Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Verletztenrente und Verletztengeld bzw. dessen Erstattung ab 14. Dezember 2010
streitig.
Die im Jahr 1961 geborene Klägerin war in den Jahren 2002 bis 2006 wegen Neuralgie, Neurasthenie und aufgrund eines Radunfalles
im Jahr 2004 wegen Halswirbelsäulen- (HWS-) Distorsion/Schädelprellung tage- bzw. wochenweise arbeitsunfähig krank (vgl. Aufstellung
der Arbeitsunfähigkeitszeiten Bl. 97 der Verwaltungsakte, Bl. 134 der SG-Akte). Im Jahr 2010 war sie als selbständige Physiotherapeutin mit eigener Praxis und nach dem Unfall ab Oktober 2011 wieder
mit vier Stunden täglich tätig.
Auf dem Weg zu einem Hausbesuch bei einem Patienten erlitt die Klägerin am 14. Oktober 2010 gegen 12:00 Uhr einen Verkehrsunfall
in Freiburg. Sie stand mit ihrem PKW (Fiat Stilo) in einer Fahrzeugkolonne, auf die ein Kleintransporter (Renault Trafic)
auffuhr. Der PKW der Klägerin war der zweite Wagen in der Kolonne. Das erste Auto in der Kolonne (Subaru Legacy) wurde auf
ihren Wagen aufgeschoben, dieser wiederum auf einen vor ihr stehenden. Die Klägerin war angeschnallt. Die Airbags wurden nicht
ausgelöst (Bl. 84 der Verwaltungsakte). Die Klägerin konnte sich danach selbst abschnallen und das Fahrzeug verlassen (Bl.
176 der Verwaltungsakte). Im Polizeibericht vom Unfalltag wurde u.a. angegeben, dass alle Unfallbeteiligten leicht verletzt
gewesen seien und an allen Fahrzeugen Sachschaden entstanden sei. Der PKW der Klägerin habe einen Front- und Heckschaden in
Höhe von 3.000 € gehabt und die Klägerin ein HWS-Trauma erlitten.
Die Klägerin wurde mit dem Rettungsdienst gegen 13:00 Uhr in das Universitätsklinikum Freiburg, Abteilung für Orthopädie und
Traumatologie, gebracht und dort ambulant behandelt. Nach dem Durchgangsarztbericht von PD Dr. H. vom 15. Oktober 2010 sei
sie wach, ansprechbar und voll orientiert gewesen. Die GCS (G. C. S.) habe 15 (bei vollem Bewusstsein) erbracht. Der Schädel
sei klinisch stabil gewesen, ohne Prellmarke. Druckschmerzen hätten über dem linken Jochbogen bestanden. Die HWS sei im Stifneck
(HWS-Schiene) immobilisiert gewesen. Es hätten Druckschmerzen über dem oberen Anteil der HWS vorgelegen, das Sternum sei stabil
gewesen, Claviculae ohne Druckschmerzen. Es habe kein Thoraxkompressionsschmerz imponiert, Pulmo sei seitengleich und frei
belüftet gewesen, der Abdomen weich, sonographisch keine freie Flüssigkeit. Die Extremitäten seien frei beweglich gewesen.
Es hätten Schmerzen im Bereich der linken Schulter, des linken Handgelenks und der linken Hüfte bestanden, pDMS (periphere
Durchblutung, Motorik, Sensibilität) seien allseits intakt gewesen. PD Dr. H. veranlasste eine CCT (craniale Computertomographie)
und eine Computertomographie der HWS, die keine Fraktur und keine ICB (intrazerebrale Blutung) erbrachten. Auch das Röntgen
der linken Schulter, des linken Handgelenks und der linken Hüfte habe keine Frakturen gezeigt. Er diagnostizierte eine HWS-Distorsion
WAD- (Whiplash Associated Disorders-) Grad 2 und verordnete Ibuprofen 800 mg sowie Krankengymnastik und manuelle Therapie.
Die Klägerin wurde am Unfalltag arbeitsunfähig entlassen. Weiter ging PD Dr. H. davon aus, dass die Klägerin ab 18. Oktober
2010 wieder arbeitsfähig sein werde. Bei komplikationslosem Verlauf sei keine Wiedervorstellung erforderlich.
In der Folge wurde die Arbeitsunfähigkeit durch den Hausarzt der Klägerin Dr. S. verlängert. Am 9. November 2010 stellte sie
sich erneut beim Universitätsklinikum Freiburg vor. In dem entsprechenden Zwischenbericht führte Prof. Dr. S. aus, dass die
Klägerin bis 20. November 2010 arbeitsunfähig sei. Aktuell bestünden bei ihr Schmerzen des Hinterhauptes sowie Konzentrationsstörungen.
Prof. Dr. S. ließ eine HWS-Funktionsaufnahme machen, die keinen Hinweis auf eine diskoligamentäre Instabilität (Zerreißung
der Bandscheibe und der Bänder) erbrachte. Er empfahl eine Schmerzmedikation nach Bedarf. Nach einer weiteren Vorstellung
am 22. November 2010, bei der die Klägerin über Beschwerden in Form von Spannungsgefühl sowie zeitweiliger Desorientierung
klagte, wurde von Prof. Dr. S. eine neurologische Abklärung angeraten.
Im weiteren Verlauf stellte sich die Klägerin am 6. Dezember 2010 bei Dr. O., Facharzt für Neurologie, vor, dem sie berichtete,
wieder Auto zu fahren. Der Arzt diagnostizierte ein neurasthenieformes Syndrom sowie eine HWS-Distorsion WAD-Grad 2. Er führte
aus, dass bei Persistenz des psychovegetativen Syndroms psychiatrische und ggf. psychotherapeutische Maßnahmen erforderlich
seien. Das EEG (Elektroenzephalogramm) zeige im Hinblick auf das stattgehabte Unfallereignis einen unauffälligen Befund. Am 18. Januar 2011
empfahl Dr. O. aufgrund fortbestehender neurasthenischer Beschwerden und zur Abklärung einer posttraumatischen Belastungsreaktion
eine psychiatrische Untersuchung. Eine solche wurde dann ambulant ab dem 27. Januar 2011 in der psychiatrischen/psychotherapeutischen
Abteilung des Universitätsklinikums Freiburg durchgeführt. In den Arztbriefen der Psychiaterin und Psychotherapeutin Dr. N.-B.
vom 23. Februar 2011 und 2. Mai 2011 wurden als Diagnosen eine Anpassungsstörung mit affektiven und somatoformen Symptomen
und ein Zustand nach HWS-Distorsion im Rahmen eines Autounfalls genannt. Der Auffahrunfall habe kein lebensbedrohliches Ereignis
dargestellt, so dass insgesamt das A1-Kriterium nach DSM (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) IV für die
Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) nicht erfüllt sei. Die Klägerin habe sich seit Behandlungsbeginn
zunehmend psychisch stabilisiert. Zuletzt seien die depressive Symptomatik und die Symptome des posttraumatischen Stresssyndroms
nahezu remittiert gewesen. Persistierend seien noch gelegentliche Konzentrationsstörungen aufgetreten. Die Behandlung sei
inzwischen abgeschlossen worden.
In einem zwischenzeitlichen Bericht der Orthopädin und Unfallchirurgin Dr. H. vom 7. Januar 2011 wurde gegenüber der Beklagten
von einem neurasthenieformen Syndrom, einem Zustand nach HWS-Distorsion und einem Verdacht auf eine PTBS berichtet. Die Klägerin
habe einen großen Leidensdruck, körperlich aber wohl keinen fassbaren Befund.
In einem Bericht des Orthopäden Dr. R. vom 10. Februar 2011 wurden vor allem neurasthenische Beschwerden nach Auffahrunfall
mit Schlafstörungen, Globusgefühl und Kopfschmerz diagnostiziert. Er empfahl eine osteopathische Behandlung und Akupunktur.
