Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses beim Anspruch auf Insolvenzgeld
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung von Insolvenzgeld.
Der am 17.03.1957 geborene Kläger war ab dem 01.07.2002 als Trockenbaumonteur bei der Fa. GI-Gebäudeinstandsetzungen (Fa.
GI), Inh. B. und M., beschäftigt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde nicht abgeschlossen. Nachdem der Kläger für seine
Tätigkeit keine Entlohnung erhielt, machte er seine Ansprüche (arbeits-)gerichtlich vor dem Arbeitsgericht Stuttgart (- 23 Ca 7018/03 -) geltend. Er gab an, er und die Fa. GI hätten sich auf eine Vergütung von 15,- EUR (brutto) pro Stunde sowie 1.500,- EUR
(netto) monatlich für die Vermittlung von Neuaufträgen geeinigt. Er sei in einem Umfang von insg. 992,5 Stunden für die Fa.
GI tätig gewesen. Mit Anerkenntnisurteil und Urteil vom 26.09.2003 wurden die Inhaber der Fa. GI u.a. verurteilt, dem Kläger
als Gesamtschuldner einen Betrag von 11.794,- EUR (brutto) zzgl. 5 Prozentpunkte Zinsen hieraus über dem Basissatz seit dem
30.02.2003 zu bezahlen. Ausweislich der Entscheidungsgründe des Urteils erfolgte die Verurteilung auf Grund eines deklaratorischen
Schuldanerkenntnisses der Inhaber vom 10.03.2003, gegenüber dem Kläger eine Lohnschuld i.H.v. 11.794,- EUR zu haben.
Nachdem Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus dem Urteil erfolglos blieben, hat der Kläger am 17.08.2005 bei der Beklagten die
Gewährung von Insolvenzgeld beantragt. Über das Privatvermögen des M. sei mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 21.10.2004
das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Hieraus folge, so der Kläger, dass über das Vermögen der Fa. GI das Insolvenzverfahren
noch nicht beantragt, jedoch der Geschäftsbetrieb der Fa. GI komplett eingestellt worden sei. Mit Rücksendung der förmlichen
Antragsformulare an die Beklagte unter dem 17.11.2005 brachte der Kläger ferner vor, soweit die Beklagte davon ausgehe, dass
mit der Zahlungsunfähigkeit am 25.11.2003 auch ein Insolvenzereignis eingetreten sei, habe er hiervon keine Kenntnis gehabt,
da es sich hierbei um ein Verfahren betreffend das Privatvermögen des M. gehandelt habe. Die Betriebseinstellung habe der
Kläger nur vermuten können.
Nachdem die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 08. und vom 21.11.2005 aufgeforderte hatte, den förmlichen Antrag (vollständig)
ausgefüllt einzureichen, sie den Kläger sodann mit Schreiben vom 29.12.2005 zu einer zeitlichen Zuordnung der geltend gemachten
Insolvenzgeldansprüche aufforderte und mit Schreiben vom 17.01.2006 um Mitteilung zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme der Insolvenz
des M. bat, die Aufforderungen jeweils fruchtlos blieben, versagte die Beklagte mit Bescheid vom 14.02.2006 die Gewährung
von Insolvenzgeld. Sie führte begründend aus, der Kläger sei trotz Belehrung über die Rechtsfolgen seinen Mitwirkungspflichten
nach § 60 Sozialgesetzbuch Erstes Buch nicht nachgekommen. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid
vom 17.08.2006 zurück. Das hiergegen vor dem Sozialgericht Heilbronn (SG) geführte Klageverfahren (- S 8 AL 3468/06 -) endete nach einem gerichtlichen Vergleich vom 11.07.2008, in welchem sich die Beklagte verpflichtete, den Anspruch des
Klägers auf Insolvenzgeld zu prüfen und innerhalb von zwei Monaten einen rechtsmittelfähigen Bescheid zu erlassen. Im gerichtlichen
Verfahren wurde vom Kläger u.a. eine Auskunft über einen abgemeldeten Gewerbebetrieb vom 13.11.2007 der Landeshauptstadt Stuttgart
vorgelegt, nach der am 24.11.2003 eine vollständige Aufgabe des gesamten Betriebes des Gewerbes der M. und B. erfolgt ist.
