Tatbestand
Die Klägerin begehrt eine höhere Vergütung für im Quartal 1/2008 in den Kreiskrankenhäusern L., O. und R. sowie in der Kreisklink
B. erbrachte ambulante Notfallbehandlungen von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung.
Die Klägerin ist Trägerin der in den Krankenhausplan des Landes B.-W. aufgenommenen Krankenhäuser L., O., R. und B.. Für keines
der Krankenhäuser ist eine Ermächtigung für die ambulante Erbringung von Leistungen für gesetzlich Versicherte durch Krankenhausärzte
oder ärztlich geleitete Einrichtungen erteilt worden.
Für das Quartal 1/2008 rechnete die Klägerin gegenüber der Beklagten für bei gesetzlich Krankenversicherten sowie bei Berechtigten
mit Anspruch auf freie Heilfürsorge in der allgemeinen Notfallaufnahme des jeweiligen Krankenhauses vorgenommene ambulante
Notfallbehandlungen Leistungen nach dem ab 01.01.2008 geltenden Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen
(EBM 2008) wie folgt ab:
GOP
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KH B.
|
KH L.
|
KH R.
|
KH O.
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01210 (405 Pkte)
|
1.510
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1.007
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724
|
370
|
01214 (100 Pkte)
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92
|
63
|
12
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24
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01216 (330 Pkte)
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15
|
19
|
16
|
12
|
01218 (405 Pkte)
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18
|
3
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2
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0
|
Der EBM 2008 enthält für die Notfallversorgung die folgenden Regelungen:
1.2 Gebührenordnungspositionen für die Versorgung im Notfall und im organisierten ärztlichen Not(-fall)dienst
1. Neben den Gebührenordnungspositionen dieses Abschnitts sind nur Gebührenordnungspositionen berechnungsfähig, die in unmittelbarem
diagnostischen oder therapeutischen Zusammenhang mit der Notfallversorgung stehen. (...)
2. Neben den Gebührenordnungspositionen 01210 bis 01219 sind Beratungs-, Gesprächs- und Erörterungsleistungen nicht berechnungsfähig.
3. Die Zusatzpauschalen nach den Gebührenordnungspositionen 01211, 01215, 01217, 01219 für die Vorhaltung der Besuchsbereitschaft
sind nur berechnungsfähig, wenn die zuständige Kassenärztliche Vereinigung die jeweilige Besuchsbereitschaft für Notfallbehandlungen
durch nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser bzw. im Rahmen des organisierten
Not(-fall)dienstes festgestellt hat.
4. Nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser dürfen die Gebührenordnungspositionen
01210 bis 01219 nur berechnen, wenn die Erkrankung des Patienten aufgrund ihrer Beschaffenheit einer sofortigen Maßnahme bedarf
und die Versorgung durch einen Vertragsarzt entsprechend §
76 SGB V nicht möglich und/oder aufgrund der Umstände nicht vertretbar ist.
Die sodann aufgeführten Gebührenordnungspositionen (GOP) lauten wie folgt:
- GOP 01210 EBM: Notfallpauschale im organisierten Not(-fall)dienst und für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte,
Institute und Krankenhäuser (bewertet mit 405 Punkten)
- GOP 01211 EBM: Zusatzpauschale zu der Gebührenordnungsposition 01210 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw. im organisierten Not(-fall)dienst
(bewertet mit 255 Punkten)
- GOP 01214 EBM: Notfallkonsultationspauschale 1 im organisierten Not(-fall)dienst und für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende
Ärzte, Institute und Krankenhäuser (bewertet mit 100 Punkten)
- GOP 01215 EBM: Zusatzpauschale zu der Gebührenordnungsposition 01214 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw. im organisierten Not(-fall)dienst
(bewertet mit 50 Punkten)
- GOP 01216 EBM: Notfallkonsultationspauschale II im organisierten Not(-fall)dienst und für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende
Ärzte, Institute und Krankenhäuser (bewertet mit 330 Punkten)
- GOP 01217 EBM: Zusatzpauschale zu der Gebührenordnungsposition 01216 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw. im organisierten Not(-fall)dienst
(bewertet mit 205 Punkten)
- GOP 01218 EBM: Notfallkonsultationspauschale III im organisierten Not(-fall)dienst und für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende
Ärzte, Institute und Krankenhäuser (bewertet mit 405 Punkten)
- GOP 01219 EBM: Zusatzpauschale zu der Gebührenordnungsposition 01218 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw. im organisierten Not(-fall)dienst
(bewertet mit 255 Punkten)
Zu den obligatorischen Leistungsinhalten der GOP 01210 gehörte der (erstmalige) persönliche Arzt-Patienten-Kontakt, zur GOP 01214 der weitere persönliche Arzt-Patienten-Kontakt außerhalb der in den GOP 01216 und 01218 angegebenen Zeiten. Die GOP 01216 war anzusetzen bei der Inanspruchnahme des Notdienstes in der Zeit zwischen 19:00 und 22:00 Uhr sowie an Samstagen,
Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen, am 24.12.und am 31.12. zwischen 7:00 und 19:00 Uhr. Die GOP 01218 fand Anwendung bei Inanspruchnahme des Notdienstes in der Zeit zwischen 22:00 und 7:00 Uhr sowie an Samstagen, Sonntagen
und gesetzlichen Feiertagen, am 24.12. und am 31.12. zwischen 19:00 und 7:00 Uhr.
Mit Honorarbescheiden jeweils vom 15.07.2008 kürzte die Beklagte die Punktzahlen dieser GOP sowie sämtlicher weiter abgerechneten GOP jeweils um zehn Prozent. Sie vergütete für die einzelnen Krankenhäuser folgende Gesamtbeträge:
Kreisklink B.
|
54.851,28 €
|
Kreiskrankenhaus L.
|
36.063,48 €
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Kreiskrankenhaus R.
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25.991,14 €
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Kreiskrankenhaus O.