Die Klägerin erhielt von der Beklagten ab dem Unfalltag Verletztengeld ausbezahlt (vgl. Bescheide vom 16. November sowie 6.
und 7. Dezember 2010). Ab dem 7. Dezember 2010 bis letztlich 15. März 2011 wurde das Verletztengeld jedoch nur noch vorschussweise
bezahlt (vgl. Schreiben vom 17. Januar, 21. Februar und 15. März 2011). Die Klägerin wurde dabei jeweils darauf hingewiesen,
dass der Vorschuss nach §
42 Abs.
1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB I) gezahlt werde, weil die Höhe der Leistungen noch nicht feststehe und durch Gutachten die Dauer der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit
abgeklärt werden solle. Der Vorschuss sei zurückzuzahlen, falls der Anspruch nicht bestehe.
Die Beklagte ließ die Klägerin bei Prof. Dr. H., Facharzt für Orthopädie, begutachten. Im Gutachten vom 9. April 2011 führte
dieser zusammenfassend aus, dass es nur geringfügige Hinweise und Annahmen für eine leichte Distorsion der HWS gäbe. Der Unfallmechanismus
spreche als solches eher dafür. Er sei adäquat, nicht jedoch die aus diesem abzuleitende Kraft. Die Druckschmerzen am Unfalltag
könnten auf eine leichte Zerrung der Muskeln und Bänder hinweisen. Dass jene jedoch danach nicht mehr bestanden hätten, spreche
für die Harmlosigkeit einer solchen Zerrung. Sie müsste also binnen weniger Tage vollständig ausgeheilt gewesen sein. Objektivierbare
Unfallfolgen seien nie nachgewiesen worden und auch gegenwärtig nicht vorhanden. Wesentliche Befunde seien die Degenerationen
in den unteren beiden Segmenten der HWS, die jedoch eindeutig ein Vorschaden seien. Die zahlreichen früher und auch jetzt
geklagten sonstigen Befindlichkeitsstörungen könnten nicht auf objektivierbare Gesundheitsstörungen der HWS zurückgeführt
werden. Unfallbedingte Beschwerden könnten incl. einer Sicherheitsmarge allenfalls für sechs Wochen bestanden haben. Da aber
die nervenärztliche Abklärung erst nach 53 Tagen erfolgt sei, werde diese Zeit in die Behandlungsbedürftigkeit eingeschlossen,
letztlich also bis zum 13. Dezember 2010, d.h. zwei Monate posttraumatisch. Bis zu diesem Zeitpunkt könne auch die Attestierung
einer Arbeitsunfähigkeit verantwortet werden. Ab dem Folgetag sei die Klägerin die Unfallfolgen betreffend arbeits- und voll
erwerbsfähig gewesen. Aus orthopädischer Sicht liege auch keine PTBS vor; das Unfallereignis sei relativ harmlos und fern
von jeglicher Lebensbedrohung gewesen.
Die Beklagte gab ein weiteres Gutachten bei Dr. C., Facharzt für Neurologie, in Auftrag. Die Klägerin arbeite aktuell wieder
6 Stunden pro Tag, fahre weiter Pkw und behandele ihre Beschwerden mit homöopathischer Medikation, das Stimmungsbild sei depressiv
gefärbt ohne Verhinderung des Antriebs oder der Schwingungsfähigkeit, soziale Rückzugstendenzen bestünden nicht. Der Gutachter
diagnostizierte in seiner Expertise vom 16. April 2011 eine HWS-Distorsion Grad 2, folgenlos ausgeheilt, und eine unfallunabhängige
Neurasthenie. Ein neurologisches Defizit habe zu keinem Zeitpunkt bestanden, ebenso wenig Hinweise für eine strukturelle Verletzung.
Die computertomographische Darstellung des Kopfes sowie der HWS habe keinen pathologischen Befund ergeben. Ein umschriebenes
neurologisches Defizit habe sich zu keinem Zeitpunkt gezeigt. Damit vereinbar habe sich auch bei der gutachterlichen Untersuchung
klinisch und elektrophysiologisch kein Nachweis einer Läsion der peripheren Nerven, der Nervenwurzel oder des Halsmarkes gefunden.
Es habe sich um einen Auffahrunfall ohne körperliche Verletzungen gehandelt. Dieser sei in Art und Ausmaß keinesfalls geeignet
gewesen, eine anhaltende psychoreaktive Störung zu verursachen. Die Neurasthenie und die Neigung zu somatoformer Symptombildung
seien zudem bei der Klägerin vorbekannt und hätten in der Vergangenheit wiederholt zu Arbeitsunfähigkeit geführt. Zusammenfassend
ließen sich Folgen des Unfalls vom 14. Oktober 2010 nicht mehr feststellen.
Mit Bescheid vom 7. Juni 2011 erkannte die Beklagte den Unfall vom 14. Oktober 2010 als Arbeitsunfall an. Die Klägerin habe
aber keinen Anspruch auf Rente. Sie habe sich eine leichte Zerrung der HWS zugezogen, die zwischenzeitlich folgenlos ausgeheilt
sei. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe bis einschließlich 13. Dezember 2010 vorgelegen. Unabhängig vom Arbeitsunfall
lägen leichte Degenerationen im unteren Bereich der HWS ohne funktionelle Einschränkungen und ein Erschöpfungssyndrom (Neurasthenie)
vor. Die Beklagte stützte sich auf die eingeholten Gutachten bei Prof. Dr. H. sowie Dr. C.. Weiter führte sie aus, dass die
Klägerin einen Vorschuss auf das Verletztengeld erhalten habe. Da unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit nur bis zum 13. Dezember
2010 vorgelegen habe, werde der bewilligte Vorschuss auf das Verletztengeld für die Zeit vom 14. Dezember 2010 bis 15. März
2011 aufgehoben und zurückgefordert, die "Klägerin müsse 3.004,46 € erstatten".
Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein und begründete diesen im Wesentlichen damit, dass die eingeholten Gutachten im
Widerspruch zu den Berichten der behandelnden Ärzte sowie ihren Beschwerden stünden. Bereits im Durchgangsarztbericht der
Universitätsklinik sei keine leichte, sondern eine HWS-Distorsion WAD-Grad 2 diagnostiziert worden. Auch sei von den behandelnden
Ärzten eine PTBS nicht ausgeschlossen worden. Sie sei in der Vergangenheit nicht wegen Neurasthenie behandelt worden. Weiter
bezog sie sich auf ein für eine private Versicherung erstelltes Gutachten von Dr. H. vom 9. Mai 2011, worin diese eine HWS-Distorsion
bei Verkehrsunfall und eine PTBS diagnostizierte. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage danach voraussichtlich
20 vom Hundert (v.H.) bis 24. Mai 2011 und dauerhaft voraussichtlich unter 10 v.H.
Die Beklagte holte eine beratungsärztliche Stellungnahme des Chirurgen und Unfallchirurgen Dr. K. ein, wonach zwar mit Bedenken
tatsächlich eine HWS-Distorsion WAD-Grad 2 angenommen werden könne. Bei einer solchen Diagnose seien nur klinische Symptome
vorhanden, also mit Hilfe bildgebender Verfahren keine Unfallfolgen nachzuweisen. Nach den Begutachtungsempfehlungen seien
Beschwerden und Symptome, wie sie bei WAD-Grad 1 oder 2 geltend gemacht würden, auch ohne vorausgegangenen Unfall in der Bevölkerung
gleich häufig, also nicht unfalltypisch und bildeten sich innerhalb weniger Tage, längstens nach etwa sechs Wochen zurück.
