Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach
einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um mindestens 20 v.H. wegen eines Arbeitsunfalles am 05.11.2003 ab dem 16.054.2012
zusteht.
Der 1968 geborene Kläger war zum Unfallzeitpunkt bei der A. Maschinen-Vertriebs GmbH, einem Mitgliedsunternehmen der Beklagten,
sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Am 05.11.2003 rutschte der Kläger gegen 16:30 Uhr im Rahmen der Betriebstätigkeit
beim Besteigen einer Leiter ab (zur Unfallanzeige vgl. Blatt 2 der Beklagtenakte). Der am selben Tag aufgesuchte D-Arzt Dr.
V. stellte eine Kniedistorsion links und den Verdacht auf eine Kreuzbandruptur im linken Knie fest (D-Arztbericht vom 05.11.2003,
Blatt 3 der Beklagtenakte); im Bericht von Prof. Dr. G. vom 10.11.2003 (Blatt 9 der Beklagtenakte) über eine Kernspintomograhie
wurde ein vorderer Kreuzbandriss mit klassischer Kontusionsdelle, eine Innenmeniskuskontusion am Hinterhorn bei intakter Meniskusoberfläche,
ein hämorrhagischer Gelenkerguss und ein Kapselödem als Diagnosen angeführt. Am 13.11.2003 wurde mittels Arthroskopie eine
partielle Innenmeniskushinterhornresektion und eine offene knöcherne Refixierung des vorderen Kreuzbandes durchgeführt (Bericht
des K. Krankenhauses S. vom 24.11.2003, Blatt 17/18 der Beklagtenakte; zum Operationsbericht vgl. Blatt 65/66 der Beklagtenakte;
zum Verlauf vgl. Berichte vom 23.12.2003 und 27.01.2004, Blatt 25, 34 der Beklagtenakte, dort: "anteromediale Instabilität").
Nach Auswahl des Klägers und im Auftrag der Beklagten erstellte Dr. V. am 19.04.2004 das Erste Rentengutachten (Blatt 51/55
der Beklagtenakte), in dem er als Unfallfolgen eine operativ fixierte vordere Kreuzbandruptur links mit leichten Lockerungszeichen
des vorderen Kreuzbandes, eine arthroskopisch behandelte Innenmeniskushinterhornläsion links und eine im Seitenvergleich mit
rechts leichte Muskelverschmächtigung des linken Ober- und Unterschenkels für die Zeiträume vom 26.01.2004 bis zum 13.04.2004
und vom 14.04.2004 bis 25.01.2005 jeweils mit einer MdE von 20 v.H. bewertete.
Mit Bescheid vom 25.05.2004 (Blatt 69 der Beklagtenakte) gewährte die Beklagte dem Kläger eine Rente als vorläufige Entschädigung
für die Zeit vom 26.01.2004 bis 30.11.2004 nach einer MdE von 20 v.H. Weiter ist ausgeführt, dass der Arbeitsunfall zu folgenden
gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt habe, die bei der Bewertung der MdE berücksichtigt worden seien: "Nach operativ
versorgten Rissen des linken vorderen Kreuzbandes und des linken Innenmeniskushinterhorns: Reizzustand des Kniegelenks, Muskelminderung
an Ober- und Unterschenkel, Herabsetzung des Knochenkalksalzgehalts im ehemaligen Verletzungsbereich."
Dr. V. bewertete in seinem Rentengutachten vom 09.05.2005 (Blatt 78/82 der Beklagtenakte) die MdE für die Zeit vom 01.12.2004
bis zum 05.05.2005 mit 20 v.H. und für die Zeit vom 06.05.2005 bis auf weiteres ebenfalls mit 20 v.H. Er teilte hierzu mit,
dass auf Grund der "doch erheblichen Instabilität des Kniegelenkes, welche derzeit muskulär nicht immer kompensiert werden
kann", im Verlauf möglicherweise eine Stabilisierung mittels Kreuzbandersatzplastik erforderlich werde.
Nachdem der Beratungsarzt Dr. Ko. dieser Einschätzung nicht gefolgt ist (Stellungnahme vom 24.05.2005, Blatt 88/89 der Beklagtenakte)
stellte die Beklagte mit Bescheid vom 24.06.2005 (Blatt 91 der Beklagtenakte) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
31.10.2005 (Blatt 98 der Beklagtenakte) fest, dass ein Anspruch auf Rente über den 30.11.2004 hinaus nicht bestehe.
Auf Veranlassung des den Kläger behandelnden Hausarztes Dr. W. stellte sich der Kläger am 18.01.2012 bei den Durchgangsärzten
Dres. V. /T. vor. Nach deren D-Arztbericht (Blatt 99/100 der Beklagtenakte) war der Kläger bis August 2011 weitgehend beschwerdefrei.
Danach habe er über zunehmende belastungsabhängige Schmerzen im linken Kniegelenk geklagt. Die angefertigte MRT-Diagnostik
vom 05.11.11 durch Dr. W. veranlasst, zeige neben einer medial betonten Gonarthrose eine Innenmeniskusläsion des linken Kniegelenkes.
Auf Grund der Beschwerden und des MRT Befundes vom November 2011 sei die arthroskopische Abklärung bzw. Gelenksanierung erforderlich.