Mit Bescheid vom 03.09.2008 entschied die Beklagte sodann, dass dem Antrag des Klägers auf Gewährung von Insolvenzgeld nicht
entsprochen werden könne. Zur Begründung führte sie aus, als Insolvenzereignis sei die Einstellung der Betriebstätigkeit wegen
Zahlungsunfähigkeit am 15.03.2003 anzusehen. Da eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht bekannt sei, sei der Zeitraum
vom 15.12.2002 - 14.03.2003 als Insolvenzzeitraum anzusehen. Für diesen Zeitraum habe der Kläger jedoch keine offenen Ansprüche
auf Arbeitsentgelt.
Gegen den am 08.09.2008 beim Bevollmächtigten des Klägers eingegangen Bescheid erhob der Kläger am 08.10.2008 Widerspruch,
zu dessen Begründung vorgebracht wurde, beim 06.09.2008 habe es sich um einen Samstag gehandelt, so dass der Bescheid vor
dem 08.09.2008 nicht zugegangen sein konnte. Im Übrigen habe der Kläger, wie aus dem Urteil des Arbeitsgerichts bekannt sei,
im Zeitraum vom 01.07. - 20.11.2002 für die Fa. GI gearbeitet. Am 20.11.2002 habe er seine Tätigkeit wegen der nicht erfolgten
Bezahlung endgültig eingestellt. Eine formelle Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Form einer Kündigung habe nie stattgefunden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.12.2008 verwarf die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unzulässig, weil, so die Beklagte,
die Widerspruchsfrist von einem Monat nach Bekanntgabe des Bescheides versäumt worden sei. Der Bescheid vom 03.09.2008 sei
am selben Tag zur Post aufgegeben worden und gelte daher mit dem 06.09.2008 als bekannt gegeben. Die Widerspruchsfrist habe
daher am 07.09.2008 zu laufen begonnen und sei am 06.10.2008 abgelaufen. Der Widerspruch sei indes erst nach Ablauf der Frist,
am 08.09.2008, eingelegt worden. Da auch keine Gründe ersichtlich seien, die die Fristversäumnis rechtfertigten, sei Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand nicht zu gewähren.
Hiergegen hat der Kläger am 12.01.2009 Klage zum SG erhoben. Er hat vorgetragen, die Widerspruchsfrist von einem Monat sei eingehalten gewesen, da die 3-Tages-Frist des § 37
Zehntes Buch Sozialgesetzbuch nicht anzuwenden ist, wenn der Zugang des Bescheides später erfolgt sei. Inhaltlich stehe ihm
der geltend gemachte Anspruch auf Insolvenzgeld zu. Insb. habe er die Ausschlussfrist von zwei Monaten ab dem Insolvenzereignis
nicht versäumt, da ihm das Insolvenzereignis erst im Rahmen des vorherigen gerichtlichen Verfahrens - S 8 AL 3468/06 - bekannt geworden sei; dies sei erst mit der Auskunft des Gewerbeamtes der Stadt Stuttgart vom 13.11.2007, wonach am 24.11.2003
der Gewerbebetrieb vollständig aufgegeben worden sei, zu Tage getreten. Der von der Beklagten benannte Zeitpunkt des 25.11.2003
betreffe die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Inhabers der Fa. GI, nicht jedoch deren Vermögen. Dies
sei vom Insolvenzverwalter so mit Schreiben vom 08.08.2005 bestätigt worden, woraufhin der Kläger den Antrag auf Insolvenzgeld
gestellt habe. Auch sei das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Fa. GI rechtswirksam beendet worden. Der Insolvenzgeldzeitraum
von drei Monaten beziehe sich auf die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses. Ende das Arbeitsverhältnis vor dem Insolvenztag,
sei für die Berechnung des Insolvenzgeldzeitraums allein die Beendigung des Arbeitsverhältnisses maßgebend.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat hierzu auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides verwiesen. Die vom Kläger
angeführten inhaltlichen Erwägungen seien ausdrücklich als "außerhalb des Widerspruchsverfahrens" gekennzeichnet worden, weswegen
Gegenstand des Verfahrens ausschließlich die Frage der Rechtzeitigkeit des Widerspruchs sei. Auf einen gerichtlichen Hinweis
vom 13.02.2009 des Inhalts, dass der Bescheid vom 03.09.2008 erst am 08.09.2008 als bekannt gegeben angesehen werden könne,
hat die Beklagte vorgetragen, die Gewährung von Insolvenzgeld knüpfe bezüglich des Insolvenzgeldzeitraums an die Beendigung
des Arbeitsverhältnisses an. Soweit nach §
623 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) ein schriftliche Kündigung erforderlich sei, sei das Sozialrecht hieran gebunden. Überdies bestünden Ansprüche auf Arbeitsentgelt
unabhängig von deren Insolvenzgeldsicherung, in Ermangelung der Erbringung einer Arbeitsleistung, nicht.