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13.247,89 €.
|
Die Klägerin erhob gegen die Abrechnungsbescheide jeweils mit Schreiben vom 29.07.2008 Widerspruch. Sie machte geltend, es
verstoße gegen die Honorarverteilungsgerechtigkeit, dass die ambulante Notfallbehandlung im Krankenhaus aufgrund fehlender
Vorhaltung einer Besuchsbereitschaft um bis zu 255 Punkte je Kontakt mit dem Patienten schlechter vergütet werde, als die
Notfallbehandlung durch andere Leistungserbringer.
Die Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheiden vom 03.03.2011 zurück. In dem zum 01.01.2008 in Kraft getretenen
neuen EBM 2008 seien die GOP 01210 bis 01218 grundlegend überarbeitet worden. Die Leistungen im organisierten Notfalldienst und die Notfallpauschalen
für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser seien gleichgesetzt und unter
jeweils einer GOP zusammengefasst worden. Eine Unterscheidung hinsichtlich der Leistungen der Vertragsärzte und der Nichtvertragsärzte bzw.
Institute und Krankenhäuser finde nicht mehr statt. Die Leistungen würden nunmehr zu gleichen Punktwerten vergütet. Mit der
Änderung des EBM für das Jahr 2008 sei zugleich die Neuaufnahme von Zusatzpauschalen für das Vorhalten der ständigen ärztlichen
Besuchsbereitschaft für die aufsuchende Tätigkeit im Notfall bzw. im organisierten Notdienst erfolgt. Die Pauschalen nach
01211, 01215, 01217 und 01219 würden nach Feststellung der Besuchsbereitschaft durch die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg
(KVBW) von dieser automatisch zugesetzt. Dazu müsse von den Ärzten, die nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen
würden, von Instituten und Krankenhäusern bei der KVBW ein Antrag auf diese Feststellung der Besuchsbereitschaft gestellt
werden. Die von der Klägerin behauptete Ungleichbehandlung zwischen den Krankenhäusern und den vertragsärztlichen Leistungserbringern
hinsichtlich der Vergütung der ambulanten Notfallbehandlungen sei somit behoben worden. Die Vorgaben im EBM basierten auf
bundesgesetzlichen Regelungen nach § 87 Abs. 1 und Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) V und den bindenden Beschlüssen des Bewertungsausschusses
und müssten daher von der KVBW so umgesetzt werden. Anhand der Anlage zur Honorarabrechnung könne die Klägerin nachvollziehen,
dass die GOP 01210, 01214, 01216 und 01218 korrekt abgerechnet worden seien. Dabei sei zu beachten, dass der von der Rechtsprechung als
rechtmäßig anerkannte zehnprozentige Investitionskostenabschlag von diesen GOP habe abgezogen werden müssen und sich deshalb jeweils eine Bewertung i.H.v. 364,5 Punkten ergeben habe.
Am 01.04.2011 erhob die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG). Die Kürzung der Honorarforderungen um den zehnprozentigen Investitionskostenabschlag in Höhe von insgesamt 13.993,70 €
sei zu Unrecht erfolgt. Hierfür bestehe keine Rechtsgrundlage. Weder im Honorarverteilungsmaßstab (HVM) 2008 noch im EBM 2008
sei ein Investitionskostenabschlag vorgesehen. Die Abrechnungsbestimmungen des EBM seien streng nach dem Wortlaut auszulegen.
Demnach seien ambulante Notfallbehandlungen in Krankenhäusern mit der gleichen Punktzahl wie entsprechende Leistungen eines
Vertragsarztes zu vergüten. Auch die Regelung des §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V finde keine Anwendung, weil die Kreiskrankenhäuser B., L., O. und R. nicht im Sinne des §
120 Abs.
1 SGB V zur Erbringung ambulanter Notfallbehandlungen ermächtigt seien. Für eine analoge Anwendung fehle es an einer planwidrigen
Regelungslücke. Der Anwendungsbereich des §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V sei in Kenntnis der Rechtsprechung des BSG zur analogen Anwendung der Norm auf ambulante Notfallbehandlungen in nicht dazu ermächtigten Krankenhäusern bewusst nicht
erweitert worden. Aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seit dem Jahr 1992 folge, dass nur im Falle des Fehlens von Regelungen über die Vergütung der Leistungen der Notfallambulanzen
§
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V entsprechend anzuwenden sei. Seien gesamtvertraglich oder satzungsmäßig Regelungen getroffen worden, so sei ein Abschlag
in Anlehnung an §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V in Höhe von maximal 10 % zulässig. Finde sich in den entsprechenden Verträgen oder Satzungen keine Regelung über einen Abschlag,
so könne nicht auf §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V zurückgegriffen werden. Eine analoge Anwendung des §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V sei auch nicht nach Sinn und Zweck der Regelung geboten. Die Krankenhäuser der Klägerin erhielten keine Förderung für Einrichtungen
zur Erbringung ambulanter Notfallleistungen, sondern nur für Investitionen im Zusammenhang mit der stationären Leistungserbringung.
