amts wegen aus dem Schriftsatz vom 20.1.2011 nicht stattzugeben war.
Der TAD der Beigeladenen hat nach eingehender Befragung des Klägers sowie auch langjährig bei der Firma SLG beschäftigter
früherer Kollegen nachvollziehbar und plausibel ausgeführt, dass selbst bei einer worst-case-Berechnung maximal ein Beurteilungspegel
von 83 dB(A) ermittelt werden kann. Während der Beschäftigungszeit des Klägers bei der Firma SLG Kunststoffe GmbH sind zwei
Lärmquellen in Betracht zu ziehen, zum einen der Nissan-Diesel-Stapler und der Mahlraum. Für den Fahrer des Staplers muss
von einem Pegel von Lm= 84-85 dB(A) ausgegangen werden. Bei den Berechnungen bezüglich des Mahlraumes hat der TAD zu Recht
berücksichtigt, dass die Mühlen nicht während der gesamten Beschäftigungszeit von 8 bis 10 Stunden pro Tag in Betrieb waren.
Insbesondere war meist nur eine Mühle in Betrieb. Diese Mühlen wurden auch nicht, wie der Kläger gegenüber dem TAD bestätigt
hat, von ihm selbst bedient, sondern von einem Kollegen, der täglich ca. 4 bis 5 Stunden pro Arbeitstag an diesen Mühlen arbeitete.
Wenn nicht genügend Material zum Mahlen vorhanden war, konnte es vorkommen, dass an einzelnen Tagen nicht gemahlen wurde.
Der Kläger hat gegenüber dem TAD berichtet, dass durchschnittlich an 4 Tagen pro Woche die Mühlen in Betrieb waren. Die Kritik
der Klägerseite, wonach die Zeiträume der durchgeführten Lärmmessungen zu gering gewesen seien, überzeugt nicht. Die Messungen
des TAD erfolgten während repräsentativer Zeiträume, die sich an den Maschinenzykluszeiten orientieren. Eine Verlängerung
der Messzeiten hätte zu keinen anderen Messwerten geführt, wie der TAD in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 11.3.2011 nachvollziehbar
erläutert hat. Die Beurteilung des TAD der Beigeladenen erfolgte außerdem auch aufgrund von Messungen, die im Jahre 1995 durchgeführt
wurden; auch insoweit war wegen der veränderten betrieblichen Situation (andere Aufstellung der Maschinen, Maschinenbestückung
usw.) kein weiteres Gutachten mehr einzuholen oder weitere Vergleichsmessungen anzustellen. Auch dies hat der TAD in seiner
ergänzenden Stellungnahme vom 11.3.2011 nachvollziehbar erläutert. Nicht mehr mit letzter Sicherheit aufzuklären ist, wie
die Trennwand zwischen Büro des Klägers und Mahlraum beschaffen war und welche Dämmwirkung sie hatte, wobei jedoch bei keiner
der möglichen Varianten sich eine gesundheitsgefährdende Lärmbelastung ergibt. Der TAD ist von einer Schalldämmung von mindestens
20 dB(A) ausgegangen. Dies bedeutet, bei geschlossener Mahlraumtür ergibt sich auf dem Transportweg ein maximaler Pegel von
78 dB(A), und dies auch nur unter der Voraussetzung, dass beide Mühlen in Betrieb waren und der Spitzenwert von 98 dB(A) erreicht
wurde. In seinem Sachverständigengutachten vom 30.4.2010 ist der Sachverständige F. zu dem Schluss gelangt, dass die Dämmwirkung
der Trennwand zwischen Mahlraum und Lagerbüro sogar deutlich höher gewesen sein dürfte, als vom TAD der Beigeladenen angenommen
und hat einen Beurteilungspegel von nur 67 dB(A) im Arbeitsbereich des Klägers (Lagerbereich) errechnet. Dies wiederum deckt
sich mit der Einschätzung der vom TAD befragten Kollegen des Klägers, die angegeben haben, im Lagerbereich sei es jedenfalls
leiser gewesen sei als im Produktionsbereich an den Spritzgießmaschinen; hierzu lagen dem TAD Messergebnisse vor (75 bis 79
dB(A)). Eine Schädigung des Gehörs anlässlich der Tätigkeit bei der Firma SLG GmbH ist daher nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme
zur Überzeugung des Senats unter Berücksichtigung der angegebenen Aufenthaltsdauer in der Nähe der Lärmquelle nicht zu erwarten