Die Beschwerdefreiheit vor dem angeschuldigten Ereignis sei weder ein Indiz für noch gegen den Unfallzusammenhang. Ein traumatisches
Ereignis von besonderer Qualität mit extremem Belastungsfaktor, das eine PTBS auslösen könne, könne bei einem Unfallereignis
wie hier ausgeschlossen werden. In einer weiteren beratungsärztlichen Stellungnahme auf nervenärztlichem Fachgebiet von Dr.
Dr. W., Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Chefarzt der Neurologischen Abteilung der Klinik am Rosengarten
in Bad Oeynhausen, wurde angeführt, dass zwar noch im zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis am 6. Dezember 2010 die
Diagnose eines neurasthenieformen Syndroms gestellt worden sei. Allerdings sei bei der Klägerin bereits früher unter der Diagnose
Neurasthenie Arbeitsunfähigkeit attestiert worden. Insoweit lasse sich nicht erkennen, dass die psychische Symptomatik im
Zusammenhang mit dem Unfall manifest geworden sei. Darüber hinaus sei das Unfallereignis nicht geeignet gewesen, bei nahezu
jedem eine anhaltende psychische Reaktion hervorzurufen, sondern vielmehr allenfalls dazu, eine kurze, wenige Tage anhaltende
psychische Reaktion. Die offenbar nur gering ausgeprägten auffälligen psychischen Symptome der Klägerin seien zusammenfassend
als unfallfremd abzugrenzen.
Die Klägerin legte weiter einen Bericht des Facharztes für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. G., Trier, vom 5.
Oktober 2011 vor, der darin ein posttraumatisches Zervikalsyndrom, eine posttraumatisch aufgetretene Funktionsstörung der
mittleren Brustwirbelsäule (BWS) und ein myofasciales Verkettungssyndrom mit Funktionsstörung des thorakolumbalen und lumbosakralen
Überganges diagnostizierte. Die Befunde und die Beschwerden seien auf das Unfallereignis vom 14. Oktober 2010 zurückzuführen.
Weiter wurde das Ergebnis einer Kernspintomographie der HWS vom 29. September 2011 vorgelegt, wonach bei der Klägerin Osteochondrosen
mit beginnender Uncovertrebalarthrose im Bereich C5-7, gut mittelgradige osteodiskogene Engen der Neuroforamina in den Segmenten
C5-7 links, geringgradig in C3/4 links, eine kyphotische Streckfehlhaltung der HWS ohne Olisthesis, keine spinale Stenosierung
sowie initiale Bandscheibenprotrusion in C6/7 und kein Prolaps bestünden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie an, dass
das Unfallereignis zu einer leichten Zerrung der HWS geführt habe. Solche Verletzungen seien spätestens nach wenigen Tagen
bzw. Wochen folgenlos ausgeheilt. Die noch vorhandenen Beschwerden habe Prof. Dr. H. auf die degenerativen Veränderungen der
HWS zurückgeführt. Dr. C. habe angegeben, dass zu keinem Zeitpunkt ein neurologisches Defizit bestanden habe. Es hätten sich
weder klinische noch bildgebende Hinweise für eine strukturelle Verletzung ergeben. Das geschilderte Unfallereignis sei in
Art und Ausmaß nicht geeignet gewesen, eine anhaltende psychoreaktive Störung zu verursachen. Selbst wenn von einer Halswirbelsäulenzerrung
WAD-Grad 2 ausgegangen werde, bilde sich diese Störung innerhalb weniger Tage längstens jedoch etwa nach sechs Wochen folgenlos
zurück. Auch die vorgetragene Beschwerdefreiheit vor dem Arbeitsunfall beweise nicht, dass die Veränderungen an der HWS unfallbedingt
entstanden seien. Solche Veränderungen entwickelten sich oft für eine lange Zeit klinisch stumm und träten zufälligerweise
nach einem Unfall erstmals in Erscheinung. Die Beschwerden im Bereich der HWS seien bereits vordokumentiert, und es hätten
sich erhebliche degenerative Veränderungen gezeigt. Eine PTBS erfordere als Auslöser ein traumatisches Ereignis von besonderer
Qualität mit einem extremen Belastungsfaktor. Ein solches Ereignis habe nicht vorgelegen. Unfallbedingte Funktionseinschränkungen,
die eine MdE von mindestens 20 v.H. rechtfertigten, lägen nicht vor. Das als Vorschuss gewährte Verletztengeld sei zurückzuerstatten
und die Ablehnung von Verletztengeld über den 13. Dezember 2010 hinaus nicht zu beanstanden.
Hiergegen hat die Klägerin am 20. Januar 2012 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben und dort (zuletzt) beantragt, dass die Beklagte eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis zum 31. Januar
2011 feststellen und für die Folgezeit eine Verletztenrente bis mindestens 24. Mai 2011 gewähren solle. Zur Begründung hat
sie u.a. einen Bericht des HNO-Arztes, Allergologen, Umweltmediziner und Neurootologen Dr. M.-K., Soltau, vom 7. März 2012
vorgelegt, wonach bei ihr ein posttraumatisches cervico-enzephales Syndrom vorliege, welches Dr. W. aus Trier bereits im Jahr
1996 in einem wissenschaftlichen Buch beschrieben habe.
Das SG hat zunächst schriftliche sachverständige Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte eingeholt. Prof. Dr. S. hat angegeben, dass
auf den Unfall die Distorsion der HWS WAD-Grad 2 zurückzuführen sei. Eine MdE habe zu keinem Zeitpunkt bestanden. Der Orthopäde
Dr. R. hat ausgeführt, dass die neurasthenischen Beschwerden mit Schlafstörungen, Globusgefühl und Kopfschmerzen sowie segmentale
Funktionsstörungen C1-3 wahrscheinlich ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen seien. Röntgenologisch hätten keine
nachweisbaren Schäden vorgelegen. Die Beschwerden der Klägerin hätten sich bis Oktober 2011 deutlich durch die Therapien gebessert.
Bis Juli 2011 habe noch eine MdE von 100 bzw. 30 v.H. und danach von 10 bis 15 v.H. vorgelegen. Dr. O. hat neben der HWS-Beschleunigungsverletzung
ein neurasthenieformes Syndrom als Folge des Unfalls vom 14. Oktober 2011 angesehen und die Gesamt-MdE auf 30 v.H. geschätzt.
Dr. M.-K. schließlich hat HNO-Beschwerden in Form einer Innenohrhochtonschädigung und eine kombinierte periphere-zentrale
Gleichgewichtsstörung ausschließlich auf den Unfall zurückgeführt.
Das SG hat von Amts wegen ein neurologisches Gutachten bei Dr. K. eingeholt. In seinem Gutachten vom 10. März 2013 hat dieser das
HWS-Schleudertrauma ursächlich auf den Unfall zurückgeführt. Auch wenn sich im Jahr 2004 schon ein Kopf-/Halstrauma ereignet
hätte, spreche das beschwerdefreie Intervall gegen eine wesentliche Vorschädigung. Das Nichtauslösen des Airbags stelle bei
einem Heckaufprall kein ausreichendes Kriterium für die Geringfügigkeit der Beschleunigung dar. Die Computertomographie der
HWS habe jedoch weder knöcherne Verletzungen noch eine Einblutung erbracht. Auch in der klinischen Ausgangsuntersuchung am
Unfalltag sei kein neurologisches Defizit erkennbar gewesen. Die von Dr. M.-K. durchgeführten Untersuchungen seien äußerst
störanfällig und die von ihm zitierte Literatur liege teils weiter zurück als der Beginn der heutigen modernen Bildgebung.