Nachdem die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 26.05.2011 "unstreitig" gestellt haben, dass sie von einem Insolvenzereignis
am 15.03.2003 ausgehen, hat das SG die Klage mit Urteil vom 26.05.2011 abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, Anspruch auf Insolvenzgeld setze u.a. ein Insolvenzereignis voraus. Dieses sei entweder die Eröffnung des Insolvenzverfahrens
über das Vermögen des Arbeitgebers, die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder die
vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt
worden sei und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht komme. Ein Ereignis i.d.S. könne nicht
festgestellt werden. Zwar sei offensichtlich über das Vermögen eines der
BGB-Gesellschafter ein Insolvenzverfahren eröffnet worden, dieses sei jedoch nicht das des Arbeitgebers. Auch bestünden keine
Anhaltspunkt dafür, ob und wann eine vollständige Einstellung der Betriebstätigkeit der Fa. GI stattgefunden habe. Der Kläger
habe die Firma am 20.11.2002 verlassen. Ihm selbst sei nicht bekannt, wann die Firma ihre Tätigkeit eingestellt habe. Da andere
Arbeitnehmer nicht benannt seien und die Firmeninhaber über das Einwohnermeldeamt nicht zu ermitteln seien, sei ein Insolvenzereignis
nicht nachgewiesen. Dies gehe zu Lasten des Klägers. Wegen des geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes seien die Beteiligten
auch nicht - bindend - befugt, einen bestimmten Tag unstreitig als Insolvenzereignis anzunehmen. Selbst wenn jedoch von einem
Insolvenzereignis am 15.03.2003 ausgegangen werde, bestünde kein Anspruch auf Insolvenzgeld, denn im dann geltenden Insolvenzgeldzeitraum
vom 15.12.2002 - 14.03.2003 habe das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Fa. GI in Ermangelung einer formwirksamen Kündigung
fortbestanden.
Gegen das am 08.06.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.07.2011 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung trägt er vor,
entgegen der Einschätzung des SG sei mit einer Betriebseinstellung spätestens zum Zeitpunkt der Gewerbeabmeldung auszugehen. Dass das Gewerbe über den Zeitpunkt
der Gewerbeabmeldung hinaus weiter betrieben werde, sei lebensfremd. Jedenfalls hätten die Inhaber in der Erklärung zur Abmeldung
des Gewerbes kund getan, dass der Betrieb eingestellt sei. Die Einschätzung des SG, das Arbeitsverhältnis des Klägers sei nicht wirksam beendet worden, sei unzutreffend, da Arbeitnehmer hiernach zu einer
möglichst frühzeitigen Kündigung verpflichtet würden. Dementsprechend müsse im vorliegenden Fall der Insolvenzgeldzeitraum
vom 20.11.2002 an, dem Zeitpunkt, zu dem der Kläger dem Arbeitgeber gegenüber mitgeteilt habe, dass er das Arbeitsverhältnis
als beendet ansehe, zurückgerechnet werden. Auch müsste der insolvenzgeldgeschützte Zeitraum nicht unmittelbar kalendarisch
dem Insolvenzereignis vorangehen. Der Insolvenzgeldzeitraum reiche daher vom 20.11.2002 bis zum 20.08.2002 zurück. In diesem
Zeitraum habe der Kläger unstreitig keinen Lohn erhalten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26. Mai 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 03.
September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Dezember 2008 zu verurteilen, ihm Insolvenzgeld in gesetzlicher
Höhe für die Zeit vom 20. August bis 19. November 2002 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages trägt die Beklagte vor, dass selbst in dem Fall, dass die Betriebstätigkeit mit dem 15.03.2003
vollständig eingestellt worden sei, kein Anspruch auf Insolvenzgeld bestehe, da der Antrag auf Insolvenzgeld innerhalb von
zwei Monaten ab dem Insolvenzereignis zu stellen sei. Dieser Zeitraum sei bei der Antragstellung am 17.08.2005 längst abgelaufen
gewesen. Da sich der Kläger bereits am 10.03.2003 eine schriftliche Erklärung des Arbeitgebers habe aushändigen lassen, hätte
er mit dem fruchtlosen Ablauf des dortigen Zahlungsziels, dem 30.03.2003, mit der erforderlichen Sorgfalt erkennen können,
dass der Betrieb vollständig eingestellt worden sei. In Ansehung der erfolglosen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in den Jahren
2003 und der Erwirkung eine Versäumnisurteils könne der Kläger mit dem Vortrag, er habe keine Kenntnis von den Vorgängen beim
Arbeitgeber gehabt, nicht gehört werden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insb. des Vorbringens der Beteiligten, wird auf die Prozessakten
erster und zweiter Instanz sowie die bei der Beklagten für den Kläger geführte Leistungsakten, welche Gegenstand der mündlichen
Verhandlung vom 10.07.2013 wurden sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 10.07.2013 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht (vgl. §
151 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung ist zulässig, führt jedoch für den Kläger nicht zum Erfolg.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Entgegen der Auffassung der Beklagten war der Widerspruch fristgerecht eingelegt (vgl.