Am 13.02.2012 wurde dem Kläger im linken Knie eine VKB-Ersatzplastik eingesetzt (zum Bericht der Klinik S. vom 15.02.2012
vgl. Blatt 101/102 der Beklagtenakte; zum Operationsbericht vgl. Blatt 132/133 der Beklagtenakte). Nach dem Verlaufsbericht
von Dr. V. vom 29.03.2012 hatte der Kläger berichtet, aufgrund der Schmerzen im medialen Gelenkspalt noch etwas auf Unterarmgehstützen
im Sinne eines Vier-Punkt-Ganges angewiesen zu sein. Bei gelegentlicher Belastung ohne Unterarmgehstützen und ohne Orthese
liege eine leichte Instabilität vor. Die klinische Untersuchung des linken Kniegelenks habe bei reizlosen Narbenverhältnissen
noch eine Schwellung des oberen Rezessus, also der Ausstülpung des Schleimbeutels, mit leichtem intraartikulärem Erguss gezeigt.
Im Seitenvergleich sei eine deutliche Hypotrophie der Oberschenkelmuskulatur links festzustellen gewesen. Die Werte nach der
Neutral-O-Methode für das linke Kniegelenk hätten aktiv und passiv 0/0/100° betragen.
Im Bericht vom 01.06.2012 gab Dr. V. an, den Kläger letztmals am 16.05.2012 untersucht zu haben. Zu diesem Zeitpunkt habe
noch eine Muskelminderung im Bereich des betroffenen linken Oberschenkels bestanden. Eine Ergussbildung sei nicht mehr sicht-
oder tastbar gewesen. Die Beweglichkeit sei noch endgradig eingeschränkt gewesen. Eine Vollbelastung sei möglich gewesen und
auch durchgeführt worden.
Nach Auswahl des Klägers und im Auftrag der Beklagten erstellte der Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie
Prof. L. am 26.10.2007 ein Gutachten über den Kläger (Blatt 234/239 der Beklagtenakte). Als wesentliche Folgen des Unfalls
vom 05.11.2003 seien bezüglich des linken Kniegelenks noch bleibende Narben, eine endgradig schmerzhafte Bewegungseinschränkung
bei der Beugung, ein Zustand nach vorderer Kreuzbandersatzplastik mit einliegenden Implantaten, eine subjektive, so genannte
"Giving-way-Symptomatik", eine Instabilität im Bereich des vorderen linken Kniegelenks bei deutlich verlängertem vorderen
Schubladenzeichen im Sinne einer geringen Insuffizienz der Kreuzbandersatzplastik, eine vorzeitige und fortschreitende medial
betonte Gonarthrose sowie eine Muskelminderung des Ober- und Unterschenkels festzustellen gewesen. Diese Unfallfolgen seien
vom "01.12.2001" (gemeint 01.12.2004) bis 24.10.2012 und vom 25.10.2012 bis zum 24.10.2015 mit einer MdE von 10 v.H. zu bewerten.
Mit Bescheid vom 11.12.2012 (Blatt 241 der Beklagtenakte) lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Rente nach dem Gesamtvergütungszeitraum
ab. Auch weiterhin bestehe kein Anspruch auf Rente. Die Folgend es Arbeitsunfalles begründeten keine MdE in rentenberechtigendem
Ausmaß.
Mit Widerspruch, eingegangen am 08.01.2013 (Blatt 256 der Beklagtenakte), machte der Kläger geltend, die Einschätzung von
Prof. Dr. L. sei nur zutreffend, wenn die endgradige Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks mit muskulär kompensierbaren,
instabilen Bandverhältnissen vorliegen würde. Das sei aber nicht der Fall. So habe auch Prof. Dr. L. auf die Muskelminderung
des Ober- und Unterschenkels links hingewiesen, sodass eine muskuläre Kompensation nicht denkbar sei. Auch sei ein "Giving
way-Syndrom", ein schmerzhaftes, instabilitätsbedingtes Wegknicken des Knies vorhanden.
In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 19.03.2013 (Blatt 284/285 der Beklagtenakte) gab Prof. Dr. L. an, dass die klinische
Untersuchung ein störungsfreies Gangbild, eine messbare Umfangdifferenz im Ober- und Unterschenkelbereich von 2 bis 3 cm,
eine um 15° eingeschränkte Beugefähigkeit links gegenüber rechts sowie eine klinisch feste Seitenbandführung und leichte Zeichen
einer vorderen Kreuzbandinstabilität der Ersatzplastik mit verlängertem Anschlagsweg im Lachmann-Test gezeigt habe. Unter
Berücksichtigung der in der Literatur diskutierten und veröffentlichen Richt- und Eckwerte sei die MdE mit 10 v.H. eingeschätzt
worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.06.2013 (Blatt 303 der Beklagtenakte) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Der Kläger hat am 19.06.2013 beim Sozialgericht (SG) Mannheim Klage erhoben. Das Krankenhaus S. gehe davon aus, dass es zu einer dauerhaften MdE von 20 v.H. gekommen sei.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens bei Dr. H. . Dieser hat in seinem Gutachten vom 10.10.2013
(Blatt 26/44 der SG-Akte; Untersuchung am 30.09.2013) ausgeführt, die unfallbedingte MdE wegen der freien Kniebeweglichkeit sei nach der Gutachtenliteratur
mit 0 v.H. zu bewerten. Dies halte er jedoch für falsch. Vielmehr sei die MdE mit 20 v.H. zu bewerten. Medizinisch betrachtet
ginge er wie der Vorgutachter davon aus, dass der Kläger durch den Unfall eine vordere Kreuzbandruptur erlitten habe, wodurch
es im weiteren Verlauf zu einer Früharthrose im inneren Knieabschnitt gekommen sei.