Sollten Einrichtungen eines Krankenhauses nicht nur vorübergehend für Zwecke mitbenutzt werden, die nicht der stationären
Versorgung dienten, könnten die Mittel der Krankenhausförderung angemessen gekürzt werden (§ 13 Abs. 4 Landeskrankenhausgesetz
<LKHG>). Der Sinn und Zweck des §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V, die Vermeidung einer doppelten Förderung der Investitionskosten durch steuerfinanzierte Mittel des Landes einerseits und
beitragsfinanzierte Vergütungen der Krankenversicherung andererseits könne daher durch eine analoge Anwendung der Norm nicht
erreicht werden. Ob im konkreten Fall die nach Maßgabe des LKHG geleisteten Zahlungen tatsächlich gekürzt worden seien, sei
unklar, weil es sich um Pauschalen ohne nachvollziehbare genaue Berechnung handle. Seit die Gesamtvertragsparteien mit Inkrafttreten
des EBM 2008 eine ausdrückliche Vereinbarung über die Vergütung ambulanter Notfallbehandlungen im Krankenhaus getroffen hätten,
bleibe für die Anwendung des Rechtsgedankens des §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V kein Raum mehr. Ein ohne Rechtsgrundlage vorgenommener Investitionskostenabschlag stelle eine sachlich nicht gerechtfertigte
Ungleichbehandlung zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Vertragsärzten dar, die dadurch verstärkt werde, dass letztere
außerdem eine Zusatzpauschale für die Vorhaltung der ständigen Besuchsbereitschaft abrechnen könnten (GOP 01211, 01215, 01217, 01219 EBM 2008), deren Abrechnung ersteren faktisch verwehrt bleibe, weil kein Krankenhaus eine Besuchsbereitschaft
vorhalte.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Der Rechtsgedanke des §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V treffe nach ständiger Rechtsprechung des BSG in gleicher Weise auf die Vergütung ambulanter Notfallbehandlungen in Krankenhäusern zu. Dieser allgemeine Rechtsgedanke
gestatte nicht nur eine Vergütungsreduzierung von Notfallbehandlungen in Krankenhäusern, sondern entfalte auch eine Schutzwirkung
zu Gunsten der Krankenhäuser insoweit, als eine über den zehnprozentigen Abschlag hinausgehende Begrenzung des Vergütungsanspruchs
für Notfallbehandlungen als Krankenhausleistungen grundsätzlich unzulässig sei. Eine Regelung über die Kürzung der Vergütung
für öffentlich geförderte Krankenhäuser im EBM oder im HVV sei nach der Rechtsprechung des BSG nicht notwendig. Im Übrigen sei eine solche Regelung in § 17 Nr. 6 des Gesamtvertrages der ehemaligen KV Süd-Württemberg mit der A. BW aus dem Jahr 1993, der weiterhin fortgelte, sowie
auch in den gleichlautenden übrigen Gesamtverträgen enthalten. Die Zusatzpauschalen für die Vorhaltung der ständigen Besuchsbereitschaft
enthielten ebenso wie alle übrigen GOP einen Investitionskostenanteil (Ziffer 7.1 der allgemeinen Bestimmungen des EBM 2008).
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 22.11.2012 ab. Es führte zur Begründung aus, die Honorarbescheide vom 15.07.2008 in der Gestalt
der Widerspruchsbescheide vom 03.03.2011 seien rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin
habe keinen Anspruch auf die Vergütung der im Quartal 1/2008 in den Kreiskrankenhäusern B., L., O. und R. erbrachten und abgerechneten
Leistungen gemäß GOP 01210, 01214, 01216 und 01218 EBM 2008 ohne zehnprozentigen Investitionskostenabschlag gemäß §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V. Gemäß §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V sei die Vergütung nach §
120 Abs.
1 SGB V bei den öffentlich geförderten Krankenhäusern um einen Investitionskostenabschlag von zehn vom Hundert zu kürzen. Die Kreiskrankenhäuser
B., L., O. und R. seien öffentlich geförderte Krankenhäuser im Sinne dieser Vorschrift. Da sie in den Krankenhausplan 2000
B.-W. (Beschluss der Landesregierung vom 15.11.1999) aufgenommen seien, hätten sie Anspruch auf Förderung durch das Bundesland
nach Maßgabe des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz <KHG>). Allerdings sei die Regelung des §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V nicht unmittelbar anwendbar. Nach ihrem Wortlaut beziehe sie sich allein auf die Vergütung nach §
120 Abs.
1 SGB V und damit auf das Honorar für Leistungen von ermächtigten (Krankenhaus-)Ärzten oder ermächtigten Einrichtungen. Die Kreiskrankenhäuser
B., L., O. und R. seien jedoch nicht ermächtigt, ambulante Notfallbehandlungen zu erbringen. §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V sei aber entgegen der Auffassung der Klägerin analog anzuwenden (ebenso BSG, Urteil vom 19.08.1992 - 6 RKa 6/91 - in: [...], Rn. 21; BSG, Urteil vom 12.10.1994 - 6 RKa 31/93 - in: [...], Rn. 15; BSG, Urteil vom 13.05.1998 - B 6 KA 41/97R - in: [...], Rn. 19, 20; BSG, Urteil vom 31.01.2001 - B 6 KA 33/00 R -, in: [...], Rn. 21; zuletzt BSG, Urteil vom 17.09.2008 - B 6 KA 46/07 R - in: [...], Rn. 30). Die sinngemäße Anwendung einer Norm setze eine planwidrige Regelungslücke und die tatbestandliche Vergleichbarkeit
des gesetzlich geregelten Falls mit dem ungeregelten Fall voraus. Es bestehe eine solche planwidrige Regelungslücke. Die Kodifizierung
des Investitionskostenabschlags von zehn vom Hundert bei Leistungen von öffentlich geförderten Krankenhäusern durch § 129
Abs. 3 Satz 2 des Entwurfes eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen vom 03.05.1988 "bestätigt die bisherige
Rechtsprechung und Praxis" (BT-Drucks. 11/2237 und 200/88, jeweils S. 203). Dies lege nahe, dass der Gesetzgeber die Lücke
zwischen dem Wortlaut der Norm und deren Anwendung auf den nicht ausdrücklich geregelten Fall der Vergütungsbeschränkung bei
ambulanten Notfallbehandlungen, die in hierzu nicht ermächtigten Krankenhäusern erbracht worden seien, entweder überhaupt
nicht bemerkt oder die schon damals in ständiger Rechtsprechung des BSG vorgenommene analoge Anwendung sogar gebilligt habe (vgl. BSG, Urteil vom 19.08.1992 - 6 RKa 6/91 -, in: [...], Rn. 21 m. w. N. zur früheren Rspr.). Auch die Gesetzesmaterialien zur Neufassung des §
120 Abs.
3 SGB V durch Art. 1 Nr. 4 lit. c) aa) des Gesetzes zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.04.2002
(BGBl. I S. 1412) ließen nicht erkennen, dass der zehnprozentige Investitionskostenabschlag ausschließlich gegenüber ermächtigten (Krankenhaus-)Ärzten
oder ermächtigten Einrichtungen erfolgen solle. Die Anpassung des §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V werde darin lediglich als Folge der Neufassung des §
120 Abs.
2 SGB V für Polikliniken, psychiatrische Institutsambulanzen und sozialpädiatrische Zentren begründet (BT-Drucks. 14/6893, S. 30).
