Erweiterung der Zulassung zur Erbringung von Heilmitteln in der gesetzlichen Krankenversicherung; Zulassung zur Erbringung
von Ergotherapie durch eine Fachkraft ausschließlich für Hausbesuche; Keine Notwendigkeit eines weiteren Therapieraums
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erweiterung ihrer Zulassung zur Erbringung von Heilmitteln nach §
124 Abs.
2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) für den Bereich der Ergotherapie um eine Fachkraft, die im Umfang von 20 Wochenstunden ausschließlich Hausbesuche durchführen
soll.
Die Klägerin ist Ergotherapeutin. Ihr ist durch Urkunde der Regierung der Oberpfalz vom 10. September 2004 die Erlaubnis nach
§ 2 Abs. 1 Ergotherapeutengesetz erteilt worden, die Berufsbezeichnung "Ergotherapeutin" zu führen. Die Klägerin betreibt
seit dem 1. Juni 2011 eine Praxis für Ergotherapie, für die sie im Haus ihres Ehemannes in der L.-straße in U. Räume angemietet
hat (Mietvertrag vom 21. Juni 2011). Die gesamte Nutzungsfläche der Praxisräume beträgt 46 qm. Hiervon umfassen ein Behandlungsraum
21,5 qm und ein anderer Raum 9,2 qm. Die Beklagte, ein Landesverband der Krankenkassen, erteilte der Klägerin antragsgemäß
mit Bescheid vom 29. Juni 2011 mit Wirkung ab 1. Juli 2011 die Zulassung als Ergotherapeutin für ihre Praxis in der L.-straße
in U.. Unter dem 21. Juni 2011 hatte die Klägerin durch ihre Unterschrift den zwischen dem Deutschen Verband der Ergotherapeuten
(Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten) e.V. einerseits und der Beklagten und weiteren Sozialversicherungsträgern andererseits
abgeschlossenen Rahmenvertrag vom 1. Juli 2002 in der jeweils gültigen Fassung mit allen Anlagen und evtl. Protokollnotizen
einschließlich der jeweils gültigen Preisvereinbarung anerkannt und sich verpflichtet, die zwischen den Vertragspartner eingegangenen
Verpflichtungen zu erfüllen.
Am 2. Mai 2013 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Erweiterung ihrer Zulassung auf eine weitere Therapeutin, die
ausschließlich Hausbesuche durchführen und 20 Wochenstunden arbeiten werde. Geplant sei eine Tätigkeit als freie Mitarbeiterin.
Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 4. Juni 2013 ab. Der allgemeine Teil der Zulassungsvoraussetzungen (gemeint:
"Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes gemäß §
124 Abs.
4 SGB V zur einheitlichen Anwendung der Zulassungsbedingungen nach §
124 Abs.
2 SGB V für Leistungserbringer von Heilmitteln, die als Dienstleistung an Versicherte abgegeben werden [Zulassungsempfehlungen]"
in der Fassung vom 1. März 2012; inzwischen in das Fassung vom 7. März 2016) regele die Anforderung an die fachliche Leitung
einer Heilmittelpraxis. Der Zugelassene/die fachliche Leitung habe in seiner/ihrer Praxis ganztätig als Behandler zu Verfügung
zu stehen oder die qualifizierte Durchführung der Behandlung der Anspruchsberechtigter anderweitig sicher zu stellen. Davon
ausgehend könnten in der Praxis der Klägerin keine weiteren Mitarbeiter tätig bzw. beschäftigt werden. Die Beklagte verwies
auf die "Zulassungsvoraussetzungen (räumliche Mindestvoraussetzungen)".
Hiergegen erhob die Klägerin am 5. Juli 2013 Widerspruch. Eine Präsenzpflicht im Sinne einer ganztätigen Anwesenheit in der
Praxis werde durch den Wortlaut der Zulassungsempfehlungen nicht gefordert. Der Begriff "gleichzeitig tätig" in Teil 2 Nr.
2.1.3 der Zulassungsempfehlungen könne nur im Sinne einer "gleichzeitigen Therapie in der Praxis" zu verstehen sein. Dafür
spreche zunächst die Formulierung in Teil 1 Nr. 2 der Zulassungsempfehlungen. Danach habe der Zugelassene/die fachliche Leitung
in seiner/ihrer Praxis ganztätig als Behandler zur Verfügung zu stehen oder die qualifizierte Durchführung der Behandlung
der Anspruchsberechtigten anderweitig sicherzustellen. Hieraus werde deutlich, dass die Einhaltung einer uneingeschränkten,
ganztätigen Präsenzpflicht nach den Zulassungsempfehlungen gerade nicht erforderlich sei. Denn es werde ausdrücklich formuliert,
dass die qualifizierte Durchführung der Behandlung auch anderweitig sichergestellt werden könne. Diese Voraussetzung könne
gerade durch eine angestellte Therapeutin erfüllt werden. Im Weiteren werde ausdrücklich eine Abwesenheit wegen eines Hausbesuches
erlaubt. Zudem sei auf dem Sinn und Zweck der Zulassungsempfehlungen abzustellen. Diese hätten das Ziel, eine einheitliche
Anwendung der Zulassungsbedingungen sicherzustellen sowie eine qualitätsgesicherte, dem allgemeinen Stand der medizinischen
Erkenntnisse entsprechende Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen mit Heilmitteln zu gewährleisten. Betrachte
man unter dieser Prämisse die sich aus der Präsenzpflicht und den räumlichen Mindestvoraussetzungen ergebenden Anforderungen,
so sei es nicht nachvollziehbar, einen Leerstand der Praxisräume in den Zeiten zu fordern, in denen der Inhaber - etwa auf
Grund eines Hausbesuches - nicht anwesend sei. Gleiches gelte für die von der Beklagten vertretene Auffassung, welche im Ergebnis
die Durchführung eines Hausbesuches durch einen angestellten Therapeuten mit der Begründung verweigere, dass der Inhaber in
der Praxis anwesend sein müsse. Die Annahme einer ganztätigen Präsenzpflicht des Zugelassenen dürfe nicht dazu führen, dass
ein Therapieraum bei Beurteilung der räumlichen Mindestvoraussetzung von vorherein als "belegt" gewertet werde und so aus
der Betrachtung herausfalle. Nach der Rechtsauffassung der Beklagten könne ihr Antrag nur bewilligt werden, wenn ein weiterer
Therapieraum zur Verfügung stünde. Da die weitere Therapeutin jedoch ausschließlich Hausbesuche durchführen solle, stünde
dieser Raum leer und würde nicht genutzt. Eine solche Forderung sei nicht nachvollziehbar und diene auch nicht der Sicherung
der Qualität der Heilmittelversorgung. Soweit sichergestellt sei, dass gleichzeitig nur die Anzahl von Therapeuten in der
Praxis arbeite, für die die räumlichen Voraussetzungen ausgelegt seien, werde das Ziel der Zulassungsempfehlungen erreicht
und eine qualitätsgesicherte, dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung der Versicherten
der gesetzlichen Krankenkasse mit Heilmitteln sichergestellt. Die Auslegung der Zulassungsempfehlungen im Sinne der Beklagten
würde ihre Berufsfreiheit (Art.
