Tatbestand
In diesem Verfahren, das drei verbundene Klagen umfasst, ist die Höhe der jeweiligen Hinterbliebenenrente der drei Kläger
ab dem 30.11.2007 streitig.
Der Versicherte war der Vater der am 25.03.1988 geborenen Klägerin zu 1. und des am 01.04.1987 geborenen Klägers zu 2 sowie
der Ehemann der Klägerin zu 3. Er war vom 01.01.2006 bis zum 14.05.2006 arbeitslos gewesen und hatte Arbeitslosengeld bezogen.
Vom 15.05.2006 bis zum 31.05.2007 hatte er in einem Beschäftigungsverhältnis bei der Schlosserei S. (Arbeitgeber) mit monatlich
wechselndem Lohn gestanden, wobei er ab dem 30.05.2007 arbeitsunfähig erkrankt war. Ab dem 12.11.2007 bezog er erneut Arbeitslosengeld
von der Bundesagentur für Arbeit. Sein Ansprechpartner bei der Agentur für Arbeit lud den Versicherten auf den 30.11.2007
um 8.30 Uhr zu einer Vorsprache. Auf dem Weg dorthin verunglückte der Versicherte um 7.40 Uhr tödlich bei einem Verkehrsunfall.
Die Unfallanzeige der Agentur für Arbeit ging bei der Beklagten am 14.12.2007 ein. Die Kläger legten die Lohnabrechnungen des Arbeitgebers für den Versicherten von November 2006 bis Mai 2007 vor. Der Arbeitgeber
bescheinigte der Beklagten unter dem 07.02.2008, der Versicherte habe vom 01.11.2006 bis zum 31.05.2007 ein Bruttoentgelt
von € 10.043,00 erhalten. Die Kläger teilten mit, der Kläger zu 2 absolviere seit dem 03.09.2007 und noch bis zum 02.03.2008
eine Berufsausbildung zum Metallbauer (Ausbildungsvertrag vom 25.09.2007) und die Klägerin zu 1 besuche bis zum 25.07.2008
eine Berufsfachschule (Schulbescheinigung vom 10.09.2007).
Mit Bescheid vom 17.06.2008 bewilligte die Beklagte der Klägerin zu 3 (Ehefrau) ein einmaliges Sterbegeld von € 4.200,00 sowie
Witwenrente ab dem 30.11.2007 in Höhe von € 980,00 monatlich für die ersten drei Monate nach dem Versicherungsfall und sodann
von € 588,00 monatlich. Die Beklagte führte aus, das Sterbegeld errechne sich aus 1/7 der zur Zeit des Todes des Versicherten
geltenden Bezugsgröße von € 29.400,00. Die Rente betrage in den ersten drei Monaten 2/3 und sodann 40 % des Jahresarbeitsverdienstes
(JAV) von € 17.640,00 jährlich nach §
65 Abs.
2 Nr.
1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII). Der JAV werde sich zum 01.07.2008 auf € 17.834,04 erhöhen.
Mit weiteren Bescheiden vom selben Tage bewilligte die Beklagte jeweils ab dem 30.11.2007 Halbwaisenrente von monatlich €
294,00 dem Kläger zu 2 bis zum 31.01.2008 und der Klägerin zu 1 bis zum 31.07.2008. Diese errechne sich aus 20 % des Mindest-JAV.
Die drei Kläger erhoben am 28.07.2008 Widersprüche gegen die Berechnung der Renten. Es sei schon nicht erkennbar, wie die
Renten berechnet worden seien. Es könne daher nur angenommen werden, dass die Beklagte lediglich die Zeit von Juni bis Oktober
2007 als Ausfallzeit berücksichtigt habe, jedoch nicht jene Zeiten, in denen der Versicherte während des Arbeitsverhältnisses
mangels Arbeit keinen Lohn erhalten habe, insbesondere im April und Mai 2007. Auch seien die Renten ab dem 01.07.2008 nicht
an die erhöhte JAV angepasst worden. Mit drei Schreiben vom 02.10.2008 erläuterte die Beklagte, der Versicherte habe im maßgeblichen
Zeitraum von November 2006 bis Oktober 2007 insgesamt € 10.043,00 Arbeitsentgelt bezogen. Nach Auffüllung des nicht mit Entgelten
belegten Zeitraums ergebe sich ein JAV von € 17.216,57. Dieser liege unter der nach §
85 SGB VII vorgesehenen Mindesthöhe von 60 % der im Zeitpunkt des Versicherungsfalls geltenden Bezugsgröße. Diese (die Mindesthöhe)
habe € 17.640,00 betragen. Grundlage der Hinterbliebenenleistungen sei somit "dieser" JAV gewesen. Die Kläger erwiderten unter