Die Gesetzesmaterialien zum Fallpauschalengesetz enthielten keine (kritische) Auseinandersetzung mit der ständigen Rechtsprechung
des BSG zur entsprechenden Anwendung des §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V auf ambulante Notfallbehandlungen in hierzu nicht ermächtigten Krankenhäusern. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass
dieser Sachverhalt nach dem Willen des Gesetzgebers entgegen der ständigen Rechtsprechung des BSG bewusst nicht von §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V erfasst werden sollte. Es bestehe auch eine Vergleichbarkeit des gesetzlich geregelten Falls mit dem ungeregelten Fall. Das
BSG habe im Urteil vom 19.08.1992 entschieden, da in den kassenärztlichen Gebührenansätzen auch ein Investitionskostenanteil
enthalten sei, komme es bei der Vergütung ambulanter Leistungen, die in öffentlich geförderten Krankenhäusern erbracht worden
seien, in gewissem Umfang zu einer Doppelfinanzierung der Investitionskosten. Dies solle dadurch verhindert werden, dass von
der nach §
120 Abs.
1 SGB V anfallenden Vergütung in generalisierender Weise ein Investitionskostenabschlag in Höhe von zehn vom Hundert abgezogen werde.
Dieser Rechtsgedanke treffe in gleicher Weise auf die Vergütung ambulanter Notfallbehandlungen in Krankenhäusern zu. Es erweise
sich daher als sachlich gerechtfertigt und systemgerecht, die in §120 Abs. 3 Satz 2
SGB V enthaltene Vergütungsbeschränkung mit dem Ansatz eines Investitionskostenabschlages von zehn vom Hundert auf den Honoraranspruch
bei ambulanten Notfallbehandlungen in Krankenhäusern entsprechend anzuwenden (BSG Urteil vom 19.08.1992 - 6 RKa 6/91 -, in [...], Rn. 21). Das BSG werte die Regelung des §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens, nach dem der im Verhältnis zu niedergelassenen Kassen-/Vertragsärzten günstigeren
Kostensituation der öffentlich geförderten Krankenhäuser bei ambulanter Behandlung mit einem Abschlag von zehn vom Hundert
der gebührenordnungsmäßigen Vergütungssätze Rechnung zu tragen sei. (BSG, Urteil vom 12.10.1994 - 6 RKa 31/93 - in: [...], Rn. 15). Die Klägerin könne dem nicht entgegenhalten, dass mit Inkrafttreten des EBM 2008 und der Einführung
von ausdrücklich auch für Krankenhäuser geltenden GOP eine Veränderung der rechtlichen Verhältnisse eingetreten sei, die der fortgesetzten analogen Anwendung des §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V die Grundlage entziehe. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei das Fehlen von GOP für Krankenhäuser und die Notwendigkeit ihrer Ableitung aus den für Vertragsärzte geltenden GOP nicht conditio sine qua non für die analoge Anwendung des §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V. Das BSG stelle nicht maßgeblich darauf ab, ob es für die Notfallbehandlung durch ein Krankenhaus eine eigene GOP gebe, sondern auf den in der Vermeidung einer Doppelfinanzierung der Investitionskosten liegenden Sinn und Zweck der Regelung
des §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V. Dieser Zweck sei durch die Schaffung der GOP 01210, 01214, 01216 und 01218 EBM 2008 nicht entfallen. Die Beklagte weise zu Recht darauf hin, dass die Abrechnung dieser
Gebührenordnungspositionen nicht auf öffentlich geförderte Krankenhäuser beschränkt sei, sondern auch von nicht öffentlich
geförderten Krankenhäusern in Ansatz gebracht werden könne, bei denen ein Investitionskostenabschlag entsprechend §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V ausgeschlossen sei. Dies lege nahe, dass der Investitionskostenabschlag nicht schon bei der Bewertung der GOP 01210, 01214, 01216 und 01218 EBM 2008 durch den Bewertungsausschuss berücksichtigt worden sei. Auch der Einwand der Klägerin,
dass nur Investitionskosten für Einrichtungen der stationären Krankenpflege öffentlich gefördert würden und eine Doppelfinanzierung
deshalb ausgeschlossen sei, überzeuge nicht. Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 8 KHG, wonach die mit den Krankenhäusern verbundenen Einrichtungen, die nicht unmittelbar der stationären Krankenversorgung dienten,
ausdrücklich von der Förderung ausgenommen seien, sei nicht einschlägig. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass die ambulante
Notfallbehandlung in den Kreiskrankenhäusern B., L., O. und R. in einer besonderen, mit eigenen Sach- und Personalmitteln
ausgestatteten Einrichtung und nicht in der allgemeinen Notfallaufnahme erfolge, die unmittelbar der stationären Krankenversorgung
diene. Die landesrechtliche Vorschrift des § 13 Abs. 4 LKHG führe unabhängig davon, dass die Auslegung und Anwendung vorrangigen
Bundesrechts in Gestalt der zwingenden Regelung des §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V ("ist ... zu kürzen") grundsätzlich nicht durch Landesrecht beeinträchtigt werden könne, nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
§ 13 Abs. 4 LKHG ermögliche bei der Bemessung der Fördermittel eine Ermessensentscheidung über die angemessene Berücksichtigung
der nicht nur vorübergehenden Mitbenutzung von Einrichtungen des Krankenhauses für Zwecke, die - wie ambulante Notfallbehandlungen
- nicht der stationären Versorgung durch öffentlich geförderte Krankenhäuser dienten. Die Klägerin habe jedoch nicht dargelegt,
dass und in welchem Umfang in dem streitgegenständlichen Quartal 1/2008 tatsächlich eine Kürzung der Fördermittel aufgrund
der Durchführung ambulanter Notfallbehandlungen in der allgemeinen Notfallaufnahme erfolgt sei. Auch komme es selbst bei einer
teilweisen Kürzung der öffentlichen Förderung nach § 13 Abs. 4 LKHG immer noch in gewissem Umfang zu einer Doppelfinanzierung der Investitionskosten (vgl. BSG, Urteil vom 19.08.1992 - 6 RKa 6/91 - in: [...], Rn. 21). Es sei auch keine ausdrückliche Regelung des Investitionskostenabschlags im EBM erforderlich, da §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V als förmliches Gesetz dem EBM vorgehe und der Disposition der Gesamtvertragsparteien entzogen sei. Dies habe das BSG durch Urteil vom 17.09.2008 bestätigt (- B 6 KA 46/07 R - in: [...], Rn. 30). Der Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses bei der Vereinbarung des EBM erstrecke sich somit
nicht auf das "Ob" und die Höhe des zehnprozentigen Investitionskostenzuschlags. Ein Verstoß gegen die wortlautgetreue Anwendung
der Leistungsbeschreibungen des EBM liege nicht vor, da es nicht um die Auslegung und Anwendung des EBM 2008, sondern des
§
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V als förmliches Parlamentsgesetz gehe. Der pauschale Investitionskostenabzug verstoße auch nicht gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit
und das Gebot der leistungsproportionalen Verteilung des Honorars (LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 25.05.2011 - L 4 KA 2/09 -, in [...], Rn. 23 ff.).