12 Grundgesetz [GG]) verletzen. Im Übrigen würden andere Kassen und andere Zulassungsstellen der Beklagten unproblematisch die Erweiterung
der Zulassung bei einer nur auswärtig tätigen weiteren Mitarbeiterin und bei auf den Inhaber ausgelegten räumlichen Mindestanforderungen
erteilen. Im Übrigen habe das Bundessozialgericht (BSG) im Rahmen der Ärztezulassung keine ganztägige Präsenzpflicht für erforderlich erachtet. Das BSG habe u.a. entschieden, dass einem Arzt eine Doppelzulassung (zum Vertragszahnarzt und zum Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen)
nicht mit der Begründung verwehrt werden dürfe, er müsse mit voller Arbeitskraft für die vertragszahnärztliche Versorgung
zu Verfügung zu stehen, also insoweit ganztätig präsent sein (gemeint wohl: BSG, Urteil vom 17. November 1999 - B 6 KA 15/99 R - [...], Rn. 17 ff.). Vielmehr sei es ausreichend, dass der Arzt dazu bereit und in der Lage sei, die kassen- bzw. vertragsärztliche
Tätigkeit in üblichem Umfang auszuüben.
Der zentrale Widerspruchsausschuss der Beklagten wies in seiner Sitzung vom 8. November 2013 den Widerspruch der Klägerin
mit Widerspruchsbescheid vom 3. Dezember 2013 zurück. Nach §
124 Abs.
2 Satz 1
SGB V sei u.a. zuzulassen, wer über eine Praxisausstattung verfüge, die eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung
gewährleiste und die für die Versorgung der Versicherten geltenden Vereinbarung anerkenne. Der Spitzenverband Bund der Krankenversicherung
(GKV-Spitzenverband) gebe gemäß §
124 Abs.
4 SGB V Empfehlungen zu einheitlichen Anwendung der Zulassungsbedingungen nach §
124 Abs.
2 SGB V für Leistungserbringer von Heilmitteln, die als Dienstleistung an Versicherten abgegeben würden (Zulassungsempfehlung), heraus.
In §
2 Abs.
4 des Rahmenvertrages nach §
125 Abs.
2 SGB V der Beklagten mit dem Deutschen Verband Ergotherapie (DVE) vom 26. März 2012 werde vertraglich die Einhaltung der Empfehlungen
des GKV-Spitzenverbandes gemäß §
124 Abs.
4 SGB V festgeschrieben. Eine Zulassung eines Praxisinhabers sei dann nicht möglich, wenn eine permanente Abwesenheit zum Beispiel
durch Hausbesuche gegeben sei. Somit könne für einen zusätzlichen Mitarbeiter, der ausschließlich Hausbesuche durchführen
solle, ein Anspruch auf Zulassung nicht aus der genannten Vorschrift im Sinne einer Gleichbehandlung hergeleitet werden. Nach
Teil 2 Abschnitt D Ziffer 2.1.2 der Zulassungsempfehlungen müssten die Praxisräume eine Therapiefläche von mindestens 30 qm
aufweisen. Gemäß Ziffer 2.1.3 seien die Mindestvoraussetzungen nur auf den Zugelassenen ausgerichtet. Für jede zusätzlich
gleichzeitig tätige Fachkraft sei ein weiterer Therapieraum von mindestens 12 qm vorzuhalten. Bei der Ermittlung der erforderlichen
Therapiefläche sowie der Anzahl der weiteren Behandlungsräume bei gleichzeitig tätigen Fachkräften sei die Art des Beschäftigungsverhältnisses
ausdrücklich unerheblich (Ziffer 2.1.3 der Zulassungsempfehlung). Die Praxisräume der Klägerin hätten eine Therapiefläche
von 30,7 qm. Für eine zusätzlich gleichzeitig tätige freie Mitarbeiterin sei ein weiterer Therapieraum von mindestens 12 qm
nicht vorhanden. Jeder Ergotherapeut habe alle Leistungen des Rahmenvertrages nach §