dem 26.02.2009, der hier maßgebliche JAV sei nicht der Mindest-JAV gemäß §
85 Abs.
1 SGB VII, sondern betrage € 34.822,34. Aus den Lohnbescheinigungen des Versicherten für die Zeit von November 2006 bis Mai 2007 ergebe
sich zwar tatsächlich ein Bruttoentgelt von € 10.043,00. Der Arbeitgeber habe aber falsch verneint, dass der Versicherte in
diesem Zeitraum wegen Krankheit, Kurzarbeit oder aus anderen Gründen kein Arbeitsentgelt bezogen habe. Vielmehr seien in diesem
Zeitraum noch Arbeitsentgelte in Höhe von € 9.858,75 zu berücksichtigen, weil der Versicherte entgegen seinem mündlich geschlossenen
Arbeitsvertrag über eine Vollzeitbeschäftigung mit einem Monatssoll von 176 Stunden und einem Stundenlohn von € 16,00 bzw.
ab dem 01.01.2007 € 16,50 mangels Aufträgen nur in geringerem Umfang beschäftigt worden sei. Hieraus ergäben sich im fraglichen
Zeitraum 597,5 Fehlstunden. Eine Vollzeitbeschäftigung ergebe sich auch aus der sozialversicherungsrechtlichen Anmeldung des
Versicherten für monatlich 30 Tage in den Lohnabrechnungen. Daher sei für den Zeitraum vom Juni 2007 bis Oktober 2007 nicht
das durchschnittliche Arbeitsentgelt aus der Zeit von November 2006 bis Mai 2007 zu Grunde zu legen, sondern das während dieses
Zeitraums auf Grund 538,5 abgerechneter Arbeitsstunden erzielte Entgelt, ergebend bei durchschnittlich 160 Stunden je Monat
€ 14.920,33 (€ 10.043,25 : 538,5 Stunden x 160 Stunden x 5 Monate = € 14.920,33). Der maßgebliche JAV sei somit die Summe
aus € 10.043,25 zzgl. € 9.858,75 zzgl. € 14.920,33, insgesamt mithin € 34.822,33. Hilfsweise werde die fehlende Ermessensausübung
in den Bescheiden sowie die Unbilligkeit des Mindest-JAV geltend gemacht.
Ferner teilten die Kläger unter anderem mit, dass die Klägerin zu 1 eine Berufsausbildung bis zum 31.07.2010 absolviere (Ausbildungsbescheinigung
vom 13.03.2009). Die Klägerin zu 1 beantragte hierbei die Fortgewährung ihrer Halbwaisenrente.
Auf Rückfrage der Beklagten teilte der Arbeitgeber am 15.09.2009 telefonisch und am 17.09.2009 schriftlich mit, dass es keinen
schriftlichen Arbeitsvertrag gegeben habe und auch keine Vollbeschäftigung vereinbart gewesen sei, sondern ein Einsatz bei
Bedarf, und dass keine Kurzarbeit angeordnet gewesen sei.
Ebenfalls unter dem 31.05.2010 bewilligte die Beklagte der Klägerin zu 1 für die Dauer ihrer Berufsausbildung bis zum 31.07.2010
Waisenrente in Höhe von 20 % eines JAV in Höhe von € 17.640 bzw. ab dem 01.08.2008 in Höhe von € 17.834 und ab dem 01.07.2009
in Höhe von € 16.263,84. Hiergegen legte die Klägerin zu 1 am 09.07.2010 Widerspruch ein unter Angabe, der Bescheid sei am
09.06.2010 zugegangen.
Unter dem 27.04.2011 erließ die Beklagte vier Widerspruchsbescheide. Darin wies sie die Widersprüche der drei Kläger gegen
die Bescheide vom 17.06.2008 sowie den weiteren Widerspruch der Klägerin zu 1 gegen den Bescheid vom 31.05.2010 zurück. Zu
den drei ersten Widersprüchen führte sie aus, der Versicherte sei nicht in Vollzeit, sondern stundenweise nach Aufwand beschäftigt
worden. Die durch eine verminderte Auftragslage bedingten Einkommensschwankungen seien nicht gemäß §
82 Abs.
2 Satz 1
SGB VII auszugleichen. Der JAV sei auch nicht unbillig im Sinne des §
87 SGB VII. Zu dem vierten Widerspruch (der Klägerin zu 1) führte die Beklagte aus, im Hinblick auf die Beendigung der Ausbildung im
Juli 2010 sei die Bewilligung zu befristen gewesen.