Gegen das ihren Bevollmächtigten am 14.12.2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14.01.2013 Berufung eingelegt. Sie wiederholt
und vertieft ihr Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren und macht geltend, das BSG habe in seinen Urteilen vom 12.12.2012 (B 6 KA 3/12 R und B 6 KR 4/12 R, in [...]) festgestellt, dass die Vergütung für ambulante Notfallbehandlungen im Krankenhaus gemäß EBM in der seit dem 01.01.2008
gültigen Fassung gleichheitswidrig sei. Danach dürfe der Vergütungsanspruch der Krankenhäuser oder Nichtvertragsärzte für
Notfallbehandlungen gegenüber dem Vergütungsanspruch der Vertragsärzte nur dann reduziert oder eingeschränkt werden, wenn
dies durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei. Die Besuchsbereitschaftspauschalen GOP 01211, 01215, 01217 und 01219 stünden den Krankenhäusern aufgrund ihrer Konzeption nicht zur Abrechnung zur Verfügung. Alleine
für das Vorhalten von Ressourcen für die Besuchsbereitschaft den niedergelassenen Ärzten eine zusätzliche Vergütung zu gewähren,
sei unter keinem sachlichen Gesichtspunkt gerechtfertigt. Diese gegen Art.
3 Grundgesetz (
GG) verstoßende Ungleichbehandlung im EBM sei durch eine neue Regelung des Bewertungsausschusses zu beseitigen. Die Beklagte
sei daher zur Nachzahlung unter Beachtung der vom BSG an den Bewertungsausschuss adressierten Maßgaben verpflichtet. Dem könne auch nicht entgegengehalten werden, dass die Klägerin
im Quartal 1/2008 keine Besuchsbereitschaftspauschale angesetzt habe und diese deshalb nicht von der Beklagten gestrichen
worden sei. Denn es sei einem Krankenhaus aus rechtlichen Gründen überhaupt nicht möglich gewesen, die Voraussetzungen zu
schaffen, um die Besuchsbereitschaftspauschale abrechnen zu können. Die Klägerin müsse zudem den Investitionskostenabschlag
von 10 % nicht hinnehmen. Hierfür fehle es an einer Rechtsgrundlage, da §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V nur die Kürzung der Vergütung nach §
120 Abs.
1 SGB V vorsehe, die jedoch nur die Leistungen ermächtigter Krankenhausärzte und ermächtigter Einrichtungen erfasse. Auch im EBM
für das Quartal 1/2008 sei ein Investitionskostenabschlag von 10 % nicht geregelt, Verträge oder ähnliches auf Landesebene
zur Honorarverteilung, die einen solchen Abschlag von 10 % vorsähen, gebe es nicht. Entgegen der Auffassung des SG, komme auch eine analoge Anwendung von §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V nicht in Betracht. Dem stehe bereits entgegen, dass nach der Rechtsprechung des BSG Vergütungsregelungen streng nach ihrem Wortlaut anzuwenden seien. Es hätte dem Bewertungsausschuss oblegen, eine entsprechende
Regelung im EBM einzuführen, wenn sie sachlich gerechtfertigt wäre. Davon sei aber im EBM 2008 abgesehen worden. Der Gedanke,
durch eine analoge Anwendung von §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V eine vermeintliche Doppelfinanzierung der Investitionskosten der Krankenhäuser zu vermeiden, stelle eine Bewertung dar, die
nach der Rechtsprechung des BSG gerade bei der Anwendung von Abrechnungsbestimmungen außer Acht zu bleiben habe. Im Übrigen lägen auch die Voraussetzungen
für eine Analogie nicht vor. Es fehle an einer planwidrigen Regelungslücke. Wenn in den Gesetzesmaterialien nicht explizit
zum Ausdruck komme, dass der Gesetzgeber bewusst einen Investitionskostenabschlag auf die in §