§
84 Abs.
1 SGG), sodass vom SG in der Sache selbst zu entscheiden war.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 03.09.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2008 ist - im Ergebnis
- rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Insolvenzgeld
für den Zeitraum vom 20.08 - 19.11.2002.
Arbeitnehmer haben nach §
183 Abs.
1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (
SGB III) in der insofern unverändert bis zum 31.03.2012 geltenden Fassung bzw. nach §
165 SGB III in der insoweit nur sprachlich veränderten, ab dem 01.04.2012 geltenden Fassung, Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im
Inland beschäftigt waren und bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers (Nr.1), Abweisung eines
Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse (Nr.2) oder der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit
im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich
mangels Masse nicht in Betracht kommt (Nr.3) (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses
noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben.
Da weder ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet wurde - das Insolvenzverfahren über das private
Vermögen des Firmeninhabers begründet kein Insolvenzereignis i.S.d. §
183 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB III - noch ein Antrag mangels Masse abgelehnt wurde, kommt als Insolvenzereignis einzig die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit
in Betracht. Erforderlich hierfür ist die vollständige Beendigung der dem Betriebszweck dienenden Tätigkeit. Nicht relevant
sind hierbei Tätigkeiten, die der reinen Abwicklung oder lediglich der Erhaltung von Betriebsanlagen zu dienen bestimmt sind.
Wann die Betriebstätigkeit vollständig beendet ist, richtet sich insbesondere nach der Art des Betriebes (Bundessozialgericht
[BSG], Urteil vom 08.02.2001 - B 11 AL 27/00 R - veröffentlicht in [...]). Werden Werkleistungen im Bausektor, wie vorliegend Trockenbautätigkeiten (vgl. Auskunft der Landeshauptstadt
Stuttgart vom 13.11.2007 über ein abgemeldetes Gewerbe), erbracht, liegt die Einstellung der Betriebstätigkeit jedenfalls
dann vor, wenn überhaupt keine baulichen Tätigkeiten auf den Baustellen und keine diese Tätigkeiten vor- oder nachbereitenden
Arbeiten handwerklicher Art auf der Betriebsstätte mehr ausgeführt werden. Mit dem 24.11.2003 wurde das Gewerbe zur Überzeugung
des Senats vollständig aufgegeben. Dies ergibt sich aus der Auskunft der Landeshauptstadt Stuttgart vom 13.11.2007. Der Senat
ist sich darüber im Klaren, dass die gewerberechtliche Aufgabe des Betriebes keine bindende Aussage darüber trifft, wann die
dem Betriebszweck dienenden Tätigkeiten tatsächlich eingestellt wurden, indes kommt der auf Angaben der Betriebsinhaber gründenden
gewerberechtlichen Abmeldung insofern eine Indizwirkung zu, als, insofern ist dem Klägervertreter beizupflichten, eine gewinnorientierte
Fortführung des Gewerbes nach dessen Abmeldung lebensfremd ist. Da überdies keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind,
dass der Arbeitgeber nach diesem Zeitpunkt unter der bisherigen Firma mit dem bisherigen Betriebszweck am Markt aufgetreten
ist und hierdurch auch das Insolvenzereignis manifest und damit objektivierbar geworden ist, folgt für den Senat im vorliegenden
Verfahren aus der Gewerbeabmeldung die Einstellung der Betriebstätigkeit (vgl. insofern Sächsisches Landessozialgericht, Urteil
vom 10.03.2010 - L 1 AL 242/07 - veröffentlicht in [...] dort Rn. 33). Für eine Betriebseinstellung vor dem 24.11.2003 gibt es keinerlei Anhaltspunkte.