Am 30.05.2011 sind bei dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) vier Klagen eingegangen. Die Klagen gegen die Bewilligungsbescheide vom 17.06.2008 haben die Az. S 15 U 2349/11 (Klägerin zu 1), 2351/11 (Kläger zu 2) und 2352/11 (Klägerin zu 3) erhalten. Die Kläger haben jeweils begehrt, dass ihre
jeweilige Hinterbliebenenrente aus einem JAV von € 34.822,33 statt € 17.640,00 errechne werde. Diese drei Verfahren sind mit
Beschluss vom 27.07.2011 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden. Die weitere Klage der Klägerin zu
1 gegen den Bescheid vom 31.05.2010 und den Widerspruchsbescheid vom 27.04.2011 hat das Az. S 15 U 2348/11 erhalten. Nachdem die Klägerin zu 1 klargestellt hatte, dass sie auch in diesem Verfahren die Berechnung ihrer Waisenrente
rüge, hat das SG mit Beschluss vom 09.05.2012 die verbliebenen zwei Verfahren unter dem Az. S 15 U 2348/09 verbunden.
Mit Urteil auf Grund mündlicher Verhandlung vom 14.11.2012 hat das SG die Klagen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Der JAV sei gemäß §
82 Abs.
1 Satz 1
SGB VII der Gesamtbetrag der Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen des Versicherten in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat, in
dem der Versicherungsfall eingetreten ist. Für Zeiten, in denen der Versicherte in dem genannten Zeitraum kein Arbeitsentgelt
oder Arbeitseinkommen bezogen hat, werde dasjenige Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu Grunde gelegt, das seinem durchschnittlichen
Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen in den belegten Zeiten dieses Zeitraums entspreche (§
82 Abs.
2 Satz 1
SGB VII). Mindestens betrage der JAV jedoch nach §
85 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGB VII für Versicherte, die im Zeitpunkt des Versicherungsfalls das 18. Lebensjahr vollendet haben, 60 % der im Zeitpunkt des Versicherungsfalls
maßgebenden Bezugsgröße. Höchstens betrage der JAV das Zweifache der maßgebenden Bezugsgröße, wobei die Satzung des Unfallversicherungsträgers
höhere Obergrenzen bestimmen könne.
Nach diesen Maßgaben habe die Beklagte ihrer Berechnung der Hinterbliebenenrenten zutreffend den Mindest-JAV zu Grunde gelegt.
Sie habe hierbei kein Ermessen ausüben müssen. In den maßgeblichen zwölf Kalendermonaten (November 2006 bis Oktober 2007)
seien nur die Monate bis einschließlich Mai 2007 mit Arbeitsentgelt belegt. Das in diesen Monaten erzielte Arbeitsentgelt
des Versicherten habe ausweislich der Lohnbescheinigungen insgesamt € 10.043,00 betragen. Das hieraus folgende durchschnittliche
monatliche Arbeitsentgelt in Höhe von € 1.434,71 sei nach §
82 Abs.
2 Satz 1
SGB VII auch für die - wegen der Arbeitslosigkeit des Versicherten - nicht mit Arbeitseinkommen belegten übrigen Monaten des Zwölfmonatszeitraums
(Juni bis Oktober 2007) anzusetzen. Es ergebe sich ein JAV von € 17.216,57. Der von den Klägern vorgebrachten Auslegung des
§
82 SGB VII, wonach als unbelegte Zeiten im Sinne der Vorschrift auch die im laufenden Arbeitsverhältnis des Versicherten angefallenen
"Fehlstunden" als Differenz zwischen der angeblich vereinbarten Vollzeitbeschäftigung und den tatsächlich geleisteten und
auch ausweislich der Lohnbescheinigungen vergüteten Arbeitsstunden gälten, sei nicht zu folgen. Sie ergebe sich bereits nicht
aus dem Wortlaut der Vorschrift, der klar zwischen mit Arbeitsentgelt belegten Zeiten und nicht belegten Zeiten unterscheide.