Insgesamt bestehe ein HWS-Schleudertrauma Grad 2 nach der Quebec Task Force (entspricht WAD). Für eine höhergradige Einstufung
müsste ein neurologisches Defizit vorliegen bzw. eine strukturelle Schädigung nachweisbar sein. Wegen der Dauer der Beschwerden
mit nun letztlich über Jahre nicht völlig remittierter Symptomatik gehe er zudem von einer Somatisierungsstörung aus, die
sich verselbständigt habe. Gegen eine PTBS spreche das Fehlen von Flashbacks. Er sehe die Somatisierungsstörung im Zusammenhang
mit dem Unfallereignis. Aus rein somatischer (orthopädischer und neurologischer Sicht) stimme er dem Gutachten von Prof. Dr.
H. vollends zu, dass die Klägerin bis zum 14. Dezember 2010 arbeitsunfähig gewesen sei und eine MdE von 100 v.H. zuerkannt
werden sollte. Für die weitere Beurteilung werde eine psychiatrische Begutachtung empfohlen.
In dem darauf von dem SG eingeholten psychiatrischen Gutachten von Prof. Dr. E. vom 3. Juni 2013 ist eine depressive Episode im Rahmen eines depressiven
Syndroms diagnostiziert worden. Um eine Anpassungsstörung handele es sich nicht, da bei einer solchen Störung vor allem keine
jahrelange Antriebshemmung mit Verlangsamung wie bei der Klägerin aufträte, auch fehle es an der dafür erforderlichen Anknüpfung
an Schmerzen, nachdem die eigentliche HWS-Symptomatik nach einhelliger Einschätzung abgeheilt sei. Für eine Somatisierungsstörung
mangele es an körperlichen Symptomen, die HWS weise keine organischen Veränderungen auf, die HNO-Untersuchungen würden als
unzuverlässig eingestuft. Die von der Klägerin geäußerte vermehrte Schmerzwahrnehmung sei somit als Bestandteil des depressiven
Syndroms zu sehen. Auch bestehe keine PTBS. Unabhängig davon, dass kein im eigentlichen Sinn lebensbedrohliches Trauma mit
Todesgefahr erlebt worden sei, habe die Klägerin auch keine Symptome der PTBS wie Wiedererlebnisse gezeigt. Ob es sich bei
der depressiven Erkrankung um eine von einer Hirnschädigung unabhängige depressive Episode oder um die Folge einer Hirnschädigung
nach HWS-Schleudertrauma und somit um eine organische depressive Störung handele, könne mit medizinischen Mitteln nicht sicher
geklärt werden. Somit könne im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne die Symptomatik nicht auf den Arbeitsunfall zurückgeführt
werden, da der Nachweis einer Hirnstammschädigung fehle. Seitens des psychiatrischen Fachgebietes bestünde Behandlungsbedürftigkeit
und Arbeitsunfähigkeit durch die Symptomatik der depressiven Episode entweder durchgehend unfallunabhängig oder im Falle des
Nachweises der Hirnstammschädigung unfallabhängig.
Es ist weiter von der Klägerin ein Bericht des Internisten und Umweltmediziners Dr. K., R., vom 16. April 2013 vorgelegt worden,
worin eine Kohlenhydratverwertungsstörung und Laktazidose diagnostiziert worden sind. Das Unfallereignis erfülle die Kriterien
der haftungsbegründenden Kausalität, die nachfolgende Pathogenesekette die der haftungsausfüllenden Kausalität. Instabile
Genickgelenke würden zu intermittierenden Durchblutungsminderungen der Hirnregion führen, was Stickstoffmonoxid freisetze,
wodurch wiederum die Kohlenhydratverwertung gehemmt sei. Die Klägerin solle Kopfübungen durchführen, die Ernährung umstellen
und Mikronährstoffe zu sich nehmen.
In der Folge hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 20. November 2013, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 13. Dezember 2013, die Klage
nach vorrangegangener Anhörung der Beteiligten abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es nicht zur Überzeugung
gelangt sei, dass die Klägerin bei dem Arbeitsunfall vom 14. Oktober 2010 Gesundheitsstörungen erlitten habe, die eine MdE
in rentenberechtigendem Umfange von mindestens 20 v.H. begründeten. Es hat sich auf das Sachverständigengutachten des Dr.
K. gestützt. Wie auch aus den Befundberichten des Prof. Dr. S. zu entnehmen gewesen sei, habe der Unfall bei der Klägerin
nicht zu größeren Verletzungen geführt. Dies hätten sowohl die durchgeführte Computertomographie als auch die klinischen Erstuntersuchungen
gezeigt. Es habe sich kein neurologisches Defizit erkennen lassen. Prof. Dr. E. habe ausführlich und schlüssig begründet,
dass die bei der Klägerin vorhandene depressive Episode nicht auf den Arbeitsunfall zurückgeführt werden könne. Denn eine
Hirnstammschädigung habe nicht nachgewiesen werden können. Beide Sachverständigengutachten stünden hinsichtlich der Einschätzung
der MdE in Übereinkunft mit den Gutachten von Prof. Dr. H. und Dr. C.. Daraus folge, dass die Beklagte auch zutreffend eine
Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bis zum 13. Dezember 2010 angenommen habe. Ein Anspruch auf Verletztengeld
ab dem Folgetag liege nicht vor. Da die Beklagte Verletztengeld als Vorschuss nach §
42 Abs.
1 SGB I gewährt habe, sei dieses auch aufzuheben und zurückzuzahlen gewesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 10. Januar 2014 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt, zu deren
Begründung sie im Wesentlichen vorträgt, das SG-Urteil lasse vermissen, ob es einen grundsätzlichen Zurechnungszusammenhang zwischen Auffahrunfall und dem erlittenen Gesundheitsschaden
sehe. Das SG habe ein interdisziplinäres biomechanisches/unfallanalytisches Gutachten zur Frage einholen müssen, ob der Verkehrsunfall
grundsätzlich überhaupt geeignet gewesen sei, die behaupteten Gesundheitsstörungen hervorzurufen. Sie habe durch den Unfall
und die kollisionsbedingte Geschwindigkeitsveränderung eine HWS-Schleuderverletzung erlitten, die weit über das von den Gutachtern
festgestellte Maß hinausgehe. Es sei auffällig, dass Prof. Dr. E. nicht näher erläutert habe, dass ein posttraumatisches Belastungssyndrom
nicht vorliegen könne. Die Stärke eines solchen Syndroms hänge nicht von der Dramatik des auslösenden Ereignisses ab. Die
Gutachten ließen die Unterscheidung zwischen mittelgradiger depressiver Episode und einer PTBS nicht erkennen. Das SG habe in der Summe rechtswidrig eine MdE unterhalb von 20 v.H. (gemeint wohl: von mindestens 20 v.H.) für den beantragten
Zeitraum abgelehnt, weshalb "Verletztengeld" für den beantragten Zeitraum zu gewähren sei.
Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 20. November 2013 und den Bescheid vom 7. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 21. Dezember 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, aufgrund ihres Arbeitsunfalls vom 14. Oktober 2010 Arbeitsunfähigkeit
bis 31. Januar 2011 festzustellen sowie ihr eine Verletztenrente nach einer MdE von 75 v.H. für die Zeit vom 1. Februar 2011
bis 16. Februar 2011, nach einer MdE von 38 v.H. für die Zeit vom 17. Februar 2011 bis 15. März 2011 sowie nach einer MdE
von 20 v.H. für die Zeit vom 16. März 2011 bis mindestens 24. Mai 2011 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie führt an, dass es keinen Anhalt für psychische Erkrankungen gebe, die infolge eines Arbeitsunfalles eingetreten seien.
Es fehle weiter an dem erforderlichen Ereigniskriterium für eine PTBS.