125 Abs.
2 SGB V auszuführen. Ein reine Hausbesuchstätigkeit sei zulassungsrechtlich nicht vorgesehen. Die Zulassungsempfehlungen setzten
voraus, dass die Ergotherapeuten in einer zugelassenen Ergotherapiepraxis alle ergotherapeutischen Leistungen der gesetzlichen
Krankenversicherung erbringen würden. Dies ergebe sich auch aus der Einbindung der Leistungserbringer in den Sicherstellungsauftrag
der Krankenkassen. Die räumlichen Mindestvoraussetzungen seien nicht erfüllt. Erforderlich wäre eine Mindestpraxisgröße von
42 qm. Die zugelassenen Praxisräume unterschritten rein rechnerisch diesen Wert um 11,3 qm. Die Klägerin könne eine freie
Mitarbeiterin nur für sich tätig werden lassen, wenn zuvor der zusätzlich erforderliche Therapieraum mit mindestens 12 qm
vorhanden sei. Ein Verstoß gegen die Berufsfreiheit liege nicht vor, da alle Ergotherapiepraxen die gleichen räumlichen Voraussetzungen
nach §
124 Abs.
2 SGB V zu erfüllen hätten. Es handele sich um eine verfassungsrechtlich zulässige Berufsausübungsregelung.
Hiergegen erhob die Klägerin am 2. Januar 2014 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG). Sie wiederholte und vertiefte ihre Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren. Auf die von der Beklagten angeführte Präsenzpflicht
komme es nicht an. Insbesondere lasse sich §
124 Abs.
2 SGB V unter Berücksichtigung der Zulassungsempfehlungen eine ganztätige Präsenzpflicht nicht entnehmen. Es werde in den Zulassungsempfehlungen
ausdrücklich formuliert, dass die qualifizierte Durchführung der Behandlung auch anderweitig sicher gestellt werden könne.
Diese Voraussetzung könne gerade durch eine angestellte Therapeutin erfüllt werden. Im Weiteren würde zudem ausdrücklich eine
Abwesenheit wegen eines Hausbesuches erlaubt. Die Zulassungsempfehlung vom 1. März 2012 erachtete im Übrigen nun ausdrücklich
die Möglichkeit des Job-Sharings für den Zugelassenen/die fachliche Leitung als zulässig (Teil 1 Allgemeiner Teil Ziffer 2
der Zulassungsempfehlung).
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Die Klägerin verfüge nicht über die für eine Erweiterung der Zulassung um eine weitere
Fachkraft für eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung notwendige Praxisausstattung. Sie wiederholte insofern
die Ausführung aus dem Widerspruchsbescheid. In Teil 1 Ziffer 9.1 der Zulassungsempfehlungen sei ausdrücklich geregelt, dass
eine Zulassung ohne Praxisräume nicht den gesetzlichen Anforderungen entspreche. Unabhängig davon ergebe sich aber auch bereits
aus dem Wortlaut des §
124 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 SGB V, dass Praxisräume auch für die weitere Fachkraft vorhanden sein müssten. Denn der Begriff "Praxisausstattung" umfasse Räume
und Einrichtungen. Auch in der Rechtsprechung werde die räumliche Zulassungsvoraussetzung als unabdingbares Zulassungskriterium
angesehen. Die Zulassung von Heilmittelleistungserbringern erfolge für das Unternehmen und die jeweilige Betriebsstätte, so
dass die Zulassung des Heilmittelerbringers erlösche, wenn er seinen Praxissitz verlege. Eine Zulassung alleine für Hausbesuche
scheide aus, da die Zulassung nach den Voraussetzungen an das Vorhandensein ausreichender Praxisräume geknüpft sei. Darüber
hinaus bestehe ein Anspruch auf eine Zulassungserweiterung für eine weitere Fachkraft mit der Beschränkung auf Hausbesuche
auch deshalb nicht, weil die Zulassung zur Erbringung von Heilmittelleistungen zur vollständigen Leistungserbringung verpflichte
und eine Beschränkung des Handlungsangebotes nur auf Teile der von den Versicherten zu beanspruchenden Heilmittel nach der
Zulassung und Vertragssystematik nicht vorgesehen sei. Denn §
125 Abs.
2 Satz 1
SGB V begründe im Zusammenspiel mit den konkretisierenden vertraglichen Vereinbarungen für die zugelassenen Heilmittelerbringer
nach §
124 Abs.
1 SGB V nicht nur eine öffentlich-rechtliche Leistungsberechtigung, sondern auch eine Verpflichtung, die Versicherten mit vertragsärztlich
verordneten Heilmitteln zu versorgen. Diese umfassende Leistungsverpflichtung folge aus der Einbindung der Heilmittelerbringer
in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrag der Krankenkassen gegenüber ihren Versicherten. Demgemäß setzten die Zulassungsempfehlungen
voraus, dass die Ergotherapeuten in einer zugelassenen Ergotherapiepraxis alle ergotherapeutischen Leistungen der gesetzlichen
Krankenversicherung erbringen würden. Die Ablehnung der Zulassungserweiterung verstoße auch nicht gegen das Gebot der Gleichbehandlung
mit anderen Heilmittelerbringern. Eine Zulassungserweiterung lediglich zu Hausbesuchen würde der Klägerin einen ungerechtfertigten
Wettbewerbsvorteil gegenüber den anderen zugelassenen Heilmittelerbringern gewähren, denn diese müssten das volle Spektrum
der Leistung, d. h. auch das Vorhalten von Praxisräumen nachweisen. Die Klägerin könnte sich hingegen in ungerechtfertigter
Weise Kosten ersparen. Einen solchen Vorteil habe der Gesetzgeber durch das Praxiserfordernis aber ausschließen wollen. Auch
verstoße die Ablehnung nicht gegen die Berufsfreiheit, da es sich bei der räumlichen Zulassungsvoraussetzung um eine verfassungsrechtlich
zulässige Berufsausübungsregelung handele, die bereits durch solche vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls legitimiert würden,
die den Berufstätigen nicht übermäßig und unzumutbar träfen.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 3. Juni 2015 ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die Zulassungserweiterung, weil sie
eine Erweiterung unter einer Auflage begehre, die Zulassung und auch deren Erweiterung aber insoweit nebenbestimmungsfeindlich