Die Beklagte hat eine gutachterliche Stellungnahme auf unfallchirurgischen Fachgebiet vom 28.06.2014 von Prof. Dr. L. zum
Gutachten von Dr. H. vorgelegt (Blatt 58/64 der SG-Akte). Die ganzheitliche Betrachtung des Sachverständigen könne nicht als Grundlage einer gutachterlichen Bewertung dienen.
Der Kläger hält die von Dr. H. vorgenommene Bewertung für zutreffend (Blatt 66/68 der SG-Akte). Die MdE-Erfahrungswerte seien vorliegend zu erhöhen. Denn es lägen weitere Schmerzen und Beschwerden vor, die nicht
mehr üblich seien und damit auch nicht in den MdE-Erfahrungswerten enthalten seien.
Mit Urteil vom 07.10.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Folgen des Arbeitsunfalls vom 05.11.2003 seien ab dem 16.05.2012 nicht mit einer MdE von wenigstens
20 v.H. zu bewerten.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 19.01.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11.02.2015 beim Landessozialgericht (LSG)
Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Grds. sei vom SG versäumt worden, die Parteistellungnahme vom 28.06.2014 dem gerichtlichen Sachverständigen zur Überprüfung und Stellungnahme
vorzulegen. Des Weiteren habe sich aus der durchgeführten Arthroskopie ein sowohl oberschenkelseitig als auch unterschenkelseitig
bestehender viertgradiger Gelenkknorpelschaden ergeben, der, nach den Ausführungen des Dr. H. mit der Beschwerdeschilderung
korrespondiere. Im Rahmen der Erfahrungswerte sei es anerkannt, die MdE-Bewertung einer Funktionseinschränkung des Knies gerade
nicht nur anhand der Bewegungsmaße des entsprechenden Kniegelenks nach der Neutral-0-Methode, sondern auch nach der Lockerung
des Kniebandapparates (Wackelknie), anhand einer bestehenden Arthrose, sowie aufgrund des Ausmaßes eines unfallbedingten,
sekundären Knorpelschadens vorzunehmen. Hinsichtlich der MdE-Bewertung des unfallbedingt-sekundären Knorpelschadens sei nach
Schönberger/Mehrtens/Valentin auf die objektiv feststellbaren, funktionellen Behinderungen abzustellen, was vorliegend dem
"Wackelknie" entspreche. Dass "unübliche" Schmerzentwicklungen bei der MdE-Bewertung zu berücksichtigen seien, sei sozialmedizinischer
Standard und dürfte auch unstreitig sein. Es sei daher festzustellen, dass dem Gutachten Dr. H. zu folgen sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 07.10.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 10.06.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 05.11.2003
Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. ab 16.05.2012 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Dem Gutachten von Dr.
H. seien insbesondere die subjektiven Eindrücke des Versicherten zu entnehmen, dass sich das linke Knie fühle sich seit dem
2. operativen Eingriff dauerhaft instabil an und es unter Belastung offenbar zu einem einschießenden Schmerz mit unkontrolliertem
Wegknicken komme. Den objektiven Befunden sei lediglich u.a. zu entnehmen, dass das Gangbild in Konfektionsschuhen und Barfuß
sicher und mäßig flott sei, Gehhilfen würden nicht benutzt. Unter einem "Wackelknie" oder einem Giving-Way-Phänomen verstehe
man aber das Weggleiten bzw. Wegknicken eines Gelenks schon bei geringfügiger, alltäglicher Belastung. Dies liege beim Kläger
nicht vor. Es verbleibe lediglich bei dem subjektiven Eindruck des Klägers, dass er bei bestimmten Anlässen eine Instabilität
verspüre, die nach einer vorderen Kreuzbandverletzung auch nicht ungewöhnlich, jedoch im vorliegenden Fall nicht so erheblich
sei, dass von einer generellen Instabilität im Sinne eines "Wackelknies" auszugehen sei. Selbst Dr. H. habe lediglich eine
vordere Instabilität diagnostiziert.