120 Abs.
1 SGB V geregelten Fälle beschränkt sehen wolle, bedeute dies nicht, dass eine solche planwidrige Regelungslücke angenommen werden
könne. Die Annahme des SG, der Gesetzgeber habe bei Einführung des §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V entweder versehentlich die ambulante Notfallbehandlung nicht geregelt oder die schon damals in ständiger Rechtsprechung vorgenommene
analoge Anwendung gebilligt, sei unzutreffend. Auch aus den vom SG herangezogenen Entscheidungen des BSG ergebe sich nicht, dass ein Investitionskostenabschlag von 10 % auch dann in Betracht komme, wenn der EBM einen solchen nicht
vorsehe. Insbesondere aus dem Urteil des BSG vom 19.08.1992 (- 6 RKa 6/91 -, in [...]) ergebe sich bereits, dass nur dann, wenn keine entsprechende vertragliche Vereinbarung bestehe, eine entsprechende
Anwendung von §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V in Betracht komme. Der EBM enthalte explizite Regelungen über die Vergütung von Notfallleistungen durch Krankenhäuser ohne
dabei einen Abschlag vorzusehen. Eine entsprechende Anwendung von §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V scheide nach dem genannten Urteil des BSG aus. Das BSG habe diese Rechtsprechung in zahlreichen späteren Entscheidungen bekräftigt, zuletzt in den Entscheidungen vom 12.12.2012,
in denen ein weiteres Mal klargestellt worden sei, dass nur durch eine vertragliche Regelung oder untergesetzliche Norm ein
Investitionskostenabschlag von 10 % entsprechend §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V geregelt werden könne. Selbst wenn man vom Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke ausgehen würde, fehle es jedenfalls
an der Vergleichbarkeit der durch §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V geregelten Materie und der ambulanten Notfallbehandlung durch Krankenhäuser. Denn es liege keine Doppelfinanzierung der Investitionskosten
vor, weil die Krankenhäuser nach § 5 Abs. 1 Nr. 8 KHG keine Investitionsförderung für Einrichtungen erhielten, die nicht ausschließlich der stationären Versorgung dienten. Selbst
bei Mitbenutzung geförderter stationärer Einrichtungen habe das Krankenhaus einen Abschlag bei der Förderung gemäß § 13 Abs.
4 LKHG hinzunehmen. Da diese Förderung pauschaliert erfolge, lasse sich nicht darstellen, wie hoch der vom Land vorgenommene
Abzug bei der Förderung der Investitionskosten aufgrund erzielter Einnahmen aus der ambulanten Notfallversorgung sei. Dies
könne jedoch auch dahinstehen, weil sowohl die Regelungen im KHG als auch im LKHG eine Doppelförderung der Investitionskosten im Bereich der ambulanten Notfallversorgung ausschließe. Im
Übrigen enthielten auch die EBM-Ziffern betreffend die ambulante Notfallversorgung keinen Investitionskostenanteil. Denn niedergelassene
Ärzte griffen im Rahmen der ambulanten Notfallversorgung auf die Ressourcen zurück, die sie auch für die "reguläre" ambulante
Versorgung nutzten und angeschafft hätten. Mit den Gebühren für die "reguläre" ambulante Versorgung würden folglich die Investitionskosten
für die Güter abgedeckt, die niedergelassene Ärzte bei der ambulanten Notfallversorgung nutzten. Auch unter diesem Gesichtspunkt
sei es nicht gerechtfertigt, einen Abschlag von der Vergütung für Krankenhäuser vorzunehmen, um eine doppelte Finanzierung
der Investitionskosten zu vermeiden. Diese hätten im Übrigen zur ambulanten Notfallversorgung weit kostenintensivere Ressourcen
zur Verfügung als niedergelassene Ärzte. Dies gelte insbesondere für die weitaus höheren Personalkosten aufgrund der 24-stündigen
Verfügbarkeit von Ärzten und nichtärztlichem Personal, aber auch für die von Krankenhäusern in weitaus größerem Umfang vorgehaltenen
bildgebenden Geräte. Auch vor diesem Hintergrund sei keine vergleichbare Sachlage gegeben. Die Klägerin hat zuletzt auf ein
Gutachten der DKG vom 17.02.2015 hinweisen lassen, aus dem sich ebenfalls ergebe, dass es an einer Doppelfinanzierung der
Investitionskosten fehle, da eine Refinanzierung der auf den ambulanten Anteil der Notfallaufnahmen entfallenden Investitionskosten
weder über die EBM-Erlöse noch über die Fördermittel der Bundesländer erfolge.
Mit Beschluss des Bewertungsausschusses nach §
87 Abs.
1 S. 1
SGB V in der 341. Sitzung am 17.12.2014 strich der Bewertungsausschuss aufgrund des Urteils des BSG vom 12.12.2012 (B 6 KA 3/12 R, in [...]) mit Wirkung zum 01.01.2008 die GOP 01211, 01215, 01217 und 01219 und änderte die Punktzahlen der GOP - betreffend das Quartal I/2008 - wie folgt:
GOP 01210
|
360 Punkte
|
GOP 01214
|
140 Punkte
|
GOP 01216
|
395 Punkte
|
GOP 01218
|
480 Punkte
|
Ferner fügte er als neue GOP 01212 eine Notfallpauschale im organisierten Not(-fall)dienst und für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende
Ärzte, Institute und Krankenhäuser bei Inanspruchnahme zwischen 19:00 und 7:00 Uhr des Folgetages und ganztägig an Samstagen,
Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen und am 24.12. und 31.12. (bewertet mit 500 Punkten) ein. Nach der (geänderten) Nr. 4 der
Bestimmungen zum Abschnitt 1.2 EBM setzte die Berechnung der GOP 01210, 01212, 01214, 01216 und 01218 die Angabe der Uhrzeit der Inanspruchnahme voraus.
Nachdem der Bewertungsausschuss in seiner 344. Sitzung zur Änderung des EBM mit Wirkung zum 01.01.2008 die Punktzahlen der
GOP erneut geändert hatte (Bewertung für das Jahr 2008: GOP 01210 (325 Punkte), GOP 01212 (500 Punkte), GOP 01214 (130 Punkte), GOP 01216 (360 Punkte) und GOP 01218 (435 Punkte)), beschloss der Bewertungsausschuss in seiner 354. Sitzung nach einer Beanstandung des Bundesministeriums
für Gesundheit (BMG) die Aufnahme einer Nr. 6 in die Bestimmungen zum Abschnitt 1.2 EBM rückwirkend zum 01.01.2008. Diese lautet wie folgt:
6. Sofern im Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 31. März 2015 nicht für alle Behandlungsfälle des Quartals die Angabe der
Uhrzeit der Inanspruchnahmen gemäß Nr. 5 im organisierten Not(-fall)dienst oder von nicht an der vertragsärztlichen Versorgung
teilnehmenden Ärzten, Instituten und Krankenhäusern bei Inanspruchnahmen in diesem Quartal gegenüber der Kassenärztlichen
Vereinigung erfolgt ist bzw. nachgewiesen werden kann, wird abweichend von Nr. 2 für alle Behandlungsfälle in diesem Quartal
die 1. Inanspruchnahme im Notfall oder im organisierten Not(-fall)dienst wie folgt bewertet: 01.01.2008 bis 31.12.2008: 430
Punkte, 01.01.2009 bis 30.09.2013: 475 Punkte, 01.10.2013 bis 31.03.2015: 168 Punkte.
