Tatbestand
Der Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen die Verpflichtung zur Feststellung der gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme
des Nachteilsausgleichs "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung) ab dem 11. Dezember 2018.
Der Kläger ist 2009 geboren. Seit seiner Geburt leidet er unter eine Mikrodeletion 22q11.2. (Das Mikrodeletionssyndrom 22q11.2
ist der zweithäufigste Gendefekt beim Menschen. Hierbei ist ein winzig kleiner Teil der normalen Erbinformation auf dem Chromosom
22 verloren gegangen. Jedes 4.000ste Neugeborene ist betroffen.) Er besucht die M. Schule, M. P. Schule, Sonderpädagogisches
Bildungs- und Beratungszentrum mit dem Schwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung.
Auf seinen Erstantrag nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (
SGB IX) stellte das Landratsamt O. (LRA) durch Bescheid vom 28. Juni 2010 einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 seit dem 19. Februar
2009 fest. Dieser Feststellung lag die versorgungsärztliche Stellungnahme der Dr. N. zugrunde, die eine psychomotorische Entwicklungsstörung
mit einem GdB von 50 bewertete. Maßgeblich hierfür war der Bericht des Universitätsklinikums T. über die Vorstellung des Klägers
im Februar 2010, aus dem sich die Diagnosen eines ehemaligen Frühgeborenen der 35. SSW (
GG 1990 g, P10) und einer Mikrodeletion 22q11.2 mit schwerer psychomotorischer Retardierung mit Rumpfhypotonie, einem leichtem
dysmorphem faszialem Stigmata, einer Pupillenektopie und einer Iriskolobom rechts, einer Positionsanomalie des Truncus brachiocephalicus,
einem Z. n. Umsetzung am 29. Dezember 2009 und einem Maldeszensus testis rechts ergaben.
Am 27. April 2011 beantragte der Kläger die Neufeststellung des GdB und die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen
für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr).
Zur Vorlage kam unter anderem das Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß Sozialgesetzbuch Elftes Buch (
SGB XI) aufgrund seiner Untersuchung vom 29. November 2010; die Pflegestufe II wurde empfohlen. Im Weiteren gelangte zur Verwaltungsakte
der Bericht der Nachsorgeklinik T. über die familienorientierte Rehabilitation vom 31. März bis zum 28. April 2011, aus dem
sich als Diagnosen eine Mikrodeletion 22q11.2, ehemaliges FG 35. + 5. SSW, einen Z. n. säbelscheidenförmiger Einengung der
Trachea mit stark abgeflachter Karina und Malazie zum linken Hauptbronchus bei Kompression durch den Truncus brachiocephalicus
nach anterior und proximal 29. Dezember 2009, eines Z. n. bds. Pneumothorax und Dystelektase sowie postoperativer NIV-Beatmung
bis 3. Januar 2010, eines Maldesczensus testis links Orchidopexie August 2010, eines Plagiocephalus, eines verzögerten Erreichens
der Entwicklungsstufen, einer Pupillenektopie und eines Iriskolobom sowie negativer Kindheitserlebnisse (kardiologische Erkrankung
und Therapie) ergaben. Die Versorgungsärztin P. bewertete nunmehr die psychomotorische Entwicklungsstörung mit einem GdB von
80. Aufgrund der jetzt sehr deutlichen Entwicklungsverzögerung könne eine höhere Bewertung und der Nachteilsausgleich "G"
empfohlen werden. Eine Nachprüfung bereits in zwei Jahren erscheine sinnvoll. Dementsprechend stellte das LRA durch Bescheid
vom 4. Juli 2011 einen GdB von 80 seit dem 27. April 2011 und die gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs
"G" fest.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch erklärte sich der Kläger mit dem GdB von 80 und der Feststellung der Voraussetzungen
des Nachteilsausgleichs "G" einverstanden. Es fehle jedoch die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme
der Nachteilsausgleiche "B" (Berechtigung für eine ständige Begleitung) und "H" (Hilflosigkeit).
Versorgungsärztlich war Dr. K.-W. der Ansicht, dass die Voraussetzungen der beantragten Nachteilsausgleiche vorlägen. Das
LRA stellte daraufhin durch Bescheid von 28. September 2011 zusätzlich die gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme
der Nachteilsausgleiche "B" und "H" ab dem 25. Juli 2011 fest.
Am 27. Juni 2013 leitete das LRA das Nachprüfungsverfahren ein, in dessen Rahmen der Kläger die Feststellung der gesundheitlichen
Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "aG" beantragte.