Das Gericht hat auf Antrag der Klägerin, nachdem der behandelnde Arzt Dr. K. eine Begutachtung verweigert hat, Dr. K. in Hamburg
nach §
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) mit einer Gutachtenserstellung beauftragt. Nachdem die Klägerin reiseunfähig geworden ist und der behandelnde Allgemeinmediziner
Dr. S. eine mehrstündige Reise momentan für nicht angezeigt gehalten hat, hat der Senat den Gutachtensauftrag aufgehoben.
Die Beteiligten haben sich in der Folge mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (vgl. Schreiben
der Beklagten vom 15. Juni 2016, Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 24. Juni 2016).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und
zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann
(§
124 Abs.
2 SGG), ist form- und fristgerecht (§
151 Abs.
1 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§
143, §
144 SGG), aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Urteil des SG vom 20. November 2013, mit dem die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage erhobene Klage, mit welcher die Klägerin
unter Aufhebung des Bescheids vom 7. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2011 von der Beklagten
die Feststellung von Arbeitsunfähigkeit bis 31. Januar 2011 und die Gewährung einer Verletztenrente für den Zeitraum vom 1.
Februar 2011 bis mindestens 24. Mai 2011 verfolgt hat, abgewiesen worden ist.
Die Klage auf Feststellung der (weiteren) Arbeitsunfähigkeit ist bereits unzulässig. Soweit in dem Antrag eine Zahlung von
Verletztengeld bis zum 31. Januar 2011 zu sehen ist, ist die Klage jedenfalls unbegründet. Die Klage auf Gewährung von Verletztenrente
ist zulässig, jedoch unbegründet. Die in den angefochtenen Bescheiden verfügte Rückforderung des bewilligten Vorschusses von
Verletztengeld ist schließlich ebenfalls nicht zu beanstanden.
Soweit die Klägerin ausweislich ihres ausdrücklichen Berufungsantrages, der insoweit identisch ist mit dem zuletzt gestellten
Antrag des früheren Prozessbevollmächtigten im erstinstanzlichen Verfahren, eine Feststellung von der Beklagten über das Bestehen
von "Arbeitsunfähigkeit bis 31. Januar 2011" begehrt, ist dieser Teil der Klage bereits unzulässig. Über Arbeitsunfähigkeit
als nur einem Element eines möglichen Leistungsanspruches, nämlich des Verletztengeldanspruches, kann nicht isoliert entschieden
werden (vgl. Urteil des Senats vom 21. Mai 2015 - L 6 U 3246/14 -, [...]). Für eine solche unzulässige Klage auf Elementenfeststellung fehlt das Feststellungsinteresse. Sie ist gegenüber
einer Anfechtungs- und Leistungsklage auf Zahlung von Verletztengeld subsidiär (vgl. hierzu Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG-Kommentar, 11. Aufl. 2014, §
55 Rz. 9, 19f).
Soweit - wie es wohl auch das SG angenommen hat, ohne es ausdrücklich auszuführen - unter umfassender Auslegung des klägerischen Begehrens und ohne an die
Anträge gebunden zu sein (§
123 SGG; vgl. zum Meistbegünstigungsgrundsatz: BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R m.w.N.) in dem Anfechtungs- und Arbeitsunfähigkeitsfeststellungsantrag ein Begehren der Klägerin auf Zahlung von Verletztengeld
bis zum 31. Januar 2011 zu erblicken ist, da der klägerische Prozessbevollmächtigte am Ende seines Berufungsschriftsatzes
die Gewährung von "Verletztengeld für den beantragten Zeitraum" verlangt hat - auch wenn wegen der gleichzeitigen Bezugnahme
auf eine MdE von 20 v.H. eine Verwechslung von Verletztengeld und Verletztenrente erwogen werden könnte - ist die Klage zwar
zulässig. Die Beklagte hat, wie aus dem Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 2011 (vorletzter Absatz) deutlich wird, in ihrer
Verwaltungsentscheidung nicht nur die Zahlung von Verletztenrente abgelehnt, sondern auch die Zahlung von Verletztengeld über
den 13. Dezember 2010 hinaus, so dass die Klagevoraussetzung eines zuvor durchgeführten Verwaltungsverfahrens vorlag. Die
Klage ist jedoch insoweit unbegründet, da ein Anspruch der Klägerin auf Verletztengeld für den Zeitraum vom 14. Dezember 2010
bis zum beantragten 31. Januar 2011 nicht besteht.
§ 45 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB) VII regelt die Voraussetzungen für den Anspruch auf Verletztengeld. Der Anspruch
auf Verletztengeld setzt neben der Arbeitsunfähigkeit auf Grund eines Versicherungsfalls (Nr. 1) den Vorbezug von Arbeitsentgelt,
Arbeitseinkommen oder Entgeltersatzleistungen (Nr. 2) voraus. Der Anspruch auf Verletztengeld endet mit dem letzten Tag der
festgestellten Arbeitsunfähigkeit (§
46 Abs.
3 Satz 1 Nr.
1 SGB VII). Der Tatbestand der Arbeitsunfähigkeit i.S.d. gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Unfallversicherung ist
im Wesentlichen deckungsgleich (BSG, Urteil vom BSG vom 5. Juli 2005 - B 2 U 10/04 - SozR 4-2700 § 46 Nr. 1). Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit ist danach die zuletzt vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit
konkret ausgeübte Beschäftigung.
Bei der Klägerin fehlt es bereits an dem erforderlichen Nachweis der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit für die Zeit ab 14.
Dezember 2010. Arbeitsunfähigkeit setzt voraus, dass der Arbeitsunfall eine Beeinträchtigung des Arbeitsvermögens hervorgerufen
hat, entweder durch einen unfallbedingten Gesundheitserst- oder einen damit im Ursachenzusammenhang stehenden Gesundheitsfolgeschaden.
Die unfallversicherungsrechtliche Zurechnung verlangt, dass die Verrichtung der versicherten Tätigkeit den Schaden, gegebenenfalls
neben anderen konkret festgestellten unversicherten (Wirk-)Ursachen, objektiv (mit-)verursacht hat. Für Einbußen der Verletzten,
für welche die versicherte Tätigkeit keine (Wirk-)Ursache war, besteht schlechthin kein Versicherungsschutz und haben die
Trägerinnen der gesetzlichen Unfallversicherung nicht einzustehen. (Wirk-)Ursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß
die in Frage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen. Insoweit ist Ausgangspunkt der Zurechnung
die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der schon jeder beliebige Umstand als notwendige Bedingung
eines Erfolges gilt, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele ("conditio sine qua non"). Im Recht
der gesetzlichen Unfallversicherung muss eine versicherte Verrichtung, die im Sinne der "Conditio-Formel" eine erforderliche
Bedingung des Erfolges war, darüber hinaus in seiner besonderen tatsächlichen und rechtlichen Beziehung zu diesem Erfolg stehen.
Sie muss (Wirk-)Ursache des Erfolges gewesen sein, muss ihn tatsächlich mitbewirkt haben und darf nicht nur eine im Einzelfall
nicht wegdenkbare zufällige Randbedingung gewesen sein.
Ob die versicherte Verrichtung eine (Wirk-)Ursache für die festgestellte Einwirkung und die Einwirkung eine (Wirk-)Ursache
für den Gesundheitserstschaden (oder den Tod) war, ist eine rein tatsächliche Frage. Sie muss aus der nachträglichen Sicht
("ex post") nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand des Fach- und Erfahrungswissens über Kausalbeziehungen, gegebenenfalls
unter Einholung von Sachverständigengutachten, beantwortet werden (vgl. dazu BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, Rz. 61 ff.).
Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln von Verletzten, das objektiv seiner Art nach von Dritten beobachtbar und subjektiv,
also jedenfalls in laienhafter Sicht, zumindest auch auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit
ausgerichtet ist. Als objektives Handeln der Verletzten kann es erste Ursache einer objektiven Verursachungskette sein. Diese
kann über die Einwirkung auf den Körper, über Gesundheitserstschäden oder den Tod hinaus bis zu unmittelbaren oder im Sinne
von §
11 SGB VII, der für die zweite Prüfungsstufe andere Zurechnungsgründe als die Wesentlichkeit regelt, mittelbaren Unfallfolgen sowie
auch zur MdE reichen, derentwegen das
SGB VII mit der Rente ein Leistungsrecht vorsieht (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 31).
Erst wenn die Verrichtung, die möglicherweise dadurch verursachte Einwirkung und der möglicherweise dadurch verursachte Erstschaden
festgestellt sind, kann und darf auf der ersten Prüfungsstufe der Zurechnung, also der objektiven Verursachung, über die tatsächliche
Kausalitätsbeziehung zwischen der Verrichtung und der Einwirkung mit dem richterlichen Überzeugungsgrad mindestens der Wahrscheinlichkeit
entschieden werden. Es geht hierbei ausschließlich um die rein tatsächliche Frage, ob und gegebenenfalls mit welchem Mitwirkungsanteil
die versicherte Verrichtung, gegebenenfalls neben anderen konkret festgestellten unversicherten (Wirk-)Ursachen, eine (Wirk-)Ursache
der von außen kommenden, zeitlich begrenzten Einwirkung auf den Körper von Versicherten war (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 32).
Zweitens muss der letztlich durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Schaden rechtlich auch unter Würdigung unversicherter
Mitursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fallenden Gefahr, eines dort versicherten
Risikos, zu bewerten sein. Denn der Versicherungsschutz greift nur ein, wenn sich ein Risiko verwirklicht hat, gegen das die
jeweils begründete Versicherung Schutz gewähren soll (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 33).
Wird auf der ersten Stufe die objektive (Mit-)Verursachung bejaht, indiziert dies in keiner Weise die auf der zweiten Stufe
der Zurechnung rechtlich zu gebende Antwort auf die Rechtsfrage, ob die Mitverursachung der Einwirkung durch die versicherte
Verrichtung unfallversicherungsrechtlich rechtserheblich, also wesentlich, war. Denn die unfallversicherungsrechtliche Wesentlichkeit
der (Wirk-)Ursächlichkeit der versicherten Verrichtung für die Einwirkung muss eigenständig rechtlich nach Maßgabe des Schutzzweckes
der jeweils begründeten Versicherung beurteilt werden (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 34). Sie setzt rechtlich voraus, dass der Schutzbereich und der Schutzzweck der jeweiligen durch die versicherte
Verrichtung begründeten Versicherung durch juristische Auslegung des Versicherungstatbestandes nach den anerkannten Auslegungsmethoden
erkannt werden. Insbesondere ist festzuhalten, ob und wie weit der Versicherungstatbestand gegen Gefahren aus von ihm versicherten
Tätigkeiten schützen soll (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15. Mai 2012 - B 2 U 16/11 R -, SozR 4-2700 § 2 Nr. 21, Rz. 21 ff.). Nur wenn beide Zurechnungskriterien bejaht sind, erweist sich die versicherte Verrichtung
als wesentliche Ursache (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, Rz. 37).
Diese Voraussetzungen müssen für jeden einzelnen Gesundheitserstschaden erfüllt sein. Ein solcher ist jeder abgrenzbare Gesundheitsschaden,
der unmittelbar durch eine versicherte Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde, die durch ein- und dieselbe
versicherte Verrichtung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde. Es handelt sich also um die ersten voneinander
medizinisch abgrenzbaren Gesundheitsschäden, die infolge ein- und derselben versicherten Verrichtung eintreten (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R -, [...], Rz. 39).
Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt für die Beweiswürdigung bei der Tatsachenfeststellung, dass die Tatsachen, die solche
Gesundheitsschäden erfüllen, im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht
feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen der versicherten
Einwirkung und einem Gesundheitserstschaden sowie zwischen einem Gesundheitserst- und einem Gesundheitsfolgeschaden der Grad
der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit (vgl.
BSG, Urteile vom 2. April 2009 - B 2 U 29/07 R -, [...], Rz. 16 und 31. Januar 2012 - B 2 U 2/11 R -, [...], Rz. 17).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Klägerin keinen Anspruch auf Verletztengeld über den 13. Dezember 2010 hinaus
aufgrund der Folgen des von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls vom 14. Oktober 2010. Denn es ist nicht hinreichend wahrscheinlich,
dass über die von der Beklagten als folgenlos ausgeheilt anerkannte Zerrung der HWS mit Arbeitsunfähigkeit bis zum 13. Dezember
2010 hinaus weitere relevante Gesundheitsschäden unfallbedingt sind. Insbesondere ist nicht hinreichend wahrscheinlich, dass
die psychische Erkrankung der Klägerin - die depressive Episode im Rahmen eines depressiven Syndroms - wesentlich durch den
Arbeitsunfall verursacht worden ist.
Hierbei stützt sich der Senat vor allem auf die Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. E. und Dr. K. aus dem erstinstanzlichen
Verfahren und auf die Verwaltungsgutachten von Prof. Dr. H. und Dr. C., letztere im Wege des Urkundenbeweises verwertet. Die
Gutachter gehen übereinstimmend davon aus, dass bei der Klägerin aufgrund des Auffahrunfalls keine somatischen Krankheitsbeschwerden
verblieben sind. Beim Unfall sind bei dem PKW der angeschnallten Klägerin die Airbags nicht ausgelöst worden. Der Sachschaden
war mit 3.000 € moderat. Sie konnte sich selbst abschnallen und aussteigen. Ob durch den Unfall eine HWS-Distorsion WAD-Grad
2, wie Dr. C. bzw. Dr. K. zusammen mit den behandelnden Ärzten PD Dr. H., Prof. Dr. S. und Dr. O. annehmen, oder eine leichte
Zerrung der Bänder und Sehnen, so Prof. Dr. H., erlitten wurde, kann dahinstehen, da beide Folgen leicht und nach wenigen
Wochen folgenlos verheilt waren. Bei einem WAD-Grad 2 bestehen nur klinische Symptome wie Druckschmerz, jedoch keine neurologischen
Zeichen, Frakturen oder Dislokationen. Bei der Klägerin konnten nach dem Unfall weder solche Frakturen noch (Hirn-) Blutungen
klinisch oder mit bildgebenden Verfahren festgestellt werden. Die Extremitäten waren frei beweglich. Durchblutung, Motorik
und Sensibilität waren intakt. Im Brustkorb bestanden keine Schmerzen, die Lunge war seitengleich und frei belüftet. Die Klägerin
war in der Notaufnahme bei vollem Bewusstsein und wurde am selben Tag wieder nach Hause entlassen (vgl. Durchgangsarztbericht
PD Dr. H. vom 15. Oktober 2010). Die von den behandelnden Ärzten Dr. K., R., und Dr. G., Trier, angenommenen unfallbedingten
instabilen Genickgelenke bzw. eine Funktionsstörung der mittleren BWS und ein myofasciales Verkettungsyndrom konnten hingegen
nicht durch die Gutachter objektiviert werden. Die computertomographische Darstellung des Kopfes sowie der HWS hat keinen
pathologischen Befund, insbesondere keine knöchernen Verletzungen, ergeben. Ein neurologisches Defizit wurde nicht beschrieben.
Klinisch und elektrophysiologisch wurde kein Nachweis einer Läsion der peripheren Nerven, der Nervenwurzel oder des Halsmarkes
gefunden (vgl. Gutachten der Neurologen Dr. C. und Dr. K.). Auch die elektrophysiologische Zusatzuntersuchung des behandelnden
Arztes Dr. O. zeigte keine objektivierbaren subklinische Defekte (vgl. Schreiben vom 15. Juni 2012). Dem entspricht, dass
die behandelnde Ärztin Dr. H. am 7. Januar 2011 körperlich keinen fassbaren Befund (mehr) bei der Klägerin sah und auch Prof.