Die Beklagte hat mit Bescheiden vom 12.02.2016 eine Nachvergütung für das streitgegenständliche Quartal im Hinblick auf die
Höherbewertung der maßgeblichen GOP vorgenommen und der Klägerin - jeweils nach Abzug des Investitionskostenabschlags von 10 % - Beträge in Höhe von 1.751,93
€ (KH B.), 1.170,07 € (KH L.), 436,13 € (KH O.) und 801,89 € (KH R.) nacherstattet (insgesamt 4.160,01 €).
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.11.2012 aufzuheben und die Honorarbescheide für die Kreiskrankenhäuser B.,
L., R. und O. vom 15.07.2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 03.03.2011 sowie die Nachvergütungsbescheide vom
12.02.2016 insoweit aufzuheben, als darin die Vergütung für die im Quartal 1/2008 erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen
um einen Investitionskostenabschlag von 10 % gekürzt worden ist,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
und die Klage gegen die Bescheide vom 12.02.2016 abzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend und die Kürzung der Vergütung um den Investitionskostenabschlag von 10 % für zulässig. Das BSG habe in zahlreichen Entscheidungen ausgeführt, dass die ambulante Notfallbehandlung von gesetzlich Krankenversicherten durch
nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte eines öffentlich geförderten Krankenhauses mit einem 10-prozentigen
Investitionskostenabschlag zu vergüten sei. Die maßgebliche Regelung in §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V erfasse nicht lediglich die Leistungen ermächtigter Krankenhausärzte und ermächtigter Einrichtungen. Dieser Norm liege vielmehr
zu Grunde, dass die Länder unter anderem Investitionskosten der Krankenhäuser für Gebäude und medizinisch-technische Geräte
zu tragen hätten. Da in den kassenärztlichen Gebührenansätzen ein Investitionskostenanteil enthalten sei, käme es bei der
Vergütung ambulanter Leistungen in öffentlich geförderten Krankenhäusern in gewissem Umfang zu einer Doppelfinanzierung der
Investitionskosten. Dies solle verhindert werden, in dem von der nach §
120 Abs.
1 SGB V anfallenden Vergütung generell ein Investitionskostenabschlag von 10 % vorgenommen werde. Dieser Rechtsgedanke treffe in
gleicher Weise auf die Vergütung ambulanter Notfallbehandlungen in Krankenhäusern zu. Dies habe das BSG als sachlich gerechtfertigt und systemgerecht angesehen. Es habe in seiner Entscheidung vom 13.05.1998 (B 6 KA 41/97 R, in [...]) aus §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V den allgemeinen Rechtsgedanken abgeleitet, dass es im Hinblick auf die unterschiedliche Kostensituation in öffentlich geförderten
Krankenhäusern einerseits und in Praxen niedergelassener Ärzte andererseits generell gerechtfertigt sei, die Vergütungen für
die im Krankenhaus erbrachten Notfallbehandlungen um 10 % gegenüber den Sätzen der vertragsärztlichen Vergütung zu reduzieren.
Die Anwendung dieses allgemeinen Rechtsgrundsatzes entfalte auch Schutzwirkung zu Gunsten der Krankenhäuser, als eine über
den 10-prozentigen Abschlag hinausgehende Begrenzung des sich auf bundesrechtlicher Grundlage ergebenden Vergütungsanspruchs
für Notfallbehandlungen als Krankenhausleistung grundsätzlich unzulässig sei. Es bedürfe für die Zulässigkeit des Investitionskostenabschlags
auch keiner ergänzenden Regelungen im EBM, HVV, Gesamtvertrag oder ähnlichem. Dies sei insbesondere nicht den von der Klägerin
aufgeführten Entscheidungen des BSG zu entnehmen. Der Abzug des 10-prozentigen Investitionskostenabschlages sei in §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V und damit in einem förmlichen Gesetz geregelt. Diese Regelung werde als institutionelle Vorschrift betrachtet. Liege das
Tatbestandsmerkmal des "öffentlich geförderten Krankenhauses" vor, finde die Norm für jeden Bereich vertragsärztlicher Leistungserbringung
Anwendung. Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, sie erhalte keine Forderung für Einrichtungen zur Erbringung
der ambulanten Notfallleistungen. Die Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 8 KHG sei vorliegend nicht einschlägig, da die ambulanten Notfallbehandlungen nicht in einer besonderen, mit eigenen Sach- und
Personalmitteln ausgestatteten Einrichtung, sondern in der allgemeinen Notfallaufnahme, die unmittelbar der stationären Krankenversorgung
diene, erfolge. Auch § 13 Abs. 4 LKHG eröffne bei der Bemessung der Fördermittel lediglich eine Ermessensentscheidung über
die angemessene Berücksichtigung der nicht nur vorübergehenden Mitbenutzung von Einrichtungen des Krankenhauses für Zwecke,
die, wie die ambulante Notfallversorgung, nicht der stationären Versorgung durch öffentlich geförderte Krankenhäuser dienten.