Der Kläger hat vortragen lassen (Blatt 30/32 der Senatsakte), er sei nicht mehr in der Lage, eine Haltung einzunehmen, bei
der das Knie einen geringeren Winkel als 90 Grad nehme. Es bestehe grds. das Gefühl, dass das Knie instabil sei. Er müsse
sich beim Gehen konzentrieren, um die Gangsicherheit beizubehalten. Das Instabilitätsgefühl verstärke sich bei Belastung vor
allem bei Tragetätigkeiten. Eine weitere Verstärkung der Problematik trete bei Benutzen von Treppen und Leitern, sowie beim
Gehen auf unebenen Flächen auf, insbesondere wenn auch hier Gegenstände parallel getragen würden. Der höchste Grad der Instabilität
werde erreicht, wenn er beim Gehen oder Stehen Richtungsänderungen vornehme. Besonders zu beachten sei die überdurchschnittliche
Schmerzentwicklung im Bereich des geschädigten Knies. Er habe grds. beim morgendlichen Aufstehen Schmerzen im Knie, die dann
zunächst zurückgingen, bis er seine Arbeit als Lagerarbeiter aufnehme. Zur Stärkung der Muskulatur und zum Erhalt der Beweglichkeit
legt er seinen Weg zur Arbeit (ca. 5 km) mit dem Fahrrad zurück, wobei auch das Fahrradfahren nicht schmerzfrei sei. Nach
einer ca. 3-stündigen, normalen Arbeitsbelastung als Lagerarbeiter träten zunehmend Schmerzen auf. Er vermeide sodann eine
zu starke Schmerzentwicklung dadurch, dass er schwere Tätigkeiten auf den nächsten Tag verschiebe und mit einfacheren Tätigkeiten
den Arbeitstag fortsetze. Gegen die Schmerzen wende er das Schmerzgel DocIbuprofen jeweils abends, bei besonderen Belastungen
auch ein zweites Mal an. Des Weiteren träten zeitweilig Gefühlsstörungen auf der Unterseite des Oberschenkels auf. Weiterhin
bestehe das Problem, dass die rechte Körperseite, insbesondere das rechte Bein - aufgrund der Schädigung auf der linken Seite
- fehlbelastet werde. Hier träten zwischenzeitlich auch vereinzelt Schmerzzustände auf.
In einem nichtöffentlichen Termin vom 17.08.2015 wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Wegen des Inhalts
und Ergebnisses des Termins wird auf die Niederschrift (Blatt 36/38 der Senatsakte) Bezug genommen.
Der Senat hat daraufhin Beweis erhoben durch Einholung eines unfallchirurgischen Gutachtens bei Dr. D. . Dieser hat in seinem
Gutachten vom 23.11.2015 (Blatt 42/64 der Senatsakte) ausgeführt, beim Unfall vom 05.11.2003 habe sich der Kläger eine Zerreißung
des vorderen Kreuzbandes am Oberschenkelknochen, eine Innenmeniskushinterhorn-Ruptur und eine Prellung des Knorpelbelags an
der äußeren Oberschenkelgelenkrolle und an der innen gelegenen Schienbeingelenksfläche zugezogen. Derzeit bestehe eine geringfügige
Laxität der vorderen Kreuzband-Ersatzplastik sowie eine Arthrose im innen gelegenen Kniegelenkskompartiment, die ebenfalls
Folgen des Arbeitsunfalls vom 05.11.2003 seien. Die MdE schätzte Dr. D. für die Zeit vom 26.01.2004 bis 12.02.2012 (Tag vor
der Operation der vorderen Kreuzband-Ersatzplastik) mit MdE 20 v.H. und ab Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit nach der Operation
am 13.02.2012: mit 10 v.H. ein.
Die Beklagte ist unter Vorlage einer beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. K. vom 28.12.2015 (Blatt 67/69 der Senatsakte)
dem Gutachten entgegengetreten. Auch Dr. D. habe nicht bestätigen können, dass am linken Kniegelenk ein sog. "Wackelknie"
vorliege. Diagnostiziert sei eine "geringfügige Laxität der vorderen Kreuzband-Ersatzplastik" sowie eine Arthrose im medialen
Gelenkanteil. Der Kapselbandapparat, der das Kniegelenk stabilisiere, sei fest. Bei seitengleich freier Beweglichkeit der
Kniegelenke sowie eine nur noch sehr geringfügige Muskelminderung der linksseitigen Oberschenkelmuskulatur komme Dr. D. infolgedessen
zu der Auffassung, dass eine MdE aufgrund der röntgenologisch nachweisbaren Veränderungen zurzeit in Höhe von 10 v.H. angemessen
sei. Für den Zeitraum vom 26.01.2004 bis 12.02.2012 (Tag vor der Operation des vorderen Kreuzbandes) schätze Dr. D. die MdE
hingegen mit 20 v.H. ein. Die Unterlagen seien vom beratenden Facharzt ausgewertet worden, zumal nach dem Gutachten von 2005
keine Untersuchungsbefunde mehr vorlägen und davon auszugehen sei, dass der Kläger seiner gewohnten Arbeit habe nachgehen
können. Dr. K. vertrete die Ansicht, dass auch für die Vergangenheit nicht von einer rentenberechtigenden MdE ausgegangen
werden könne, da keine eingeschränkte Kniegelenksbeweglichkeit, keine Anzeichen von Minderbelastung des Beines und keine Phasen
mit erhöhter Schmerzhaftigkeit infolge eines Reizzustandes im Kniegelenk dokumentiert seien.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Blatt 72, 73 der Senatsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie
die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten sowie der Verfahren L 10 U 551/14 (LSFG Baden-Württemberg) und S 14 U 3878/12 (SG Mannheim) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §
151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten nach §§
124 Abs.
2,
153 Abs.
1 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist gemäß §§
143,
144 SGG zulässig, aber unbegründet.
Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 11.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 10.06.2013, mit dem die Beklagte festgestellt hatte, dass ein Rentenanspruch nach dem Gesamtvergütungszeitraum (26.01.2004
bis 30.11.2004) nicht bestanden habe und auch weiterhin wegen der Folgend es Arbeitsunfalles vom 05.11.2003 kein Anspruch
auf Rente bestehe. Nachdem im Klage- und Berufungsverfahren aber Verletztenrente lediglich ab 16.05.2012 (vgl. den beim SG in der mündlichen Verhandlung und im Berufungsverfahren schriftsätzlich gestellten Antrag) streitig ist, beschränkt sich
der in zeitlicher Hinsicht teilbare Streitgegenstand auf die Frage eines Rentenanspruchs ab 16.05.2012 (Ende des Verletztengeldbezugs
entsprechend dem Vergleich im Verfahren L 10 U 551/14). Die so verstandene Berufung ist unbegründet.
Der Senat konnte nach Durchführung der Beweisaufnahme und Anhörung des Klägers nicht feststellen, dass der Bescheid vom 11.12.2012
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.06.2013 in dem vorliegend angefochtenen Zeitraum (ab 16.05.2012) rechtswidrig
ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Denn die unfallbedingten Gesundheitsstörungen bedingen in diesem Zeitraum keine
MdE von mindestens 20 v.H. Auch konnte der Senat nicht feststellen, dass sich seither ein Zustand ergeben hätte, der einen
Rentenanspruch i.S.d. §
56 SGB VII begründen würde.
Unfallbedingte Gesundheitsstörungen liegen bei dem Kläger in dem von der Beklagten mit den Bescheiden vom 11.12.2012 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.06.2013 anerkannten Umfang vor:
- nach operativ versorgten Rissen des linken vorderen Kreuzbandes und des linken Innenmeniskushinterhorns: Reizzustand des
Kniegelenks,
- Muskelminderung an Ober- und Unterschenkel,
- Herabsetzung des Knochenkalksalzgehalts im ehemaligen Verletzungsbereich.
Darüber hinaus konnte der Senat mit Dr. D. feststellen, dass das Unfallgeschehen vom 05.11.2003 auch hinreichend wahrscheinlich
wesentliche Ursache der aufgetretenen geringfügige Laxität der vorderen Kreuzband-Ersatzplastik sowie der Arthrose im innen
gelegenen Kniegelenkskompartiment ist.
Diese unfallbedingten Gesundheitsstörungen bedingen jedoch ab dem 16.05.2012 keine MdE von mindestens 20 v.H. Denn aus den
vorliegenden Befunden zu den genannten unfallabhängigen Gesundheitsstörungen lässt sich eine MdE von mindestens 20 v.H., wie
dies ein Rentenanspruch nach §
56 SGB VII voraussetzt, nicht ableiten. Ein Stützrententatbestand ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden
verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§
56 Abs.
2 SGB VII). Die Bemessung der MdE ist die Feststellung von Tatsachen, die das Gericht gemäß §
128 Abs.
1 Satz 1
SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Dies gilt für die Feststellung der
Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger
Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung
der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 m.w.N.). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit
auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit
sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen
beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter
körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet
des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden
(BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8) . Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen
Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für
die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen
Parallelfällen der tägliche Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG a.a.O.; zuletzt BSG 22.06.2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1) .
Derzeit ist im Hinblick auf den Wandel durch geänderte Anforderungen des Arbeitsmarkts und den medizinisch-therapeutischen
Fortschritt eine wissenschaftliche Diskussion darüber in Gang, inwieweit die teilweise über Jahrzehnte alten MdE-Erfahrungswerte
in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur diesem Wandel noch gerecht werden. So ist unter anderem von der Dachorganisation
der Unfallversicherungsträger, der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung - DGUV - eine Expertengruppe eingesetzt, Vorschläge
zur MdE-Einschätzung zu erarbeiten, deren Ergebnisse jedoch nicht vor 2017 zu erwarten sind (vgl. Ludolph/Schürmann, Neubewertung
der MdE bei unfallchirurgisch-orthopädischen Arbeitsunfall- und BK-Folgen in der gesetzlichen Unfallversicherung, Medizinische
Sachverständige 2016, 60-71). Zur Diskussion gestellt sind mittlerweile die Vorschläge der Kommission "Gutachten" der medizinischen
Fachgesellschaft der Unfallchirurgie, der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie, die von Ausnahmen abgesehen die bisherigen
MdE-Bewertungsansätze mit niedrigeren MdE-Sätzen versieht bzw. neue Bewertungsgrundsätze in die wissenschaftliche Auseinandersetzung
einführt (vgl. Ludolph/Schürmann a.a.O.). Vor dem Hintergrund, dass die wissenschaftliche Diskussion um die MdE-Erfahrungswerte
in der gesetzlichen Unfallversicherung noch ergebnisoffen und noch nicht abgeschlossen ist, hält der Senat im Wege der Einzelfallprüfung
an den bislang in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur dargestellten MdE-Bewertungskriterien fest. Ergibt sich im
Einzelfall, dass eine der zur Diskussion gestellte, abweichende MdE-Wertung für die zu bewertende gesundheitliche Folge eines
Versicherungsfalls überzeugender ist, sieht sich der Senat nicht gehindert, diese seiner Entscheidung zugrundezulegen, nachdem
allgemeiner Konsens jedenfalls darüber herrscht, dass die bisherigen MdE-Bewertungskriterien überarbeitungsbedürftig sind.
Neben den auf tatsächlichem Gebiet liegenden Umständen für die Bemessung der MdE sind aus der gesetzlichen Definition der
MdE sowie den Grundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung fließende rechtliche Vorgaben zu beachten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2). Bestanden bei dem Versicherten vor dem Versicherungsfall bereits gesundheitliche, auch altersbedingte Beeinträchtigungen
der Erwerbsfähigkeit (sog. Vorschäden), werden diese nach der ständigen Rechtsprechung des BSG und der einhelligen Auffassung in der Literatur für die Bemessung der MdE berücksichtigt, wenn die Folgen des Versicherungsfalles
durch die Vorschäden beeinflusst werden. Denn Versicherte unterliegen mit ihrem individuellen Gesundheitszustand vor Eintritt
des Versicherungsfalls dem Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung (BSG, a.a.O. m.H.a.: BSGE 63, 207, 211, 212 = SozR 2200 § 581 Nr. 28; Bereiter-Hahn/Mehrtens,
SGB VII, Stand: 2006, §
56 RdNr 10.5; Kranig in Hauck/Noftz,
SGB VII, Stand: 2006, K §
56 RdNr
42 m.w.N.) . Dies verlangt §
56 Abs.
2 Satz 1 i.V.m. Abs.
1 Satz 1
SGB VII, wonach die "infolge" des Versicherungsfalls eingetretene Beeinträchtigung des Leistungsvermögens und die dadurch verminderten
Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens maßgeblich sind.
Grundsätzlich ist der Grad der MdE aus den festgestellten Funktionsbehinderungen abzuleiten, wobei als Maßstab Einschränkungen
der Bewegungsmaße und durch neurologische Ausfalle bedingte funktionelle Beeinträchtigungen in Betracht kommen. Vorliegend
konnten Dr. D. , wie auch zuvor schon Dr. H. lediglich eine geringe Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks feststellen
(Dr. D. : rechts - links: 0/0/130° - 0/0/130°; Dr. H. : rechts - links: 0/0/150° - 0/0/150°). Dr. D. konnte eine im Bereich
beider Ober- und Unterschenkel seitengleich regelrecht kräftig ausgeprägte Muskulatur feststellen, die Umfangsmessung ergab
lediglich eine im Seitenvergleich um 1 cm verminderte körperferne Oberschenkelmuskulatur links und einen um 1 cm vermehrten
Umfang des linken Kniegelenks. Haut-Behaarung, Haut-Fältelung, Haut-Temperatur und Haut-Farbe waren im Bereich beider Beine
seitengleich. Die Fußsohlenbeschwielung war seitengleich regelrecht ausgebildet. Der einbeinige Zehenstand, der Zehengang,
der beidseitiger Fersenstand, der Fersengang und der Einbeinstand wurden beidseits - ohne Hilfestellung und ohne Gleichgesichtsstabilisierung
- regelrecht vorgeführt. Das Einbeinhüpfen rechts gelang problemlos, links hat es der Kläger nicht durchgeführt. Der vollständige
(tiefe) Hocksitz sei gelungen. Beim Barfußgang auf ebenem Boden hatte sich ein sicheres flüssiges Gangbild gezeigt. Anhalt
für eine Ergussbildung hatten sich nicht gezeigt. Der Kapsel-Bandapparat war stabil. Lediglich eine diskrete Laxität des vorderen
Kreuzbandes (im Sinne einer vorderen Schublade von maximal 1+ - Lachmann-Test negativ) bei stabiler hinterer Kreuzbandführung
konnte Dr. D. feststellen.
Dr. H. konnte bei seiner Untersuchung des Klägers am 30.09.2013 ein mäßig flottes sicheres Gangbild ohne Hinken feststellen.
Auch ohne Schuhwerk habe sich das Gangbild nicht verändert. Das Becken stehe rechts etwa 1,5 cm tiefer als links. Die beiden
Achsen seien gerade. Der Einbeinstand ist seitengleich relativ sicher möglich. Die Gangvaria (Zehen- und Hackengang) seien
seitengleich möglich. Der tiefe Hocksitz könne vollständig ausgeführt werden. Das Wiederaufrichten erfolge ohne Abstützen
der Hände. Es habe sich eine freie Beweglichkeiten beider Kniegelenke gefunden, beidseits ohne Reibegeräusche. Beide Kniegelenke
seien zum Zeitpunkt der Begutachtung reizlos und ohne Rötung, Überwärmung oder Kapselschwellung gewesen. Der Bandapparat links
sei allerdings nicht so stabil wie rechts. Während die Seitenbänder auf beiden Seiten stabil seien, sei das vordere Kreuzband
links gegenüber rechts erkennbar weniger stabil. Bei der Betrachtung beider unteren Gliedmaßen habe sich eine erkennbare Verschmächtigung
der Oberschenkelmuskulatur links gegenüber rechts ergeben. Es habe sich auch kein akuter entzündlicher Reizzustand im linken
Knie gefunden.
In der bisherigen unfallmedizinischen Literatur wird die Bewegungseinschränkung eines Kniegelenks für Streckungs-/Beugungsfähigkeit
bis 0/0/120° mit einer MdE um 10 v.H. eingeschätzt. Ein Bewegungswert von 0/0/90° wird dagegen, je nach Auffassung der veröffentlichten
Erfahrungswerte, mit einer MdE von 10, 15 oder sogar 20 v.H. eingeschätzt (vgl. dazu Schönberger/Mertens/Valentin, Arbeitsunfall
und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, Seite 654 und Fußnote 170 mit Hinweisen auf Rompe/Erlenkämper, Begutachtung der Haltungs-
und Bewertungsorgane, 5. Auflage, Seite 721; Mehrhoff, Unfallbegutachtung, 11. Auflage, Seite 169). Hiervon abweichend wird
im Diskussionsentwurf der Kommission Gutachten der DGU (Ludolph/Schürmann a.a.O. Seite 68/69) eine Versteifung des Kniegelenks
in Funktionsstellung mit 25 v.H. (statt bisher 30 v.H.), die Einschränkung der Beugung im Kniegelenk um weniger als 50° oder
ein Streckdefizit von 30° mit 20 v.H. bewertet. Die Instabilität durch kombinierte Bandinsuffizienz des vorderen Kreuzbandes
und inneren Seitenbandes, muskulär nicht kompensiert, bedingt danach eine MdE um 20 v.H., die Lockerung des gesamten Kapselbandsystems
eines Kniegelenkes (Wackelknie), bei indizierter Orthese oder orthesenfähig, bedingt eine MdE um 30 v.H. Da der Kläger eine
Beugemöglichkeit im linken, unfallgeschädigten Knie von noch mehr als 120° aufweist, mithin das Knie noch mehr als 90° beugen
kann, erreicht er die Schwelle für eine MdE von 20 v.H. weder nach den bisherigen MdE-Bewertungskriterien noch nach den Kriterien
des Diskussionsentwurfs. Eine Instabilität in rentenrelevantem Ausmaß einer Erwerbsminderung um 20 v.H. liegt nach beiden
Bewertungskriterien nicht vor. Damit kann für die Einschränkung der Kniegelenksbeweglichkeit allenfalls unter Berücksichtigung
der geltend gemachten Schmerzen und Belastungsbeschwerden eine MdE von 10 v.H. in Betracht gezogen werden. Die vom Kläger
angegebenen Instabilitäts- bzw. Unsicherheitsgefühle sind dabei mitberücksichtigt.
Die neurologischen Gesundheitsstörungen, die der Kläger in Form von Sensibilitätsstörungen am linken Unterschenkel außenseitig
geltend macht (vgl. Blatt 37/38 der SG-Akte = Seite 12/13 des Gutachtens Dr. H. ), bedingen keine weitergehende messbare Funktionsbeeinträchtigung, denn durch sie
wird die Fähigkeit zu Gehen, zu Stehen, zu Sitzen und zu Liegen nicht weiter beeinträchtigt.
Die unfallbedingte Kniegelenksarthrose links ist zwar röntgenologisch nachgewiesen, wurde von Dr. D. aber als leicht ausgeprägt
beschrieben (Blatt 48 der Senatsakte = Seite 7 des Gutachtens). Grundlage der MdE-Bewertung ist jedoch nicht das Ergebnis
bildgebender Verfahren. Vielmehr ist auch insoweit die MdE-Bewertung anhand von Funktionsbeeinträchtigungen vorzunehmen, worauf
die Beklagte zutreffend hingewiesen hat. Dementsprechend hat auch die unfallmedizinische Literatur die MdE-Bewertung einer
Kniegelenksarthrose von den Funktionseinschränkungen abhängig gemacht (vgl. Schönberger et al., a.a.O. Seite 655 "Arthrose,
je nach Funktionsbehinderung 10 - 30"). Vorliegend bestehen nach den Untersuchungsbefunden von Dr. H. und Dr. D. kein Gelenkerguss,
keine Rötung, Überwärmung oder Reizung. Die Bandführung war bis auf das vordere Kreuzband links stabil; dieses wies aber lediglich
eine minimale Instabilität auf (Blatt 49 der Senatsakte = Seite 8 des Gutachtens Dr. D. ). Vor diesem Hintergrund ist die
MdE (MdE-Rahmen nach Schönberger et al. 10 bis 30 v.H.) auch bezüglich der Kniegelenksarthrose lediglich anhand der objektiven
Funktionsbeeinträchtigungen zu bewerten. Diese rechtfertigen vorliegend aber allenfalls eine MdE von 10 v.H.
Dass ungewöhnliche oder außergewöhnliche Schmerzen vorhanden wären, ergibt sich aus den Gutachten von Dr. D. und Dr. H. nicht.
Die vorhandenen Schmerzen wurden angemessen berücksichtigt und in die MdE-Bewertung eingestellt. Dass sich belastungsabhängige
Schmerzen ergeben, wie sie der Kläger zuletzt noch im Berufungsverfahren beschrieben hat, ist für den Senat nachvollziehbar.
Doch sind diese bereits bei der Bewertung der Bewegungseinschränkung mitberücksichtigt. Die Einnahme von Schmerzmitteln zur
Bekämpfung dieser belastungsabhängigen Schmerzen bedeutet dagegen nicht, dass ein außergewöhnlicher oder ungewöhnlicher Schmerzzustand
bestünde. Einen solchen konnten auch beide Gutachter nicht darstellen.
Auch konnte der Senat bezogen auf den vorliegend streitigen Zeitraum ab 16.05.2012 ein sog. Wackelknie - eine Lockerung des
Kniebandapparates - (Schönberger et al. a.a.O. Seite 655) nicht feststellen. Die lediglich leichte Instabilität des vorderen
Kreuzbandes links bei ansonsten stabilen Bandverhältnissen, die funktionell (dazu vgl. Schönberger et al. a.a.O. Seite 612)
ohne regelmäßig auftretende oder wesentliche Folgen ist, konnte insoweit nicht als Wackelknie angesehen werden. Insoweit hatte
der Kläger auch im Erörterungstermin und bei Dr. H. lediglich beschreiben können, dass Instabilitätsgefühle lediglich auf
unebenem Gelände oder auf Leitern oder Treppen auftreten würden, z.B. beim belasteten Drehen auf einer Leiter. Jedoch knickt
der Kläger weder gehäuft weg noch ist das linke Knie überhaupt nicht mehr belastbar. Auch bei den Begutachtungen konnte der
Kläger Gang- und Standprüfungen - bis auf das Einbeinhüpfen links bei Dr. D. , das er mit der Angst vor etwas, was er noch
nie gemacht hatte (Blatt 47 der Senatsakte = Seite 6 des Gutachtens), abgelehnt hat - problemlos durchführen. Auch demonstrierte
der Kläger ein immerhin mäßig flottes und sicheres Gangbild ohne Hinken darstellen, was durch die annähernd seitengleiche
Fußsohlenbeschwielung bestätigt wird.
Vor diesem Hintergrund konnte der Senat bezogen auf den vom Kläger angestrebten Rentenbeginn am 16.05.2012 als auch seither
eine MdE von 20 v.H. nicht feststellen. Insoweit zeigt auch die lediglich geringe Umfangsminderung am linken Bein, dass dieses
- und auch das dazugehörige Knie - regelmäßig und annähernd normal beansprucht wird, was wiederum nur eine geringe Einschränkung
der Erwerbsfähigkeit indiziert.
Der anderslautenden Beurteilung von Dr. H. konnte der Senat nicht beitreten. Denn die auch von Dr. H. beschriebenen Funktionsbehinderungen
rechtfertigen im Hinblick auf die objektiven Befunde auch bei klägerfreundlichster Auslegung nicht eine MdE von 20 v.H., weder
nach den von Dr. H. im Ergebnis zutreffend allgemein in Frage gestellten bisherigen MdE-Bewertungsgrundsätzen noch nach dem
veröffentlichtem Diskussionsentwurf zur Neubewertung der MdE. Zwar weist Dr. H. zutreffend darauf hin, dass sich die MdE-Bewertung
alleine an funktionellen Maßstäben, mithin am Bewegungsausmaß, orientiert. Doch sind andere Faktoren, wie z.B. Instabilitäten,
Arthrosen usw. nicht unbeachtlich. Vielmehr sind diese Umstände aber gerade im Hinblick auf ihre Auswirkungen in der Lebenswirklichkeit
des allgemeinen Arbeitsmarktes final zu betrachten. Insoweit bleibt aber nur eine funktionelle Betrachtungsweise. Da es sich
bei der MdE-Bemessung um eine dem Gericht zukommende rechtliche Bewertung handelt, bei der es allenfalls an die Mitteilungen
der medizinischen Befunde, nicht aber an die letztlich rechtliche MdE-Einschätzungen der Ärzte gebunden ist (s.o.), musste
der Senat vorliegend weder der MdE-Einschätzung von Dr. H. folgen, noch musste er eine weitere Beweisaufnahme durchführen.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen
Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und dem Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung
notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§
118 Abs.
1 Satz 1
SGG, §
412 Abs.
1 ZPO). Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende Bewertung der
MdE unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen
und Wechselwirkungen.
Auch bei einem Vergleich mit anderen mit einer MdE von 20 bewerteten Gesundheitsstörungen ist der Senat zu der Überzeugung
gelangt, dass die unfallbedingten Gesundheitsstörungen des Klägers - jedenfalls für den vorliegend streitigen Zeitraum - unter
Berücksichtigung ihrer Wechselwirkungen - Bewegungseinschränkungen, Schmerzen, leichte Instabilität des vorderen Kreuzbandes
links und Arthrose - keine MdE von 20 v.H. rechtfertigen.
Diese Bewertung musste der Senat für den aktuellen Zustand der Funktionsbehinderungen treffen, er besteht aber seit 16.05.2012
durchgehend. Daher hatte der Kläger weder am 16.05.2012 einen Anspruch auf Unfallrente gegen die Beklagte, noch zu einem späteren
Zeitpunkt. Damit war auch der Bescheid der Beklagten vom 11.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.06.2013
nicht rechtswidrig. Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.
Da sich aber aus dem Gutachten von Dr. D. , der die MdE wegen einer muskulär nicht kompensierten Kniebandinstabilität für
die Zeit vom 26.01.2004 bis zum 12.02.2012 mit 20 v.H. bewertet und ausführlich dargelegt hatte, weshalb er den beratungsärztlichen
Ausführungen von Dr. Ko. nicht folgt, Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Bewertung der MdE und die damit verbundene Ablehnung
einer Verletztenrente mit Bescheid vom 24.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.10.2005 sowie mit dem insoweit
bestandskräftig gewordenen Bescheid der Beklagten vom 11.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.06.2013
für die Zeit vom 26.01.2004 bis 12.02.2012 zu Lasten des Klägers rechtswidrig gewesen sein könnte und in Folge dessen Sozialleistungen
zu Unrecht nicht erbracht wurden, ist es nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X Aufgabe der Beklagten, von Amts wegen zu prüfen, ob dem so ist. Dabei wird sie sich mit den Ausführungen von Dr. D. , insbesondere
denjenigen zur Stellungnahme von Dr. Ko. , auseinandersetzen müssen und ggf. die von Dr. K. zuletzt angesprochenen Befunde
seit dem Jahr 2005 zu ermitteln haben.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.