So könne auch in einer laufenden Teilzeitbeschäftigung bei einer Verteilung der Arbeitszeit auf weniger als fünf Tage in der
Woche ein arbeitsfreier Tag nicht als nicht belegte Zeit angesehen werden, sondern diese "Lücke" habe den Verdienst des Versicherten
im Jahr vor dem Versicherungsfall geprägt. Auch in tatsächlicher Hinsicht sei das SG nicht davon überzeugt, dass eine Vollzeitbeschäftigung vereinbart gewesen sei und daher noch Lohn des Versicherten für die
Zeit von November 2006 bis Mai 2007 ausstehe, der bei der Berechnung des JAV möglicherweise berücksichtigt werden müsste,
weil er zwar nicht ausgezahlt, aber geschuldet gewesen sei. Die Kläger hätten weder vorgetragen, woher ihnen eine solche mündliche
Vereinbarung bekannt gewesen sei, noch welcher konkrete Stundenumfang der Begriff der "Vollzeit" habe enthalten sollen. Sie
hätten einmal einen monatlichen Umfang von 176 Stunden vorgetragen, dann wieder acht Stunden täglich, und bei der Berechnung
des "Lohnausfalls" hätten sie dann 160 Stunden monatlich zu Grunde gelegt. Der Arbeitgeber habe auch ausdrücklich die Vereinbarung
einer Vollzeitbeschäftigung verneint. Weiter spreche gegen die behauptete Vereinbarung, dass der Versicherte ein Jahr lang
und auch nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses den nach klägerischer Auffassung ausstehenden Lohn nicht eingeklagt,
sondern weitergearbeitet habe und auch die Kläger als seine Erben den angeblichen Anspruch nicht rechtlich verfolgt hätten.
Entgegen ihrer Darstellung lasse sich auch aus der in den Lohnbescheinigungen vermerkten durchgehenden sozialversicherungsrechtlichen
Meldung des Versicherten für 30 Tage im Monat nicht auf eine Vollzeitbeschäftigung zurückschließen. Denn eine solche Meldung
habe auch bei Teilzeitbeschäftigungen oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze zu erfolgen.
Ferner, so das SG weiter, bestehe kein Raum für eine vom Mindest-JAV nach oben abweichende gerichtliche Festsetzung des JAV aus Billigkeitsgründen.
Sei ein nach der Regelberechnung, nach den Vorschriften bei Berufskrankheiten, den Vorschriften für Kinder oder nach der Regelung
über den Mindest-JAV festgesetzter JAV in erheblichem Maße unbillig, werde er nach billigem Ermessen im Rahmen von Mindest-
und Höchst-JAV festgesetzt. Hierbei würden insbesondere die Fähigkeiten, die Ausbildung, die Lebensstellung und die Tätigkeit
der Versicherten im Zeitpunkt des Versicherungsfalls berücksichtigt (§
87 SGB VII). Der von der Beklagten angesetzte Mindest-JAV sei demnach hier nicht unbillig. Für die Annahme einer Unbilligkeit seien
keine Gründe erkennbar oder vorgetragen. Vielmehr stehe einer Unbilligkeit bereits entgegen, dass der tatsächliche JAV des
Klägers knapp unter dem Mindest-JAV gelegen habe.
Gegen dieses Urteil, das ihrem Prozessbevollmächtigten am 21.11.2012 zugestellt worden ist, haben die Kläger per Telefax mit
Eingang beim SG am 20.12.2012 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Sie tragen ergänzend vor, zwischen dem Versicherten
und dem Arbeitgeber habe keine Teilzeitabrede bestanden. Hiergegen sprächen die Lohnbescheinigungen, die monatlich 30 Sozialversicherungstage
bescheinigten. Vielmehr habe ein mündlicher Arbeitsvertrag über eine Vollzeittätigkeit, d.h. acht Stunden täglich, bestanden.