Dr. S. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vor dem SG eine verbliebene MdE aufgrund der HWS-Distorsion verneinte. Unfallunabhängig sind hingegen - wie Prof. Dr. H. nachvollziehbar
ausführt und von den Beteiligten auch nicht in Frage gestellt wird - die degenerativen Veränderungen in der HWS, wie sie später
auch in der Kernspintomographie vom 29. September 2011 beschrieben werden.
Die bei der Klägerin unzweifelhaft bestehenden psychischen Beschwerden, die unterschiedlich von den Ärzten als Anpassungsstörung,
als Somatisierungsstörung, als cervico-encephales Syndrom, als neurasthenische Beschwerden oder als depressive Episode bezeichnet
werden, sind hingegen nicht hinreichend wahrscheinlich auf den Unfall zurückzuführen. Für diese Überzeugung stützt sich der
Senat vor allem auf das fachärztliche Gerichtsgutachten von Prof. Dr. E. und auf das damit - im Ergebnis - übereinstimmende
Verwaltungsgutachten von Dr. C..
In Übereinstimmung mit Prof. Dr. E. geht der Senat bei der Klägerin von einer depressiven Episode (ICD 10-F32-) aus, in deren
Rahmen auch das Schmerzerleben zu verorten ist, aber keine Neurasthenie. Gegen eine Anpassungsstörung (ICD 10-F43.2-) spricht,
dass eine Fehlanpassung an Schmerzen vorliegen müsste, die HWS-Symptomatik jedoch abgeheilt ist. Außerdem treten bei einer
Anpassungsstörung keine jahrelangen Beschwerden wie bei der Klägerin, sondern nur vorübergehende auf. Eine Somatisierungsstörung
wiederum umfasst nicht alle bei der Klägerin beschriebenen Symptome - insbesondere im Bereich des vegetativen Symptomenkomplexes.
Wegen störanfälliger Untersuchungsmethoden (vgl. Gutachten von Dr. K.) kann das von Dr. M.-K. angenommene cervico-encephale
Syndrom ebenfalls nicht überzeugen.
Eine PTBS, auf welche die Klägerin vor allem in der Berufungsbegründung abstellt, liegt nicht vor. Bei ihr fehlen bereits
- worauf u.a. Prof. Dr. E. zutreffend hinweist - das Wiederkehren von Erinnerungen und ein lebensbedrohliches Trauma. Dies
verkennt die Orthopädin Dr. H. in ihrem privatrechtlichen Gutachten vom 9. Mai 2011, soweit sie darin - ohnehin fachfremd
- von einer PTBS ausgeht. Der Senat hat sich bei der Beurteilung der Frage, ob eine solche Störung vorliegt, in seiner ständigen
Rechtsprechung (vgl. zuletzt Urteil vom 23. Juni 2016 - L 6 VH 4633/14) an den gängigen Diagnosesystemen entsprechend der Nomenklatur der International Classification of Diseases (ICD-10-GM-2016)
oder dem DSM orientiert. Denn die konkret zu bezeichnenden Krankheiten bilden die Tatsachengrundlage, von der ausgehend die
Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Leistungsvermögens zu beurteilen ist (so auch BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Die PTBS wird als Gesundheitsstörung nach ICD-10 F43.1 erfasst. Hiernach entsteht eine PTBS als
eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer,
mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde.
Prädisponierende Faktoren wie bestimmte, zum Beispiel zwanghafte oder asthenische Persönlichkeitszüge oder neurotische Krankheiten
in der Vorgeschichte, können die Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms senken und seinen Verlauf erschweren, aber die
letztgenannten Faktoren sind weder notwendig noch ausreichend, um das Auftreten der Störung zu erklären. Typische Merkmale
sind u.a. das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen
oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Derartiges
wurde von den behandelnden Ärzten jedoch übereinstimmend bei der Klägerin nicht berichtet (vgl. auch Arztbrief Dr. N.-B. vom
23. Februar 2011), so dass eine PTBS ausscheidet. Überdies erfüllt der leichte Auffahrunfall nicht das A-Kriterium, vielmehr
ist, wie insbesondere Dr. N.-B. ausgeführt hat, die Klägerin in eine unerwartete Schrecksituation geraten, die sie aus ihrem
Integritätserleben gerissen hat.
Die von Dr. O. als neurasthenieformes Syndrom bezeichneten Symptome der Klägerin mit verminderter Konzentration, Antriebslosigkeit,
Schlafstörungen, etc. fallen unter eine depressive Episode, wie Prof. Dr. E. nachvollziehbar ausführt. Depressive Episoden
können jedoch bzgl. ihrer Ursache grundsätzlich nicht auf einen Unfall zurückgeführt werden, da sie nicht durch das Erleben
eines Ereignisses entstehen. Ausnahmsweise können zwar Prof. Dr. E. zufolge daneben die Symptome der depressiven Episode auch
im Rahmen einer organischen depressiven Störung auftreten. Dafür müsste jedoch eine Gehirnerkrankung vorliegen. Hierfür wäre
eine Schädigung des Hirnstammes durch das HWS-Trauma der Klägerin erforderlich gewesen. Eine solche Schädigung konnten die
Gutachter jedoch gerade nicht objektivieren. Eine HWS-Verletzung wurde durch die behandelnden Ärzte, insbesondere die Erstbehandler,
nicht festgestellt. Prof. Dr. E. verweist zutreffend darauf, dass die Frage, ob die depressive Episode nun im Rahmen eines
depressiven Syndroms oder in Folge einer Hirnschädigung aufgetreten ist, bei der Klägerin mit medizinischen Mitteln nicht
sicher geklärt werden kann. Für den Senat bestand daher keine Veranlassung zu weiterer medizinischer Aufklärung des vollständig
ermittelten Sachverhalts. Für die Bejahung eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsfolgeschaden
bedarf es bzgl. der psychischen Erkrankung einer vorliegend nach Auffassung aller Gutachter nicht gegebenen hinreichend wahrscheinlichen
Kausalität.
Insgesamt sind damit die auf nervenärztlichem Gebiet bestehenden Beschwerden nicht hinreichend wahrscheinlich unfallabhängig
und führten zu keiner Verlängerung der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit. Diese endete spätestens am 14. Dezember 2010. Der
Senat stützt sich dabei vor allem auf das Verwaltungsgutachten von dem Orthopäden Prof. Dr. H., mit dem der Gerichtsgutachter
Dr. K. übereinstimmt, wonach wegen der unfallbedingten somatischen Beschwerden mit einer allenfalls leichten HWS-Distorsion
die Arbeitsunfähigkeit inklusive einer Sicherheitsmarge auf zwei Monate posttraumatisch zu begrenzen ist. Dies überzeugt,
da von Prof. Dr. H. nur (unfallunabhängige) Degenerationen im HWS-Bereich (Spondylose, Osteochondrose) und sonst nur Normalbefunde,
insbesondere keine diskoligamentäre und knöcherne Verletzungen, nach dem Unfall festgestellt werden konnten. Körperlich gab
es aufgrund des Unfalls keinen wesentlichen und über längere Zeit verbliebenen fassbaren Befund, wie auch der Zwischenbericht
von Dr. H. vom 7. Januar 2011 bestätigt. Insgesamt ist es für den Senat gut nachvollziehbar, dass die Klägerin spätestens
zwei Monate nach dem Unfallereignis mit den leichten, vorübergehenden Verletzungen (insbesondere einer Zerrung) als Physiotherapeutin
wie vor dem Unfall wieder hätte voll arbeiten können. Bis zum 13. Dezember 2010 erhielt die Klägerin Verletztengeld und ist
dementsprechend nicht beschwert.