sei. Im Übrigen seien aber auch die Voraussetzungen des §
124 Abs.
2 SGB V nicht erfüllt. Die Klägerin verfüge nicht über eine die zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung gewährleistende
Praxisausstattung, weil sie über keine Praxisräume für eine weitere Fachkraft verfüge. Bei den Zulassungsempfehlungen handele
es sich um Verwaltungsbinnenrecht, das die Gerichte nicht binde. Allerdings seien diese insoweit rechtmäßig als sie das Erfordernis
eines eigenen Therapieraumes für jede gleichzeitig tätige Fachkraft mit einer Mindestgröße forderten. Die Tätigkeit eines
Heilmittelerbringers stelle in der Regel eine Behandlung der Patienten in Praxisräumen des Heilmittelerbringers dar, womit
diese Räume für eine entsprechende Anzahl von Fachkräften ausgelegt sein müssten. Diese Voraussetzungen erfülle die Klägerin
nicht. Ihre Praxis erfülle die Mindestanforderung für eine ambulante Praxisausstattung im Hinblick auf die hier allein maßgeblichen
ambulanten Leistungen, die nicht nur Hausbesuche umfassten, sondern gerade auch Leistungen, die in der Praxis erbracht würden,
nicht. Die Berufsfreiheit der Klägerin sei hierdurch nicht verletzt.
Gegen das ihr am 13. Juli 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 6. August 2015 Berufung eingelegt. Sie wiederholt und
vertieft ihr bisheriges Vorbringen und verweist auch darauf, die Anzahl der Behandlung in Form eines Hausbesuchs im Heilmittelbereich
seien in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Bei der beantragten Zulassungserweiterung für eine Fachkraft im Umfang
von 20 Wochenstunden, die ausschließlich Hausbesuche durchführen soll, handele es sich im Übrigen nicht um eine Nebenbestimmung,
sondern um eine Inhaltsbestimmung, die die Reichweite des begehrten Verwaltungsaktes erläutere und definiere. Selbst wenn
man darin eine Nebenbestimmung sehen würde, lägen die Voraussetzungen der zweiten Variante des § 32 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) vor. Sie stelle sicher, dass die Anforderungen an die Praxisausstattung erfüllt würden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 3. Juli 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 3. Dezember 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihre Zulassung zur Erbringung von Ergotherapie gemäß §
124 SGB V um eine Fachkraft, die im Umfang von 20 Wochenstunden ausschließlich Hausbesuche durchführt, zu erweitern.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte wiederholt ihr bisheriges Vorbringen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene
Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1. Die Berufung der Klägerin ist gemäß §
143 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthaft, gemäß §
151 Abs.
1 SGG form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung nach §
144 Abs.
1 SGG, denn die Klage betrifft weder eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung noch einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt. Der Senat
konnte gemäß §
124 Abs.
2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
2. Die Berufung der Klägerin ist auch begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 4. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 3. Dezember 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung
der begehrten Zulassungserweiterung.
a) Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig. Die Zulassung ergeht in Form eines Verwaltungsaktes,
der nach §
124 Abs.
5 Satz 1
SGB V von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen erlassen wird (BSG, Urteil vom 19. September 2013 - B 3 KR 8/12 R - [...], Rn. 14 m.w.N.). Die Beklagte ist ein Landesverband der Ortskrankenkassen (§
207 Abs.
1 Satz 1
SGB V) und damit richtige Beklagte. Dass die Klägerin in ihrer Klageschrift nicht die Beklagte - den Landesverband - als solche,
sondern die Bezirksdirektion Ulm-Biberach der Beklagten als Beklagte benannt hatte, ist unschädlich. Die spätere Klarstellung
der Klägerin gegenüber dem SG war keine Klageänderung, die an §
99 SGG zu messen wäre, sondern eine zulässige Rubrumsberichtigung (vgl. Jaritz, in: Roos/Wahrendorf [Hrsg.],
SGG, 2014, §
87 Rn. 26 m.w.N.). Es konnte zu keinem Zeitpunkt einem Zweifel unterliegen, dass die Klägerin ihr Begehren gegenüber der Beklagten
geltend macht, zumal ohnehin nur die Beklagte, aber nicht die von ihr durch Satzung (vgl. §
1 Abs.
4 der Satzung der Beklagten) gebildeten Bezirksdirektionen beteiligtenfähig sind (§
70 Nr.
1 SGG).
b) Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Zulassungserweiterung.
aa) Heilmittel, die als Dienstleistungen abgegeben werden, insbesondere Leistungen der physikalischen Therapie, der Sprachtherapie
oder der Ergotherapie, dürfen gemäß §
124 Abs.
1 SGB V an Versicherte nur von zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden. Gemäß §
124 Abs.
2 Satz 1
SGB V ist zuzulassen, wer (1.) die für die Leistungserbringung erforderliche Ausbildung sowie eine entsprechende zur Führung der
Berufsbezeichnung berechtigende Erlaubnis besitzt, (2.) über eine Praxisausstattung verfügt, die eine zweckmäßige und wirtschaftliche
Leistungserbringung gewährleistet, und (3.) die für die Versorgung der Versicherten geltenden Vereinbarungen anerkennt. Der
Spitzenverband Bund der Krankenkassen gibt Empfehlungen für eine einheitliche Anwendung der Zulassungsbedingungen nach §
124 Abs.
2 SGB V ab (§
124 Abs.
4 Satz 1
SGB V). Die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Spitzenorganisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene
sollen gehört werden (§
124 Abs.
4 Satz 2
SGB V).
