Gründe
I.
Die Antragsteller (ASt) begehren im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes vom Antragsgegner (Ag) die Unterlassung der Forderung
nach Vorlage ungeschwärzter Rechnungskopien und dessen Verpflichtung, die Unterlagen bei ihnen einzusehen.
Die ASt beziehen vom Ag Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zuletzt wurde insofern vorläufig Alg II für die Zeit vom 01.08.2012 bis 31.01.2013 bewilligt (Bescheid vom 18.07.2012).
Im Hinblick auf die selbständige Tätigkeit des ASt zu 1) rechnet der Ag vereinbarungsgemäß zunächst monatlich 250 EUR als
Einkommen an, von dem Freibeträge in Höhe von 130 EUR abgezogen werden.
Nachdem für den Zeitraum August 2011 bis Januar 2012 zunächst ebenfalls Alg II vorläufig bewilligt worden war, forderte der
Ag mit Schreiben vom 21.03.2012 und 27.04.2012 sämtliche ausgestellten Rechnungen in Kopie für diese Zeit bei den ASt an,
um abschließend über den Bewilligungszeitraum entscheiden zu können. Nach Vorlage der Rechnungen setzte der Ag mit Bescheid
vom 15.05.2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 13.07.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2012
die Leistungen für den Zeitraum endgültig fest.
Bereits am 03.05.2012 haben die ASt beim Sozialgericht Nürnberg (SG) Klage erhoben (Az: S 10 AS 570/12) und die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Der Ag habe es zu unterlassen, die Aushändigung der von der Firma
der ASt ausgestellten Rechnungen in Kopie zu fordern und er sei zu verurteilen, mit den ASt zusammenzuarbeiten und die Unterlagen
in den Räumen der ASt einzusehen. Es bestehe keine Verpflichtung, die ungeschwärzten Daten von unbeteiligten Dritten in Kopie
an den Ag zu übersenden. Drohungen für den Fall der Nichterfüllung der Forderungen seien mit dem Grundsatz der Rechtstaatlichkeit
nicht vereinbar.
Das SG hat mit Beschluss vom 23.05.2012 den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt. Mangels Rechtsschutzbedürfnis
sei der Antrag bereits unzulässig. Nach Vorlage der Rechnungen durch die ASt könne dieser allenfalls noch als Fortsetzungsfestellungsantrag
angesehen werden, bei dem ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unzulässig sei. Im Übrigen sei der Antrag unbegründet,
da die ASt verpflichtet seien, ihre Hilfebedürftigkeit nachzuweisen. Eine Einschränkung der Auskunftsobliegenheit bestehe
im Hinblick auf die angeforderten Rechnungen nicht. Die Entsendung eines Außendienstmitarbeiters zur Einsichtnahme sei auch
kein einfacherer Weg zur Beschaffung der nötigen Erkenntnisse und Informationen.
Dagegen haben die ASt Beschwerde beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Es werde nicht berücksichtigt, dass es um
den Schutz von Daten unbeteiligter Dritter gehe. Die Kenntnis der Kundennamen sei für die Prüfung des tatsächlichen Einkommens
nicht notwendig. Es gehe auch um den Verpflegungsmehraufwand, der vom Ag nicht berücksichtigt werde.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Akte des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter
Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§
172,
173 Sozialgerichtsgesetz -
SGG-), aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens ist das Begehren der ASt, den Ag vorläufig zu verurteilen, weitere Anforderungen
nach ungeschwärzten Rechnungskopien zu unterlassen und Unterlagen in den Räumen der ASt einzusehen. Soweit die ASt nunmehr
auch die Anerkennung eines Verpflegungsmehraufwandes begehren, zielt dies auf die Geltendmachung eines höheren Leistungsanspruchs
ab, was bislang nicht Streitgegenstand gewesen ist. Es handelt sich um eine Änderungen des Antrages iSd §
99 Abs
1 SGG (zu den Voraussetzungen vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl, §
99 Rn 12). Eine derartige Antragsänderung iSd §
99 Abs
1 SGG ist nur zulässig, wenn der Ag zustimmt oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Beides ist nicht der Fall.
Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges
Rechtsverhältnis ist §
86b Abs
2 Satz 2
SGG.
Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der
Fall, wenn den ASt ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren
Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1998 - BVerfGE 79, 69 (74); vom 19.10.1997 - BVerfGE 46, 166 (179) und vom 22.11.2002 - NJW 2003, 1236; Niesel/Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 5. Aufl, Rn 652).
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen
eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den die ASt ihr Begehren stützen - voraus. Die
Angaben hierzu haben die ASt glaubhaft zu machen (§
86b Abs
2 Satz 2 und
4 SGG i.V.m. §
920 Abs
2, §
294 Zivilprozessordnung -
ZPO -; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG 10. Aufl, §
86b Rn 41).
Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes
sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen
Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 - Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich
unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Sind hierbei die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde
Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen.
In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Ast zu entscheiden
(vgl BVerfG vom 12.05.2005 - Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927 und vom 22.11.2002 - NJW 2003, 1236; zuletzt BVerfG vom 15.01.2007 - 1 BvR 2971/06). In diesem Zusammenhang ist eine Orientierung an den Erfolgsaussichten nur möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend
geklärt ist, denn soweit schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das
Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, darf die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern sie muss abschließend
geprüft werden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 aaO).
Ein Anordnungsanspruch ist nicht gegeben, da die in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig ist. Der Klage
fehlt das Rechtsschutzbedürfnis. Aus der Aufforderung des Ag, ungeschwärzte Rechnungskopien vorzulegen bzw der Weigerung die
Unterlagen nicht bei den ASt vor Ort einzusehen, resultieren keine direkten Folgen für die ASt. Erst wenn sich der Ag dazu
entscheiden sollte, die Leistungsgewährung mangels Mitwirkung abzulehnen (§
66 Abs
1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB I-) ergeben sich tatsächlich Auswirkungen (vgl auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.11.2010 - L 6 AS 1501/10 B - [...] -). Bei einer Leistungsversagung nach §
66 SGB I besteht aber nach §
86b Abs
2 SGG die Möglichkeit, den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu beantragen. Damit droht in diesen Fällen auch nicht die Gefahr,
dass vollendete, nicht mehr rückgängig zu machende Tatsachen geschaffen werden, oder ein nicht mehr gutzumachender Schaden
entsteht (vgl BSG, Urteil vom 28.01.1998 - 2 RU 8/92 - [...] -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.06.2006, aaO). Zudem wird im Rahmen eines Verfahrens gegen einen Versagungsbescheid
die Aufforderung, ungeschwärzte Rechnungen vorzulegen bzw die Frage, ob es ausreichend ist, die Einsichtnahme vor Ort anzubieten,
inzident überprüft, so dass für eine isolierte Unterlassungsklage im Hinblick auf etwaige Aufforderungen kein Rechtsschutzbedürfnis
besteht. Bei einer Aufforderung zur Erfüllung der Mitwirkungspflicht iSv §
62 SGB I handelt es sich nur um eine unselbständige, einer möglichen Entscheidung nach §
66 SGB I vorausgehende und von daher vorbereitende Maßnahme, die nicht selbständig, sondern nur mit der das Verfahren abschließenden
Entscheidung überprüft werden kann (LSG Berlin, Urteil vom 07.10.1996 - L 10 Ar 7/96 - [...]).
Die Beschwerde war somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der analogen Anwendung des §
193 SGG.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§
177 SGG).