Die Auffassung des Arbeitgebers, er müsse wegen der Stundenlohnabrede nur die - wegen der Auftragslage in geringfügigerem
Umfang - tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden vergüten, sei rechtsirrig.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. November 2012 aufzuheben und
a)
- die Klägerin zu 1 - die Beklagte zu verurteilen, ihr
aa)
unter Abänderung des Bescheides vom 17. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2011 für den Zeitraum
vom 30. November 2007 bis zum 31. Juli 2008 sowie
bb)
unter Abänderung des Bescheides vom 31. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2011 für den Zeitraum
vom 01. August 2008 bis zum 31. Juli 2010
jeweils Waisenrente auf der Grundlage eines Jahresarbeitsverdienstes in Höhe von € 34.822,33 zu gewähren;
b)
- der Kläger zu 2 - die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 17. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 27. April 2011 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 30. November 2007 bis zum 31. Januar 2008 Waisenrente auf der Grundlage
eines Jahresarbeitsverdienstes in Höhe von € 34.822,33 zu gewähren;
c)
- die Klägerin zu 3 - die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 17. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 27. April 2011 zu verurteilen, ihr für den Zeitraum ab dem 30. November 2007 Witwenrente auf der Grundlage eines Jahresarbeitsverdienstes
in Höhe von € 34.822,33 Euro zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Der Berichterstatter des Senats hat den Kläger zu 2 persönlich angehört. Dieser hat angegeben, er sei in der fraglichen Zeit
ebenfalls bei der Schlosserei S. beschäftigt gewesen. Sein Vater sei eigentlich an jedem Tag im Betrieb gewesen. Dieser sei
morgens mit ihm - dem Kläger zu 2 - hingefahren. Er habe z. B. auf Montage gearbeitet. Er sei dann mittags früher oder später
gegangen, je nachdem, welche Arbeiten angefallen seien. Er - der Kläger zu 2 - habe mit seinem Vater nie darüber gesprochen,
wie dieser bezahlt worden sei. Wegen der weiteren Angaben des Klägers zu 2 wird auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung
vom 14.06.2013 verwiesen.
Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 31.07.2013, die Beklagte unter dem 12.08.2013 einer Entscheidung des Senats durch Urteil
ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten
sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
1. Die - insgesamt vier - Berufungen der drei Kläger gegen das klagabweisende Urteil des SG vom 14.11.2012 sind nach §
143 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere nach §
151 Abs.
1 SGG form- und fristgerecht erhoben. Einer Zulassung nach §
144 Abs.
1 Satz 1
SGG bedurften die Berufungen nicht: Die Berufungen der Klägerin zu 1 und der Klägerin zu 3 waren schon isoliert betrachtet zulassungsfrei,
weil hier mit der Halbwaisenrente und der Witwenrente laufende Sozialleistungen für mehr als ein Jahr in Streit stehen (§
144 Abs.
1 Satz 2
SGG). Dagegen betrifft die Berufung des Klägers zu 2 nur einen Anspruch auf Halbwaisenrente für zwei Monate und einen Tag (30.11.2007
bis 31.01.2008), ferner ist dieser Kläger um weniger als € 750,00 beschwert (§
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG), denn bei einer Berechnung seiner Rente aus einem JAV von € 34.822,33 statt wie bisher von € 17.640,00, wie er es beantragt
hat, ergäbe sich ein monatlicher Rentenanspruch von € 580,37, also € 286,37 mehr als bislang bewilligt, sodass sich für den
Streitzeitraum ein zusätzlicher Rentenanspruch von - nur - € 582,29 ergäbe. Aber da die drei Kläger als (einfache) Streitgenossen
im Sinne von §
74 SGG i.V.m. §§
59,
60 Zivilprozessordnung (
ZPO) im Wege einer subjektiven Klagehäufung gemeinsam klagen und auch alle von ihnen Berufung eingelegt haben, können die Berufungsstreitwerte
nach §
202 SGG i.V.m. §
5 Halbsatz 1
ZPO addiert werden (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl. 2012, §
144 Rn. 16).
2. Die Berufungen sind jedoch nicht begründet.
Zeiten ohne Arbeitsentgelt (oder Arbeitseinkommen) sind Zeiten, in denen gar kein Beschäftigungsverhältnis besteht oder dieses
zumindest ruht, der Versicherte also keine Arbeitsleistungen erbringen muss und sein ggfs. noch arbeitsvertraglich gebundener
Arbeitgeber solche auch nicht fordern kann. Solche "Ausfallzeiten" können sein Arbeitslosigkeit, unbezahlter Urlaub, (unbezahlte)
Ausbildung/Fortbildung, Haft, Zeiten der Arbeitsunfähigkeit ohne Entgeltanspruch (vgl. Schmitt, Kommentar zum
SGB VII, 3. Aufl. 2008, §
82 Rn. 13). Keine solche Zeiten sind dagegen Fehlzeiten, die dem Berufsbild des Versicherten entsprechen, wie z. B. Zeiten ohne
Beschäftigungsverhältnis bei Saisonarbeiten oder Künstlern (ebd., Rn. 14), eventuell auch bei Tagelöhnern, die jeweils nur
kurzfristige, aber eigenständige Beschäftigungsverhältnisse mit verschiedenen Arbeitgebern oder ggfs. auch mit demselben Arbeitgeber
abschließen. Demnach können Ausfallzeiten erst recht nicht entstehen, wenn ein laufendes Beschäftigungsverhältnis besteht
und also jederzeit die Arbeit des Versicherten angefordert werden kann. Wie innerhalb dieses Beschäftigungsverhältnisses der
Lohnanspruch ausgestaltet ist und wie ggfs. die Arbeitszeiten liegen, ist dagegen unerheblich, weil diese Umstände das jeweilige
Beschäftigungsverhältnis prägen. Auch das Bundessozialgericht (BSG) hat in den auch von den Klägern zitierten Urteilen vom 28.07.1982 (2 RU 47/81, [...] Rn. 18) und vom 19.05.1983 (2 RU 62/82, [...] Rn. 11) maßgeblich darauf abgestellt, dass nur unerwartete Zeiten ohne Entgelt Ausfallzeiten im Sinne der Vorschriften
(damals noch § 571 Abs. 1 Satz 2
Reichsversicherungsordnung [RVO]) sind, jedoch keine Zeiten, auf die sich der Versicherte bewusst eingerichtet hat und die seine Berufstätigkeit und
damit seinen Verdienst und mittelbar seinen Lebensstandard prägen. Entgegen dem Vorbringen der Kläger hat das BSG in jenen Urteilen auch nicht generell jeden unbezahlten Urlaub als Ausfallzeit gewertet, sondern hiervon regelmäßige, vom
Versicherten gewollte Urlaube (im konkreten Fall jeweils ein Monat unbezahlten Urlaubs in den vier Jahren vor dem Versicherungsfall)
hiervon ausgenommen. Es hat lediglich über eine Erhöhung des danach anzuwendenden Mindest-JAV (§ 577 Satz 1
RVO) aus Billigkeitsgründen nachgedacht, aber selbst dies verneint. Entsprechend hat das SG zu Recht darauf hingewiesen, dass auch bei einem Teilzeitbeschäftigten, der nicht an jedem (Werk)tag der Woche zur Arbeit
herangezogen wird, die "freien" Tage keine Tage ohne Arbeitsentgelt im Sinne des §
82 Abs.
2 Satz 1
SGB VII sind. Ein solcher Versicherter ist eine solche Teilzeitbeschäftigung freiwillig eingegangen und hat seinen Lebensstandard
danach ausgerichtet. Dies gilt auch, wenn z. B. eine Stundenlohnabrede getroffen ist. Auch in solchen Fällen wird nicht für
jeden Arbeitseinsatz ein neues Beschäftigungsverhältnis begründet. Auch eine Bezahlung nach Stundenlöhnen ist ein Arbeitsentgelt
für die Beschäftigung innerhalb des Beschäftigungsverhältnisses im Ganzen, ggfs. beschränkt auf den einzelnen Abrechnungszeitraum.
Der Versicherte stand bis zum 31.05.2007 in einem laufenden Beschäftigungsverhältnis. Es wurden nicht etwa für jeden Tag mit
Arbeitseinsätzen eigenständige Arbeitsverträge geschlossen. Das folgt deutlich aus den Lohnbescheinigungen des Arbeitgebers,
aus denen sich ergibt, dass der Versicherte durchgängig (für je 30 Tage im Monat) als abhängig Beschäftigter mit einem Entgelt
über der Geringfügigkeitsgrenze bei der Einzugsstelle gemeldet war. Dass der Arbeitgeber ein "Vollzeitarbeitsverhältnis" verneint
hat, ändert an dieser Einordnung nichts. Möglicherweise haben er und die Kläger diesen Begriff in unterschiedlicher Bedeutung
gemeint. Der Kläger war nicht in jeder Woche seines Beschäftigungsverhältnisses für 40 oder 38,5 Stunden tätig, also "in Vollzeit".
Er hat jeweils weniger Stunden gearbeitet und es war auch eine Arbeit auf Abruf vereinbart. Es handelte sich also um ein Teilzeitarbeitsverhältnis
mit unterschiedlicher Stundenzahl. Dies heißt aber nicht, dass es kein durchgehendes Beschäftigungsverhältnis war. An dieser
Einschätzung ändert auch die ergänzende Befragung des Klägers zu 2 nichts. Dieser konnte zur Bezahlung und zu den Inhalten
des Arbeitsvertrags seines Vaters keine Angaben machen, die die Aussagen des Arbeitgebers oder den Inhalt der Lohnbescheinigungen
erschüttert hätten. Vielmehr hat der Kläger zu 2 sogar bestätigt, dass sein Vater an (fast) jedem Tag im Rahmen seiner Beschäftigung
im Einsatz war.
4. Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.