Aus dem Bericht der Lebenshilfe e. V. ergab sich der Kindergartenbesuch seit dem 11. Oktober 2011. Zum motorischen Bereich
wurde ausgeführt: kann Krabbeln, kein selbständiges Stehen oder Gehen möglich, stark hypoton, leichte Spastik, stark eingeschränkte
Fein- und Grobmotorik.
Dem Bericht des Diakonie-Klinikum Sch. H. gGmbH über die Vorstellung am 9. August 2012 ließ sich entnehmen, dass Laufen mit
beiden Händen festgehalten über mehrere Schritte möglich, ein dosiertes Zurücksetzen nur schwer möglich sei. Im Sitz/Stand
bestehe eine Tendenz zur Gewichtsverlagerung auf die rechte Seite.
Versorgungsärztlich wurde von Dr. Z. die psychomotorische Entwicklungsstörung weiterhin mit einem GdB von 80 bewertet sowie
weiterhin vom Vorliegen der Voraussetzungen der Nachteilsausgleiche "G", "B" und "H" ausgegangen. Die gesundheitlichen Voraussetzungen
für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "aG" lägen hingegen nicht vor.
Der Arzt für Kinder- und Jugendmedizin Dr. J. teilte mit, der Kläger sei derzeit in der Lage, an Möbeln aufzustehen und etwas
daran entlang zu gehen. Seine Gehstrecke sei kurz und entspreche der Länge der benutzten Möbel. Eine Gehsicherheit bestehe
leider nicht. Ergänzend legte er den Bericht der Physiotherapeutin P. von September 2013 vor, wonach der Kläger zum Stand
an Möbeln komme. Seine Füße seien besser aufgerichtet.
Dr. Z. führte versorgungsärztlich aus, die aktuelle Gehstrecke dürfte sich jetzt kurzfristig durch eine konsequente Therapie
weiter verbessern. Die Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "aG" fänden sich nicht. Durch Bescheid vom 9. Januar 2014 lehnte
daraufhin das LRA die Feststellung der gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "aG" ab.
Durch weiteren Bescheid vom 10. Januar 2014 führte das LRA aus, aufgrund des Ergebnisses der Überprüfung sei derzeit nicht
beabsichtigt, den GdB herabzusetzen sowie eventuell festgestellte gesundheitliche Merkmale für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen
zu entziehen.
Mit dem streitgegenständlichen Antrag vom 27. April 2016 beantragte der Kläger die Feststellung der gesundheitlichen Merkmale
für die Inanspruchnahme der Nachteilsausgleiche "G", "B", "aG" und "RF" (Ermäßigung der Rundfunkgebührenpflicht).
Nach dem zur Vorlage gekommenen Bericht (Zeugnis) der M. Schule über das Schuljahr 2015/2016 (1. Schulbesuchsjahr) habe der
Kläger große Freude an den Bewegungssituationen gezeigt. In diesem Schuljahr sei das freie Gehen erlernt worden. Auf bekannten
Wegen innerhalb des Schulgeländes habe er sich frei im Gehen bewegen können. Bei unebenen Flächen habe er jedoch noch unsicher
gewirkt.
Aus dem Bericht des Diakonie-Klinikum Sch. H. gGmbH über die Vorstellung am 20. September 2016 ergab sich anamnestisch, dem
Kläger falle mittlerweile das Laufen schwer, er müsse oft im Kinderwagen transportiert werden. Er habe Orthesen getragen.
Nach Ablegen der Orthesen habe er sich sicher bewegen können und sogar eine Schwelle im aufrechten Gang, jedoch sehr hypoton,
vor allem ab der Hüfte nach kranial, bewältigen können.
Die Versorgungsärztin P. führt aus, eine wesentliche Änderung sei nicht eingetreten. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme
der Nachteilsausgleiche "aG" oder "RF" lägen nicht vor. Hierauf gestützt lehnte das LRA durch Bescheid vom 27. Februar 2017
die Feststellung der gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme der beantragten Nachteilsausgleiche ab.
Deswegen erhob der Kläger Widerspruch. Er benötige den Nachteilsausgleich "aG", weil er schlecht mit den Orthesen laufen könne.
Er sei acht Jahre alt, jedoch hinsichtlich des Gehvermögens auf dem Stand eines Dreijährigen.
Die Physiotherapeutin P. führte aus, der Kläger sei bei ihr in Behandlung seit er ein halbes Jahr alt sei. Seitdem habe er
sich so weit entwickelt, dass er gut stehen und einige Schritte frei laufen könne. Momentan müssten seine Eltern ihn zum Teil
weite Strecken tragen. Die Ablehnung des Nachteilsausgleichs "aG" sei nicht nachvollziehbar.