gewesen. Zu Recht hat der TAD der Beigeladenen auch nicht nur die Spitzenwerte der laufenden Granulatmühlen berücksichtigt,
sondern hat auf einen Mittelungspegel abgestellt, der in die Berechnung des Tageslärmexpositionspegels (Beurteilungspegel)
eingeflossen ist, denn der Kläger war nur für den Transport des Mahlgutes zuständig und hat sich nicht im Mühlenraum aufgehalten,
während die Mühlen in Betrieb waren.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 13.7.2010 hat der Sachverständige F. überdies überzeugend ausgeführt, dass der Verzicht auf die Messung impulshaltiger
Schallanteile nachvollziehbar sei, nachdem der TAD der Beigeladenen unter dem 1.7.2010 dargelegt hatte, dass es sich bei den
gemessenen Geräuschen durchweg um konstante Geräusche ohne nennenswerte Spitzen gehandelt hat. Auch wurde weder bei der Messung
1995 noch 2007 auch nur annähernd ein Spitzenwert von 140 dB erreicht. Unter diesen Umständen bestand kein Anlass, impulshaltige
Schallanteile zu messen. Auch ist nach übereinstimmender Einschätzung des Sachverständigen F. und des TAD der Beigeladenen
zufolge nicht daran zu zweifeln, dass eine Erhöhung des Schallpegels von 98 dB (maximaler Pegel bei Normalbetrieb beider Mühlen)
auf 140 dB - wenn es denn zu einer solchen gekommen wäre - auf jeden Fall wahrgenommen worden wäre, da dies einem enormen,
nicht zu überhörenden Knall entsprochen hätte. Auch Prof. Dr. St. hat nach der Anamese festgehalten, es sei im Bereich der
Granulatmühle nie zu knallartigen Lärmereignissen gekommen. Zur Überzeugung des Senats wäre daher auch durch eine erneute
Lärmmessung am früheren Arbeitsplatz des Klägers keine gehörgefährdende Lärmexposition nachzuweisen, selbst wenn sich der
Arbeitsplatz in gegenüber der Beschäftigungszeit des Klägers unverändertem Zustand befinden sollte, was aber gerade nicht
der Fall ist. Zum einen erscheint es in Anbetracht der Feststellungen des TAD der Beigeladenen und deren Bewertung durch den
Sachverständigen F. praktisch ausgeschlossen, dass es überhaupt an diesem Arbeitsplatz zu impulshaltigen Schallleistungen
oberhalb der Auslöseschwelle gekommen ist. Falls doch, könnte es sich dabei allenfalls um außergewöhnliche Einzelereignisse
gehandelt haben, so dass nicht unterstellt werden kann, dass sich der Kläger gerade bei einer solchen Gelegenheit an einem
betroffenen Standort befunden hat; dies insbesondere auch deshalb, da der Kläger weder im Verlauf des gesamten Verfahrens
noch in der mündlichen Verhandlung vom 13.7.2010 - als die Problematik solcher Schallspitzen mit dem Sachverständigen erörtert
wurde - jemals behauptet hat, derartige knallartige Lärmerhöhungen wahrgenommen zu haben und dies auch gegenüber Prof. Dr.
St. nicht getan hat.
Gegen eine beruflich verursachte Innenohrhochtonschwerhörigkeit in dem von Prof. Dr. St. angenommenen Ausmaß spricht schließlich
zur Überzeugung des Senats auch, dass zwischen März 1990 und Oktober 1992 keine Verschlechterung der minimalen Gesundheitsstörung
in den Tonaudiogrammen nachzuweisen ist, obwohl der Kläger von August 1985 bis Oktober 1993 potentiell lärmbelastende Tätigkeiten
verrichtet hatte. Der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. St. hat auch ebenfalls darauf hingewiesen, dass sich die Audiogramme
vom 15.3.1990 und vom 12.10.1992 praktisch entsprechen, ohne dass es während der seinerzeit lärmbelasteten Tätigkeit zu einer
Veränderung (Verschlechterung) gekommen sei. Mangels anderer ärztlicher Befunde sind die beiden genannten Audiogramme 1990/1992
maßgeblich für die Beurteilung der beruflich veranlassten Gesundheitsstörung und der MdE.