Nachdem überdies kein Anhalt dafür besteht, dass im Betrieb die erforderliche Vermögensmasse vorhanden war, um ein Insolvenzverfahren
durchzuführen, vielmehr die vom Kläger angeführten fruchtlosen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen die Masselosigkeit belegen, trat
das Insolvenzereignis vorliegend mit dem 24.11.2003 ein. Im Übrigen hat der Senat das klägerische Vorbringen betreffend des
Insolvenzereignisses als wahr unterstellt (vgl. Schriftsatz vom 11.08.2011 in dem ausdrücklich angeführt wurde, dass die Aufgabe
des Gewerbes ausreichend sei), sodass weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht durchzuführen sind (vgl. hierzu Landessozialgericht
für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 02.06.2010 - L 12 AL 12/09 - veröffentlicht in [...]). Soweit klägerseits zuletzt als Anknüpfungszeitpunkt der 20.11.2002 angeführt wurde, wurde hierdurch
nicht ein früheres Insolvenzereignis geltend gemacht, sondern in rechtlicher Hinsicht die Aufgabe der Tätigkeit des Klägers
zum Anknüpfungspunkt des Anspruchs auf Insolvenzgeld erhoben.
Der dreimonatige Insolvenzgeldzeitraum wird durch das Insolvenzereignis festgelegt (BSG, Urteil vom 01.07.2010 - B 11 AL 6/09 R - veröffentlicht in [...], dort Rn. 19; Krodel in Niesel,
SGB III, 5. Aufl, 2010, § 183 Rn. 32). Er endet grds. mit dem Tag, der dem Insolvenzereignis vorausgeht (BSG, Urteil vom 03.10.1989 - 10 RAr 8/89 - veröffentlicht in [...]). Endet indes das Arbeitsverhältnis vor dem Eintritt des Insolvenzereignisses, ist der letzte Tag
des Arbeitsverhältnisses der letzte Tag des Insolvenzgeldzeitraums (BSG, Urteil vom 23.10.1984 - 10 Rar 12/83 - veröffentlicht in [...]). Dabei ist zwar ohne Bedeutung, wie lange das Ende des Arbeitsverhältnisses
vor dem Insolvenztag liegt, da auch bei einem beendeten Arbeitsverhältnis keine Kausalität zwischen der Nichtzahlung des rückständigen
Arbeitsentgelts und der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers erforderlich ist, indes ist für das Ende des Arbeitsverhältnisses
nicht das faktische, sondern das rechtliche Ende maßgeblich (Krodel in Niesel, a.a.O., Rn. 56 f; Peters-Lange in Gagel,
SGB III, §
183, Rn. 75). Da jedoch die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag zu ihrer Wirksamkeit der
Schriftform bedürfen (§
623 BGB in der ab dem 01.05.2000 geltenden Fassung des Gesetzes zur Vereinfachung und Beschleunigung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens
vom 30.03.2000 [BGBl. I S.333]), der Kläger bereits nach seinem eigenen Vortrag keine Kündigung in schriftlicher Form ausgesprochen
hat, endete das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht infolge einer arbeitnehmerseitigen Kündigung vom 20.11.2002. Das Arbeitsverhältnis
bestand vielmehr über den 20.11.2002 hinaus fort, weswegen sich der Insolvenzzeitraum nach den in §
183 Abs.
1 SGB III genannten Insolvenzereignissen richtet und nicht nach dem Ausspruch der nicht formwirksamen Arbeitnehmerkündigung. Der Zeitpunkt
der formwirksamen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist mithin von anspruchsentscheidender Bedeutung, weil der Beendigungszeitpunkt
den Beginn des Dreimonatszeitraums bestimmt (vgl. Schweiger, Die Auswirkungen des §
623 BGB auf das Recht der Lohnersatzleistungen im
SGB III, in NZS, 2001, 519 [524f]). Ausgehend von einem Insolvenzereignis am 24.11.2003 reicht der Insolvenzzeitraum mithin vom 23.11.2003 bis zum 24.08.2003
zurück. Da indes klägerseits die Gewährung von Insolvenzgeld für den Zeitraum vom 20.08. - 19.11.2002 beantragt wurde und
die vom Kläger geltend gemachten offenen Entgeltansprüche von 11.794,- EUR in der Zeit vom 01.07. - 20.11.2002 erarbeitet
worden sein sollen, diese Zeiträume jedoch außerhalb des Insolvenzgeldzeitraums liegt, scheidet ein Anspruch auf Insolvenzgeld
bereits hiernach aus.