Ob und in welchem Umfang tatsächlich eine Kürzung der Fördermittel aufgrund der Durchführung ambulanter Notfallbehandlungen
in der allgemeinen Notfallaufnahme erfolgt sei, habe die Klägerin nicht dargelegt. Die Klägerin könne sich auch nicht auf
eine gleichheitswidrige Vergütung berufen, denn sie habe die GOP für die Besuchsbereitschaftspauschale im Quartal 1/2008 bei der Honorarabrechnung gar nicht angesetzt, so dass weder im Honorarbescheid
noch im Rahmen einer anderen Verwaltungsentscheidung darüber von der Beklagten entschieden worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die
Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
"Die Absetzung des Investitionskostenabschlags (für die hier streitige Zeit - Quartale 2/2005 bis 1/2007) beruht auf §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V a.F. Danach ist bei öffentlich geförderten Krankenhäusern die Vergütung nach §
120 Abs.
1 SGB V (im Krankenhaus erbrachte ambulante ärztliche Leistungen - insbesondere - ermächtigter Krankenhausärzte) um einen Investitionskostenabschlag
von 10 v.H. zu kürzen. Die Vorschrift ist hier (unstreitig) nicht unmittelbar, aber nach ihrem Rechtsgedanken (entsprechend)
anzuwenden. Das folgt aus der (im Urteil des SG angeführten) Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt. Das BSG hat den in §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V a.F. festgelegten Investitionskostenabschlag gleichsam institutionell begriffen und mit seinem Rechtsgedanken auf jedwede
sich im institutionellen Rahmen des Vertragsarztrechts vollziehende (ambulante) Leistungserbringung im Krankenhaus übertragen.
Das gilt auch für die hier streitige Erbringung von Notfallbehandlungen nach Maßgabe des §
76 Abs.
1 Satz 2
SGB V. Notfallbehandlungen dieser Art sind kraft Gesetzes in den institutionellen Rahmen der vertragsärztlichen Leistungserbringung
eingegliedert (vgl. jüngst etwa: BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R -, in [...]), ohne dass es darauf ankommt, ob der die Notfallbehandlung vornehmende Arzt oder das Krankenhaus ansonsten an
der vertraglichen Leistungserbringung für gesetzlich Versicherte teilnimmt und auf welcher statusrechtlichen Grundlage das
ggf. stattfindet. Die vom Krankenhaus gemäß §
76 Abs.
1 Satz 2
SGB V erbrachte (ambulante) Notfallbehandlung wird nach Maßgabe des vertragsärztlichen Vergütungsrechts in seiner Gesamtheit vergütet,
wobei zu dem untergesetzlichen Regelwerk (insbesondere) des EBM die Gesetzesbestimmung des §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V a.F. hinzutritt. Der in dieser Vorschrift (institutionell) festgelegte Investitionskostenabschlag geht dem untergesetzlichen
vertragsärztlichen Vergütungsrecht vor. Dieses darf den gesetzlichen Investitionskostenabschlag weder (explizit noch implizit)
ausschließen noch muss es ihn gesondert (zusätzlich) festlegen. Denkbar wäre eine gesetzeskonforme Übernahme des Investitionskostenabschlags
durch den EBM, was hier aber weder im EBM 2000plus (GNR 01218) noch in dem Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses
vom 16.12.2009 (a.a.O.) geschehen ist, weshalb es bei der Maßgeblichkeit des Gesetzes bleibt. Nach der Rechtsprechung des
BSG ist es zwar unzulässig, Notfallleistungen im Krankenhaus vergütungsrechtlich schlechter zu stellen als vergleichbare Leistungen
von Vertragsärzten (...). Zulässig - und nach den dargestellten Rechtsgrundsätzen zur Anwendung des §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V a.F. hier auch geboten - ist es aber, die Vergütung des Krankenhauses für Notfallleistungen um den Investitionskostenabschlag
von 10 % zu kürzen (dazu auch etwa Sonnhoff in: Hauck/Noftz,
SGB V §
120 Rdnr. 23; jurisPK-SGB V/Köhler-Homann §
120 Rdnr. 77 ff.; KassKomm/Hess,
SGB V § 120 Rdnr. 16 jeweils unter Hinweis auf die Rspr. des BSG; auch etwa LSG Sachsen, Urteil vom 14.11.2012, - L 8 KA 17/11 - oder BSG, Urteil vom 06.09.2006, - B 6 KA 31/05 R -, in [...]). Die auf das Krankenhausförderungsrecht (§ 5 Abs. 1 Nr. 8 KHG) gestützten Einwendungen, die die Klägerin bereits im sozialgerichtlichen Verfahren erhoben hat, überzeugen auch den Senat
nicht. Wie das SG zutreffend dargelegt hat, ist die Doppelfinanzierung, die §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V a.F. vermeiden will, vorliegend nicht von vornherein ausgeschlossen, weil die Notfallbehandlungen von der auch der stationären
Krankenhausbehandlung dienenden allgemeinen Notaufnahme (...) und nicht von einer - von der Investitionskostenförderung ausgeschlossenen
- gesonderten Einrichtung vorgenommen werden. Dagegen ist im Berufungsverfahren Neues nicht vorgetragen worden; das gilt auch
für die vom SG ebenfalls zu Recht als unerheblich verworfenen Einwendungen im Hinblick auf die landesrechtliche Vorschrift in § 13 Abs.
4 LKHG. Dass die Erbringung von Notfallleistungen die Krankenhäuser (wie aus dem von der Klägerin angeführten Gutachten der
Deutschen Krankenhausgesellschaft ersichtlich ist) wirtschaftlich erheblich belastet, ist für die Anwendung des §
120 Abs.
3 Satz 2
SGB V a.F. nicht von Belang; das mag dazu beigetragen haben, das Gesetz zum 01.01.2016 zu ändern und den Investitionskostenabschlag
für die Zukunft abzuschaffen. Für die Vergangenheit (hier für die Quartale 2/2005 bis 1/2007) bleibt es aber bei der Anwendung
des zu dieser Zeit (noch) geltenden Rechts."
III.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 62 Abs. 2, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG). Hinsichtlich der von der Klägerin angefochtenen Vergütungskürzung ist gemäß § 52 Abs. 3 GKG der Kürzungsbetrag von 14.455,92 € maßgeblich, hinsichtlich des Nachvergütungsanspruchs der gewährte Betrag von 4.160,01
€. Da der Nachvergütungsanspruch auch Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war, hatte der Senat den Streitwert für
die erste Instanz von Amts wegen zu ändern (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG).