Anerkennung eines follikulären Lymphoms Grad II - Non-Hodgkin-Lymphom - als Berufskrankheit der Anl. 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung in der gesetzlichen Unfallversicherung
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines follikulären Lymphoms Grad II (Non-Hodgkin-Lymphom) als Berufskrankheit
(BK) Nr. 1318 der Anlage 1 zur
Berufskrankheiten-Verordnung (
BKV) streitig.
Der 1947 geborene Kläger erlernte von 1961 bis 1964 den Beruf eines Drehers und war anschließend im Ausbildungsbetrieb bei
der Firma A. P. AG bzw. deren Rechtsvorgänger als Bohr- und Fräswerksdreher im Turbinenbau an verschiedenen Einsatzorten beschäftigt.
Unterbrochen wurde diese Tätigkeit durch den Wehrdienst (01.04.1968 bis 30.09.1969), die Tätigkeit eines freigestellten Betriebsratsmitgliedes
in der Zeit von 1982 bis 1990 sowie eine Beschäftigung als Kundendienstmonteur in der Zeit von 1975 bis 1978. Während seiner
beruflichen Tätigkeit arbeitete der Kläger an verschiedenen Bohrwerken (z.B. Ständerbohrwerke, Traghülsenbohrwerk, Zylinderbohrwerk,
Tischbohrwerk, zuletzt CNC-Bearbeitungszentrum). Hierbei bearbeitete der Kläger Eisenteile (meist Guss) spanabhebend. Er bereitete
die Werkstücke durch Positionierung, Spanung und Entfernung von Isolierungen vor, reinigte diese und erledigte Nacharbeiten
wie Reinigung und die Entfernung von Spänen.
Ab Oktober 2007 war der Kläger wegen eines bei ihm festgestellten follikulären Lymphoms Grad II mit teilweisem Übergang in
ein hochmalignes Lymphom Stadium IVa arbeitsunfähig krank. Ab Januar 2008 befand er sich in der Ruhephase der Altersteilzeit.
Am 26.02.2008 zeigte der Kläger bei der Beklagten das Vorliegen einer Berufskrankheit an. Die Beklagte trat sodann in Ermittlungen
ein und fragte bei dem behandelnden Hämatologen und Onkologen Dr. P. (follikuläres Lymphom Grad II mit teilweisem Übergang
in ein hochmalignes Lyphmom Stadium IVa [Erstdiagnose 10/07]) und bei dem behandelnden Hausarzt Dr. G. (Überweisung an Onkologen
wegen Lymphknotenvergrößerung) an. Der Kläger wurde mit einer Chemotherapie bis April 2008 behandelt. Nach Abschluss der Chemotherapie
zeigten sich keine pathologischen Lymphome mehr in der Bildgebung (Bericht Dr. P. vom 23.04.2008).
Am 27.05.2008 fand durch den Präventionsdienst der Beklagten unter Beteiligung des Klägers und der Leitenden Sicherheitsfachkraft
Frau W. eine Arbeitsplatzbegehung bei der Arbeitgeberin des Klägers (A. P. AG) statt. Unter Zusammenfassung des Ergebnisses
der Arbeitsplatzbegehung führte Herr H. von der Präventionsabteilung in einer Stellungnahme vom 29.05.2008 aus, während seiner
Beschäftigung als Dreher habe der Kläger hauptsächlich Umgang mit nicht wassermischbaren Kühlschmierstoffen (KSS) sowie Entfettungs-
und Reinigungsmitteln gehabt. Bis Mitte der siebziger Jahre habe man regelmäßig die Hände mit KSS, teilweise auch mit Lösungsmittel
gereinigt. Als Reinigungs- und Entfettungsmittel habe man bis Mitte der achtziger Jahre Trichlorethylen verwendet. Später
seien lösungsmittelfreie Kaltreiniger wie Eskapon eingesetzt worden. Nach dem Reinigen der Oberflächen, die man mit einem
Lappen bzw. "Putzwolle" gereinigt habe, seien diese mit Druckluft trockengeblasen worden. Für spezielle Gusstypen oder Spezialarbeiten
habe man weniger gebräuchliche Öle, z.B. sogenanntes "Rüböl" höherer Viskosität zum Gewindeschneiden oder eine Mischung aus
Ethanol mit Öl, verwendet. Über die Höhe der Belastung ließen sich keine Angaben mehr machen. Eine Belastung durch Benzol
habe nicht ermittelt werden können.
In ihrer Stellungnahme führte die Gewerbeärztin Dr. E. aus, eine Berufskrankheit werde nicht zur Anerkennung vorgeschlagen,
da die haftungsbegründende Kausalität nicht habe wahrscheinlich gemacht werden können. Den Ermittlungen zufolge sei der Kläger
keiner besonderen Belastung gegenüber Benzol oder anderen gefährlichen Arbeitsstoffen ausgesetzt gewesen, welche als geeignet
gelten, das follikuläre Lymphom Grad II zu verursachen.
Mit Bescheid vom 29.07.2008 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 1303 (Erkrankung durch Benzol,
seine Homologe oder Styrol) ab. Eine Belastung durch Benzol oder seine Homologe habe nicht ermittelt werden können. Mithin
sei der Kläger während seiner Berufstätigkeit keinen Einwirkungen ausgesetzt gewesen, die geeignet seien, eine Berufskrankheit
zu verursachen.
Im Rahmen seines hiergegen erhobenen Widerspruchs wies der Kläger darauf hin, er habe während seiner Beschäftigung auch in
verschiedenen Atomkraftwerken gearbeitet, weshalb die Berufskrankheit Nr. 2402 der Anlage 1 zur
BKV in Betracht komme. Die Tätigkeit des Klägers in verschiedenen Atomkraftwerken wurde auf Nachfrage von der Arbeitgeberin des
Klägers bestätigt (Bl. 95 der Verwaltungsakte). Auf Nachfrage der Beklagten verneinte das Helmholtz Zentrum in München das
Vorliegen von Daten einer amtlichen Personendosimetrie über den Kläger. Am 16.12.2008 fand ein erneutes Gespräch des Präventionsdienstes
mit dem Kläger und seiner Prozessbevollmächtigten zur Arbeitsplatzexposition statt. Hierbei wurden betriebliche Aufzeichnungen
ausgewertet. In der Stellungnahme hierüber vom 19.12.2008 führte der Präventionsdienst aus, man habe den Kläger nochmals befragt,
ob er mit reinem Benzol gearbeitet habe, was dieser verneint habe. Er habe Benzol erwähnt, weil man ihm mitgeteilt habe, dass
in Entfettungsmitteln Benzol enthalten sein könnte. Eine Belastung durch Benzol habe auch nach dem zweiten Gespräch nicht
ermittelt werden können.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.05.2009 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie wiederholte im Wesentlichen
ihre Begründung aus dem angefochtenen Bescheid und führte ergänzend aus, der Kläger sei aufgrund seiner Tätigkeit in verschiedenen
Kraftwerken keiner Strahlenbelastung ausgesetzt gewesen. Ein Feststellungsverfahren wegen einer Berufskrankheit Nr. 2402 der
Anlage 1 zur
BKV sei daher nicht durchzuführen.
Hiergegen hat der Kläger am 04.06.2009 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) unter Bezugnahme auf die Widerspruchsbegründung erhoben.
Im Rahmen des Klageverfahrens hat die Beklagte weitere Ermittlungen, unter anderem beim Hersteller des Reinigungsmittels Eskapon,
der Firma H., angestellt. Dieser hat gegenüber der Beklagten angegeben, Eskapon habe von 1971 bis 1981 30 Volumenprozent Xylol
enthalten, wobei Xylol 0,01 Gewichtsanteile (Gew.) % Benzol enthalten habe (Eskapon U1). Eskapon S63 habe 1971 bis 1983 0,02
Gew. % Benzol enthalten. Dies entspreche auch dem Anteil von Benzol von 1982 bis 2000 für Eskapon S145 und Eskapon E5007.
Von Seiten des Herstellers könne man die Bestellungen der Firma A. bis 1971 nachvollziehen.
Am 12.02.2010 hat eine erneute Besichtigung und Besprechung des Arbeitsplatzes des Klägers unter Beteiligung des Präventionsdienstes
der Beklagten, des Klägers, einer Sicherheitsfachkraft der Arbeitgeberin und Betriebsratsmitgliedern stattgefunden. Am 24.04.2010
hat der Präventionsdienst der Beklagten die Stoffermittlung abgeschlossen und die Ergebnisse der Arbeitsplatzbesichtigung
und Stoffermittlung in der Stellungnahme vom 26.04.2010 zusammengefasst. Unter Berücksichtigung dieser Ergebnisse berechnete
der Präventionsdienst der Beklagten eine Belastung des Klägers mit 1,0 Benzoljahren (Bl. 51 - 55 SG-Akte; 04.04.1961 - 31.12.1971 und 01.01.1972 - 31.12.1982 Gewindeschneiden mit Petroleum; 01.01.1972 - 31.12.1982 Reinigen
mit Eskapon). Der Kläger hat dem entgegengesetzt, er habe spätestens seit Ende seiner Lehrzeit 1964 mit dem Lösungsmittel
Eskapon gearbeitet. Er habe auch öfter Gewinde geschnitten, deswegen häufiger seinen Arbeitsplatz mit Eskapon reinigen müssen,
als dies in der Stellungnahme aufgeführt worden sei. Die Berechnung in der Ermittlung der Benzoljahre sei fehlerhaft, da man
über den Zeitraum vom 04.04.1964 bis zum 31.12.1981 einen Kontakt mit Eskapon hätte berücksichtigen müssen. Auch stimme die
monatliche Dauerexposition von Petroleum nicht mit dem Berechnungsschema der Beklagten überein. Dies habe man bei der Besichtigung
des Arbeitsplatzes anders als dargestellt besprochen. In einer erneuten Stellungnahme vom 13.12.2010 hat der Präventionsdienst
der Beklagten darauf hingewiesen, dass eine Verwendung von Eskapon frühestens ab 1971 habe erfolgen können. Man sei bei der
Berechnung der Expositionszeit von 2,5 Stunden pro Schicht an 200 Schichten pro Jahr ausgegangen. Es gebe keine Veranlassung
von einer noch höheren Zeitdauer auszugehen. Man korrigiere jedoch die Berechnung der Verwendung von Petroleum dahingehend,
dass man die Expositionszeit auf eine Stunde pro Schicht erhöhe. Grundsätzlich sei darauf hinzuweisen, dass bei einem Masseanteil
von Benzol unterhalb von 0,05 Gew. % es sich nicht um einen Krebsstoff handele. Die vorgenommene Abschätzung der Benzoljahre
basiere auf geschätzten Konzentrationen, die im Hinblick auf die geringfügigen Benzolanteile der verwendeten Zubereitungen
als "Worst-Case"-Abschätzung zu verstehen sei. Dieser Stellungnahme lag ein weiterer Kontakt zur Herstellerfirma zugrunde,
von wo aus mitgeteilt wurde, Eskapon U1 und Eskapon S 63 habe man seit Juni 1976 vertrieben, als Produktmuster seit 1971.
Die Herstellerfirma existiere erst seit 1966. Unter Berücksichtigung der geänderten Berechnungparameter hat die Beklagte 3,3
Benzoljahre errechnet.
Wiederum hat der Kläger sich gegen diese Berechnung der Beklagten gewandt und darauf hingewiesen, er habe täglich mit Petroleum
gearbeitet und zwar meistens mindestens eine halbe, manchmal aber auch eine oder zwei Stunden täglich, gelegentlich aber auch
den ganzen Tag. Darüber hinaus hat der Kläger darauf hingewiesen, dass bei einem bereits verstorbenen Kollegen post mortem
eine Berufskrankheit Nr. 1318 der Anlage 1 zur
BKV anerkannt worden sei. Der Betroffene habe unter einem multiplen Myelom gelitten und sei einer Einwirkung von Benzol in deutlich
geringerem Umfang ausgesetzt gewesen, als der Kläger selbst.
Auf Hinweis des SG hat die Beklagte daraufhin auch die BK Nr. 1318 der Anlage 1 zur
BKV geprüft und deren Vorliegen mit Schreiben vom 11.08.2011 verneint (Bl. 102 SG-Akte).
Das SG hat sodann von Amts wegen den Arzt für Allgemein- und Arbeitsmedizin, Umweltmedizin Dr. N. mit der Erstattung eines Gutachtens
beauftragt. In seinem Gutachten nach Aktenlage hat Dr. N. ausgeführt, die berufliche Verursachung des Non-Hodgkin-Lymphoms
des Klägers durch eine kommulative Benzolexposition von ca. 3,3 ppm (parts per million)-Jahren sei nicht hinreichend wahrscheinlich
zu machen. In seiner Begründung hat der Sachverständige unter anderem darauf hingewiesen, dass die neueren Veröffentlichungen
auf medizinisch-wissenschaftlichem Gebiet zum Zusammenhang von Benzol und der Entstehung von Non-Hodgkin-Lyphomen keine Argumente
dafür hergäben, die Verursachung eines Non-Hodgkin-Lymphomes durch eine geringere Benzoleinwirkung als 10 ppm-Jahre wahrscheinlich
zu machen.
Mit Urteil vom 27.02.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, unter Zugrundelegung einer Einwirkungsdauer von 3,3 Benzoljahren
sei die Entstehung des Non-Hodgkin-Lymphoms des Klägers aufgrund seiner Berufstätigkeit nicht hinreichend wahrscheinlich.
Zwar sei keine Mindestexpositionsdauer in der
BKV angegeben, jedoch sei diese nicht anders zu beurteilen als bei Leukämien, für welche eine Verursachungswahrscheinlichkeit
über 50 % ab einem Bereich von 10 ppm-Jahren Benzolexposition angenommen werde.
Gegen das am 09.03.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05.04.2012 Berufung eingelegt. Der Kläger ist weiterhin der Ansicht,
dass seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen nur aufgrund der beruflich bedingten Exposition verursacht worden seien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27. Februar 2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 29. Juli 2008 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2009 aufzuheben und ein follikuläres Lymphom Grad II mit teilweisem Übergang in ein
hochmalingnes Lymphom Stadium IVa als Berufskrankheit nach Nr. 1318 der Anlage 1 zur
Berufskrankheiten-Verordnung festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Sachverhalt wurde mit den Beteiligten von der zunächst zuständigen Berichterstatterin am 28.09.2012 erörtert. Im Rahmen
des Erörterungstermins hat der Kläger darauf hingewiesen, dass bei der Berechnung der Benzoljahre die Jahre ab dem zweiten
Lehrjahr bis 1971 einschließlich fehlten. Er hat, trotz des Hinweises des Beklagtenvertreters, es gebe vom Arbeitgeber kein
entsprechendes Datenmaterial und Eskapon werde erst seit 1972 bzw. 1971 verwendet, ausgeführt, dass er auch seit seinem zweiten
Lehrjahr benzolhaltige Stoffe zur Reinigung von Arbeitsmaterialien im Umfang von zweieinhalb Stunden pro Schicht verwendet
habe. Aufgrund des Erörterungstermins wurde eine Neuberechnung der Benzoljahre unter Berücksichtigung der Zeit vom 01.04.1962
bis 31.12.1971 mit 2,5 Stunden pro Schicht bei 200 Arbeitsschichten im Jahr für Eskapon vorgenommen. Diese Nachberechnung
hat zu einer Belastung von 4,1 ppm Benzol-Jahren bei dem Kläger geführt (vgl. Bl. 32 und 33 LSG-Akte).
Im Januar 2013 wurde der Fall an den erkennenden Senat abgegeben. Auf Anfrage hat die Beklagte nochmals eine Nachberechnung
der Benzoljahre wegen des Kontaktes zu Eskapon für die Zeit vom 01.05.1990 bis 31.12.2000 bzw. 31.12.2005 vorgelegt. Aufgrund
dieser Neuberechnung hat sich eine Exposition gegenüber Benzol von 5,3 ppm Benzoljahren ergeben.
Am 08.05.2013 (Zugang beim Klägervertreter 13.05.2013) wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass er bis zum 10.06.2013 alle
zur Benzolbelastung im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit in seiner Kenntnis stehenden Tatsachen anzugeben und Beweismittel
zu bezeichnen habe. Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass unter den Voraussetzungen des §
106a Abs.
3 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der gesetzten Frist vorgebracht würden, zurückweisen und
unter bestimmten Voraussetzungen ohne weitere Ermittlungen entscheiden könne.
Mit Schreiben vom 08.08.2013 hat der Kläger, nachdem er zunächst ausgeführt hat, er könne nichts weiter hierzu angeben, letztlich
vorgetragen, vor 1975 habe man sich die Hände nicht mit Bohrwasser, sondern auch mit Waschbenzin gereinigt. Kontakte mit Eskapon
hätten schon seit 1964 vorgelegen, allerdings entziehe es sich seiner Kenntnis, durch welche Firma die Anlieferung erfolgt
sei. Gewinde habe er auch täglich geschnitten und nicht nur zweimal im Monat für 0,5 Stunden, wie dies in die Berechnung eingeflossen
sei. Auch von 1966 bis zur Bundeswehrzeit 1968 sei er an einem Bohr- und Fräßwerk bei spezieller Fertigung mit Ventilen beschäftigt
gewesen, wo mitunter täglich Gewinde für die Überwurfmuttern der Niederdruckturbine gefertigt worden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter
Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die nach den §§
143 und
144 SGG zulässige und statthafte Berufung wurde gemäß §
151 Abs.
1 SGG form- und fristgerecht eingelegt. Die Berufung ist jedoch unbegründet, da das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der Kläger erstrebt im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß §
54 Abs.
1 und §
55 Abs.
1 Nr.
3 SGG die Aufhebung der das Vorliegen der BK-ablehnenden Verwaltungsentscheidung sowie die gerichtliche Feststellung des Vorliegens
der BK Nr. 1318 der Anlage 1 zur
BKV.
Gegenstand der Entscheidung ist materiell-rechtlich allein die BK Nr. 1318. Zwar hat die Beklagte mit dem Bescheid vom 29.07.2008
nach der damaligen Rechtslage zutreffend über das Vorliegen einer BK Nr. 1303 (Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder
Styrol) entschieden. Die beim Kläger vorliegende Erkrankung des Blutes, des blutbildenden und des lymphatischen Systems durch
Benzol wurde zwischenzeitlich mit der Zweiten Verordnung zur Änderung der
BKV vom 11.06.2009 (BGBl. I S. 1273) vom Verordnungsgeber in die Liste der BKen unter der Nr. 1318 aufgenommen und stellt damit inhaltlich keine Neuregelung
bereits bestehenden Erkrankungen dar, sondern soll diese mit entschädigen (siehe auch LSG Hessen, Urteil vom 30.11.2010 -
L 3 U 232/05). Die BK Nr. 1318 ist also keine neue BK, vielmehr sind die besonderen benzolverursachten Erkrankungen des Blutes aus der
bisherigen BK Nr. 1303 herausgenommen und in einer eigenständigen BK Nr. als "lex specialis" definiert worden (BR-Drs. 242/09
S. 11, 13). Daher erfolgte auch keine zeitliche Begrenzung der rückwirkenden Anerkennung bereits bestehender Erkrankungsfälle
(vgl. Merthens/Brandenburg,
BKV-Kommentar, §
6 Rn. 5). Nach §
6 Abs.
1 Satz 3
BKV ist die Krankheit auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn Versicherte am 01.07.2009 an einer Krankheit nach Nr.
1318 der Anlage 1 zur
BKV leiden und der Versicherungsfall vor diesem Tag eingetreten ist (siehe auch BR-Drs. 24209 S. 11). Daraus ergibt sich nach
Ansicht des Senates, dass es einer Entscheidung über die BK Nr. 1318 der Anlage 1 zur
BKV nicht entgegensteht, wenn die ursprüngliche Verwaltungsentscheidung nur zu BK Nr. 1303 der Anlage 1 zur
BKV erging. Es liegt nicht derjenige Fall vor, dass die Verwaltung über eine bestimmte Berufskrankheit entscheidet und darin
nicht gleichzeitig die Anerkennung oder Ablehnung anderer Listenkrankheiten zu sehen ist, die bei dem Krankheitsbild des Versicherten
möglicherweise ebenfalls in Betracht kommen können (so z.B. Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 27.06.2006, B 2 U 77/06 B). Vielmehr beinhaltet die Entscheidung über die BK Nr. 1303 der Anlage 1 zur
BKV die nun durch die Änderung der Verordnung im Jahr 2009 spezifizierte Anerkennung der BK Nr. 1318 der Anlage 1 zur
BKV (vgl. auch - aber im Ergebnis offen gelassen - Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24.06.2010 - L 10 U 971/06, LSG Hessen, a.a.O.). Deswegen bedurfte es auch keiner neuen Entscheidung der Beklagte über die BK Nr. 1318 der Anlage 1
zur
BKV, vielmehr ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, also dem Senatstermin, maßgebend
(siehe auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum
SGG, 10. Aufl. 2012, §
54 Rn. 33a).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Anerkennung der BK Nr. 1318 der Anlage 1 zur
BKV wegen des bei ihm diagnostizierten follikulären Lymphoms Grad II. Diese Erkrankung wurde nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit
durch Benzol im Sinne der BK Nr. 1318 der Anlage 1 zur
BKV verursacht.
Hierüber konnte der Senat ohne weitere Ermittlungen aufgrund des Schreibens des Klägers vom 08.08.2013 entscheiden, da das
letzte Vorbringen des Klägers außerhalb der gemäß §§
153 Abs. I; 106a Abs.
2 SGG gesetzten Frist (10.06.2013) erfolgt ist, weitere Ermittlungen zur der Art der Tätigkeit von 1966 bis 1968 und ob tatsächlich
mit Waschbenzin die Hände gereinigt wurden nach Ansicht des Senats die Erledigung des Rechtsstreites verzögern würden und
der Kläger die Verspätung nicht entschuldigt hat (§
106a Abs.
3 Satz 1 Nr.
1 SGG). Dessen ungeachtet hat der Kläger seinen Vortrag zu der berufsbelastenden Tätigkeit immer neu und jetzt schon auch zum siebten
Mal an die Berechnung der Beklagten angepasst. Noch im Mai 2008 war lediglich von einem Reinigen der Hände mit KSS die Rede.
Diese unauflösbaren Widersprüche führen zur Unglaubhaftigkeit der entsprechenden Angaben des Klägers (so auch Beschluss des
Senats vom 18.05.2011 - L 6 U 970/08). Der Senat ist deswegen nicht davon überzeugt, dass sich der Kläger seine Hände vor 1975 mit Waschbenzin reinigte. Der Senat
hat in seine Entscheidung eingestellt, dass der Kläger seit dem Jahr 2008 persönlich beteiligt war, die Umstände seiner Tätigkeit
bei der Firma A. und deren Rechtsvorgängerinnen genau zu bestimmen. Nachdem der Kläger zunächst den Kontakt mit Benzol gänzlich
verneint hat, änderte sich sein Verhalten im Laufe des Verfahrens und es zeichnete sich eine zielgerichtete Angabe von Expositionen
gegenüber Benzol ab. Die anderen Einwände wurden von der Beklagten in der Berechnung berücksichtigt. Ausweislich der neuen
Berechnungen (z.B. Bl. 71 SG-Akte) wurde die Häufigkeit des Gewindeschnittes mit Petroleum mit einer Stunde pro Schicht und nicht mehr nur mit zweimal
einer halben Stunde im Monat berücksichtigt. Eine Verwendung von Eskapon vor 1972 ließ sich bisher zwar aus den zur Verfügung
stehenden Daten und Unterlagen nicht begründen, trotz allem hat die Beklagte in den neuen Berechnungen vom 20.11.2012 bzw.
06.06.2013 dies als "worst-case" mit einbezogen.
Unter welchen Voraussetzungen eine BK als Versicherungsfall anzuerkennen ist, ergibt sich aus §§
7 und
9 Abs.
1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII), wenn - wie vorliegend - der Eintritt einer BK für die Zeit nach dem Inkrafttreten des
SGB VII am 01.01.1997 geltend gemacht wird (vgl. §
212 SGB VII). Danach sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats
als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §
2,
3 oder 6
SGB VII begründenden Tätigkeiten erleiden (§
9 Abs.
1 Satz 1
SGB VII). Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die
nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen
durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung ausgesetzt ist; sie kann Berufskrankheiten
auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten versehen.
Aufgrund dieser Ermächtigung in §
9 Abs.
1 Satz 1
SGB VII hat die Bundesregierung die
BKV vom 31.10.1997 (BGBl. I Seite 2623) mit der Anlage 1 zu §
1 BKV erlassen, in der unter Nr. 1318 Erkrankungen des Blutes, des blutbildenden und des lymphatischen Systems durch Benzol gelistet
ist.
Für die Feststellung einer Erkrankung als BK müssen die folgenden Tatbestandsmerkmale erfüllt sein (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R ): Die Verrichtung des Versicherten muss einer versicherten Tätigkeit zuzurechnen sein (innerer beziehungsweise sachlicher
Zusammenhang), der Versicherte muss Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper ausgesetzt gewesen
sein, die Verrichtung der versicherten Tätigkeit muss zu diesen Einwirkungen geführt haben (Einwirkungskausalität) und die
Einwirkungen müssen eine Krankheit des Versicherten verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität).
Die versicherte Tätigkeit, die Verrichtungen, die Einwirkungen und die Krankheit müssen als rechtserhebliche Tatsachen mit
an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein. Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich
ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach allgemeiner Lebenserfahrung
geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon zu begründen.
Für die Einwirkungskausalität und die haftungsbegründende Kausalität, welche nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden
Lehre der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit,
ausreichend, aber auch erforderlich. Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen die berufliche Verursachung spricht, so dass
auf diesen Grad der Wahrscheinlichkeit vernünftigerweise die Entscheidung gestützt werden kann und ernste Zweifel ausscheiden.
Bei der Anwendung dieser Beweismaßstäbe ist zu beachten, dass für die tatsächlichen Grundlagen der Wertentscheidung nach der
Theorie der wesentlichen Bedingung, soweit es sich nicht um den Kausalverlauf als solchen handelt, also insbesondere für Art
und Ausmaß der schädigungsgeeigneten Einwirkung als wichtiges Kriterium für die Prüfung der haftungsbegründenden Kausalität,
der volle Nachweis zu erbringen ist.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die Voraussetzungen für die Anerkennung des bei dem Kläger diagnostizierten
follikulären Lymphoms als BK Nr. 1318 zur Überzeugung des Senates nicht gegeben.
Der Kläger leidet zwar an einer Erkrankung im Sinne der BK Nr. 1318. Denn bei ihm wurde im September 2007 ein follikuläres
Lymphom Grad II mit teilweisem Übergang in ein hochmalignes Lymphom Stadium IVa diagnostiziert (Bericht Dr. P. vom 18.03.2008).
Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten. Hierbei handelt es sich nach der unfallmedizinischen Literatur (Schönberger/Merthens/Valentin,
Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 944, Nr. 14.1) um ein sogenanntes Non-Hodgkin-Lymphom, welches den malignen
Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems zuzurechnen ist (siehe auch wissenschaftliche Begründung zur Berufskrankheit
Nr. 1318 durch den Ärztlichen Sachverständigenbeirat, veröffentlicht in der Bekanntmachung des BMAS vom 01.09.2007 - IVa 4-45222-GMBL
49-51/07, S. 974 ff. [im Weiteren: wissenschaftliche Begründung]).
Wie der Sachverständige Dr. N. insofern ausgeführt hat, ist die Abgrenzung eines bestimmten Personenkreises nach §
9 Abs.
1 SGB VII bei Benzolexposition schwierig. Die Angabe eines Dosisgrenzwertes für die Anerkennung dieser Berufskrankheit ist nicht möglich
(Mehrtens/Brandenburg,
BKV-Kommentar, M 1318, S. 7, gestützt auf die wissenschaftliche Begründung). Daher werden die malignen Krankheitsbilder, zu denen
das Non-Hodgkin-Lymphom des Klägers gehört, in zwei Kategorien eingeteilt: Krankheitsbilder mit epidemiologischer Information
zu Dosis-Wirkungsbeziehung bei Benzol-Exposition und Krankheitsbilder ohne ausreichende epidemiologische Information zur Dosis-Wirkungsbeziehung.
Nach der wissenschaftlichen Begründung (Abschnitt 3.1. und 3.3.) ist für diejenigen Erkrankungen des blutbildenden und lymphatischen
Systems, die aufgrund ihrer Seltenheit keine Epidemiologie-basierte orientierende Quantifizierung der für eine relevante Risikoerhöhung
erforderlichen Expositionsverhältnisse ermöglichen (Non-Hodgkin-Lymphome einschließlich multiples Myelom, außer chronisch-lymphatischer
Leukämie und myeloproliferative Erkrankungen) ausschließlich eine einzelfallbezogene Beurteilung der Expositionen vorzunehmen.
Eine grundsätzliche Anerkennungsfähigkeit als Berufskrankheit ist dabei wegen des sich auf diese Erkrankungen beziehenden
Nachweises der generellen Eignung von Benzol als Ursache zu bejahen. Bei der Einzelfallbeurteilung ist wie folgt zu differenzieren:
Aufgrund der Vulnerabilität und Proliferation der hämatopoetischen Stammzellen ist davon auszugehen, dass stammzellennahe
Non-Hodgkin-Lymphome (Vorläufer-B-Zell- und Vorläufer-T-Zell-Lymphome gemäß WHO-Klassifikation) hinsichtlich des benzolassoziierten
Erkrankungsrisikos nicht anders zu berteilen sind als die unter 3.2.1. der wissenschaftlichen Begründung behandelten Leukämien.
Für die übrigen der genannten Krankheitsbilder wird ungeachtet der unzureichenden epidemiologischen Erkenntnislage beispielhaft
eine ausreichende Exposition bejaht bei einer extremen Belastungsintensität (siehe wissenschaftliche Begründung, Abschnitt
3.2.2.1.) über einen Zeitrahmen von in der Regel 2 bis 5 Jahren oder bei einer hohen Belastungsintensität (siehe wissenschaftliche
Begründung, Abschnitt 3.2.2.2.) über einen Zeitraum von in der Regel 6 und mehr Jahren (wissenschaftliche Begründung, Abschnitt
3.3).
Für das bei dem Kläger vorliegende follikuläre Lymphom gibt es keine hinreichend gesicherten epidemiologischen Daten (siehe
Schönberger/Mehrtens/Valentin a.a.O., S. 945). Dies entspricht der wissenschaftlichen Begründung des Sachverständigenbeirats.
Damit ist entgegen der Auffassung des Sachverständigen Dr. N. die Bewertung zur Leukämie mit einem Grenzwert von 10 ppm Benzoljahren
nicht heranzuziehen, sondern es ist eine Einzelfallbeurteilung vorzunehmen (so auch LSG Baden-Württemberg - L 10 U 971/06 - a.a.O. zur chronischen myeoloischen Leukämie). Daher ist zu entscheiden, ob bei dem Kläger eine extreme Belastungsintensität
über einen Zeitraum von in der Regel 2 - 5 Jahren oder eine hohe Belastungsintensität über einen Zeitraum von in der Regel
6 und mehr Jahren bestanden hat.
Aus dem Gutachten von Dr. N. ergibt sich insoweit, dass auch nach der Abfassung der wissenschaftlichen Begründung des Sachverständigenbeirats
im Jahr 2007 keine neuen Erkenntnisse bezüglich der Non-Hodgkin-Lymphome und der Exposition von Benzol bezüglich einer Dosis-Wirkungs-Beziehung
in der Wissenschaft zutage gefördert werden konnten. Daher verbleibt es nach Ansicht des Senats bei einer Bewertung im Rahmen
der wissenschaftlichen Begründung durch den Sachverständigenbeirat. Der Sachverständigenbeirat hat im Abschnitt 3.2.2.1. eine
extreme Belastungsintensität z.B. angenommen, bei offenem Umschlag von Ottokraftstoffen oder vergleichbaren Kohlenwasserstoffgemischen
auf Tankschiffen, Tank- und Kesselwagen sowie Tankcontainern bis 1982, Benzolalkylierung und Ethylbenzolherstellung im Chemiebetrieben
der DDR, Reinigen von Gegenständen (auch Händewaschen) mit Ottokraftstoffen oder hinsichtlich des Benzolgehaltes vergleichbaren
Kohlenwasserstoffgemischen bis ca. 1985, Spritzauftrag von benzolhaltigen Beschichtungen oder Oberflächenbehandlungsmitteln
vor 1970, Arbeiten in Teer, Pech und Asphalt, Laboratorien bis 1980, Reinigung von Tankanlagen für Ottokraftstoffe bis 1980,
Innenreinigung von Behältern von Benzol bzw. Ottokraftstoffen oder hinsichtlich des Benzolgehaltes vergleichbaren Kohlewasserstoffgemischen
ohne geeignete Schutzmaßnahmen.