Nach dem Bericht des Dr. L. über die orofaziale und neuropädiatrische Untersuchung am 20. Juli 2015 habe eine generelle Muskelhypotonie
mit übertreckbaren Gelenken vorgelegen. Das Laufmuster sei breit mit rekuvierten Knien gewesen. Es hätten Knick-Senkfüße vorgelegen,
Orthesen seien getragen worden.
Der Kinderarzt Dr. B. führte aus, der Kläger verfüge über Unterschenkelorthesen, über einen Rollstuhl mit Fußbank und Lumbalstütze,
über einen Therapiestuhl mit Rückhaltesystem und über einen Reha-Buggy. Allein aus dieser Hilfsmittelversorgung beziehungsweise
diesem Bedarf lasse sich schon auf die erhebliche Art der Behinderung schließen. Hinsichtlich des Gehvermögens sei allmählich
eine Verbesserung eingetreten, aber auch bei aktuell freiem Gehen sei der Kläger recht hypoton und unsicher, sicherlich nicht
ausdauernd und auch aufgrund der geistigen Behinderung sicher nicht in der Lage, sich selbständig/allein fortzubewegen. Eine
ständige Beaufsichtigung und Unterstützung sei erforderlich. Es liege eindeutig eine schwere Einschränkung der Gehfähigkeit/Fortbewegung
vor.
Versorgungsärztlich sah Dr. W.-G. die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "aG" als nicht erfüllt
an. Entscheidend sei das Ausmaß der Beeinträchtigung des Gehvermögens, das anhaltend auf das Schwerste eingeschränkt sein
müsse. Es bestehe ein breites Laufmuster und es gelinge freies Gehen auf bekannten Wegen. Der Kläger habe sich ohne Orthesen
sicher im aufrechten Gang bewegen und sogar eine Schwelle bewältigen können. Hierauf gestützt wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid
vom 27. Juli 2017 den Widerspruch zurück.
Mit der am 28. August 2017 beim Sozialgericht Ulm (SG) erhobenen Klage hat der Kläger die Feststellung der gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs
"aG" weiterverfolgt.
Neben dem bereits aktenkundigen Bericht (Zeugnis) der M. Schule über das Schuljahr 2015/2016 (1. Schulbesuchsjahr) ist zur
Vorlage gekommen der Bericht (Zeugnis) über das Schuljahr 2016/2017 (2. Schulbesuchsjahr). Aus diesem hat sich ergeben, in
der Bewegungsförderung habe der Schwerpunkt im Ausbau der Gehfähigkeit gelegen. Dazu hätte eine Verbesserung des Gleichgewichts
beim Gehen, der Ausbau der Gehstrecke und auch des Treppensteigens gehört. Das Gangbild sei zunehmend sicherer geworden. Dem
Kläger sei es gelungen, Strecken von bis zu 1,5 km ohne fremde Hilfe zu bewältigen. Im Schulhaus habe er sich völlig frei
bewegt. Treppen sei er sowohl auf- als auch abwärts im Nachstellschritt gestiegen. Hierzu habe er sich meist mit zwei Händen
am Geländer festgehalten. Unter Sichtkontrolle sei es ihm auch gelungen, eine Hand vom Geländer zu entfernen.
Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen angehört und das Gutachten des Prof. Dr. B., Leiter der Sektion Sozialpädiatrisches
Zentrum und Pädiatrische Neurologie der Universitätsklinik U. für Kinder- und Jugendmedizin, aufgrund ambulanter Untersuchung
am 11. Dezember 2018 erhoben.
Dr. L. hat mitgeteilt, den Kläger lediglich einmalig, am 20. Juli 2015, behandelt und außerdem nur kurze Informationen durch
ein Telefonat mit dessen Vater erhalten zu haben. Derzeit könne der Kläger circa 1 km Wegstrecke unter großer Anstrengung
oder fremder Hilfe sowie mit Orthesen zurücklegen. Im Jahr 2015 sei es weniger gewesen. Die Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs
"aG" lägen vor.
Nach der sachverständigen Zeugenaussage des Dr. B. habe dieser den Kläger im Jahr 2017 nur dreimal wegen fieberhafter Luftwegsinfekte
gesehen. Eine Testung der Gehstrecke sei zu diesen Zeitpunkten nicht möglich gewesen. Ergänzend hat Dr. B. seinen bereits
gegenüber dem LRA abgegebenen Bericht vorgelegt.
Die Psychotherapeutin P. hat angegeben, sie könne sich die Ablehnung der Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen
des Nachteilsausgleichs "aG" nur mit einem Irrtum erklären. Das Gangbild sei sehr auffällig und kräfteverschleißend. Der Kläger
laufe in starker Kniebeugung in allen Gangphasen, was dazu führe, dass er nur sehr kurze Strecken allein bewältigen könne.
Das Zurücklegen von Wegen zum Arzt, zu Therapien oder zum Krankenhaus sei allein nicht möglich.
Dr. N., Diakonie-Klinikum Sch. H. gGmbH, hat von einer letztmaligen Vorstellung im September 2016 berichtet. Als Diagnose
habe er eine schwere globale Entwicklungsstörung bei Mikrodeletion 22q11.2 mit multiplen Fehlbildungen erhoben. Im September
2016 habe der Kläger lediglich einige wenige Schritte mit Hilfestellung bewältigen können. Eine außergewöhnliche Gehbehinderung
liege vor.
Im Weiteren ist zur Vorlage gekommen der Bericht (Zeugnis) der M. Schule über das Schuljahr 2017/2018 (3. Schulbesuchsjahr).
Hiernach habe sich der Kläger nun im Spiel freier in den Räumen und dem angrenzenden Gartenbereich bewegt. Sei die Tagesroutine
aber, etwa durch Lerngänge, unterbrochen worden, sei es für ihn wichtig gewesen, eine feste Bezugsperson zu haben, die ihn
an der Hand gehalten habe. Er habe seine koordinativen Fähigkeiten weiter erweitert. Bei Lerngängen sei er weiterhin vorsichtig
im Zutrauen in seine Bewegungsfähigkeit gewesen. Er habe Zeit benötigt, um seine Mitschüler in der Bewegung beobachten zu
können, oftmals sei auch ein gemeinsames Handeln mit einer Lehrkraft an Bewegungsstationen oder -spielgeräten erforderlich
gewesen. Bei Lerngängen sei ein Buggy nicht mehr notwendig gewesen. Der Kläger habe große Ausdauer beim Laufen gezeigt.
Das Sanitätsfachgeschäft Br. hat von einem Bedarf und regelmäßiger Nutzung der Hilfsmittel Rollstuhl mit Zubehör, Reha-Buggy,
Therapiefahrrad, Therapiestuhl, Inkontinenzbadehose, Behinderten-Autositz sowie diverser Orthesen für Arm und Bein berichtet.
Prof. Dr. B. hat aufgrund der ambulanten Untersuchung am 11. Dezember 2018 ein Sachverständigengutachten erstattet. Demnach
hätten die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "aG" vorgelegen.
Die Eltern des Klägers hätten von einer wöchentlichen Physiotherapie in der Schule und einer vierzehntägigen außerhalb der
Schule berichtet. Er habe in der Schule einen Spezialstuhl für Behinderte, zu Hause einen Stuhl mit Sitzzurichtung zur Verbesserung
des aufrechten Sitzens. Überwiegend werde er mit dem Reha-Buggy transportiert. Die Krankenkasse habe jetzt Unterschenkelorthesen
genehmigt. Im häuslichen Bereich nutze er einen selbst angefertigten Gehwagen. Aus dem Bett könne er selbständig aufstehen
und dann an einer Hand oder an beiden Händen geführt in der Wohnung laufen. Gleiches gelte für die kurze Distanz von einigen
Metern von der Wohnung zum Schulbus. Das Laufen sei für ihn sehr anstrengend, er laufe mit gebeugten Knien an der Hand. In
der Wohnung laufe er überwiegend allein unter Zuhilfenahme des Gehwagens oder halte sich fest. Bei Unternehmungen außerhalb
der Wohnung werde er mit dem Reha-Buggy transportiert.
Als Untersuchungsbefund habe eine deutliche Hypotonie an Rumpf und Extremitäten mit mangelnder Aufrichtung im Sitzen und Stehen
vorgelegen. In der Untersuchungssituation sei der Kläger nicht frei gelaufen, jedoch gehalten, indem er sich auf den Unterarmen
seines Vaters abgestützt habe. Im Untersuchungszimmer sei er an der Hand seines Vaters gebeugt im Kauergang umhergelaufen.
Auch über Distanzen von einigen Metern außerhalb des Untersuchungszimmers sei er, sofern man ihm mit einem interessanten Objekt
(Ball) motiviert habe, an der Hand seines Vaters gelaufen. An dessen Hand habe er auch im Nachstellschritt circa zehn Treppenstufen
auf- und abwärts laufen können, dabei hätte eine erhebliche Unsicherheit bestanden. Freies Laufen sei nicht möglich gewesen.
Die Angaben zur Mobilität in der Schule hätten in der klinischen Untersuchung nicht nachvollzogen werden können, sie wären
auf andere, insbesondere fremde Umgebungen nicht übertragbar.
Prof. Dr. B. hat als Diagnosen ein 22q11.2-Mikrodeletionssyndrom mit globaler Entwicklungsstörung, eine Störung der Körpermotorik
(GMFCS III [Gross Motor Function Classifikation System - Stufe I kaum beeinträchtigt, Stufe V unter anderem kein freies Sitzen]),
eine mittelschwere Intelligenzminderung mit Verhaltensstörung, eine fehlende Sprachentwicklung (Sprachapraxie), eine orofaziale
Hypotonie mit Dyspraxie und Vekumschwäche, eine Ess- und Trinkstörung, eine milde spastische Parese des linken Armes sowie
einen Z. n. Positionsanomalie des Truncus brachiocephalicus (Umsetzungsoperation 29. Dezember 2009) erhoben. Der Kläger habe
eine eingeschränkte Mobilität. Laut Schulbericht könne er sich zwar im Schulgebäude frei bewegen und zu Hause bestehe laut
seiner Eltern eine überwiegende Bewegungsfähigkeit mit Festhalten. In der Untersuchungssituation und vermutlich in Alltagssituationen
außerhalb von Wohnung und Schule benötige er aber zur Mobilität - wie in der Untersuchungssituation klar erkennbar - Unterstützung
durch eine bekannte Begleitperson, um bereits Distanzen von wenigen Metern fußläufig zu bewältigen. Seiner geistigen Behinderung
komme hinsichtlich der Mobilität wesentliche Bedeutung zu. Er sei nicht nur eigenwillig und stark von seinen eigenen Interessen
geleitet, sondern auch in fremden Situationen regelhaft verunsichert, so dass er sein möglicherweise vorhandenes motorisches
Potenzial dann nicht ausschöpfen könne. Diese Verhaltensbesonderheiten seien für viele Menschen mit dem 22q11.2-Mikrodeletionssydnrom
typisch. Es sei für jegliche Mobilität außerhalb vertrauter Umgebungen (Schule, Wohnung) nicht nur die physische Anwesenheit
einer Begleitperson, sondern auch eine praktische Unterstützung beim Transfer aus einem Fahrzeug und der Bewältigung von Entfernungen
bereits über wenige Meter erforderlich. Demnach sei es dem Kläger nicht möglich, regelmäßig ohne fremde Hilfe in nicht vertrauter
Umgebung eine Gehstrecke von bereits wenigen Metern eigenständig zurückzulegen. Seine außergewöhnliche Gehbehinderung beruhe
nicht auf orthopädischen, bewegungsbezogenen oder neuromuskulären Störungen, sondern auf seinen mentalen Funktionsstörungen,
die sich aus dem Zusammenwirkung seiner syndromspezifischen schweren seelischen Behinderung und mittelschweren geistigen Behinderung
ergäben. Die außergewöhnliche Gehbehinderung liege seit April 2011 vor. Der Aktenlage lasse sich entnehmen, dass diese in
den ersten Jahren ursprünglich durch die damals bestehenden neuromuskulären Funktionsstörungen begründet gewesen sei. Diese
hätten sich erfreulicherweise gebessert und lägen nur noch teilweise vor. Im Vordergrund stünden jetzt aber die mentalen Funktionsstörungen,
die weiterhin eine außergewöhnliche Gehbehinderung verursachten. Es sei allerdings vorstellbar, dass der Kläger im Lauf seiner
weiteren Entwicklung und Förderung bei konsequentem Training auch in diesem Bereich Fortschritte entwickeln könne.
Der Beklagte hat sich dem Gutachten des Prof. Dr. B. nicht anschließen könne. Er hat auf die sachverständige Zeugenaussage
des Dr. L., die Auskunft der Physiotherapeutin P. und die Zeugnisse der M. Schule verwiesen, woraus sich die gesundheitlichen
Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "aG" nicht ableiten ließen. In ihrer versorgungsärztlichen
Stellungnahme habe Dr. K. zwar eine Erhöhung des GdB auf 100 vorgeschlagen, sei vom Vorliegen der Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs
"aG" ausgegangen und habe in ihrer ergänzenden Stellungnahme auch einen mobiltätsbezogenen GdB von 80 bestätigt. Der Kläger
könne sich jedoch im Schulgebäude ohne Hilfe über 1,5 km frei bewegen. Im häuslichen Umfeld und in fremden Umgebungen sei
er zwar auf einen Reha-Buggy angewiesen; im Umkehrschluss ergebe sich jedoch, dass er hierauf in bekannter Umgebung nicht
angewiesen sei. Auch die leitende Ärztin Dr. F. habe sich bei diesem Sachverhalt versorgungsärztlich nicht davon überzeugen
können, dass die Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "aG" gegeben seien.
Aus der versorgungsärztlichen Stellungnahme der Dr. K. hat sich ergeben, dass nach den Untersuchungsbefunden des Prof. Dr.
B. eine deutliche Hypotonie des Rumpfes und der Extremitäten mit mangelnder Aufrichtung im Sitzen und Stehen dokumentiert
seien. Bei dem beschriebenen erheblich unsicheren Gangbild (im Kauergang) sei die Empfehlung des fachärztlichen Sachverständigen
nicht stichhaltig widerlegbar. Laut den wiedergegebenen Angaben über die Mobilität des Klägers in vertrauter Umgebung sei
bei dem beschriebenen Gangbild von einer außergewöhnlichen Gehbehinderung durchaus auszugehen. Angesichts der Angaben über
die geistige Behinderung mit schweren Kommunikationsstörungen sowie über die körperliche Behinderung und über die Verhaltensbesonderheiten
werde eine Erhöhung des GdB auf 100 vorgeschlagen. In einer weiteren Stellungnahme hat Dr. K. wegen der gutachterlich beschriebenen
Störung der Körpermotorik ausgeführt, dass bei finaler Betrachtung von einem mobilitätsbezogenen GdB von 80 auszugehen sei.
Nach der versorgungsärztlichen Stellungnahme der Dr. F. hat sich diese nach erneuter Prüfung den versorgungsärztlichen Stellungnahmen
der Dr. K. nicht anschließen können. Die in den Berichten des Diankonie-Klinikums Sch. H. gGmbH und der M. Schule dokumentierte
Gehfähigkeit von 1,5 km begründe nicht die Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "aG".
In einer weiteren Stellungnahme hat der Beklagte ausgeführt, die Störung der Körpermotorik des Klägers beeinträchtige dessen
Gehfähigkeit nicht derart gravierend, dass diese von den ersten Schritten an auf das Schwerste eingeschränkt sei. Demnach
liege auch kein mobilitätsbezogener Einzel-GdB von 80 vor. Er könne sich im Schulgebäude ohne Hilfe über eine Strecke von
bis zu 1,5 km frei bewegen und habe große Ausdauer beim Laufen gezeigt. Bei Lerngängen benötige er keinen Buggy mehr. Auch
nutze er nach dem Schulbericht vielfältige Bewegungsmöglichkeiten und könne Treppen sowohl aufwärts als auch abwärts begehen,
auch wenn er hierbei in der Untersuchungssituation die Hilfestellung seines Vaters benötigt habe. Wenn das Sachverständigengutachten
ausführe, er sei aufgrund seiner mentalen Funktionsstörung vermutlich in fremder Umgebung über Gehstrecken von wenigen Metern
auf den Transport im Rollstuhl oder Reha-Buggy angewiesen, begründe dies keinen Dauerzustand.
Nach dem Bericht (Zeugnis) der M. Schule über das Schuljahr 2018/2019 (4. Schulbesuchsjahr) habe sich der Kläger in bekannten
Räumen und wiederkehrenden Situationen zunehmend selbständiger verhalten. Der direkte Körperkontakt zu einer Bezugsperson
sei nicht mehr so ausschließlich wichtig gewesen. Innerhalb des Klassenzimmers habe er ein größeres Interesse an den verschiedenen
Spielgegenständen gezeigt und diese auch selbständig ausprobiert. Seine größere Selbständigkeit habe sich auch auf wiederholende
Lerngänge außerhalb des Schulgeländes (Gelände des heilpädagogischen Reitens, SchwimmH.e) übertragen. Unbekannten Situationen
gegenüber habe er sich jedoch immer noch ängstlich verhalten und sei zurück in die Beobachterrolle gegangen. Zur Psychomotorik
hat der Bericht ausgeführt, der Kläger habe innerhalb der Bewegungslandschaft eine gute Eigeninitiative gezeigt und verschiedene
Bewegungsmöglichkeiten ausprobiert. Hierbei sei er in der vertrauten Umgebung der SportH.e nun unabhängig von der Lehrkraft
gewesen.
Das SG hat durch Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 21. Oktober 2019 den Bescheid vom 27. Februar 2017 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 27. Juli 2017 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, ab dem 11. Dezember 2018 das Vorliegen
der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "aG" festzustellen. Es hat sich auf das
Gutachten des Prof. Dr. B. gestützt. Die Mutter des Klägers habe in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er bewege sich
außerhalb des Hauses ausschließlich im Rollstuhl oder im Reha-Buggy. In nicht vertrauter Umgebung könne er nur sehr eingeschränkt
laufen. Die Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "aG" seien jedoch nicht bereits seit der Antragstellung, sondern erst
ab dem Zeitpunkt der Begutachtung durch Prof. Dr. B. erwiesen. Vor diesem Zeitpunkt hätten aufgrund der Berichte der M. Schule
und des Dr. L. erhebliche Zweifel am Vorliegen der diesbezüglichen Voraussetzungen bestanden.
Am 13. November 2019 hat der Beklagte gegen das ihm am 31. Oktober 2019 zugestellte Urteil des SG Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt.
Zur Berufungsbegründung führt der Beklagte aus, nach dem Gutachten des Prof. Dr. B., auf das sich das SG gestützt habe, bestünden beim Kläger mentale Funktionsstörungen, die sich aus dessen seelischer Behinderung und mittelschwerer
geistiger Behinderungen ergäben, die so schwergradig seien, dass sie einer erheblichen mobilitätsbezogenen Teilhabebeeinträchtigung
gleichkämen, die einem GdB von mindestens 80 entspräche. Aufgrund des 22q11.2-Mikrodeletionssyndroms sei er in fremden Umgebungen
verunsichert und könne deshalb sein möglicherweise vorhandenes motorisches Potential nicht ausschöpfen. Er benötige für jegliche
Mobilität außerhalb vertrauter Umgebungen nicht nur eine physische Anwesenheit, sondern praktische Unterstützung beim Zurücklegen
von Entfernungen über bereits wenige Meter. Die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleiches
"aG" seien nicht erfüllt. Denn der Kläger sei nicht dauerhaft auch für sehr kurze Entfernungen auf fremde Hilfe oder die Verwendung
eines Rollstuhls angewiesen. Aufgrund des bestehenden Krankheitsbildes treffe dies nur auf fremde Umgebungen zu. In vertrauter
Umgebung sei es ihm möglich, sich weitgehend frei und ohne Hilfe zu bewegen. So sei in den Schulberichten der M. Schule dargelegt,
er könne Strecken von bis zu 1,5 km ohne fremde Hilfe bewältigen. Auch das Treppensteigen habe er sowohl auf- als auch abwärts
im Nachstellschritt unter Zuhilfenahme des Geländers absolviert. Weiter sei berichtet worden, dass er sich freier in den Schulräumen
und dem angrenzenden Gartenbereich bewegt habe, bei Lerngängen kein Buggy mehr benötigt worden sei und er große Ausdauer beim
Laufen gezeigt habe. Er habe regelmäßig am Schwimmunterricht teilgenommen und hierbei große Ausdauer und Bewegungsfreude gezeigt.
Im hauswirtschaftlichen Bericht sei erwähnt worden, nach dem Kochen würde er selbständig den Küchenwagen in die Küche schieben
und beim Aufräumen helfen. Im Schuljahr 2018/2019 habe er am heilpädagogischen Reiten teilgenommen und hierbei eine aufrechte
Sitzposition einhalten können. Schilderungen zu einem ständigen Hilfe- und Unterstützungsbedarf beim Gehen oder Laufen fänden
sich hingegen in den Schulberichten nicht.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 21. Oktober 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des SG für zutreffend und verweist auf die gutachterlichen Feststellungen des Prof. Dr. B..
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakte Bezug genommen.
Nach der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 18/9522, S. 318) kann beispielsweise bei folgenden Beeinträchtigungen eine solche
Schwere erreicht werden, dass eine erhebliche mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung vorliegt: zentralnervösen, peripher-neurologischen
oder neuromuskulär bedingten Gangstörungen mit der Unfähigkeit, ohne Unterstützung zu gehen oder wenn eine dauerhafte Rollstuhlbenutzung
erforderlich ist (insbesondere bei Querschnittlähmung, Multipler Sklerose, Amyotropher Lateralsklerose (ALS), Parkinsonerkrankung,
Para- oder Tetraspastik in schwerer Ausprägung), einem Funktionsverlust beider Beine ab Oberschenkelhöhe oder einem Funktionsverlust
eines Beines ab Oberschenkelhöhe ohne Möglichkeit der prothetischen oder orthetischen Versorgung (insbesondere bei Doppeloberschenkelamputierten
und Hüftexartikulierten), schwerster Einschränkung der Herzleistungsfähigkeit (insbesondere bei Linksherzschwäche Stadium
NYHA IV), schwersten Gefäßerkrankungen (insbesondere bei arterieller Verschlusskrankheit Stadium IV), Krankheiten der Atmungsorgane
mit nicht ausgleichbarer Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades und einer schwersten Beeinträchtigung bei metastasierendem
Tumorleiden (mit starker Auszehrung und fortschreitendem Kräfteverfall).
Gemessen an diesen gesetzlichen Vorgaben hat der Beklagte zu Unrecht durch den Bescheid vom 27. Februar 2017 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 27. Juli 2017 die Feststellung der gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs
"aG" ab dem 11. Dezember 2018, dem Zeitpunkt der gutachterlichen Untersuchung durch Prof. Dr. B., abgelehnt. Das SG hat den Beklagten zu Recht zur Feststellung der entsprechenden gesundheitlichen Merkmale ab dem 11. Dezember 2018 verpflichtet.
Der Kläger leidet, wie der Senat dem Gutachten des Prof. Dr. B. entnimmt, an einem 22q11.2-Mikrodeletionssyndrom mit globaler
Entwicklungsstörung. Infolgedessen bestehen eine Störung der Körpermotorik (GMFCS III), eine mittelschwere Intelligenzminderung
mit Verhaltensstörung, eine fehlende Sprachentwicklung (Sprachapraxie), eine orofaziale Hypotonie mit Dyspraxie und Vekumschwäche,
eine Ess- und Trinkstörung und eine milde spastische Parese des linken Armes. Darüber hinaus liegt vor ein Z. n. Positionsanomalie
des Truncus brachiocephalicus (Umsetzungsoperation am 29. Dezember 2009). Folge der Störung der Köpermotorik ist eine deutliche
Hypotonie an Rumpf und Extremitäten mit mangelnder Aufrichtung im Sitzen und Stehen. Der Kläger kann in unbekannter Umgebung
nicht frei laufen und benötigt Unterstützung durch eine Begleitperson, auf deren Unterarm er sich abstützen muss. Sein Gangbild
ist gebeugt, er läuft im Kauergang, demnach mit stark gebeugten Knien. An der Hand einer Begleitperson ist ihm möglich, im
Nachstellschritt circa zehn Treppenstufen auf- und abwärts laufen zu können, hierbei besteht jedoch eine erhebliche Unsicherheit.
Auch dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Prof. Dr. B..
Diese mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung des Klägers, wie sie in einer für ihn fremden Umgebung auftritt, entspricht
nach Ansicht des Senats einem GdB von mindestens 80. Sie ist vergleichbar dem Verlust eines Beines im Hüftgelenk oder mit
sehr kurzem Oberschenkelstumpf, dem Verlust beider Beine im Unterschenkel oder der Versteifung beider Hüftgelenke (Anlage
"Versorgungsmedizinische Grundsätze" zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung [VG], Teil B, Nr. 18.14). Auch die Versorgungsärztin Dr. K. hat, selbst wenn sich der Beklagte deren versorgungsärztlicher
Stellungnahme nicht angeschlossen hat, eine mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung in Höhe eines GdB von 80 bejaht.
Nach Ansicht des Senats sind aber die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "aG" nach dessen Sinn und Zweck
des behinderungsbedingten Mobilitätsausgleichs und der damit verbundenen Integration schwerbehinderter Menschen in die Gesellschaft
auszulegen. Im Hinblick auf dessen nachteilsausgleichende Wirkung durch die Nutzbarkeit von Behindertenparkplätzen und damit
der Verkürzung der Gehstrecke bei der Verrichtung alltäglicher Angelegenheiten wie dem Besuch der Schule, der Arbeitsstätte,
des Arztes, von kirchlichen und kulturellen Einrichtungen oder beim Einkaufen ist es insofern allein maßgeblich, in welchem
Ausmaß das Gehvermögen bei diesen Verrichtungen eingeschränkt ist. Der streitige Nachteilsausgleich mit der einhergehenden
Vergünstigung des Parkens ist schon von seinem Verständnis her auf eine fremde Umgebung ausgerichtet. Ob das Gehvermögen in
einer bekannten Umgebung nicht so eingeschränkt ist, ist unerheblich. Allein unter diesen Gesichtspunkten ist auch das Tatbestandsmerkmal
"dauernd" zu bestimmen.
Nach alledem hat der Beklagte zu Unrecht durch den Bescheid vom 27. Februar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 27. Juli 2017 nicht ab dem 11. Dezember 2018 die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs
"aG" festgestellt. Das SG hat den Beklagten zu Recht durch Urteil vom 21. Oktober 2019 zu der entsprechenden Feststellung verpflichtet. Die Berufung
des Beklagten war deshalb zurückzuweisen.