Die Klägerin hat ferner keinen Anspruch auf Verletztenrente. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 7. Juni 2011 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2011 ist daher insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in
ihren Rechten.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert
ist, haben Anspruch auf eine Rente (§
56 Abs.
1 Satz 1
SGB VII). Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens
die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§
56 Abs.
1 Satz 2
SGB VII). Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet; sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Bei einer
MdE wird Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der MdE entspricht
(§
56 Abs.
3 SGB VII). Die Einschätzung der MdE setzt voraus, dass der Arbeitsunfall bei der Klägerin eine Beeinträchtigung des Leistungsvermögens
hervorgerufen hat, entweder durch einen unfallbedingten Gesundheitserst- oder einen damit im Ursachenzusammenhang stehenden
Gesundheitsfolgeschaden.
Danach hat die Klägerin keinen Anspruch auf die Gewährung von Verletztenrente. Die MdE ist nicht um mindestens 20 v.H. über
die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus gemindert. Denn es ist nicht hinreichend wahrscheinlich, dass über die von
der Beklagten als folgenlos ausgeheilt anerkannte Zerrung der HWS mit Arbeitsunfähigkeit bis zum 13. Dezember 2010 hinaus
weitere relevante Gesundheitsschäden unfallbedingt verblieben sind. Insbesondere sind die auf nervenärztlichem Gebiet bestehenden
Beschwerden nicht hinreichend wahrscheinlich unfallabhängig. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen zum Verletztengeld
verwiesen. Ohne hinreichend wahrscheinlich verbliebene unfallbedingte Gesundheitsstörungen ist keine MdE - insbesondere nicht
um mindestens 20 v.H. - zu erkennen und es besteht kein Anspruch der Klägerin auf eine Verletztenrente. Mangels eines von
der Klägerin angeführten oder sonst ersichtlichen Stützrententatbestandes im Sinne des §
56 Abs.
1 Satz 2
SGB VII genügt vorliegend auch keine MdE von 10 v.H.
Der Bescheid der Beklagten vom 7. Juni 2011 ist schließlich auch insoweit nicht rechtswidrig, als sie darin die Rückforderung
von Verletztengeld über 3.004,46 € verfügt hat.
Anspruchsgrundlage für die Rückforderung von 3.004,46 €, die durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen ist (§ 50 Abs. 3 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X), ist §
42 Abs.
2 Satz 2 Erstes Buch Sozialgerichtsbuch (
SGB I). Danach sind gezahlte Vorschüsse auf Geldleistungen vom Empfänger vor allem dann zu erstatten, soweit sie die zustehende
Leistung übersteigen, nachdem sie vorrangig auf die zustehende Leistung anzurechnen sind. Vorschussleistungen sind aber auch
dann über §
42 Abs.
2 SGB I - und nicht über §§ 45, 48 SGB X - rückabzuwickeln, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der Anspruch auf Geldleistungen bereits dem Grunde nach nicht
besteht. Für die Rückabwicklung zu viel gezahlter Vorschüsse wird in dieser Spezialvorschrift nicht zwischen rechtswidrigen
und rechtmäßigen Vorschussleistungen, sondern nur zwischen Vorschuss und endgültiger Leistung unterschieden (BSG, Urteil vom 26. Juni 2007 - B 2 U 5/06 R -, SozR 4-1200 § 42 Nr. 1).
Die Beklagte hat vorliegend ausdrücklich unter Bezugnahme auf die einschlägige Vorschrift (§
42 Abs.
1 SGB I) Verletztengeld gemäß ihren Schreiben vom 17. Januar, 21. Februar und 15. März 2011, die jeweils Verwaltungsakte gemäß §
31 Satz 1 SGB X darstellen (vgl. BSG, Urteil vom 26. Juni 2007, a.a.O.), ab 7. Dezember 2010 von Amts wegen als Vorschuss gewährt. Da unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit
- wie sich nachträglich infolge der eingeholten Gutachten herausstellte - nur bis zum 13. Dezember 2010 vorlag (s.o.), bestand
für den Zeitraum vom 14. Dezember 2010 bis 15. März 2011, in dem die Klägerin weiter Verletztengeld vorschussweise erhalten
hatte, kein Anspruch auf diese Sozialleistung.
Der über den Zeitraum bis zum 13. Dezember 2010 hinausgehende Teil des Verletztengeldvorschusses, also 3.004,46 €, ist zu
viel gezahlt worden. In dieser Höhe hat die Klägerin den Vorschuss zu erstatten. Fehler in der Berechnung des Vorschusses
sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Die entsprechend anzuwendende Vier-Jahres-Frist (§
42 Abs.
2 Satz 3
SGB I, § 50 Abs. 4 SGB X, BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 - B 2 U 25/08 R -, SozR 4-2700 § 47 Nr. 6, Rz. 34) war bei Erlass des Rückforderungsbescheids vom 7. Juni 2011 noch nicht abgelaufen.
Dem von der Klägerin während des Berufungsverfahrens gestellten Antrag auf Einholung eines Gutachtens nach §
109 SGG war schließlich nicht mehr nachzukommen. Bei einem Antrag nach §
109 Abs.
1 SGG muss gewährleistet sein, dass der benannte Sachverständige innerhalb angemessener Zeit das Gutachten erstellt. Nur dann kann
das Gericht seiner Verpflichtung nachkommen, innerhalb angemessener Frist eine Sachentscheidung zu treffen (Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten - EMRK; §
198 Gerichtsverfassungsgesetz -
GVG; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl. 2014, §
109 Rz. 5b, 19). Insoweit haben die Gerichte auch bei einem Gutachten nach §
109 SGG die Pflicht, solche Gutachten zügig und effizient einzuholen (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 25.
März 2010 - 901/05 -, [...]; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. November 2014 - L 4 R 4797/13 -, Rz. 35, [...]). Vorliegend würde sich die Erledigung des Rechtsstreits weiter verzögern, nachdem die Klägerin zunächst
ihren behandelnden Arzt in R. benannt hatte, der Gutachtensauftrag aufgehoben werden musste, weil der Sachverständige die
Annahme verweigert hatte, der neue Sachverständige in Hamburg benannt wurde, die Klägerin aber nach dem Attest ihres Hausarztes
mit "posttraumatischer Genickgelenkinstabilität" nicht reisefähig ist, so dass die dem zweiten Gutachter gesetzte Frist bis
zum 15. Juli 2016, selbst wenn die Reisefähigkeit Ende Juni wieder hergestellt sein sollte, nicht einzuhalten ist. Der Senat
könnte zum jetzigen Zeitpunkt sonst nicht über die Berufung entscheiden. Überdies hat sich der Antrag nach §
109 SGG zwischenzeitlich durch die Zustimmung der Klägerin zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erledigt. Wer - wie im vorliegenden
Fall die anwaltlich vertretene Klägerin im Schriftsatz vom 24. Juni 2016 - vorbehaltlos sein Einverständnis zu einer Entscheidung
ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§
124 Abs.
2 SGG) erklärt, wird so behandelt, als hätte sich der Beweisantrag erledigt, denn er hat dem Gericht gegenüber nach dem objektiven
Erklärungswert seiner Mitteilung zum Ausdruck gebracht, dass das Gericht nunmehr entscheiden kann (BSG, Beschluss vom 1. September 1999 - B 9 V 42/99 B -, SozR 3-1500 § 124 Nr. 3, SozR 3-1500 § 103 Nr. 16, SozR 3-1500 § 160a Nr. 27, Rz. 5).
Die Berufung war deshalb insgesamt zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf §
193 Abs.
1 Satz 1
SGG beruht.
Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 SGG) liegen nicht vor.