Eine hohe Belastungsintensität wird angenommen bei Arbeiten in Lebendgewinnungsanlagen der Kohlechemie vor 1990 oder vor 1999,
der Roh- und Rein-Benzolherstellung vor 1999, Arbeiten in Anlagen zur Herstellung von Ethylen bis 1990, dem Bedienen von Tanks
für Ottokraftstoffe durch Pumpen, Peilen, Aufmischen, Öffnen von Schiebern, Tankstandmessungen, Wartung und Ziehen von Labormustern
im Tankfeld bis 1999, Warten und Instandhalten von benzolführenden Rohrleitungsteilen und Pumpen bis 1999, Arbeiten im Kfz-Handwerk
an ottokraftstoffführenden Teilen bis 1980, an Vergasern bis 1985, an ottokraftstoffführenden Teilen bis 1985, Arbeiten im
Kfz-Handwerk an Vergasern bis 1990, Reinigung von Tankanlagen für Ottokraftstoffe bis 1990, Funktionsprüfung von kraftstoffführenden
Motorkomponenten bis 1999 oder Spritzauftrag von Beschichtungen oder Oberflächenbehandlungsmitteln von 1970 bis 1979.
Bei dem Kläger ist keines der genannten Expositionsszenarien zutreffend. Der Kläger hat vielmehr in der gesamten Zeit seines
Beschäftigungslebens als Dreher gearbeitet. Solche Tätigkeiten, wie in den aufgeführten Arbeiten genannt sind, hat er nicht
durchgeführt.
Beim Kläger hat nachweislich nur ein Reinigen der Hände mit Eskapon und Gewindeschneiden mit Petroleum stattgefunden, was
aber zu keinem anderen Ergebnis führt. Ausweislich der Ermittlungen des Präventionsdienstes der Beklagten war der Kläger danach
für das Gewindeschneiden an verschiedenen Bohrwerken zuständig. Der Kontakt mit reinem Benzol wurde vom Kläger auch in den
Ermittlungen verneint. Der Senat ist deswegen davon überzeugt, dass ein Kontakt daher allenfalls mit dem Entfettungsmittel
Eskapon und Petroleum angenommen werden kann. Ausweislich der Ermittlungen des Präventionsdienstes der Beklagten beim Hersteller
von Eskapon, über welchen die Arbeitgeberin des Klägers dieses Entfettungsmittel bezogen hat, enthielt Eskapon 0,01 Volumen-Prozent
Gewichtsanteile Benzol bzw. 0,02 Volumen-Prozent Gewichtsanteile. Nach den Ausführungen des Präventionsdienstes der Beklagten
bewegt sich diese Exposition nicht im krebserregenden Bereich. Es ist daher auch unter Berücksichtigung von Petroleum weder
von einer extremen noch von einer hohen Belastungsintensität, vergleichbar den vom Sachverständigenbeirat genannten Expositionsszenarien
auszugehen. Der Präventionsdienst der Beklagten hat insoweit auch im Rahmen einer "worst-case"-Berechnung die maximalen Werte
einer Benzolbelastung angenommen und die vom Kläger gemachten Angaben zugrundegelegt. Der Senat hat daher keinen Anlass, an
dieser Berechnung zu zweifeln. Ergänzend ist noch darauf hinzuweisen, dass der Sachverständige Dr. N. in Auswertung der neuesten
wissenschaftlich-medizinisch vorhandenen Studien ausgeführt hat, dass bei der wissenschaftlichen Untersuchung des Zusammenhanges
von Non-Hodgkin-Lymphomen mit Benzolexposition ein Belastungswert von 10 ppm Benzoljahren seiner Ansicht nach eher einen unteren
"Grenzwert" darstellt. Bezieht man sich auf die vom Präventionsdienst errechneten 5,3 ppm Benzoljahre, erreicht der Kläger
diesen untersten "Grenzwert" nicht.
Dessen ungeachtet wäre selbst bei Annahme einer hohen Belastungsintensität somit der erforderliche Zeitraum von sechs und
mehr Jahren nicht erreicht.
In Betracht ziehen könnte man allenfalls das zuletzt angegebene Reinigen der Hände mit Waschbenzin, das jedoch wie oben ausgeführt,
nicht nachgewiesen ist. Weitere Ermittlungen mussten hierzu - wie dargestellt - nicht angestellt werden.
Die arbeitstechnischen Voraussetzungen im Sinne einer für das bei dem Kläger diagnostizierte Non-Hodgkin-Lymphom ursächlichen
Exposition liegen daher nicht vor. Eine Berufskrankheit kann bei dem Kläger im Sinne der BK Nr. 1318 somit nicht anerkannt
werden.
Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, die Berufung ist daher unbegründet, wobei die Kostenentscheidung auf §
193 SGG beruht.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.