Die Zulassung wird von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen erteilt (§
124 Abs.
5 Satz 1
SGB V). Die Zulassung berechtigt zur Versorgung der Versicherten (§
124 Abs.
5 Satz 2
SGB V). Die Entscheidung über die Zulassung steht nicht im Ermessen der Behörde; bei Vorliegen der Voraussetzungen besteht ein
Rechtsanspruch auf Zulassung (BSG, Urteil vom 19. September 2013 - B 3 KR 8/12 R - [...], Rn. 14).
bb) Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Zulassungserweiterung, denn die Voraussetzungen des §
124 Abs.
2 Satz 1
SGB V sind erfüllt. Zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstreitig, dass die Voraussetzungen des §
124 Abs.
2 Satz 1 Nr.
1 und Nr.
3 SGB V erfüllt sind. Dies war auch Grundlage des Zulassungsbescheides der Beklagten vom 29. Juni 2011. Die Klägerin verfügt über
die für die Leistungserbringung erforderliche Ausbildung zur Ergotherapeutin und ist aufgrund der Urkunde der Regierung der
Oberpfalz vom 10. September 2004 berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ergotherapeutin" zu tragen. Sie hat auch die für die Versorgung
der Versicherten geltenden Vereinbarungen anerkannt, indem sie unter dem 21. Juni 2011 durch ihre Unterschrift den zwischen
dem Deutschen Verband der Ergotherapeuten (Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten) e.V. einerseits und der Beklagten und weiteren
Sozialversicherungsträgern andererseits abgeschlossenen Rahmenvertrag vom 1. Juli 2002 in der jeweils gültigen Fassung mit
allen Anlagen und evtl. Protokollnotizen einschließlich der jeweils gültigen Preisvereinbarung anerkannt und sich verpflichtet
hat, die zwischen den Vertragspartner eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen.
Aber auch die Voraussetzungen des §
124 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 SGB V liegen - entgegen der Auffassung der Beklagten - vor.
(1) Indem §
124 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 SGB V die Zulassung von einer Praxisausstattung abhängig macht, die eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung gewährleistet,
ist zugleich angeordnet, dass eine Zulassung überhaupt das Vorhandensein von Praxisräumen voraussetzt (Landessozialgericht
[LSG] Bayern, Urteil vom 12. Dezember 2003 - L 4 KR 16/03 - [...], Rn. 17; LSG Sachsen, Urteil vom 5. November 2014 - L 1 KR 158/11 - [...], Rn. 42). Die Zulassung ist daher nicht nur an eine bestimmte Person, sondern auch an bestimmte Räumlichkeiten gebunden
(BSG, Urteil vom 13. Dezember 2001 - B 3 KR 19/00 R - [...], Rn. 19).
Zur Praxisausstattung, die eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung gewährleisten muss, gehört auch die Raumgröße
(zur Raumhöhe BSG, Urteil vom 27. März 1996 - 3 RK 25/95 - [...], Rn. 19; Urteil des Senats vom 15. Juli 2005 - L 4 KR 4824/03 - [...], Rn. 20 ff.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Dezember 2015 - L 5 KR 5194/13 - nicht veröffentlicht). Bei zu kleinen Räumlichkeiten können die Heilmittel nicht "zweckmäßig" erbracht werden. Das Erfordernis
der Zweckmäßigkeit umfasst die erforderliche Mindestfunktionstüchtigkeit der Praxisräume und geht über diese hinaus (BSG, Urteil vom 27. März 1996 - 3 RK 25/95 - [...], Rn. 19). Derartige Anforderungen an die Räumlichkeiten sind auch mit Blick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit
(Art.
12 Abs.
1 GG) grundsätzlich mit dem
GG vereinbar. Der Gesetzgeber hat mit der Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Gesundheit der Versicherten ein vernünftiges
Ziel im Auge gehabt (BSG, Urteil vom 27. März 1996 - 3 RK 25/95 - [...], Rn. 26 - auch zum Folgenden). Das Verlangen einer für die Leistungserbringung zweckmäßigen Praxisausstattung ist
ebenfalls sinnvoll.
§
124 Abs.
4 Satz 1
SGB V ermächtigt den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, Empfehlungen zur einheitlichen Anwendung der Zulassungsbedingungen
zu geben. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat in Umsetzung dieses Auftrages die Zulassungsempfehlungen gegeben,
gegenwärtig in der Fassung vom 7. März 2016.
Nach der Begründung des Gesetzentwurfes (Bundestags-Drucksache 11/2237, S. 205 zu §
133 Abs.
4 Entwurfsfassung) soll durch die Ermächtigung in §
124 Abs.
4 Satz 1
SGB V eine möglichst einheitliche Handhabung der Zulassungskriterien gewährleistet werden. Eine Auslegung als Ermächtigung zur
Normsetzung scheidet aus verfassungsrechtlichen Gründen von vornherein aus (BSG, Urteil vom 27. März 1996 - 3 RK 25/95 - [...], Rn. 17). Es handelt sich um Verwaltungsbinnenrecht, das die Gerichte nicht bindet (Urteil des Senats vom 15. Juli
2005 - L 4 KR 4824/03 - [...], Rn. 20; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Februar 2012 - L 5 KR 243/11 - [...], Rn. 109; tendenziell so auch BSG, Urteil vom 27. März 1996 - 3 RK 25/95 - [...], Rn. 17 m.w.N.; allgemein Uhle, in: Kluth/Krings [Hrsg.], Gesetzgebung, 2014, § 24 Rn. 5 m.w.N.). Den Zulassungsbehörden
ist auch kein Beurteilungsspielraum einzuräumen, den die Empfehlungen des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen ausfüllen
(erwogen bei BSG, Urteil vom 27. März 1996 - 3 RK 25/95 - [...], Rn. 17). Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des Art.
19 Abs.
4 Satz 1
GG. Soweit allgemeine Verwaltungsvorschriften die einheitliche Rechtsanwendung durch die Behörden für diese verbindlich regeln,
ändert dies nichts an Umfang und Intensität der durch Art.
19 Abs.
4 Satz 1
GG gebotenen gerichtlichen Kontrolle (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss des Ersten Senats vom 31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - [...], Rn. 71). Verwaltungsvorschriften, mit denen die Verwaltung einen einheitlichen Verwaltungsvollzug bei der Auslegung
und Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe oder bei der Ausübung des Verwaltungsermessens sicherstellen soll, sind grundsätzlich
Gegenstand, nicht jedoch Maßstab richterlicher Kontrolle des Verwaltungshandelns (BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom
31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - [...], Rn. 71; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 31. Mai 1988 - 1 BvR 520/83 - [...], Rn. 37). Denn die Gerichte sind bei der Überprüfung des Verwaltungshandelns (nur) an das Gesetz gebunden (Art.
20 Abs.
3, Art.
97 Abs.
1 GG).
Die von der Klägerin am 21. Juni 2011 unterzeichnete Verpflichtungserklärung, den Rahmenvertrag nach §
125 Abs.
2 SGB V, nämlich den zwischen dem Deutschen Verband der Ergotherapeuten (Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten) e.V. einerseits
und der Beklagten und weiteren Sozialversicherungsträgern andererseits abgeschlossenen Rahmenvertrag vom 1. Juli 2002 in der
jeweils gültigen Fassung mit allen Anlagen und evtl. Protokollnotizen einschließlich der jeweils gültigen Preisvereinbarung
anzuerkennen und die zwischen den Vertragspartnern des Rahmenvertrages eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen, führt ebenfalls
nicht zu einer - zumal die Gerichte bindenden - normativähnlichen Wirkung der Zulassungsempfehlungen. Die Erteilung einer
Zulassung setzt nach §
124 Abs.
2 Nr.
3 SGB V zwar voraus, dass der Leistungserbringer die für die Versorgung der Versicherten geltenden Vereinbarungen anerkennt. Wegen
dieser Anerkennungserklärung wirken die Vereinbarungen normativ; eine Verbandsangehörigkeit oder entsprechende Satzungsregelung
ist für die kollektivrechtliche Wirkung nicht erforderlich (so BSG, Urteil vom 30. September 2015 - B 3 KR 2/15 R - [...], Rn. 43 m.w.N.). Auch ist in § 2 Abs. 4 des inzwischen (ab dem 1. April 2012) maßgeblichen, von dem Deutschen Verband
der Ergotherapeuten e.V. einerseits und der Beklagten andererseits am 26. März 2012 geschlossenen Rahmenvertrages nach §
125 Abs.
2 SGB V bestimmt, dass die Zulassungsempfehlungen einzuhalten sind. Aber §
125 Abs.
2 SGB V ermächtigt die Krankenkassen, ihre Landesverbände und Arbeitsgemeinschaften nur zur Regelung der Versorgung mit Heilmitteln,
über die Preise, deren Abrechnung und die Verpflichtung der Leistungserbringer zur Fortbildung, nicht aber zu Regelungen bezüglich
der Zulassung (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2001 - B 3 KR 19/00 R - [...], Rn. 23; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Dezember 2015 - L 5 KR 5194/13 - nicht veröffentlicht). Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut des §
125 Abs.
2 Satz 1
SGB V und seiner systematische Stellung außerhalb des die Zulassung regelnden §
124 SGB V, sondern auch daraus, dass insofern §
124 Abs. Satz 1
SGB V mit der Ermächtigung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, Empfehlungen für eine einheitliche Anwendung der Zulassungsbedingungen
zu heben, abschließend ist (vgl. auch BSG, Urteil vom 29. November 1995 - 3 RK 33/94 - [...], Rn. 33). Diese gesetzliche Differenzierung zwischen Regelungsmaterien des Rahmenvertrages und solchen der Zulassungsempfehlungen
darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass die Zulassungsempfehlungen zum Gegenstand des Rahmenvertrages gemacht werden (vgl.
BSG, Urteil vom 13. Dezember 2001 - B 3 KR 19/00 R - [...], Rn. 23). § 2 Abs. 4 des Rahmenvertrages geht daher insoweit ins Leere.
(2) Teil 2 Abschnitt D der Zulassungsempfehlungen stellen für die Praxisausstattung einer Ergotherapie folgende Anforderungen
auf:
2.1 Räumliche Mindestvoraussetzungen
2.1.1 Für eine ergotherapeutische Praxis ist eine Nutzfläche von mindestens 40 qm nachzuweisen.
2.1.2 Die Praxisräume müssen eine Therapiefläche von mindestens 30 qm aufweisen. Dabei muss die Therapiefläche mindestens
in einem Raum 12 qm umfassen. Durchgangsräume mit Zugang zu anderweitig nicht zugänglichen Bereichen der Praxis sind als
Therapieraum nur zulässig, wenn sich dahinter kein weiterer Behandlungsbereich, keine anderen öffentlich zugänglichen Räume
der Praxis (z.B. Empfangsbereich, Toilette, Wartebereich) oder keine für den Praxisbetrieb während der Therapie erforderlichen
Räume befinden.
2.1.3 Die räumlichen Mindestvoraussetzungen sind auf den Zugelassenen ausgerichtet. Für jede zusätzliche gleichzeitig tätige
Fachkraft ist ein weiterer Therapieraum von mindestens 12 qm erforderlich. Bei der Ermittlung der erforderlichen Therapiefläche
sowie der Anzahl der weiteren Behandlungsräume bei gleichzeitig tätigen Fachkräften ist die Art des Beschäftigungsverhältnisses
(abhängige Beschäftigung, freie Mitarbeit usw.) unerheblich.
2.1.4 Die Raumhöhe muss durchgehend mindestens 2,40 m - lichte Höhe - betragen. Alle Räume müssen ausreichend be- und
entlüftbar sowie beheizbar und beleuchtbar sein.
Der Senat kann offen lassen, ob diese Anforderungen die sich aus §
124 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 SGB V ergebenden Zulassungsvoraussetzungen hinsichtlich der Raumausstattung zutreffend konkretisieren. Jedenfalls in der vorliegend
zu beurteilenden Konstellation stehen sie der begehrten Zulassungserweiterung nicht entgegen. Insbesondere die Forderung nach
einem weiteren Therapieraum mit einer Fläche von 12 qm für jede "zusätzliche gleichzeitig tätige Fachkraft" neben der zugelassenen
Person greift hier nicht ein. Denn die weitere Fachkraft, deren Beauftragung die Klägerin ausschließlich für Hausbesuche beabsichtigt,
wäre in den Praxisräumlichkeiten gar nicht tätig. Ein Verständnis der Ziffer 2.1.3. des Teil 2 Abschnitt D der Zulassungsempfehlungen
dahingehend, dass ein zusätzlicher Raum selbst dann zur Verfügung stehen muss, wenn er unter keinen denkbaren Umständen von
der weiteren Fachkraft genutzt werden würde, wäre mit §
124 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 SGB V und erst Recht mit Art.
12 Abs.
1 GG nicht vereinbar. Denn anderenfalls würde von dem Heilmittelerbringer, der - wie die Klägerin - eine entsprechende Zulassungserweiterung
begehrt, verlangt, einen Behandlungsraum bereit zu halten, der nie benutzt wird. Erbringt eine beim zugelassenen Heilmittelerbringer
beschäftigte oder für sie als selbständig tätige Person (zu einer solchen Konstellationen siehe BSG, Urteil vom 14. September 1989 - 12 RK 64/87 - [...], Rn. 24 ff.; Beschluss des Senats vom 14. Oktober 2015 - L 4 R 3874/14 - [...], Rn. 46 ff.; zur Rechtmäßigkeit der Abrechnung der Leistungen freier Mitarbeiter durch den zugelassenen Praxisinhaber
BSG, Urteil vom 29. November 1995 - 3 RK 33/94 - [...], Rn. 16 ff.) ihre Leistungen ausschließlich außerhalb der Praxis, ist es offensichtlich unsinnig, die Zulassungsweiterung von bestimmten Anforderungen an die Räumlichkeiten innerhalb der Praxis zu knüpfen. Damit würden Anforderungen an die Berufsausübung aufgestellt, die zur Erreichung des Zweckes - Sicherstellung
einer zweckmäßigen, der Erhaltung bzw. Wiedererstellung der Gesundheit dienenden Behandlung der Versicherten (vgl. BSG, Urteil vom 27. März 1996 - 3 RK 25/95 - [...], Rn. 26 ) - von vorneherein nicht geeignet und daher unverhältnismäßig wären. Der Eingriff in das Grundrecht der
Berufsfreiheit wäre schon deswegen nicht gerechtfertigt, so dass eine Grundrechtsverletzung vorliegen würde. Dem trägt Ziffer
2.1. des Teil 1 der Zulassungsempfehlungen im Übrigen selbst dadurch Rechnung, dass es die Anforderung eines weiteren Therapieraums
nur für jede zusätzliche "gleichzeitig" tätige Fachkraft aufstellt, also darauf abstellt, ob neben der zugelassenen Person
zeitgleich (!) eine weitere Fachkraft tätig wird, also nicht, ob neben der zugelassenen Person, aber zu jeweils anderen Zeiten
eine weitere Fachkraft tätig wird. Es wird also auch von den Zulassungsempfehlungen - zu Recht - nur ein Therapieraum pro
in der Praxis tätigen Vollzeitkraft verlangt (vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Februar 2012 - L 5 KR 243/11 - [...], Rn. 120, wo ebenfalls auf die Vollzeitkraft abgestellt wird).
(3) Die Beklagte kann der begehrten Zulassungserweiterung auch nicht entgegenhalten, dass die Zulassung zur Erbringung von
Heilmitteln nicht ausschließlich für Hausbesuche erteilt werden kann. Ziffer 2.1. des Teil 1 (Allgemeiner Teil) der Zulassungsempfehlungen,
auf die sich die Beklagte insoweit beruft, lautet:
Aus der Einbindung der Leistungserbringer für Heilmittel in den Sicherstellungsauftrag der Krankenkassen (§
2 Abs.
2 SGB V) ergibt sich, dass eine Zulassung nur erteilt werden kann, wenn die jeweilige Tätigkeit des Zugelassenen/der fachlichen
Leitung von wirtschaftlicher Bedeutung ist sowie zeitlich die übrige Erwerbstätigkeit übersteigt. Der Zugelassene/die fachliche
Leitung hat in seiner/ihrer Praxis ganztägig als Behandler zur Verfügung zu stehen oder die qualifizierte Durchführung
der Behandlung der Anspruchsberechtigten anderweitig sicher zu stellen. Hiervon ausgenommen sind Hausbesuche und die Erbringung
von Therapien in Einrichtungen, sowie Krankheit, Urlaub oder berufliche Fortbildung bis zur Dauer von 8 Wochen.