Aus gegebenem Anlass weist der Senat - obwohl nicht entscheidungserheblich - ergänzend darauf hin, dass sich auch ohne eine
zeitliche Festlegung der geltend gemachten Ansprüche auf Insolvenzgeld auf den Zeitraum vom 20.08 - 19.11.2002 ein Anspruch
des Klägers auf Insolvenzgeld nicht ergeben würde, da über den Betrag von 11.794,- EUR, der bereits nach dem klägerischen
Vorbringen in der Zeit bis zum 20.11.2002 erarbeitet wurde, keine weiteren Lohnzahlungsansprüche des Klägers entstanden sind.
Der ehemalige Arbeitgeber des Klägers war insofern, entgegen der nach Verkündung der Entscheidung vom Klägervertreter geäußerten
Auffassung, ab dem 21.11.2002 nicht mehr verpflichtet, dem Kläger die vereinbarte Vergütung zu gewähren. Der Kläger hat die
ihm obliegende Arbeitsleistung für die Fa. GI ab dem 21.11.2002 nach seinem eigenen Vortrag nicht (mehr) erbracht. Ein Lohnanspruch
gründet vorliegend auch nicht in einem Verzug des Arbeitgebers. Nach §
615 Satz 1
BGB kann der Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung verlangen, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug
kommt. Der Arbeitgeber gerät mit der Folge, dass er gemäß §
615 Satz 1
BGB die Vergütung zu zahlen hat, in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer berechtigterweise ein Leistungsverweigerungs- oder Zurückbehaltungsrecht
ausübt (vgl. u.a. Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.02.2011 - 9 Sa 577/10 - veröffentlicht in [...]). Der Arbeitnehmer kann nach §
273 Abs.
1 BGB ein Zurückbehaltungsrecht an seiner Arbeitsleistung ausüben, wenn er einen fälligen Lohnanspruch gegen den Arbeitgeber erworben
hat und dieser nicht erfüllt. Ob der Arbeitgeber leistungsunwillig oder bloß leistungsunfähig ist, spielt im Rahmen von §
273 BGB keine Rolle. Gemäß §
321 Abs.
1 BGB kann, wer aus einem gegenseitigen Vertrag vorzuleisten verpflichtet ist, die ihm obliegende Leistung verweigern, wenn nach
Abschluss des Vertrags erkennbar wird, dass sein Anspruch auf die Gegenleistung durch mangelnde Leistungsfähigkeit des anderen
Teils gefährdet wird. Sowohl §
321 BGB als auch §
273 Abs.
1 BGB setzen jedoch voraus, dass, bevor das Recht ausgeübt wird, der Arbeitnehmer den Arbeitgeber möglichst frühzeitig von der
beabsichtigten Geltendmachung in Kenntnis setzt und eine gewisse Zeit abwartet, bevor das Zurückbehaltungsrecht tatsächlich
ausgeübt wird (Landesarbeitsgericht Hessen, Beschluss vom 13.09.1984 - 12 Sa 676/84 - Kurztext veröffentlicht in [...]; Urteil des erkennenden Senats vom 10.04.2013 - L 3 AS 1014/11 - n.v.; Preis in Erfurter Kommentar, 7. Aufl. §
611 BGB, Rn. 852), damit der Arbeitgeber ggf. den Anspruch auf Arbeitsentgelt erfüllen bzw. Sicherheit leisten (vgl. §
273 Abs.
3 BGB bzw. §
321 Abs.
1 Satz 2
BGB) kann. Das Erfordernis einer vorherigen Information des Schuldners gründet in der Funktion der Zurückbehaltungsrechte, den
Schuldner unter Druck zu setzen, um ihn zur Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten zu veranlassen. Da es indes bereits an
jeglichem Vortrag dazu fehlt, dass der Kläger gegenüber der Fa. GI die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts angekündigt habe,
scheidet ein insolvenzgeldgeschützer Entgeltanspruch ab dem 21.11.2002 aus.
Da der Kläger mithin bereits keine insolvenzgeldgeschützten Arbeitsentgeltausfälle hat, besteht kein Anspruch auf Gewährung
von Insolvenzgeld. Hiernach kann der Senat offen lassen, ob der Kläger das begehrte Insolvenzgeld fristgerecht innerhalb von
zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis beantragt hat (vgl. §
324 Abs.
3 Satz 1
SGB III) und ob eine etwaige Fristversäumnis von ihm zu vertreten wäre.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26.05.2011 ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 SGG) liegen nicht vor.