Soweit Prof. Dr. St. im Gutachten vom 31.10.2011 allerdings die Verschlechterung der Innenohrschwerhörigkeit zwischen 1992
und 2011 als berufslärmbedingt erachtet, legt er für die berufliche Tätigkeit des Klägers bei der Firma SLG Kunstoffe GmbH
ab Oktober 1993 den Nachweis einer potentiell gehörschädigenden Lärmexposition zugrunde. Dies ist aber nach den ausführlichen
Ermittlungen im Laufe des Verwaltungs- und Gerichtsverfahren nicht bewiesen. Die Tatsache, dass sich die Innenohrhochtonschwerhörigkeit
des Klägers im Zeitraum 1992 bis 2011 verschlechtert hat, von einem damals beidseitigen Hörverlust von 10% auf nunmehr einen
beidseitigen Hörverlust von 20% wie Prof. Dr. St. ausgeführt hat, lässt gerade nicht den Schluss zu, dass die Tätigkeit bei
der Firma SLG Kunststoffe SLG GmbH (1993-1997) potentiell lärmbelastend war. Dies würde die Maßstäbe der gesetzlichen Unfallversicherung
praktisch ins Gegenteil verkehren. Zunächst müssen versicherte Tätigkeit und Einwirkung im Vollbeweis vorliegen und dann ist
die Frage zu stellen, ob und welcher Ursachenzusammenhang zwischen Einwirkung und Erkrankung besteht. An dieser Stelle vermochte
der Senat Prof. Dr. St. nicht zu folgen, wenn er in Verkennung dieser Grundsätze lediglich "eine nicht auszuschließende Lärmbelastung
am Arbeitsplatz" (S. 28 des Gutachtens vom 31.10.2011) bei der Firma SLG GmbH zur Grundlage seiner Beurteilung macht und insoweit
auch eher vage und spekulativ ausgeführt hat, wenn der Kläger mit ausreichender Wahrscheinlichkeit nach dem 12.10.1992 erstens
einem potentiell gehörschädigendem Berufslärm und dies zweitens auch ausreichend lange ausgesetzt gewesen wäre, sei die gesamte
jetzt vorliegende Innenohrschwerhörigkeit als Folge einer Berufskrankheit nach Nr. 2301 anzuerkennen. Es ist aber gerade nicht
bewiesen, dass der Kläger nach dem 12.10.1992 einem potentiell gehörschädigendem Berufslärm ausreichend lange ausgesetzt war.
Vielmehr ist auf dem Audiogramm vom 12.10.1992 sogar vermerkt, dass der Kläger zur Zeit keine Lärmarbeit habe. Aus diesem
Grund ist auch die weitere Vermutung Prof. Dr. St.s nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die nicht sehr ausgeprägte Verschlechterung
des Innenohrhörvermögens zwischen 1992 und 2011 auf die Lärmbelastung an seiner Arbeitsstelle bei der Fa. Sedus Stoll AG zwischen
Oktober 1992 und Oktober 1993 zurückzuführen sein könnte. Für die Tätigkeit bei der Firma SLG Kunstoffe 1993-1997 ist eine
lärmbelastende Tätigkeit nicht bewiesen.
Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Hörgeräteversorgung. Dieser Anspruch richtet sich nach §§
26,
27 Abs.
1 Ziff. 4
SGB VII, wonach die vom Unfallversicherungsträger zu leistende Heilbehandlung auch die Versorgung mit Hilfsmitteln umfasst, wozu
auch Hörgeräte gehören. Durch sie werden die Folgen der durch den Versicherungsfall verursachten Hörstörung ausgeglichen,
zumindest aber gemildert (§
31 Abs.
1 Satz 1
SGB VII). Nach §
26 Abs.
2 Nr.
1 SGB VII hat der Unfallversicherungsträger mit allen geeigneten Mitteln möglichst frühzeitig den durch den Versicherungsfall verursachten
Gesundheitsschaden zu beseitigen oder zu bessern, seine Verschlimmerung zu verhüten und seine Folgen zu mildern.
Nur die Folgen der durch den Versicherungsfall verursachten Hörstörung werden ausgeglichen, d.h. es gelten auch hier die vorstehend
dargelegten Grundsätze, wonach für die haftungsbegründende Kausalität zwischen Einwirkungen und Erkrankung ein Ursachenzusammenhang
zwischen dem durch den Versicherungsfall erlittenen Körperschaden und den für die Erforderlichkeit einer Hörgeräteversorgung
maßgeblichen Gesundheitsstörungen erforderlich ist. Es gilt auch insoweit die Theorie der wesentlichen Bedingung (BSG v. 2.4.2009 - B 2 U 9/08 R - BSGE 103, 59 = SozR 4-2700 § 9 Nr. 14 = juris RdNr. 26 m.w.N.). Nach dem vorstehend Ausgeführten ist jedoch zur Überzeugung des Senats
davon auszugehen, dass die lärmbelastende Tätigkeit zwischen 1985 und 1993 lediglich eine minimale Hochtonsenke zur Folge
hatte, die einen beidseitigen Hörverlust von 10%, eine MdE von Null v.H. und keine Indikation einer Hörgeräteversorgung zur
Folge hatte. Die Lärmeinwirkung zwischen 1989 und 1993 stellt sich zur Überzeugung des Senats nicht als wesentliche Teilursache
der Hörschädigung dar, weshalb eine Hörgeräteversorgung nicht zu Lasten des Unfallversicherungsträgers geht (Römer in: Hauck/Noftz,
SGB VII, Anhang zu K §
9, BK 2301 RdNr 11). Die arbeitsmedizinischen Untersuchungen im März 1990 und Oktober 1992 hatten keine Hörgeräte-Indikation
ergeben, eine solche lag erst 2006 vor, lange nach dem Ende der lärmbelastenden Tätigkeit.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht erfüllt sind.