Auch insofern kann der Senat offen lassen, ob die Regelungen die gesetzlichen Vorgaben zutreffend konkretisieren. Denn der
vorliegend begehrten Zulassungserweiterung stehen die Zulassungsempfehlungen auch insofern nicht entgegen. Ziffer 2.1. des
Teil 1 (Allgemeiner Teil) der Zulassungsempfehlungen verlangt lediglich, dass der Zugelassene selbst bzw. die fachliche Leitung
der Praxis grundsätzlich ganztätig als Behandler zur Verfügung steht. Damit ist (nur) vorgegeben, dass der Zugelassene selbst
- abgesehen von den ausdrücklich genannten Ausnahmen (Hausbesuche, Erbringung von Therapien in Einrichtungen) - die Leistungen
innerhalb der Praxis erbringen muss, und damit ausgeschlossen, jemanden die Zulassung zu erteilen, der entweder über keine
Praxisräume verfügt (so die Konstellation in dem von der Beklagten angeführten Urteil des LSG Bayern vom 12. Dezember 2013
- L 4 KR 16/03 - [...], Rn. 18) bzw. nur außerhalb der Praxis tätig werden will. Damit ist aber nicht bestimmt, dass jeder in der Praxis
Tätige diesen Anforderungen genügen muss. Die Beschäftigung oder Beauftragung einer Fachkraft durch den Zugelassenen, die
lediglich Hausbesuche durchführt, ist damit nicht ausgeschlossen, solange anderweitig - sei es durch den Zugelassenen selbst
oder Dritte - die grundsätzlich ganztägige Dienstbereitschaft in der Praxis sichergestellt ist. Anders gewendet: Die Voraussetzungen
der Ziffer 2.1. des Teil 1 der Zulassungsempfehlungen müssen - schon nach deren Wortlaut - nur hinsichtlich der Person des
Zugelassenen bzw. der fachlichen Leitung, nicht aber hinsichtlich weiterer Fachkräfte vorliegen. Dies erhellt sich auch unter
einem anderen Gesichtspunkt: Würde man der Auffassung der Beklagten folgen, dass die Voraussetzungen der Ziffer 2.1. des Teil
1 der Zulassungsempfehlungen bei jeder in der zugelassenen Praxis tätigen Person vorliegen müssen, müsste jede dieser Personen
grundsätzlich ganztätig dienstbereit sein. Aber selbstverständlich ist auch die Beschäftigung von Teilzeitkräften zulässig
(vgl. zur grundrechtlichen Notwendigkeit, Ärzten keine Vollzeittätigkeit abzuverlangen: BSG, Urteil vom 17. November 1999 - B 6 KA 15/99 R - [...], Rn. 28), jedenfalls soweit insgesamt eine ganztätige Dienstbereitschaft der Praxis gewährleistet ist. Hiervon gehen
auch die Zulassungsempfehlungen selbst aus, die die Beschäftigung bzw. Beauftragung von Teilzeitkräften - sogar hinsichtlich
der fachlichen Leitung - ausdrücklich vorsehen (Teil 1 Ziffer 2.2. der Zulassungsempfehlungen).
(4) Schließlich steht auch § 32 SGB X, auf den das SG in erster Linie abgestellt hat, der Erteilung der begehrten Zulassungserweiterung nicht entgegen. Zwar darf gemäß § 32 Abs. 1 SGB X ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift
zugelassen ist oder sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden. Entgegen
der Auffassung des SG handelt es sich bei der begehrten Zulassungserweiterung nicht um eine Auflage oder einen mit einer Auflage zu versehenden
Verwaltungsakt. Auflagen sind nach der Legaldefinition in § 32 Abs. 2 Nr. 4 SGB X Bestimmungen, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird. Inhaltsbestimmungen sind demgegenüber
keine Nebenstimmungen, weil sie lediglich die Reichweite des Hauptverwaltungsaktes selbst bestimmen, aber keine eigene Regelungswirkung
haben (Engelmann, in: von Wulffen/Schütze [Hrsg.], SGB X, 8. Aufl. 2014, § 32 Rn. 4; Littmann, in: Hauck/Noftz [Hrsg.], SGB X, § 32 Rn. 8 (Juni 2006); Störmer, in: Fehling/Kastner/Störmer [Hrsg.], Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2013, § 36 VwVfG Rn. 8). Bei der begehrten Zulassungserweiterung handelt es sich damit nicht um eine Auflage, sondern um eine Inhaltsbestimmung.
Denn durch die Zulassungserweiterung soll der Klägerin nicht ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben werden, sondern
die Zulassungserweiterung - und auch ihre Beschränkung auf eine Fachkraft, die nur Hausbesuche durchführt - ist bereits selbst
Inhalt des begehrten Verwaltungsaktes und wird dann Gegenstand der Zulassung insgesamt.
4. Die Festsetzung des Streitwertes für beide Rechtszüge beruht auf §
197a Abs.
1 Satz 1 Halbsatz 1
SGG i.V.m. §
63 Abs.
2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 52 Abs. 2, § 47 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bemessung des Streitwertes keine genügenden Anhaltspunkte, ist gemäß § 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von € 5.000,00 festzusetzen. Fehlen Anhaltspunkte für die Bemessung des Streitwerts - wie vorliegend für die
von der Klägerin mit der begehrten Zulassungserweiterung zu erzielenden Einnahmen -, ist bei einem Streit um die Zulassung
nach §
124 Abs.
2 Satz 1
SGB V dieser Auffangstreitwert festzusetzen, ohne dass er wegen der in die Zukunft reichenden Wirkungen vervielfacht wird (vgl.
BSG, Urteil vom 7. Oktober 2010 - B 3 KR 12/09 R - [...], Rn. 20; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Dezember 2015 - L 5 KR 5194/13 - nicht veröffentlicht; anders noch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Februar 2012 - L 5 KR 243/11 - [...], Rn. 126 [dreifacher Regelstreitwert]).
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. §
160 Abs.
2 SGG) nicht vorliegen.